Komm´, wir fahr´n nach Amsterdam - Geschichten über Knieschmerzen und Frischfisch

Einige Tage des Jahres erfreuen den Freund nasser Kleidung aufs Größte. Ich hingegen bezeichne mich eher als
Schlechtwetterbahnsitzfrequentierer und genieße die übrigbleibenden Tage.
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Da die Tage, an denen es sich anbietet viel Zeit mit Dingen im Trend liegender "Outdoor-Activities" zu belegen immer häufiger Aneinanderkettungen von 2 oder mehr Tagen aufweisen können, möchte ich gerne hier auf eine gute Alternative zur allsommerlichen Platzrangelei in Eiscafés mit flächenweiser Austattung unerfreulichen Schattens und wenigen Sonnenvorzugssitzgelegenheiten hinweisen.

Gerne und häufig nutzte ich in vergangenen Jahren das ein oder andere verlängerte Wochenende für einen Kurztrip ins benachbarte Ausland. Nun muss ich aber vorsichtshalber klarstellen, dass ich keinesfalls ein Mitglied einer im Sinne Hardy Krügers stehenden Verbindung bin und somit vorweisen könnte alle Länder bereits vor Ort betrachtet zu haben können.
Vielmehr könnte ich die Verbringung solcher Wochenendtrips wahrscheinlich zu annähernd 99% in den niederländischen
Abschnitt meines nicht vorhandenen Reiseringbuches ablegen.

Sehr oft treibte es mich bereits an die Küstengebiete um Renesse und Zandvoort, von wo aus ich ebenfalls zu 99%iger Wahrscheinlichkeit immer eine Tagesvisite nach Amsterdam tätigte. Die diversen Möglichkeiten, die der Freizeitverbringer in dieser, meines Wissens um die Million Einwohner schwankenen Stadt hat, dürften sich sicherlich des Prädikats "schier unmöglich" bedienen, wenn es darum ginge die Wertigkeit eines Ausfluges in Form eines einzelnen Wortpaares darzustellen.

Meine Motivation, mal wieder meine mit drei Fingern getätigte Tastaturbedienung ein wenig mehr zu routinieren, nutze ich gerne dieses ein wenig zu untermauern.

Meine erste Amsterdamerfahrung beispielsweise war, dass sehr gut angelegte Parkhauskonzepte eigentlich immer an sehr ungünstig angelegten Abbiegemöglichkeiten zu finden sind. Vielfach hatte ich so, auch bei späteren Anreisen mit dem Auto, Gelegenheit den groben Stadtkern im Stop-and-Go Rhythmus zu erkunden. Langweilig wird es selbst beim siebzehnten Wendemanöver auf dem, zwischen Hafen und Bahnhof verlaufenden Paradebeispiel einer mit Parkhäusern gesäumten Straße nicht.

Da sich angesichts der quasi überall und nicht nur im Rotlichtmilieu angebrachten Rotlicht-Blitzkästen ein Halt an Amsterdamer Innenstadtampeln lohnt, kann der Freund disharmonischer Gegensätze schon hier erste Eindrücke sammeln.
Dank der einfachen Straßenführung ist es völlig egal beim wievielten Wendemanöver man sich gerade befindet, entweder findet sich auf der einen Straßenseite das Geschäftsviertel einer Drive-In Variante des ältesten Gewerbes der Welt, wobei auf der jeweils gegenüber liegenden Seite diverse Anlegestellen zahlreicher Grachtenfahrtanbieter lediglich durch die, sich aus dem Hafenbecken selbst mit Frischware versorgenden Fischbuden von einander getrennt zu sein scheinen, oder andersrum.

Da eine Grachtenfahrt ebenso zu einem Amsterdambesuch gehört, wie Verknotungen in ein Telefonspiralkabel, ging ich nach weiteren 3 gefahrenen Runden Hafenstraße an Bord des am Vertrauen erweckensten Bootes. Da der Einstieg einiger Fahrgäste wohl des öfteren Anlass der Erheiterung gegeben haben muss, hat man sich in Grachtenbootkreisen offenbar darauf verständigt Fotos von den einsteigenden Gästen anzufertigen, um sie nach einer Stunde für alle wieder aussteigenden Passagiere möglichst provokativ als Ausgangsschikane in den Weg zu stellen.
Viele dem Boot nicht vertrauende Rundfahrtkunden stellen sich nämlich nicht nur beim Einstieg überqualifiziert blöd an, sondern bestehen stets vehement auf die direkt am Ausstieg gelegenen Sitzplätze, um ein eventuelles Unglück in den Strömen der Grachten als erstes überleben zu können.

