Krause Glucke (gelöscht)

hallo Lesemaus

Du verstehst es angenehm zu schreiben, obwohl es für meinen Geschmack etwas zu lange hingezogen ist bis zur Pointe, welche mir sehr gut gefallen hat.

tip: an Panther- oder Fliegenpilzen stirbt man nicht, auch wenn man sie in großen Portionen verdrückt, das sollte die gute Frau als Pilzkennerin wissen. Einzig tödliche Pilzart in Mitteleuropa: weißer- und grüner Knollenblätterpilz (gelbe weniger giftig, aber auch sehr gefährlich) und eine Schwammerlsorte, deren Namen mir jetzt nicht einfällt.

liebe grüße
gernot
 

Lesemaus

Mitglied
Hallo Gernot, schön, dass es dir trotz der Länge gefallen hat. Ja, ich weiß, manchmal tue ich mich schwer mit Kürzungen. Aber wenn du einen Vorschlag hast, was genau ich rauswerfen könnte, ohne an der Substanz der Geschichte was zu ändern, darfst du es mir gern sagen. Ich bin da naturgemäß etwas betriebsblind.

Mit den Pilzen, danke. Obwohl ich selbst eine eifrige Sucherin bin, war mir das in letzter Konsequenz nicht so ganz klar. (Ich möchte auch niemand vergiften, deshalb wohl)

Gruß Lesemaus
 
Das Geräusch drang wie durch Schichten von Wasser in ihr Bewusstsein.[strike] An- und abschwellend. Laut und leiser werdend. Jetzt dicht an ihrem linken Ohr.[/strike] Anita erwachte. Der schlechte Atem ihres Mannes streifte von einem Pfeifton begleitet ihre Nase. [strike]Ein kräftiger Windzug, der sie frösteln ließ.[/strike] Schaudernd drehte sie sich auf die andere Seite. Natürlich. Was sollte es auch sonst sein, das sie da – wie fast jede Nacht – aus dem Schlaf schrecken ließ. Sie kannte all die Variationen dieser Schnarchkonzerte. Gleich würde aus dem Pfeifen ein immer schnelleres Hecheln werden, das dann in ein ersticktes Röcheln übergehen würde, worauf Bernhard kurz aufwachen und sich vom Rücken auf die Seite drehen würde, was ihr dann für einige Minuten die Chance gab, wieder in den Schlaf zu finden.

Nichts, aber auch nichts von dem, was sie ausprobiert hatte, war von Erfolg gekrönt gewesen.[strike] Keine Trillerpfeife, mit der sie versucht hatte, ihn aus dem Rhythmus zu bringen, kein Nase zuhalten oder in die Rippen stoßen. Irgendwann lag er wieder auf dem Rücken und tat das, was für ihn zur Nacht zu gehören schien wie für sie die Schlaflosigkeit.[/strike][blue]beispiele überflüssig.[/blue]

Selbst die Wissenschaft, derer sie versucht hatte, sich zu bedienen, half hier nicht weiter. Als sie ihm an einem Morgen beim Frühstück, als er einigermaßen gut gelaunt zu sein schien, die Gefährlichkeit seines Schnarchens mit Hilfe von Wörtern wie „Schlafapnoe“ deutlich zu machen versuchte und ihn überreden wollte, sich doch einmal in ein Schlaflabor zu begeben, sah er sie nur ärgerlich mit diesem „Kannst-du-nicht-aufhören-mich-zu nerven"-Blick an und das Thema war damit erledigt. Für ihn erledigt.

