Kriminelle Chaoten

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Kriminelle Chaoten

Et passieren täglich schreckliche Dinge. Blöd nur, wenn se einen selbst betreffen.

Mitte Januar rief mich ihre Majestät, der Ortsbürgermeister, an und meldete en Einbruch in unsere Jagdhütte. Er hätte bereits die Polizei verständigt, ich sollte möglichst sofort kommen. Berta und ich machten uns sogleich auffe Socken.
Die Kripo war mit zwei Beamten vor Ort, sicherte Spuren.
Die mehrfach gesicherte Eingangstür war mit ner Kettensäge kreisrund ausgesägt, so dass ne erwachsene Person ohne Mühe durch dat Loch kriechen konnte. Die Hütte sah entsetzlich aus!
Etliche Rotweinflaschen hatte man brutal geköppt und den guten Inhalt inne Hütte verspritzt. Die Wände, die Betten und der Teppich sahen aus wie nach em Blutbad. En Zeiss-Fernglas und mein teuret Nachtsichtgerät hatten obendrein den Besitzer gewechselt.
Dat war schon schlimm genug. Et kam aber noch entsetzlicher. Alle Trophäen wie Keilerwaffen, Geweihe und Gehörne hatte man mit ner Brechstange in tausend Stücke geschlagen und mit Rotwein übergossen!
Ich hatte verstanden! Mir blieb fast die Luft weg. Son Anblick geht anne Nieren, dat kann ich Ihnen sagen. Ich hab mich umgedreht und musste mir en paar Tränen wegwischen.
Bertas Augen verrieten große Wut. „So eine verfluchte Saubande!“, schrie se, „dieset Dreckspack gehört für immer eingesperrt. Willi, unternimm endlich wat, steh nich so tatenlos herum!“
„Berta, beruhige Dich, ich kann im Moment nix tun. Ich bin noch total gelähmt. Dat war hier kein normaler Einbruch, auch keine blinde Zerstörungswut. Dat stinkt hier gewaltig nach Chaoten, die mehr im Sinn hatten!“ Ich hatte den grauenhaften Verdacht kaum ausgesprochen, da überreichte mir en Polizist son Bekennerschreiben: Lesen Se ma selbst:

„Die Kampfgruppe ‚Zornige Frischlinge’ lässt alle Tiermörder herzlich grüßen.

RACHE FÜR JEDES ERMORDETE TIER!