Während ich erleichtert meinen, im Gegensatz zu den am Ausstieg befindlichen Plätzen mit Beinfreiheit nicht bedachten Folterstuhl verlasse, begeben sich solche Herrschften meist schon längst in Richtung Ausgang, wo sie dann ihren, auf Foto dokumentierten, "Fehltritt" vom Einstieg gegen eine häufig nicht unter 7 € liegenden Lösesumme erhalten können, um sie vor den Augen der, ihnen sowieso schon längst nicht mehr wohlgesonnenen und durch Gelenkschmerzen erst einige Minuten später vorbeikommenden "Überlebenden", schützen zu können.

Während einer solchen Grachtenfahrt wird auf diversen Sprachen per Tonband ein an Monotonie nicht zu übertreffender Kommentar zu jeder, nicht immer ganz so grazil anmutenden Sehenswürdigkeit, in den sich schnell aufheizenden Fahrgastbereich eingespielt. Wahrscheinlich wurde die Aufnahme angefertigt, unmittelbar nachdem der bereits stark ermüdete Sprecher die Langzeitfassung der Vertonung des Wiener Telefonbuchs einlas. Leider wurde in den letzten Jahrzehnten jedoch vergessen, die Tonbänder auf ihre Aktualität hin zu überprüfen.

Was witzig ist, dass man zu Sätzen wie: "Rechts sehen Sie (lange Pause) die um 1750 erbaute Brücke Adalbert des Großen mit ihren prunkvollen Amplikationen!", als Kulisse: "Dieser, im normalen Leben gescheiterte Immigrant versteht es auch aus einer einfachen Ente ein delikates Mahl zu zaubern und sitzt dabei unter einer (lange Pause) ambienteträchtigen Brücke (wieder lange Pause) gestylt von Sprühfarbenimpressionisten."

Tatsächlich saß unter einer, namentlich aber nicht in Erinnerung gebliebenen Brücke ein Junkie, der sich ein Federviehgericht über einem Lagerfeuer bereitete.

Wer andere Spezialitäten bevorzugt, wird im Zentrum Amsterdams reichlich Auswahl finden. Vom Burgerking mit 5 Filialen bis zum Pommes Spezial Bauchladen ist dort alles zu finden, was das Herz des hungrigen Amsterdambesuchers erfreuen kann. Und wer noch keinen Hunger hat, der macht sich welchen; und wie könnte der dies besser tun, als in einem der überall zu findenden Coffee Geschäften?
Auch hier finden sich schnell Unterschiede in der Qualität der Lokalität, da nicht in jedem dieser Geschäfte das zum Amsterdambesuch unverzichtbare holländische Bier angeboten wird, oder vielmehr: darf, da die Vergabe der Ausschanklizenzen wohl von den gleichen Beamten gewährleistet wird, die für die Planung des Straßenbaus zur Verantwortung gezogen werden könnten.

Ungleich mehr als von Straßenplanung verstehen die Holländer vom Bierbrauen. Die Marken Heineken und Amstel seien hier dem Besucher ans Herz gelegt. Der teilweise sehr katastrophale Verkehrszustand in der Innenstadt sollte jedoch davon abhalten diese Biere übermäßig zu konsumieren, wenn man sich noch per Fahrzeug in selbigen begeben will. Nicht unbedingt die polizeilichen Kontrollen stellen hier ein Problem dar, sondern vielmehr die horrenden Summen die der Parkausweisautomat von dem verlangt, der sein Auto nach über 8 Stunden wieder aus dem Parkhaus hinausfahren möchte.

Acht Stunden parken entsprechen ungefähr acht Amstel und schlagen mit ungefähr 18 € zu buche, machen hingegen nicht annähernd so besoffen, weshalb man dann auch noch im Straßenverkehr teilnehmen kann.

Wer also die Palette der Genussmittel Amsterdams probieren möchte, sollte sich überlegen gleich per Bahn anzureisen, um entweder sein peinliches Einstiegsfoto auslösen zu können, oder sich acht Amstel extra zu trinken.
 



 
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