Sie konnte weiter sehen, wo sie ihren kostbaren Nachtschlaf her bekam. Getrennte Zimmer? Fehlanzeige. Ihren diesbezüglich vorgebrachten, mit genügend entschärfenden Erklärungen abgemilderten Wunsch (es ist doch bloß ein räumliches Getrennt-sein, es hat doch nichts mit meinen Gefühlen für dich zu tun, was glaubst du, wie viele Ehepartner getrennt schlafen) wischte er mit einem kurzen peitschenden Satz zur Seite: „Dann kannst du dir auch gleich eine andere Wohnung suchen!“

Und nachts heimlich still und leise auf die Couch im Wohnzimmer zu verschwinden, hatte sich auch als undurchführbar erwiesen. Diese in seinen Augen persönliche Beleidigung wurde strengstens geahndet. Nicht sofort. O nein! Er hatte diesbezüglich ein langes Gedächtnis. Er konnte warten, bis die Gelegenheit günstig war. [strike]Bis beispielsweise die Tochter kam mit den Enkelkindern und er sich wieder einmal so unmöglich aufführte, dass sie nicht wusste, wie sie da noch ausgleichend eingreifen konnte. Kein Wunder, dass sie sich kaum noch sehen ließen. Und wieder verschwand ein Grund, sich am Leben zu freuen. Für sie.[/strike][blue]das beispiel wieder überflüssig, tut nichts zur sache, wird auch so verstanden[/blue]

[strike]Oder er wartete den Zeitpunkt ab, wenn sie zu einem Besuch ihrer Tochter am anderen Ende Deutschlands fahren wollte. Ein- oder zweimal im Jahr. Dann ereilte ihn kurz vor ihrer Abfahrt eine plötzliche schwere Krankheit. Ein Angina pectoris Anfall beispielsweise. Oder er rief an, wenn sie dort war und teilte ihr mit schmerzverzerrter Stimme mit, wo er das Testament hinterlegt hatte. Er selbst war zu krank (bequem), um sich eine so lange Zugfahrt zumuten zu können. In jedem Fall saß er immer am längeren Hebel, ganz egal, was sie sich einfallen ließ, um ihr Leben mit ihm erträglicher zu machen.[/strike][blue]grins, ich streich dir deine beispiele.[/blue]

Ihn zu verlassen, diese Option hatte sie nicht nur einmal erwogen. Auch die Tochter fragte sie des öfteren, warum sie eigentlich noch mit dem Vater zusammen sei. Einen Grund aber vermochte Anita nicht zu nennen. Außer dem, dass sie dann seinen Tod, zumindest aber seinen kompletten Zusammenbruch verantworten müsse, da er ohne sie nicht lebensfähig sei. Über das andere jedoch, diese latent vorhandene Angst, wenn sie an die Alternative des Alleinlebens, an die damit zwangsläufig verbundene Einsamkeit dachte, darüber sprach sie nicht. Dann doch lieber ertragen, was sie kannte. Und sich ihre Fluchten gönnen. In ihre Welt aus Erinnerungen und Vorstellungen, zu der er keinen Zugang hatte.

Wie erwartet, begann jetzt der zweite Teil des Konzerts. Allegro. Kurze rhythmische Atemstöße, die einem Donnergrollen glichen und sich steigerten, bis der vibrierende Schleim in seinem Gang zwischen Nase und Rachen einen Hustenreiz auslöste. Meist griff ihr Gatte anschließend nach der Flasche mit Mineralwasser, die für diese Fälle neben dem Bett bereit stand.

[strike]In ein richtiges Konzert konnte sie sich mit ihm nicht mehr wagen, seit er dabei eingeschlafen war und zu schnarchen begonnen hatte. Es war ihr nicht gelungen, ihn aufzuwecken und man hatte beide verärgert hinaus komplimentiert. Wie peinlich![/strike][blue]unglaubwürdig und lenkt ab.[/blue]

Aber sie hatte ihre Tricks: Früher als er ins Bett gehen in der Hoffnung, schon zu schlafen, wenn er den ersten Schnarchgang einlegte. Notfalls mit Hilfe einer oder zweier Tabletten. Oder zweier oder dreier Gläser Wein. Alternativ Kognak. Oder Grog.