Lustmörder in Grün werden von uns gnadenlos ausgerottet.“


Ich trommelte den Jagdvorstand zusammen, dat er sich en Bild von der Verwüstung machen sollte. Einer nach dem anderen kam angerauscht. Sie waren fassungslos. Son kriminellen Vorfall mit „Tierschützern“ hatte dat Dorf noch nich erlebt.
Berta ging beherzt auf den Jagdvorsteher zu und verlangte Rache. „Jupp“, sachte se, „jetz kannze beweisen, ob Du mein Freund biss, ich verlange, dat Ihr auch en Betrag für die Ergreifung der Täter aussetzt. Ich opfer 500 Euro vom Haushaltsgeld.“
Tatsächlich legte der Jagdvorstand noch mal 500 Euro dazu und versprach, die Belohnung im Verbandsgemeindeblatt extra groß platzieren zu lassen.
Noch am Abend erfuhr ich, dat nich nur unsere Hütte zerstört wurde. Insgesamt vier Fischer- und zwei Jagdhütten inne Umgebung hatten ebenfalls Besuch von diese Herrschaften.
Einbruch-Diebstahl- und Vandalismus waren durch meine Hausratversicherung gedeckt, aber wat war mit dem ideellen Wert von meine Jagdtrophäen? So wat Einzigartiget kann man nich mit Geld regulieren! Meine Erinnerungen an jedet erlegte Stück hatten diese Verbrecher für immer und ewig zerstört!
Berta schrie hysterisch: „Kommt endlich inne Gänge und quatscht nich so lange hier rum, ich will, dat die Bande geschnappt wird, ich will die im Zuchthaus schmorn sehn!“
Ich rief noch vier Nachbarpächter und ihre Jagdaufseher an, um mit ihnen ne gemeinsame Aktion gegen die Jagdgegner auszuarbeiten.
Wir trafen uns am folgenden Freitag mit dem Leiter der Kripo beim Schweinejupp. Hauptkommissar Grooz war selbst Jäger und kannte unsere Probleme. Er erklärte, ohne seinen Rotzkocher aussem Hals zu nehmen, dat et Jagdgegner in den radikalsten Formen gäbe, denen demokratische Grundregeln offensichtlich fremd wärn. „Das sind keine harmlosen Körnerfresser, sondern Öko-Faschisten!“, betonte er, „denen ist jedes Mittel Recht. Je spektakulärer ihre Aktionen, umso mehr Spenden gehen bei deren Tarn-Organisationen ein. Das ist der verdammte Zeitgeist, weil das Töten von Tieren inne Bevölkerung gefühlsmäßig abgelehnt wird!“
Dat konnte ich einfach nich begreifen, dat bei so zweifelhaften Organisationen Millionen von Euro inne Kassen flossen. Waren die Spender denn alle verrückt? Am Kotelett, wat die Knalltüten schmatzen, hing doch auch ma en lebendiget Schwein dran!
Wir besprachen unser gemeinsamet Vorgehn und verständigten uns darauf, von jedem verdächtigen Fahrzeug künftig dat Kennzeichen zu notieren und überprüfen zu lassen. Bei jedem Ansitz sollten von wegen die Beweiskraft und eigene Sicherheit immer zwei Kanzeln besetzt werden.
Die Belohnung zum Schnappen der Täter wurde viermal ganzseitig im Verbandskäseblättchen veröffentlicht. Leider meldete sich noch immer kein Verräter.
Mit Nachtsichtgeräten beobachten wir fast zwei Monate lang dat Revier. Et tat sich nix. Wir hatten lediglich Liebespärchen mit Sternkes inne Augen „erwischt“ und ab und zu besoffene junge Burschen auf ner „Alkoholschleichroute“.
Eines Nachts aber wurde et echt heiß:
Uli und ich saßen Samstagnacht getrennt auf Wildschweine an, die mehrfach die Felder umgedreht hatten. So gegen 2.00 Uhr fiel ihm en Geländewagen mit ausgeschaltetem Scheinwerfern auf. Er rief mich an und gab die Fahrtrichtung durch. Jetz musste et schnell gehn.
Runter vom Hochsitz, Revolver eingesteckt, Taschenlampe umgehängt und mit Abblendlicht hinter dem Fahrzeug her. Ruck zuck hatten wir den verdächtigen Wagen blockiert. Blitzschnell sprangen wir aus den Autos, blendeten den Fahrer mit die Taschenlampen, rissen seine Wagentür auf und peilten auf ne männliche Person, die uns entsetzt anstarrte. Ich hielt ihm meinen Jagdschutzausweis und Revolver vor die Nase. „Guten Morgen, Jagdschutz! Kannze uns ma erklären, wat Du um diese Zeit hier im Revier zu suchen hass? Und warum hasse dat Licht an Deiner Kiste aus?“
Der Kerl wollte nich mit die Sprache raus. Ich wurde ungeduldig: „Lass Dir nich allet ausse Nase kitzeln, raus mit die Sprache!“
Der Uli fackelte nich lange, packte ihn beim Kragen, zerrte ihn aussem Auto und schrie: „Mach das Maul auf!“
„Ich nix verstehn,.“ „Ach“, sachte ich, „gebrochen Deutsch sprechen kannze ja, dat iss aber schön. Uli, mach ma den Kofferraum auf.“
Ich hatte richtig getippt. Zwei blutverschmierte Messer und en Fleischerhaken, an dem en Hase hing, fand er in einer Aldi-Plastiktüte. Der Hase war noch warm. „Willi, ihn den Revolver vor die Nase und fass nix an, dat iss en Wilderer, ich rufe die Polizei und hole Gummihandschuhe aus dem Auto von wegen Fingerabdrücke! Beobachte die Umgebung, der Kerl ist vielleicht nicht allein!“
Dat Schärfste fanden wir aber nich im Kofferraum, sondern im Handschuhfach. Ne geladene russische “Makarov Pistole“. Und auffem Beifahrersitz lagen unter ner grauen Militärdecke ne Schonzeitbüchse, Kaliber .22 mag mit nem aufgeschraubten „Schallschlucker“, en Suchscheinwerfer und en russischet Nachtsichtgerät. „Towaritsch!“, schrie ich, „beide Hände auf dat Autodach und die Beine auseinander! Wat meinze wat wir in Deinem Auto gefunden haben? Kuck ma, wat ich hier inne Hand hab. Dat iss ne geladene Pistole. Du biss vorläufig festgenommen.“ Ich vermutete bei dem Typ auch ne Waffe am Balg. „Uli, taste den Kerl ab, der iss nich koscher.“ Laut fluchend ließ der Strolch die Leibesvisite über sich ergehn. „Willi, der ist sauber.“
„Wat, sauber soll der sein? Der hat schwer Dreck am Stecken!“ Ich fragte nach dem Personalausweis, Führerschein, Jagdschein und der Waffenbesitzkarte. „Ich nix verstehn.“ Dann spuckte mir der Mistkerl auch noch voll int Gesicht. Mir wurde fast übel. Jetz war Schluss mit lustig! „Junge, merk et Dir, Willi Püttmann aussem Ruhrpott spuckt niemand an.“
„Ich nix verstehn.“
„Dein Spucken war ne vorsätzliche Körperverletzung, deshalb muss ich jetz leider in Notwehr handeln. Vielleicht verstehsse dann besser. Ich holte aus und haute dem Drecksack die rechte Faust voll inne Magengrube. Wenn der Uli mich nich zurückgehalten hätte, wüsste ich nich, wat ich mit dem Schweinehund sonst noch gemacht hätte.
Innerhalb von fünfzehn Minuten saß der Kerl mit Handschellen inne „Blauen Minna“. Vorher aber kloppte er wie irre auf die Polizeibeamten ein. Damit fing er sich auch noch ne Anzeige wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte ein.
Bei die weiteren Ermittlungen stellte sich heraus, dat sein Fahrzeug gestohlen war und et sich bei ihm um en vorbestraften Dieb handelte, der jahrelang inne Umgebung geklaut und gewildert hatte.
Die Festnahme sprach sich wie en Lauffeuer im Landkreis herum.

