Land's End

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Claus Thor

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LAND´S END
VON
CLAUS THOR

Der Junge stand nahe an den Klippen von Lands End, während der Vater die großen starken Hände auf seinen schmalen Schultern liegen hatte, und blickte in den tosenden Atlantik. Dort wo sich, am westlichsten Zipfel Großbritanniens, die Felsen mehr als hundert Meter tief ins Meer stürzten.
Er drehte sich um und sah seinem Vater direkt in die Augen. Achtsam hielten seine Kinderhände das Gefäß, sodass er es nicht fallen lassen würde. Tränen befeuchteten sein zartes Gesicht. Er schniefte. Auch des Vaters Augen waren von Tränen gerötet. Dann fragte das Kind: “Soll ich jetzt den Deckel öffnen, Papa, und die Asche ausschütten?“ Dem großen Mann entrann ein stockendes Ja.
Das feine grauweiße Pulver ließ sich vom Winde, in länglichen Schlieren, über die wilde Küste tragen. Sie standen noch lange da, die Blicke auf das tiefblaue Meer gerichtet in dem die Überreste einer einstmals schönen und lebensfrohen Frau und liebevollen Mutter versanken.
„Sie liebte diesen Landstrich, sie hätte es so gewollt!“ Die Worte des Vaters hallten in ihm und vermischten sich mit dem Rauschen und Brechen der Wellen.

