Anonym
Gast
Heute fahre also in eine Filiale dieser amerikanischen Supermarktkette, bei denen man sogar schon die neue Vanilla-Coke kaufen kann.
Im Mitarbeiterpausenraum hängen die 10 goldenen Regeln, wie man die Kundschaft zufriedenzustellen hat, daneben die Abteilungssieger in den Kategorien "Größter Umsatz" und "Geringste Verluste durch Diebstahl". Den Mitarbeiter des Monats kann ich nicht entdecken, aber ich bin sicher: Es muss da irgendwo sein.
Zusammen mit einer Handvoll anderer Promoter stehe ich schließlich im Laden. Jeder baut sein Tischchen auf, manche noch Zubehör wie kleine Backöfen für die ganz besonders extraknusprigen Croissants oder neue Doktor Oetker- Kreaturen (oh, entschuldigung. Ich meinte natürlich Kreationen).
Amerika boomt und wir verkosten Frühstück, Mittag- und Abendessen ganztags als schnellen Snack zwischendurch, wenn die Leute durch die genau in ihrer Breite bemessenen Gänge auf uns zukommen.
( Ein kleiner Exkurs: Die ideale Gangbreite in Supermärkten beträgt muss wohl überlegt sein. Bei zu schmalen Gängen stoßen sich entgegenkommende Einkaufswagen gerne einmal aneinander, bei zu breiten Gängen steigt die durchschnittliche Gehgeschwindigkeit der Kundschaft, so dass weniger Zeit zum Gucken und Kaufen bleibt. Aus umfangreichen Studien ging wohl irgendwann hervor, dass der ideale Abstand zwischen zwei Regalreihen 2 Meter beträgt. 2 Meter Wegbreite zwischen den Konsumbergen, welche natürlich auch nicht dem Zufall überlassen werden. Teure Ware liegt natürlich auf Augenhöhe, die billigeren Alternativen entweder ganz unten oder ganz oben. Immerhin: Kniebeugen und Strecken sind ein erster Schritt zur Fitness. Danke, Supermarkt. So schonst Du unseren Geldbeutel gleich doppelt. Wer mit den Billigprodukten spart, braucht auch kein Fitnessstudio.)
Unsere Sprüche zur Promotion sitzen locker, zielgruppengerecht abgestimmt. Türkische Familienväter wollen anders angesprochen werden als gola-tragende Twenty-Somethings oder Seniorinnen mit violettenschimmernden Löckchen. Alle laufen sie fleißig zu Regal und Tiefkühlwand, ziehen Sonntagsfrühstück und Pizza heraus und eilen mit ihrem Wagen, der (natürlich auch aus psychologischer Taktik) so groß ist, dass er immer halb leer scheint, zur Kasse (die meistens auf der linken Seite ist, damit der rechtshändige Großteil der Bevölkerung bequem noch ins rechte Regal greifen und Unnützes aufs Band schmeißen kann).
Ich fühle mich fast schon kompetent in diesem Job, und meine Referenzen wachsen wie die schwarzen Ameisenzahlen auf meinem Konto, fleißig, und irgendwie wird mir ein wenig schlecht, wenn ich daran denke, dass ich an einem Tag soviel verdiene wie eine hart arbeitende Kassiererin in zwei Wochen.
Wenn ich selbst einkaufen gehe, schließe ich mich 75% der Deutschen an und statte den Gebrüdern Albrecht einen Besuch ab. Die machen zwar auch einen Mordsumsatz, aber wenigstens sparen sie sich Markentralala, Fernsehwerbung und Promotion.
"Aldi informiert" informiert die Massen. Sie kommen und kaufen, obwohl nichts dekoriert ist, die Gänge so breit sind, wie die halbausgepackten Kartons es eben erlauben und die Produktvielfalt unübersehbar überschaubar ist. Statt designter Hochglanzoptik dominieren unaufwendige Verpackungen. Aber was ist drin? Falls es Euch wirklich interessiert, was Ihr esst, schaut Euch bei http://www.lebensmittelmarken.de um. Ihr werdet staunen.
Und: nein, ich möchte nicht, dass die Frau an der linksseitigen Kasse im geilen durchgestylten Supermarkt mich anlächelt, weil sie mich anlächeln muss. Und auch nicht, weil sie dafür mehr Geld bekommt als die im Discounter, die nicht die goldenen Regeln befolgen muss.
(Wobei, nebenbei gesagt, die Vermutung, dass Kassiererinnen im erstgenannten Laden mehr verdienen, wohl illusorisch ist.)
Umso mehr freut mich das Lächeln an der Aldi-Kasse, weil ich mir einbilde, dass es echter ist. Aber wer weiß das heute noch. Vielleicht ist alles nur Konzept.
