Kotzbude

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arielleira

Mitglied
Der Laden war brechend voll. Er lag direkt am Zülpicher Platz und lockte täglich mit „Motto-Partys“ die Erst-Semester-Studenten. Es war die vierte Location die wir an dieser Freitagnacht ansteuerten. Alina, Jule, zwei Freunde aus Berlin und ich. Wir gaben links neben dem Eingang unsere Jacken ab. Es roch streng nach Schweiß und Kotze. Es tropfte von der Decke und der Boden war übersät mit Flaschen und zerbrochenen Gläsern. Auf der Tanzfläche hüpfte die Menge zu den derzeit angesagten Hits der Oberstufe.

„Lass mal zur Bar gehen!“ meinte Alina. Ich nickte, folgte ihr durch die Maßen feierwütiger Kids. Die Mädels waren schätzungsweise durchschnittlich 19,20 Jahre und die Jungs mit Sicherheit um die 23,24. Quasi in meinem Alter. Man könnte meinen wir hätten die gleichen Interessen, irgendetwas gemeinsam. Nichts. Sie tanzten als gäbe es kein Morgen und soffen als wenn dies der letzte Ort auf der Welt wäre der Alkohol ausschenkte. Dessen waren sich auch die 4 Mädels hinter der Bar bewusst. Eines rannte wie ein Duracel-Häschen hin und her, die andere verließ ihren Posten am Ende der Bar nicht und die zwei etwas übergewichtigen Mädels hielten ihren Zapfhahn fest als würde er jeden Moment umfallen. Das nenn ich mal eine super Aufteilung. Die zwei Korpulenten ärgerten die Schnelle und mit ihrem versteinerten zickigen Blick zeigten die beiden wer hier das Sagen hatte und 2 Euro mehr pro Stunde verdiente. Aus diesem Grund warteten wir auch gefühlte 30 Minuten auf unsere Drinks.

Mit meinem Glas in Hand lehnte ich mich an die Bar und schaute mich um. Fiese Kreaturen, schreckliche Frisuren, unvorteilhafte Kleidung, amateurhafte Zungenküsse, offensichtliche Grabsch-Versuche, taktloses Hüfte schwingen, peinliche Anmachen und grauenvolle Musik zierten dieses Etablissement. Ich fühlte mich fehl am Platz. Ich beobachtete das Schauspiel noch eine Weile weiter bis ich unter einer vollkommenen Reizüberflutung litt.

Hier war alles vertreten. Wenn man sich über die neusten Trends und Anmachsprüche junger Studenten informieren möchte, ist man hier genau an der richtigen Adresse. Hier tummeln sich die typischen Streber die schon einen roten Kopf bekommen wenn die daran denken ein Mädchen zu küssen. Die Streber die es schon getan haben. Die Hobbysäufer die laut grölend sich in einer Gruppe Jungs unverwundbar fühlen. Die nach dem dritten Bier schon besoffen sind und spätestes 2 Stunden später irgendwo in der Ecke hängen. Die Sportler. Die Hippster. Die mit einem Totenkopf-Schal und Nietenschuhen verkleideten Rocker. Die Normalos. Die Unscheinbaren. Die Player, welche jedenfalls davon überzeugt sind. Die wasserstoffblond gefärbten Tussis. Die vorzeige Schwiegersöhne.

Ich fratge mich unentwegt wessen Idee das war hierher zu kommen und wie ich hier wieder schnellst möglichst weg komme. Das soll ein Abbild der Jungstudenten sein und denen, die sich im dritten Semester immer noch so fühlten? Ich flipp aus. Das kann ja nicht wahr sein.

Um mir die Zeit zu vertreiben versuchte ich die Fachrichtungen der Feierwütigen zu erraten. Nach einiger Zeit verlor ich auch darin das Interesse. Ich starrte stattdessen auf ein Mädchen in einem schwarz-weiß gestreiften langen Shirt-Kleid, roter Leggins und braunen Schuhen. Sie schafft es, sich konsequent aus dem Takt zu bewegen. Ihre Hüften stoß sie verkrampft von links nach rechts, schwang ihre Arme als würde sie gleich wie ein Vogel abheben und versuchte dabei so verführerisch wie nur möglich zu schauen. Ich war mir nicht sicher ob sie das wirklich ernst meinen konnte.

Diesen Gedanken hatten auch einige anderen und beobachtete sie verdutzt. Ein anderes Mädchen in einer sehr kurzen Jeanshose, einem zu großen Shirt und einem schwarz-glitzernden BH hatte dagegen einiges mehr an Taktgefühl in die Wiege gelegt bekommen. Das wusste sie wohl selber auch und führte eine selbstdarstellerische One-Women-Hip-Hop-Show ab und ließ keine Frage offen. Ich musste hier raus. Ich fühlte mich leer. Nichts in diesem Raum könnte das füllen. Meine Freunde machten sich einen Spaß aus dem ganzen hier. Mir gab es nichts. Zu oberflächlich. Zu Unecht.