Dieses Ereignis lag nun mehr als fünfzehn Jahre zurück und doch wollte die Schwermut, die seit dem auf Franks Seele lastete, nicht weichen. Frank wurde Schriftsteller, mit großem Erfolg, was einige seiner Preise und Auszeichnungen eindrucksvoll bestätigten und über die er gar nicht gerne sprach. Er reiste durch die Welt und nirgends hielt es ihn lange am Ort. Frank wohnte stets abseits des Trubels; wenn er dann abends, im Mietzimmer, auf dem Bett lag und die Decke anstarrte, fiel aller Stress seiner Lesungen und Vorträge und Autogrammstunden und der ganze Trubel um seine Person, von ihm ab.
Wenn er an einem Buch schrieb, mietete er sich ein Haus oder eine Hütte, möglichst einsam und fernab von Menschen. Frank mochte es allein und zurückgezogen zu leben, und so entstanden die Meisten seiner Bestseller.
Für eine Vorlesungsreihe durch Großbritannien kam er auch nach Canterbury und die Ereignisse von damals stürzten auf ihn ein. Um dies zu verarbeiten, fuhr er wieder auf der kurvenreichen Landstraße zwischen den grünen Hügeln entlang, auf dem er mit seinen Eltern schon sooft gereist war, zu den Sehenswürdigkeiten dieser Küste. Mit ihnen hatte er die Steinkreise von Stonehenge gesehen, die seit mehr als Viertausendachthundert Jahren dort standen und immer noch Rätsel aufgaben. Die Türme der gotischen Kathedrale in Canterbury. Und wie einst seine Mutter liebte er das mediterrane Flair der Region. Die durch den Golfstrom bedingte milde Temperatur ließ vielerorts Palmen sich über den Strand beugen. In Shaftsbury kam er in einer Privatpension unter.
Der junge Mann war früh auf den Beinen und genoss trotzdem ein reichhaltiges Frühstück. Während er aß, machte er sich Notizen. Eine Disziplin die man als Autor beherzigte um später darauf zurückgreifen. Man glaubt es kaum, was alles in Vergessenheit gelangt. Er blickte nur einmal kurz auf und sah eine junge Frau frühstückend am Tisch, einen Fensterplatz gegenüber, und es schien ihm, dass sie ihn beobachtete. Sie lächelte verlegen und nahm einen Schluck aus der Teetasse, welche sie so hielt, als wolle sie ihre Hände daran wärmen.
Frank gab ihr ein freundliches Lächeln zurück und sagte: “Guten Morgen, wie ich sehe, sind sie auch Frühaufsteher.“
Es dauerte eine kleine Weile, bis die junge Frau antwortete. „Guten Morgen.“ Es klang verlegen. Frank schien es, als sei sie es nicht gewohnt mit Fremden zu reden, dennoch sagte sie: “Sie sind sicher auf der Durchreise – stimmst?“
„Ja, sie haben recht. Sieht’s man mir an?“
„Nun – ich kenne so ziemlich jeden im Dorf, und sie sind fremd.“ Die Frau begann jetzt kampflustig zu werden, denn es kam etwas bissig rüber. „Dazu noch Deutscher ...“
„Ich bin nicht als Tourist unterwegs. Deutsch – nur halb, meine Mutter kam aus Brighton, mit ihren Eltern hatte sie in Braunschweig gelebt, aus der mein Vater stammt.“
Frank stand auf, die Tasse Tee in der Hand, und schritt hinüber zur ihr. „Sie erlauben - ich darf mich doch zu ihnen an den Tisch setzen, oder ...? So unterhält es sich leichter.“
Er setzte sein gewinnbringendes Lächeln auf, mit dem er schon so manches Eis zum Schmelzen gebracht hatte. „Mein Name ist Frank Bowers.“
Sie stellte sich als Ann McPherson vor und war die Lehrerin im Ort. Man war es gewohnt von ihr, dass sie im Golden Hill, wie die Pension hieß, frühstückte. Für die Kinder, welche sie unterrichtete, hatte sie immer ein offenes Ohr, war aber im Allgemeinen sehr verschlossen und zurückgezogen. Ein guter Beobachter hätte bemerkt, wie unwohl sich Ann fühlte, als Frank Platz genommen hatte. Doch es faszinierte sie, einen Schriftsteller kennenzulernen, dessen Bestsellerromane sie gelesen hatte. Ann las gern und viel, man könnte behaupten: Bücher waren ihre Welt.
„Ich habe einige ihrer Bücher gelesen ...“
Frank räusperte sich. Bevor er antwortete, und ihr dabei tief in die Augen blickte, und das verlegende Blinzeln richtig deutete: ja, er, Frank Bowers, gefiel der Lehrerin gut – und er musste es sich eingestehen – ihm erging es nicht anders.
„Hoffentlich waren sie nicht allzu langweilig.“
Ann lächelte.
Nach dem Frühstück entschlossen sie sich, noch gemeinsam spa-zieren zu gehen.
Vorbei, an liebevoll restaurierte Häuser, gingen sie die schmale gepflasterte Straße abwärts, vertieft im Gespräch über Literatur, Persönliches und Liebe. Man stellte viel Gemeinsames fest, war aber auf das Wahren der Zurückhaltung bedacht, um sich näher zukommen.
Als Frank Ann fragte, ob sie vielleicht Lust hätte, einen Tagesausflug nach Lands End mit ihm zu machen, willigte sie spontan ein, obwohl es nicht ihrer Art entsprach. Aber bei Frank hatte die Lehrerin ein gutes und sicheres Gefühl.
Während der Triumph Spitfire mit ihnen durch das Dartmoor fuhr, eine verträumte, leicht hügelige Heide – und Moorlandschaft. Vorbei an Dartmouth, dem kleinen Fischerort. Erzählte Ann wie angetan sie war, als sie zum ersten Mal die Kathedrale von Canterbury sah. Für die Anglikanerin war das Gotteshaus ebenso bedeutend wie für die Katholiken der Petersdom in Rom. Ann fühlte sich wohl neben Frank und das löste in ihr den Knoten, sodass sie ihn mit ihrem Redeschwall überflutete, aber er ertrank nicht in den Fluten, sondern badete in ihren Wellen und sie nahmen Frank mit in die Vergangenheit. So sah er sich zurückversetzt in jene Zeit, als seine Mom noch so redete, während Dad fuhr. Und Ann berichtete, genau, wie ehemals seine Mom es zu tun pflegte, dass dieser Ort so gut an der Küste versteckt gewesen sei, dass vor achthundert Jahren, die gerissenen Seebären Probleme hatten, den Hafen zu finden, eine richtige Piratenbucht.