En Wilddieb hatten wir hinter Schloss und Riegel gebracht, aber noch niemanden von den autonomen Tierrechtlern.
Wegen der ausgesetzten Belohnung und der großen Aufmerksamkeit, die uns wegen dem Wilddieb die Presse bescherte, gaben wir doch für die Brüder dat ideale Feindbild ab.
Trotz sorgfältigster Revierbeobachtung, war et aber unmöglich, jede der achtunddreißig Jagdeinrichtungen rund umme Uhr zu schützen.

Et waren gerade ma vier Monate nach dem Einbruch inne Hütte verstrichen, da kam die nächste Hiobsbotschaft: An vier Schlafkanzeln waren sämtliche Stützholme angesägt und die Kanzeln mit em Geländewagen zum Einsturz gebracht worden. Totalschaden! Überall im Revier fanden wir Flugblätter:

„Wir sind DIE NAGENDEN BIBER, nagen besonders gern an Pfahlbauten.
Wir sind Anwälte rechtloser Tiere!“


Darüber hinaus hatten die „Biber“ an sechs Ansitzleitern die oberen zwei Sprossen angesägt.
Der Schaden betrug etwa dreitausendfünfhundert Euro. Den beglich keine Versicherung, denn et gibt bis heute keine Gebäudeversicherung für „Pfahlbauten“.

