Kleingeist

Intonia

Mitglied
KLEINGEIST

Wieder fragt wer: wovon lebst du?
Und du stotterst voller Scham.
Denkst als heimlicher Genießer,
vor dir steht ein kleiner Spießer,
enges Herz voll Neid und Gram.
Und du sagst: lass mich in Ruh!

Denn wie kannst du ihn belehren,
dass, wer nichts tut, nichts falsch tut,
dass das Dichten, Musizieren
mehr wiegt als Beamte schmieren,
mehr als alles Geld und Gut.
Soll er sich zum Teufel scheren!

PS! Beamte mögen mir verzeihen - aber Politiker hat eine Silbe zuviel :rolleyes:
 
K

Klopfstock

Gast


Und so lebt dann solch Genießer,
weil Millionen kleiner Spießer
täglich Richtung Dienst marschieren,
obwohl mancher musizieren
lieber würde, als sich schinden.
Gern würd' solcher zu sich finden
und sich laben an der Dichtung,
doch da ist eine Verpflichtung,
selbst nach Unterhalt zu streben,
nicht auf andrer Kosten leben.
Wenn wir musizieren, dichten,
wer soll Arbeit dann verrichten???
Sei drum Dichter nicht vermessen -
auch Du willst Dich kleiden, essen.
Oder soll Dein Verslein heißen:
"Ich will in die Dichtung beißen!!!" ???

Liebe Grüße​
 

Intonia

Mitglied
Alles ist wahr, denn es ist!

Jedes Ding hat die zwei Seiten.
Deckt man eine davon auf,
gibt es gleich einen Gescheiten,
der das Ding dreht sofort um -
und man fühlt sich ziemlich dumm.

Doch wo kämen wir da hin,
hätte jeder große Dichter
des Gedichts verborgnen Sinn
jedem kleinen Hirn erklärt?
Da wär auch Goethe nichts mehr Wert.

Lieber Klopfstock,
das ist nicht persönlich gemeint. Ich schätze Dich und Deine Dichtkunst. Dein Vers hat mich zum
Schmunzeln gebracht und ich nehme ihn auch so, wie er gemeint ist, mit Humor! Ich wollte
eigentlich nicht so sarkastisch antworten, aber es ergab sich so. Jedenfalls sind die Dinge nicht so eindeutig, um sie hier ausführlich erklären zu können, weder von Dir noch von mir. Es gibt ja Individuen, die tatsächlich auf Kosten anderer leben, und nicht wenige. Aber von Künstlern möchte ich das nicht behaupten. Ich empfehle die Lektüre von Hermann Hesse und solcher großen Meister, die erst auf Kosten anderer gelebt haben, bevor sie berühmt wurden. Balzac hat sein ganzes Leben lang auf Kosten anderer gelebt und war doch einer der größten Schriftsteller der Welt. Jetzt leben immer noch viele Menschen auf seine Kosten.

Es gibt auch viele Künstler, die 30 - 40 Jahre noch einem "ordentlichen" Beruf nachgegangen sind, um sich dann nur noch der Kunst zu widmen. Sie leben von Ersparnissen oder der verdienten Pension. Aber ein armer Schlucker, der sich berufen fühlt, schon in jungen Jahren sein Hobby zum Beruf zu machen, dem kann es so ergehen:

Wenn nach ruheloser Nacht
der Dichter sorgenvoll erwacht -
denn er hat heut nichts zu beißen -
sitzt er vor dem leeren Blatte.
Die Gedanken, die er hatte,
sind ihm auch davon geflogen
und er denkt, ich bin betrogen
um der Arbeit rechten Lohn.
Doch ein Ausweg zeigt sich schon.
In die Dichtung reinzubeißen,
wäre doch etwas zu krass -
und so beißt er brav ins Gras.

Was wäre die Welt doch arm, wenn JEDER von morgens bis abends an irgendeine Maschine oder in irgendein Büro ginge.

Frohe Ostern wünscht
Intonia
 
K

Klopfstock

Gast
Lieber Intonia,

auch ich habe es nicht persönlich gemeint, sondern auf den
Text, und wie ich glaube humorvoll, geantwortet, denn auch mir ist es durchaus klar, daß man den Einzelfall berücksichtigen muß. Für mich sind Künstler keine Parasiten,
sofern sie ihre "Berufung" ernst meinen und diese nicht nur
vor sich hertragen, um "nichts zu tun"....*zwinker*...
Übringens gibt es mehr "Nicht-Künstler" die auf anderer
Kosten leben, das nur nebenbei. Ich halte Musizieren, Dichten und alle anderen künstlerischen Betätigungen übrigens auch für sehr wichtig und fände es schön, wenn jeder die Möglichkeit dazu hätte (hier stellt sich natürlich sofort die Frage, ob die meisten das auch wollen,
was ich zu bezweifeln wage, denn die meisten sind mit ihrem Auto, Urlaub und anderen materiellen Dingen vollauf zufrieden). Ich bin auch der Meinung, daß Arbeit versklavt,
leider kann man sich als kleiner Mensch von solcher Sklaverei nicht freikaufen...*zwinker*...- also auf zur Arbeit und das erbarmungslos bis zur Rente, wenn man diese noch erlebt :))))

Wünsche Dir noch schöne Osterfeiertage
und sende liebe Grüße
 
K

Klopfstock

Gast
Entschuldige bitte, aber ich vergaß zu erwähnen,
daß ich Deine Verdichtung im Kommentar für sehr humorvoll
halte:)))) besonders die mit dem "ins Gras beißen"....

Nochmals lieben Gruß
 

Intonia

Mitglied
Nochmal

Lieber Klopfstock,

danke für Deine gelungene Antwort. Ich möchte noch nachtragen, wer mich zu dem Gedicht Kleingeist inspiriert hat. Es war Erich Kästner mit seinem Gedicht "Bürger schützt eure Anlagen".
Da heißt es zum Schluss:

Vieles tun heißt vieles leiden.
Lebt, so gut es geht, von Luft.
Arbeit lässt sich schlecht vermeiden, -
doch wer schuftet ist ein Schuft!

Ist das nicht super?

Also sei kein Schuft! ;)

Nochmal liebe Grüße
Intonia
 
K

Klopfstock

Gast
Das ist wirklich super!!! :))) -
ich versuche also kein Lumpenhund zu sein...*zwinker*...
 



 
Oben Unten