Sie fuhren schließlich die britische Riviera entlang. Das romantische Küstenstädtchen Looe, das sich an die Steilküste schmiegte, tauchte auf.
Frank erzählte von seiner Schulzeit, von dem Wirrwarr der engen Gassen der Altstadt in Brighton und den lauschigen Plätzen, die zum Verweilen einluden. Er erzählte weiter, wie glücklich er mit seinen Eltern dort lebte. Dort, nachdem er Ann gestanden hatte, nie eine Frau wie sie kennengelernt zu haben, mit ihr auf dem Palace Pier zu flanieren, wie zu der Zeit damals, da er glücklicher war wie nie, wäre jetzt in diesem Augenblick das Größte.
Und jetzt genau hier in dem engen Font des Sportwagens, als vom Straßenrand aus Schafe über den Asphalt trippelten und sie an blökten und in ihren Autoscheinwerfer glotzten, beugte sich Ann zu Frank und gab ihn einen Kuss auf die Wange. Aber im gleichen Moment schämte sie sich für diesen Gefühlsausbruch und ihr Gesicht lief rot an. Es hatte sie so plötzlich und unerwartet übermannt.
Zwei Stunden später standen sie an den spektakulären Klippen von Lands End. Frank erzählte Ann die Geschichte seiner Mutter und wie er ihre Asche in das Meer geschüttet hatte. Sein Gesicht wirkte versteinerte und er wusste, dass er nicht mehr weinen konnte, denn zu viele Tränen hatte er deswegen schon vergossen, sodass er jetzt keine Tränen mehr hatte. Und Ann sah, wie er mit seinem Leid kämpfte, und es wurde ihr ganz übel von dem, was sie noch nicht wagte, ihm zu erzählen. Sie umarmte ihn. Dann standen sie da, eng umschlungen, vor dem beeindruckenden Bild eines tosenden Atlan-tik und ihre Gefühle schienen sie zu zerreißen. Ann löste sich aus dem Griff von Frank und rannte – weg von ihm – von seiner Liebe und seiner Leidenschaft. Er holte sie ein und hielt sie am Arm und drehte sie zu sich, und sie sagte, mit von Tränen erstickender Stimme: oh, Frank – Frank. Ich kann nicht ...“
„Was kannst du nicht?“ fragte er aufgewühlt.
„Wir dürfen uns – nein, du darfst dich nicht in mich verlieben.“ Sie wirkte verzweifelt, und Frank wusste nicht, was mit ihr geschah, und was er tun könnte. Er sah sie aus seinen weit aufgerissenen Augen an, unfähig zu verstehen.
„Ich – ich habe so lange auf dich ... auf jemanden wie dich gewar-tet; da ich dich jetzt – gefunden habe, möchte ich dich nicht wieder verlieren!“
Frank merkte nicht, dass er laut schrie, und sie fest, zu fest am Arm hielt, sodass Anne vor Schmerz stöhnte. Sie versuchte sich aus seinem Griff zu entwinden, aber es gelang ihr nicht.
„Oh, Frank“, sagte sie mit zittriger Stimme. „Ich liebe dich auch. Vom ersten Augenblick an, als ich dich im Golden Hill sah und wir miteinander redeten, wusste ich, dass du der Richtige wärest, aber ...“
Mit einem Ruck riss sie sich los und stürzte. Sie schlug sich das Knie, auf dem Schotterweg, blutig und weinte. Frank war bei ihr und hielt sie. Er wickelte ein Taschentuch um ihr verletztes Knie. Dann schaute er ihr in die Augen und sagte:“ aber wir können es nicht mehr rückgängig machen. Das Schicksal hat uns zusammengeführt. Lass es uns wenigstens versuchen!“
Annes Blick wurde ganz traurig, und Frank schluckte, er spürte, dass jetzt die große Wahrheit kam. Einmal im Leben kam immer der Augenblick dieser Wahrheit und so etwas würde ein – nein, zwei Leben verändern.
„Frank Bowers ich kann und darf dich nicht lieben.“ Sie zitterte am ganzen Leib und die Tränen strömten ihr übers Gesicht. „Unsere Liebe hätte keine Zukunft. Du ahnst nicht, wie nah wir schon dem Ende sind, noch bevor es einen richtigen Anfang gibt. Und glaub mir, nachdem ich dein Leid gespürt habe, wäre es nicht fair.“
„Was – was redest du? Ich kann dich nicht verstehen.“ Er presste seine Lippen, auf die ihren, aber sie drückte, ihn von sich.
Und während die letzten Strahlen der Sonne die schroffe Felsenlandschaft blutrot färbte, sah sie Frank direkt in die Augen und sagte: „Ich – Frank – ich werde sterben.“ Anne machte eine kleine Pause, als würde das Schweigen die Last der Bedeutung ihrer Worte anders gewichtet und es ertragbarer machen für ihn. Dann, als Frank nichts sagte oder nichts sagen wollte, fuhr sie fort: „Man gibt mir noch drei – höchstens sechs Monate ...“
Hinter Franks Stirn schien es heftig zu arbeiten, denn er ließ einige Falten entstehen und wieder vergehen. Er wirkte etwas blass um die Nase, mit so was hatte er wohl nicht gerechnet, ausgerechnet jetzt, wo es aussah, als könne er wieder glücklich werden.
„Okay“, sagte er dann, strich eine Haarsträhne von der Stirn und nahm sie in den Arm und küsste sie, warm und herzlich. „Bestenfalls sechs Monate. Gut. Es sollen die Schönsten werden in unserem Leben, dass schwör ich die, Liebes.“ Und er drückte sie an sich mit Kraft, so als wolle er sie nie mehr hergeben. Mit seiner Entschlossenheit steckte er Anne an und ließ all ihre Bedenken davon fliegen.
Dies lag jetzt zehn Monate hinter ihm. Er hatte sein Versprechen war gemacht und unvergessene Zeiten beschert, in denen zwei Menschen nicht glücklicher hätten seien können.
Etwa hundert Meter tief vor ihm brandeten die Wellen des mächtigen Atlantiks, schwarz und tosend. Er ließ die Asche aus der Urne fließen und spürte die starken Hände seines Vaters auf seine Schultern. Sein alter Herr räusperte sich und sagte:“ Gott legt jeden die Bürde auf, die der jenige auch tragen kann – nicht mehr, mein Sohn. Aber dich traf es hart und ich wüsste nicht, ob ich dieses Leid hätte tragen können.“
Und während der Wind die Asche mit sich trug, sagte Frank voller Stolz: „Anne, ich werde dich immer lieben.“

