Kolibri

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Kolibri

Gestern Nacht zog ihn ein Regenbogen in den feuchten Nebelwald.
Dort wurde er zum Picaflor und schwirrte übers‘ Blütenmeer,
von Feuerland, Brasilien bis nach Südalaska,
ein Kosmopolit im Kaleidoskop der Diversität,
verewigt in den Zeichnungen der Nasca-Wüste,
ein winziger Blütenpicker mit einem Riesenherzen,
der die Blumen küsste, bestäubte und dabei Nektar tankte,
begleitet von einem schimmernden Heer aus Bienenelfen,
das ihm die raubenden Vögel von seinen Jungen verscheuchte.

Ich weiß noch, wie sich Waterton bei ihm bedankte.
Er umsauste ihn wie ein pfeilgewordener Gedanke,
und dem Igor wurde er zur Sikorsky.

Heute Nacht brennen Brasiliens Regenwälder.
Ich fülle meinen Schnabel mit Wasser
und werde das Feuer
Tropfen für Tropfen
löschen.
 

Perry

Mitglied
Hallo Artbeck,

ein interessanter Text, der die Faszination des Fliegens beschreibt.
Den Zusammenhang zwischen dem Vogel Kolibri/Picaflor zu einem Hubschrauber konnte ich ohne große Mühe herauslesen. Der Bogen zu Igor Sikorsky als Entwickler solcher und anderer Flugzeuge gelang mir auch, aber den Hubschrauber mit der Bezeichnung Kolibri, Flettner FI 282 hat Anton Flettner gebaut. Ich denke, der Text hätte auch ohne den Hinweis auf Igor Sikorsky genügend Faszination gehabt.
LG
Manfred
PS: Auch das Namehoping von Feuerland bis Südalaska bzw. Waterton und Brasilien verwirrt etwas, auch wenn dort vermutlich Hubschrauber zur Waldbrandbekämpfung eingesetzt werden.
 
Guten Abend, Perry!

Vielen Dank für deine Rückmeldung und deine konstruktiven Einwände - auch für den Hinweis zu Anton Flettner, von dem ich bislang noch nichts gehört hatte.

Die Faszination des Fliegens sollte zwar eine Rolle spielen, aber nur vordergründig. Mir ging es eher um Träume und beflügelnde Visionen - Bilder des vorbildlichen, mitreißenden Mutes und der Schaffenskraft als Gegenentwurf zur Orientierungslosigkeit und Verzagtheit (...stoppe hier, bevor ich meinen eigenen Text zu sehr interpretiere...).

Ich muss gestehen, dass ich diesen Text ursprünglich mit einem anderen ersten Text kombiniert habe, in dem es genau um diese Orientierungslosigkeit ging - und jetzt hier etwas verändert abgebildet habe, weil ich neugierig war, wie er isoliert wirken könnte.

Deinen Einwand mit dem "Namehopping" finde ich sehr interessant und diskussionswürdig. Bin da selber generell etwas zwiespältig, geht es doch um das Spannungsfeld zwischen anregenden gedanklichen Verknüpfungen und der Gefahr der Plumpheit, selbstverfasste Texte durch Einbindung berühmter Namen polieren zu wollen...wie dezent sollte man es angehen?

Viele Grüße,
Artbeck
 



 
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