Dat mit die angesägten Sprossen war en eindeutig vorsätzlichen und hundsgemeinen Angriff auf unser Leben! Tierschützer wollten dat sein! Und wat war denen en Menschenleben wert? Verbrecher warn dat! Dat waren auch keine Geisteskranke. Nee, dat waren gewissenlose „Jagdterroristen“!
Jeder Politiker würde bei nem Terrorakt hysterisch werden und sofort nach dem starken Arm vom Vater Staat winseln. Den Terror gegen uns Jäger nimmt aber kaum en Regierungsheini wahr. Wat iss dat für ne schreiende Ungerechtigkeit!
Wir waren im Landkreis nich dat einzige Revier, in dem die Terrorbande zugeschlagen hatte. Dat tröstete uns keineswegs. Im Gegenteil!
Wieder kam die Polizei, sicherte Fahrspuren und abermals hab ich Anzeige erstattet. Berta sah rot: „Wenn die Saubande so brutal iss, müssen wir die Belohnung um weitere fünfhundert Euro anheben, auf insgesamt 1500 Euro. Irgendwann kriegen wir die Misthunde!“
Dieset Mal brachte sogar die überregionale Presse en ausführlichen Bericht vonne Tat und der beachtlichen Belohnung. Beide Flugblätter wurden riesengroß abgedruckt.
Da wir Sorgen vor weiteren „Biber-Feldzügen“ hatten, wurden täglich die Reviereinrichtungen auf Sicherheit überprüft. Dat machte zwar viel Arbeit, war aber besser für unsere Gesundheit. Bei jedem Reviergang hatten wir ne Kurzwaffe einstecken. So weit war et schon gekommen!

Nun halten Se sich fest:
Der Abdruck vonne Flugblätter und die fette Belohnung waren höchstwahrscheinlich der Schlüssel für ne Reihe von spektakulären Festnahmen:
Ein zwölfjähriger Schüler aussem Nachbardorf entdeckte en Paket mit den Biber-Flugblättern und ne Aktionsliste von geplanten und verübten Anschlägen, einschließlich einer „Biber-Mitgliederliste“.
Raten Se ma wo? Inne Aktentasche von seinem Klassenlehrer! Beim Stöbern nach seinen Zensuren wurde er zufällig fündig. Der clevere Junge hatte natürlich sofort die fette Belohnung im Kopp. Er mauste die Listen, scannte die in den Klassencomputer ein und sendete allet schön per E-Mail anne Polizei. Vorsichtshalber kopierte er noch die Beweisstücke und legte die „Korpus-Deliktus-Sachen“ schön stiekum zurück inne Aktentasche. Vorsichtshalber telefonierte er inne Pause noch mit die Polizei und erzählte seine Story.
Ne halbe Stunde später führte man dat erste „Schulidol“ ab. Zwei weibliche „Vorbilder“ derselben Schule folgten ne Stunde später.
In den nächsten Tagen kam et zu achtzehn Festnahmen von Führungsaktivisten/Innen in Rheinland-Pfalz und über hundertzwanzig Verhören von Mitläufern/Innen in mehreren Bundesländern. Erwartungsgemäß fand man bei Hausdurchsuchungen erheblichet Belastungsmaterial, unter anderem auch en interessanten Wisch, einen „Verhaltenskodex für Tierrechtler“.

Nach den Festnahmen fiel uns en dicken Stein vonne Seele.

Die Übergabe der Belohnung haben wir mit die Eltern und dem mutigen Jungen würdig gefeiert. Heute iss Christian Z. en tüchtigen Metzgergeselle und hat gerade die Jägerprüfung erfolgreich abgelegt. Selbstverständlich wird Christian sein erstet Wild im Revier Bassenhausen erlegen!

Herrschaften, ich sach Ihnen wat, am liebsten hätte ich nach all diesen Ereignissen die Brocken hingeschmissen und die Jagd aufgegeben. Hab ich aber nich. Dann hätten die Chaoten den Sieg inne Tasche gehabt! Den Gefallen räumen wir den Armleuchtern nich ein. Niemals!
Leider dürfen wir diesen Jagdterroristen nur in Notwehr die Jacke voll haun. Trotz ihrer niederträchtigen Kampfansagen und Provokationen sollten wir immer schön dat Gesetz inne Pupille haben. Sonst sind wir nicht besser als die ideologisch verkorksten Typen.
 



 
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