Doch nicht immer ließ er sie gehen. Er mochte es nicht, allein vor dem Fernseher zu sitzen und von Sender zu Sender zu zappen. Er mochte es vor allen Dingen nicht, sich sein Bier allein aus dem Kühlschrank holen zu müssen. Und er wollte, dass jemand da war, dem er seine Kommentare mitteilen konnte. Zu dem Krimi. Oder dem Fußballspiel. [strike]„Ist der so blöd, oder merkt der wirklich nicht, dass er auf der falschen Spur ist?“ „Schieß doch endlich nach rechts, da steht der Ballack doch völlig frei!“ Antworten erwartete er dabei nicht. Antworten missfielen ihm sogar. Er wollte lediglich zeigen, dass er die Sache durchschaut hatte. Dass er den Fall längst gelöst, das Tor längst geschossen hätte. Wer, wenn nicht seine Frau, sollte von seinen wirklichen Qualitäten wissen?[/strike]

Der beste Trick war aber der, den sie in den letzten Jahren bis an die Grenze der Perfektion trainiert hatte. Sie versetzte sich einfach weg. Weg aus dem Doppelbett mit ihrem übergewichtigen schnarchenden Ehemann, aus dem Schlafzimmer mit der Blümchentapete und den schnäbelnden Tauben überm Bett, aus der bald abbezahlten Eigentumswohnung mit Balkon, auf dem ihr Mann Kakteen züchtete, weg aus dem unbedeutenden Vorort der ebenso unbedeutenden Kleinstadt, in der sie nichts hielt, nicht einmal eine Freundin.

Bevorzugt beamte sie sich in den Wald. Der einzige Grund, nicht endgültig verrückt zu werden. Der Wald war von der Wohnung in wenigen Minuten zu Fuß zu erreichen. Und es verging ab dem Frühsommer bis in den Spätherbst kaum ein Tag, an dem sie nicht ihre bequemen Schuhe und eine alte Hose anzog, um dorthin zu gehen. Meist unter dem Vorwand, Pilze zu suchen. Ihr Mann nannte dies ihr „Hobby“. Es war mehr eine aus der Not erwachsene Beschäftigung. Wenn sie ihm den wahren Grund genannt hätte, wäre sie durch seinen beredten Blick noch ein Stück weiter demontiert worden. Jetzt ist sie vollends übergeschnappt!

[strike]Es war die Ruhe, die sie immer wieder unter das dichte Blätterdach des Waldes zog. Eine Ruhe, die keineswegs still war. Sie kannte die Geräusche des Waldes mittlerweile gut. Die verschiedenen Vogelstimmen, das Pochen des Spechtes, das knisternde Geräusch der im Herbst fallenden Blätter. Das Knacken des dürren Unterholzes, wenn ein kleines Tier umherstreifte. Und die Gerüche. Der schwere würzige Duft im Herbst, wenn sie am liebsten in den Wald ging.[/strike][blue]riech nicht an den blumen in deinem text, sonst wird der leser müde.[/blue]

Sie rieb ihr baumwollendes Nachthemd zwischen ihren Beinen und hielt sich die Hand an die Nase. Ja, so konnte sie sich am besten in den Wald versetzen. Zu der Krausen Glucke, die sie am heutigen Tag gefunden und am Abend mit Zwiebeln und Ei gebraten hatte, zu all den anderen Pilzen, essbaren und giftigen, die sie unterscheiden konnte und deren Standorte sie kannte, seit Jahren schon. Dabei hatte sich ihr nach einer besonders schlimmen Nacht der Gedanke geradezu aufgedränt, ein Stück Panther- oder Fliegenpilz in seinen Gulasch zu mischen. Doch erschrocken über sich selbst hatte sie diese Möglichkeit schnell in der großen Truhe mit ihren geheimsten Sehnsüchten verstaut und sie mit einem großen Schloss gesichert.