Wie man so schön sagt: „Der Realität beim Feiern entfliehen“. Doch dies konnte doch nicht wirklich eine passable Welt neben der Realität sein. Der Gestank von Kotze und verschütteten Bier wurde schlimmer. Nicht das ich dies nicht von Festivals wie Rock am Ring oder Punk im Pott gewöhnt wäre jedoch war das Umfeld für diesen Geruch eher seltsam.

Der DJ gab nun alles und haute die Evergreens für Teenipartys raus. Nirvana, System of a Down, Blink 182 und Rolling Stones. Die Masse „rastete“ in ihren Klamotten vom Billigdiscounter aus und fühlten sich wie kleine Rockstars. Sie grölten laut mit und schmissen ihre Haare umher da sie dachten das mache man so wenn ein Rocksong läuft. Als diese kleine Einführung in die Rockgeschichte beendet war läutete der DJ mit dem neuen Song „Roar“ von Katy Perry die nächsten Stunden mit ohrenbetäubend schlechter Musik ein.

Lange hielt ich das hier nicht mehr aus. Ich unterhielt mich mit Jule etwas. Alina hatte einen Kerl kennen gelernt und die zwei Berliner Freunde erweckten mir den Anschein dass sie Gefallen an solch einer Musik hatten. Ich mochte Jule sehr. Wir sahen uns viel zu selten. Doch diese Einsicht hatte ich immer erst alle paar Monate wenn sie unmittelbar vor mir stand und wir uns auf Anhieb super verstanden als wäre es erst gestern als wir uns das letzte Mal gesehen haben. Sie war auch müde und so beschlossen wir nach dem übernächsten Lied abzuhauen.

Bob Marley und Uncle Kracker waren die letzten die mich in der Kotzbude begleiteten. Wir holten unsere Jacken ab, verabschiedeten uns von den anderen und staksten schnurstracks zum Ausgang. Es war halb 5. Höchste Zeit gute Musik mit entspannten Menschen zu genießen. Die perfekte Zeit für das Stereo Wonderland.
 
L

lilaluna

Gast
Hallo Arielleira,

ehrlich gestanden - sympathisch finde ich das lyrische Ich, das uns da etwas vormosert, nicht. In der angeblichen "Studentenparty", in der männliche Drittsemester schon 23, 24 sind und die weiblichen erst 19 oder 20, scheint niemand unterwegs zu sein, der den hohen Ansprüchen der Dame genügt - die Bedienungen nicht, die Musi nicht, das Ambiente nicht, das Publikum nicht. Alles Deppen, alle ohne jeden Geschmack, alle besoffen.

Man fragt sich, wonach das lyrische Ich in diesem Ambiente eigentlich gesucht hat und warum es sich daran stört, dass morgens um fünf der harte Kern, der immer noch Party macht, nicht mehr so ganz helle ist.

Für mich ist hier eine Geisterfahrerin unterwegs, die glaubt, sie sei richtig, aber alle anderen führen falsch. Dabei hat sie nur versäumt, rechtzeitig mitzumachen. Wahrscheinlich wird sie, wenn sie mal alt und grau sein wird, immer noch am Rand der Gesellschaft stehen und verzweifelt nach "Entspannern" suchen, die ihr die verkrampften Wadeln nach vorn richten, während André Rieu aus einer Stereoanlage tröpfelt und Klassisches imitiert.

Der Text liest sich wie der Bericht eines stocknüchternen Heilsarmeeunteroffiziers, der kurz vor dem Zapfenstreich ins Löwenbräuzelt auf dem Münchner Oktoberfest einmarschiert und erwartet, dass sofort alles aufhört, besoffen zu sein, dass es nach Rosenwasser duftet und die Kapelle den Choral "Näher mein Gott zu Dir" spielt.

Ich hoffe, das Stückerl war ironisch und nicht ernst gemeint - sonst sähe ich schwarz für das lyrische Ich.

Mit amüsierten und lieben Grüßen

lilaluna
 
S

Steky

Gast
Du solltest den Text durch die Duden-Rechschreibprüfung lassen, hier fehlen sehr viele Beistriche. LG
 

arielleira

Mitglied
Lilaluna, einfach den Text noch einmal lesen und ihn nicht einfach überfliegen.

Danke Steky für dein wachsames Auge, Zeichensetzung zählt nicht unbedingt zu meiner Stärke :)
 
L

lilaluna

Gast
Ich glaube, arielleira,

Du solltest Dir Deinen Text selber noch mal vornehmen und im Zusammenhang lesen.

Dass Du auf die Idee kommst, ich schriebe eine Kritik, ohne ihr Objekt angeguckt zu haben, sozusagen "ins Blaue hinein", stimmt heiter. Ich glaub nicht, dass ich Dich weiter ernst nehmen muss.

Liebe Grüße

lilaluna
 



 
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