Ende
 
U

USch

Gast
Hallo Claus,
eine sehr schön erzählte Geschichte. Ich kenne die Gegend aus eigenem Bereisen.
Du solltest aber noch mal die vielen Rechtschreibfehler eliminieren.
LG Uwe
 

Claus Thor

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LAND´S END
VON
CLAUS THOR

Der Junge stand nahe an den Klippen von Lands End, während der Vater die großen starken Hände auf seinen schmalen Schultern liegen hatte, und blickte in den tosenden Atlantik. Dort wo sich, am westlichsten Zipfel Großbritanniens, die Felsen mehr als hundert Meter tief ins Meer stürzten.
Er drehte sich um und sah seinem Vater direkt in die Augen. Achtsam hielten seine Kinderhände das Gefäß, sodass er es nicht fallen lassen würde. Tränen befeuchteten sein zartes Gesicht. Er schniefte. Auch des Vaters Augen waren von Tränen gerötet. Dann fragte das Kind: “Soll ich jetzt den Deckel öffnen, Papa, und die Asche ausschütten?“ Dem großen Mann entrann ein stockendes Ja.
Das feine grauweiße Pulver ließ sich vom Winde, in länglichen Schlieren, über die wilde Küste tragen. Sie standen noch lange da, die Blicke auf das tiefblaue Meer gerichtet in dem die Überreste einer einstmals schönen und lebensfrohen Frau und liebevollen Mutter versanken.
„Sie liebte diesen Landstrich, sie hätte es so gewollt!“ Die Worte des Vaters hallten in ihm und vermischten sich mit dem Rauschen und Brechen der Wellen.