Das Pfeifen neben ihr wurde zum Wind, der durch die hohen Kronen der Nadelbäume fuhr, der Zapfen von den Zweigen zauste und manche Bäume ächzen ließ, als trügen sie an der Last ihrer Jahre.

Wie oft konnte sie der Versuchung nicht wiederstehen, sich auf ein sonnengeflecktes Stück Moos zu legen, sich tief hinab sinken zu lassen in diese Stille und endlich, endlich zu schlafen.

Nachdem dies einmal dazu geführt hatte, dass sie erst nach Einbruch der Dunkelheit wieder erwacht war und sich zu Hause aus der Tatsache, dass das Abendessen nicht pünktlich auf dem Tisch stand, ein handfester Ehekrach entwickelt hatte, nahm sie immer den Kurzzeitwecker mit, der sie nach genau einer Stunde wieder aus ihrem erholsamen Schlaf riss. Wie gern würde sie sich für immer dort eingraben, in das duftende Moos, das trocken raschelnde, nussig riechende Laub und das dicke weiche Polster aus Tannen- und Kiefernnadeln.

Undenkbar, dass ihr Mann sie früher auf ihren Spaziergängen begleitet, ja, diese genauso geliebt hatte wie sie selbst. Wann hatte er sich das letzte Mal aus seinem Fernsehsessel gehievt, um mit ihr in die Natur zu gehen? Wo war der Mann hin entschwunden, den sie geheiratet hatte? Abenteuerlustig und immer mit einem Scherz auf den Lippen?

Der Wind in den Bäumen wurde zum Sturm. Aus dem leichten Hauch, der über ihren Hals und ihr Gesicht strich, war eine kalte Hand geworden, die an ihren Haaren riss. Anita schlug wild um sich. Nein, sie wollte ihren Platz an diesem angenehmen Ort nicht verlassen. Auch die Geräusche des Waldes hatten sich verändert. Ein großes Tier schien auf ihr Lager zuzukommen. Bedrohlich knurrend näherte es sich. Aber sie hatte keine Angst. Sie würde ihren Platz verteidigen. Der einzige Platz, der ihr noch geblieben war. Wo sie sie selbst sein konnte. Reden oder schweigen, wann sie es wollte. Und vor allem schlafen. Schlaf brauchte sie dringend.

Ungeahnte Kräfte erwuchsen ihr. Sie schlug und schlug und schien das Tier wirklich zu erschrecken. Es ergab sich.

Als Anita erwachte, fiel ihr zuerst die Stille auf. So still war es sonst am Morgen nie. Meist erwachte sie von den letzten Ausläufern der nächtlichen Schnarchorgien. Verwundert drehte sie sich zu ihrem Mann herum. Sein Gesicht und ein Teil des Oberkörpers war von einem Kissen verdeckt. Wieso deckt er sein Kissen über sich, fragte sich Anita einen Moment. Dann wurde ihr klar, dass es sich um ihr Kissen handelte. Die Erkenntnis traf sie wie eine Keule. Vorsichtig entfernte sie das Kissen. Sein Mund war geöffnet wie bei einem Fisch, der auf dem Trockenen liegt. Anita betrachtete den unbeweglichen Körper einige Minuten. In ihrem Kopf waren Vogelstimmen und in ihrer Nase die Gerüche des Waldes.

[strike]„Siehst du, Bernhard, hättest du auf mich gehört! Ich habe dir doch immer wieder gesagt, wie gefährlich Schlafapnoe sein kann. Lebensgefährlich!“[/strike][blue]der sarkasmus passt nicht zum vorherigen erschrecken - keulenschlag[/blue]

Dann drehte sie sich um und fiel in einen tiefen traumlosen Schlaf.



du verwendest oft beispiele, die deinen text nicht unbedingt aufpeppen, da musst du aufpassen, hab ein wenig gestrichen, was unnötig ist.

liebe grüße gernot

PS. den korallenpilz "Krause Glucke" kennt vermutlich kein mensch, nimm einen anderen pilz, verwirrt sicherlich manchen leser etwas.
 