Im Mitarbeiterpausenraum hängen die 10 goldenen Regeln, wie man die Kundschaft zufriedenzustellen hat, daneben die Abteilungssieger in den Kategorien "Größter Umsatz" und "Geringste Verluste durch Diebstahl". Den Mitarbeiter des Monats kann ich nicht entdecken, aber ich bin sicher: Es muss da irgendwo sein.
Zusammen mit einer Handvoll anderer Promoter stehe ich schließlich im Laden. Jeder baut sein Tischchen auf, manche noch Zubehör wie kleine Backöfen für die ganz besonders extraknusprigen Croissants oder neue Doktor Oetker- Kreaturen (oh, entschuldigung. Ich meinte natürlich Kreationen).
Amerika boomt und wir verkosten Frühstück, Mittag- und Abendessen ganztags als schnellen Snack zwischendurch, wenn die Leute durch die genau in ihrer Breite bemessenen Gänge auf uns zukommen.
( Ein kleiner Exkurs: Die ideale Gangbreite in Supermärkten beträgt muss wohl überlegt sein. Bei zu schmalen Gängen stoßen sich entgegenkommende Einkaufswagen gerne einmal aneinander, bei zu breiten Gängen steigt die durchschnittliche Gehgeschwindigkeit der Kundschaft, so dass weniger Zeit zum Gucken und Kaufen bleibt. Aus umfangreichen Studien ging wohl irgendwann hervor, dass der ideale Abstand zwischen zwei Regalreihen 2 Meter beträgt. 2 Meter Wegbreite zwischen den Konsumbergen, welche natürlich auch nicht dem Zufall überlassen werden. Teure Ware liegt natürlich auf Augenhöhe, die billigeren Alternativen entweder ganz unten oder ganz oben. Immerhin: Kniebeugen und Strecken sind ein erster Schritt zur Fitness. Danke, Supermarkt. So schonst Du unseren Geldbeutel gleich doppelt. Wer mit den Billigprodukten spart, braucht auch kein Fitnessstudio.)
Unsere Sprüche zur Promotion sitzen locker, zielgruppengerecht abgestimmt. Türkische Familienväter wollen anders angesprochen werden als gola-tragende Twenty-Somethings oder Seniorinnen mit violettenschimmernden Löckchen. Alle laufen sie fleißig zu Regal und Tiefkühlwand, ziehen Sonntagsfrühstück und Pizza heraus und eilen mit ihrem Wagen, der (natürlich auch aus psychologischer Taktik) so groß ist, dass er immer halb leer scheint, zur Kasse (die meistens auf der linken Seite ist, damit der rechtshändige Großteil der Bevölkerung bequem noch ins rechte Regal greifen und Unnützes aufs Band schmeißen kann).
Ich fühle mich fast schon kompetent in diesem Job, und meine Referenzen wachsen wie die schwarzen Ameisenzahlen auf meinem Konto, fleißig, und irgendwie wird mir ein wenig schlecht, wenn ich daran denke, dass ich an einem Tag soviel verdiene wie eine hart arbeitende Kassiererin in zwei Wochen.
Wenn ich selbst einkaufen gehe, schließe ich mich 75% der Deutschen an und statte den Gebrüdern Albrecht einen Besuch ab. Die machen zwar auch einen Mordsumsatz, aber wenigstens sparen sie sich Markentralala, Fernsehwerbung und Promotion.
"Aldi informiert" informiert die Massen. Sie kommen und kaufen, obwohl nichts dekoriert ist, die Gänge so breit sind, wie die halbausgepackten Kartons es eben erlauben und die Produktvielfalt unübersehbar überschaubar ist. Statt designter Hochglanzoptik dominieren unaufwendige Verpackungen. Aber was ist drin? Falls es Euch wirklich interessiert, was Ihr esst, schaut Euch bei http://www.lebensmittelmarken.de um. Ihr werdet staunen.
Und: nein, ich möchte nicht, dass die Frau an der linksseitigen Kasse im geilen durchgestylten Supermarkt mich anlächelt, weil sie mich anlächeln muss. Und auch nicht, weil sie dafür mehr Geld bekommt als die im Discounter, die nicht die goldenen Regeln befolgen muss.
(Wobei, nebenbei gesagt, die Vermutung, dass Kassiererinnen im erstgenannten Laden mehr verdienen, wohl illusorisch ist.)
Umso mehr freut mich das Lächeln an der Aldi-Kasse, weil ich mir einbilde, dass es echter ist. Aber wer weiß das heute noch. Vielleicht ist alles nur Konzept.