Lesemaus

Mitglied
Hallo Gernot, danke für deine Textarbeit. Leider kann ich mich spontan nur mit der Streichung des Konzertbeispiels einverstanden erklären. Daran hatte ich selbst schon gedacht. Alle anderen Beispiele scheinen mir notwendig, um den Charakter des Ehemannes und damit das Bild der Ehe zu zeigen. Bei dem Schlusssatz hast du im Prinzip nicht unrecht. Aber er lies sich so schön vor, wenn man den Text vor Publikum liest. Und vielleicht ist er einfach vom jahrelangen Frust der Prot diktiert und somit doch wieder glaubwürdig.

z. B. das hier "Ein kräftiger Windzug, der sie frösteln ließ." will ich lassen, da es eine Vorwegnahme auf den Traum mit dem Wind ist, der zum Sturm wird. Hier wird das Bild sozusagen zum ersten Mal eingeführt.

Das hier "An- und abschwellend. Laut und leiser werdend. Jetzt dicht an ihrem linken Ohr." ist mir als Einstieg wichtig, damit die Atmosphäre noch ein wenig beschrieben wird, bevor es "losgeht".

Über die Notwendigkeit der Beispiele für ihre Bemühungen gegen das Schnarchen denke ich noch nach. Vielleicht streiche ich es tatsächlich.

Mit den anderen Streichungen kann ich mich (noch) nicht anfreunden.

Danke trotzdem noch mal für deine Mühe

LG Lesemaus
 

Sta.tor

Foren-Redakteur
Hallo lesemaus,

habe gerade Deinen Text 'durch' und freute mich schon auf eine gute Benotung und dann DAS: der Schlusssatz.

Also mal ernsthaft: welche Frau ist so abgebrüht, teilnahmslos, unterkühlt, abgestumpft oder sonst was, sich nach dem Anblick des verstorbenen (getöteten) Gatten umzudrehen und neben SEINER LEICHE in Schlaf zu verfallen. Es wird wohl Einzelfälle geben, aber sonst.
Nee, die von Dir Beschriebene wäre zu so was nicht fähig. Mein Eindruck. Und darum bewerte ich erstmal nicht.

Die krause Glucke ist mir allerdings bestens bekannt, durch eigene, hoch erfreuende Funde und in dem Wissen über ihre hervorragenden Geschmackseigenschaften höchst willkommen. Titel also unbedingt erhaltenswert.

Viele Grüße
Sta.tor
 

Lesemaus

Mitglied
Hallo Sta.tor, na, ja, vielleicht muss ich mir doch einen anderen Schluss einfallen lassen....

Ja, den Titel will ich unbedingt beibehalten, vor allem auch deswegen, weil er neugierig macht. Gerade die, die nicht wissen, was sich dahinter verbirgt.

Und ja, sie schmeckt hervorragend, nur leider habe ich sie erst einmal gefunden...

Danke fürs ansonstige Gutfinden.

Da ich es nicht mag, meine ursprünglichen Texte gleich hier zu korrigieren, werde ich nun wohl auf deine Wertung verzichten müssen....

Fandest du auch manche Stellen (welche?) im Text überflüssig?

Würdest du nur den letzten Satz wegnehmen, also es z.B. akzeptieren, wenn da stünde: "Dann griff sie zum Telefonhörer." Oder nach der wörtlichen Rede einfach aufhören?

LG Lesemaus
 
B

bluefin

Gast
hallo @lesemaus, ich finde deine geschichte zwar recht gut ausgedacht und in teilbereichen auch gut geschrieben, aber sie ist wirklich zu lang.

dass ein ehepaar sich nicht mehr wertschätzt und aneinander abgearbeitet hat, ganz besonders natürlich das arme hascherl von frau (das offenbar noch nie was von oropax gehört zu haben scheint), ist so banal, dass eine aufzählung von (all)gemeinheiten wie den deinen nicht weiter unterhält, sondern ziemlich langweilt.

die minutiöse beschreibung des schnarchens dagegen, vom melodiösen säuseln bis hin zum finalen furioso reichte vollkommen hin, dem leser einen (lustvollen!) gattenmord zu begründen. auch wenn's mancher zartbesaitete diesen den krausen glucken nicht zutraut: sie haben schon manchem nervendem opi "rohr frei" ins bier oder das nötige quantum barbiturat in den kaffee getan oder ihm, wie hier, das bestickte paradekisserl auf's gesicht gedrückt. und haben sich dann erleichtert aufseufzend weggedreht.

wie reimte doch damals schon wilhelm b., als der hausherr, wie immer sturzbetrunken heimtaumelnd, des winters vor seiner tür in die regentonne fiel, dort zum eiszapfen gefror und seine gattin morgens vom milchmädchen auf das "unglück" aufmerksam gemacht wurde? sie reagierte ungefähr so:

"schau schau!", ruft sie, in schmerz versunken,
"mein guter zwiel hat ausgetrunken!
von jetzt an, liebe madame piper,
nur noch einen halben liter."


die geschichte unserer lesemaus ist weder wirklich betroffen machend, noch ist sie lustig, obwohl ansätze zu letzterem (der titel, der schluss) vorhanden wären.

tipp: wie schon von anderen vorgeschlagen, radikal einkürzen, das dröge drumherum knicken und die schnarchtöne allein das grandiose werk vollbringen lassen. dann würz!

liebe grüße aus münchen

bluefin
 

Lesemaus

Mitglied
Hallo bluefin, danke für deine Meinung. Werd drüber nachdenken. Im Moment hab ich als alternativen Schluss folgendes ausgedacht:

"Während Anita noch überlegte, was nun zu tun sei, drang der frühe Gesang der Lerche zum offenen Fenster herein und Anitas Blick verlor sich in der Ferne, wo der dunkle Himmel sich allmählich rötete."

Also ohne "Siehst du...", weil dieser Schluss anscheinend nicht zum ausgemachten Wesen der Prot passt. (Auch wenn er sich immer sehr gut zum Vorlesen geeignet hatte...)

LG Lesemaus
 

Chrisch

Mitglied
Hallo Lesemaus. Ich will dich nicht verunsichern und hoffe, dass du noch viele Geschichten schreibst.
Leider hat mich dieser Text doch irgendwie verärgert, auch, wenn ich durchaus verstehen kann, dass solches Gehabe eines gefühllosen egozentrischen Paschas und Tyrannen, lüsterne Mordgedanken durchaus aufkommen lassen.
Sie will ihn nicht verlassen, weil sie Angst hat allein zu sein und denkt trotzdem, zwar erschrocken, aber doch an sein gewaltsames Ableben?
Sie denkt sich in den Wald, reibt sich das Nachthemd zwischen den Beinen und hebt dann ihre Hand an die Nase? Scheint mir etwas verunglückt. Dass sie vom Frühling bis zum Herbst fast jeden Tag in den Wald geht, um Pilze zu pflücken, würde selbst so einem Idioten, wie ihrem Ehemann nicht sehr plausibel vorkommen.
Im Allgemeinen mag ich solch überzeichnete Charactere nicht, an denen wirklich nichts sympathisches ist, sondern die Verachtung von Anfang an bis ins Letzte gepflegt wird.
Der Hinweis, dass er früher anders war, dient einzig zur Entschuldigung für die Frau sich mit diesem schleimröchelnden fetten Ungetüm überhaupt abzugeben, der weder sie noch seine Kinder liebt.
Im Übrigen ist die Taktik auf einen günstigen Augenblick zu warten, um sich zu rächen - woher weiß sie eigentlich, dass es Vergeltung für ihre "Ungehörigkeit" ist? - ist aller Erfahrung nach, mehr eine weibliche Taktik, Männer sind da viel direkter. Schon deshalb kommt mir das alles ziemlich zusammengeholt und übertrieben vor. Sämtliche Vorurteile werden bestätigt. Der idiotische egistische Mann, der nicht lebensfähig ohne sie ist und das arme Hascherl von Frau, die doch nur mal schlafen will!
Tut mir leid, aber das ist für mich alles Andere als eine gelungene Geschichte.
Trotzdem nicht verzagen, ich denke, du kannst gut erzählen, was in den nächsten Geschichten bestimmt besser zur Geltung kommen wird.
 

Lesemaus

Mitglied
Ich merke schon, die Geschichte wird von den meisten zu ernst genommen.

Das hatte ich eigentlich gar nicht bezweckt. Ich will mit den Klischees spielen, absichtlich übertreiben und überzeichnen, will beim Leser/Hörer ein Grinsen/Schmunzeln aufs Gesicht zaubern und den Gedanken: o ja, das kenne ich!

Komischerweise glückt mir das bei meinen Lesungen immer ganz gut. Weil ich dort nicht so ein kritisches Publikum habe wie hier?

Ich denke, man muss an diesem kleinen Geschichtchen jetzt kein Meisterstück versuchen, ich wüsste auch gar nicht, was ich denn jetzt nun ändern sollte, damit die Geschichte funktioniert. Es wäre auf jeden Fall nicht mehr MEINE Geschichte.

Also ich gebs einfach auf. Die Geschichte funktioniert nicht. Punkt.

LG Lesemaus
 
B

bluefin

Gast
hier gibt's kein publikum, liebe @lesemaus. das hier ist ein hafischbecken, und in dem tummeln sich keine sichunterhaltenwoller, sondern nur erstklassige schriftsteller und noch bessere kritiker.

das schöne an kritik ist, sag ich immer, dass man sie nicht beherzigen muss.

liebe grüße aus münchen

bluefin

p. s.: das wirklich gute an deiner geschichte sind die schnarchtöne, wie ich schon sagte. die bau ein bisschen aus (mach eine richtige sinfonie mit thema, nebenthema und mindestens vier sätzen draus); lass den ganzen anderen, belanglosen jammerkram weg und nimm am ende nur das kissen und die coole ansage "schlaf-apnoe". und schon knallt's.
 

look closer

Mitglied
Hallo Lesemaus,
deine Kurzgeschichte ist sehr leicht zu lesen. Viele stilistische Mittel machen es sehr angenehm ihn zu lesen und werden auch nicht zu stark eingesetzt. Nur finde auch ich die Geschichte (vor allem das letzte Drittel) am Ende zu lang.
Lieben Gruß
Andy
 

Sta.tor

Foren-Redakteur
Ja, lesemaus,

streiche den letzten Satz. Er schießt weit übers Ziel hinaus und ist m.E. völlig überflüssig.
Im übrigen bin ich gerne Leser und will gar nicht wissen, was sich für Ungetier mitunter in Wasserbecken tummelt.

Viele Grüße
Sta.tor
 

Lesemaus

Mitglied
Danke für eure KOmmentare, vielleicht setze ich mich noch mal ran an die Story, aber ich kann es nicht versprechen. ES ist zuviel bemängelt worden, als das ich die Hoffnung habe, noch eine gute Geschichte draus machen zu können.

Nur die Schnarchtöne zu nehmen, wäre für mich zu wenig.

Seid nicht böse, ich mag auch Kritik wirklich, deshalb bin ich hier. Aber vielleicht sollte ich nur die Sachen zur Kritik freigeben, an denen mir (noch) was liegt. Dafür ist es schon zu lange her, dass ich die "Glucke" geschrieben habe.

Sorry, mein Fehler, aber ich bin lernfähig.

LG Lesemaus
 



 
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