Dieses Ereignis lag nun mehr als fünfzehn Jahre zurück und doch wollte die Schwermut, die seit dem auf Franks Seele lastete, nicht weichen. Frank wurde Schriftsteller, mit großem Erfolg, was einige seiner Preise und Auszeichnungen eindrucksvoll bestätigten und über die er gar nicht gerne sprach. Er reiste durch die Welt und nirgends hielt es ihn lange am Ort. Frank wohnte stets abseits des Trubels; wenn er dann abends, im Mietzimmer, auf dem Bett lag und die Decke anstarrte, fiel aller Stress seiner Lesungen und Vorträge und Autogrammstunden und der ganze Trubel um seine Person, von ihm ab.
Wenn er an einem Buch schrieb, mietete er sich ein Haus oder eine Hütte, möglichst einsam und fernab von Menschen. Frank mochte es allein und zurückgezogen zu leben, und so entstanden die Meisten seiner Bestseller.
Für eine Vorlesungsreihe durch Großbritannien kam er auch nach Canterbury und die Ereignisse von damals stürzten auf ihn ein. Um dies zu verarbeiten, fuhr er wieder auf der kurvenreichen Landstraße zwischen den grünen Hügeln entlang, auf dem er mit seinen Eltern schon sooft gereist war, zu den Sehenswürdigkeiten dieser Küste. Mit ihnen hatte er die Steinkreise von Stonehenge gesehen, die seit mehr als Viertausendachthundert Jahren dort standen und immer noch Rätsel aufgaben. Die Türme der gotischen Kathedrale in Canterbury. Und wie einst seine Mutter liebte er das mediterrane Flair der Region. Die durch den Golfstrom bedingte milde Temperatur ließ vielerorts Palmen sich über den Strand beugen. In Shaftsbury kam er in einer Privatpension unter.
Der junge Mann war früh auf den Beinen und genoss trotzdem ein reichhaltiges Frühstück. Während er aß, machte er sich Notizen. Eine Disziplin die man als Autor beherzigte um später darauf zurückgreifen. Man glaubt es kaum, was alles in Vergessenheit gelangt. Er blickte nur einmal kurz auf und sah eine junge Frau frühstückend am Tisch, einen Fensterplatz gegenüber, und es schien ihm, dass sie ihn beobachtete. Sie lächelte verlegen und nahm einen Schluck aus der Teetasse, welche sie so hielt, als wolle sie ihre Hände daran wärmen.
Frank gab ihr ein freundliches Lächeln zurück und sagte: “Guten Morgen, wie ich sehe, sind sie auch Frühaufsteher.“
Es dauerte eine kleine Weile, bis die junge Frau antwortete. „Guten Morgen.“ Es klang verlegen. Frank schien es, als sei sie es nicht gewohnt mit Fremden zu reden, dennoch sagte sie: “Sie sind sicher auf der Durchreise – stimmst?“
„Ja, sie haben recht. Sieht’s man mir an?“
„Nun – ich kenne so ziemlich jeden im Dorf, und sie sind fremd.“ Die Frau begann jetzt kampflustig zu werden, denn es kam etwas bissig rüber. „Dazu noch Deutscher ...“
„Ich bin nicht als Tourist unterwegs. Deutsch – nur halb, meine Mutter kam aus Brighton, mit ihren Eltern hatte sie in Braunschweig gelebt, aus der mein Vater stammt.“
Frank stand auf, die Tasse Tee in der Hand, und schritt hinüber zur ihr. „Sie erlauben - ich darf mich doch zu ihnen an den Tisch setzen, oder ...? So unterhält es sich leichter.“
Er setzte sein gewinnbringendes Lächeln auf, mit dem er schon so manches Eis zum Schmelzen gebracht hatte. „Mein Name ist Frank Bowers.“
Sie stellte sich als Ann McPherson vor und war die Lehrerin im Ort. Man war es gewohnt von ihr, dass sie im Golden Hill, wie die Pension hieß, frühstückte. Für die Kinder, welche sie unterrichtete, hatte sie immer ein offenes Ohr, war aber im Allgemeinen sehr verschlossen und zurückgezogen. Ein guter Beobachter hätte bemerkt, wie unwohl sich Ann fühlte, als Frank Platz genommen hatte. Doch es faszinierte sie, einen Schriftsteller kennenzulernen, dessen Bestsellerromane sie gelesen hatte. Ann las gern und viel, man könnte behaupten: Bücher waren ihre Welt.
„Ich habe einige ihrer Bücher gelesen ...“
Frank räusperte sich. Bevor er antwortete, und ihr dabei tief in die Augen blickte, und das verlegende Blinzeln richtig deutete: ja, er, Frank Bowers, gefiel der Lehrerin gut – und er musste es sich eingestehen – ihm erging es nicht anders.
„Hoffentlich waren sie nicht allzu langweilig.“
Ann lächelte.
Nach dem Frühstück entschlossen sie sich, noch gemeinsam spazieren zu gehen.
Vorbei, an liebevoll restaurierte Häuser, gingen sie die schmale gepflasterte Straße abwärts, vertieft im Gespräch über Literatur, Persönliches und Liebe. Man stellte viel Gemeinsames fest, war aber auf das Wahren der Zurückhaltung bedacht, um sich näher zu kommen.
Als Frank Ann fragte, ob sie vielleicht Lust hätte, einen Tagesausflug nach Lands End mit ihm zu machen, willigte sie spontan ein, obwohl es nicht ihrer Art entsprach. Aber bei Frank hatte die Lehrerin ein gutes und sicheres Gefühl.
Während der Triumph Spitfire mit ihnen durch das Dartmoor fuhr, eine verträumte, leicht hügelige Heide – und Moorlandschaft. Vorbei an Dartmouth, dem kleinen Fischerort. Erzählte Ann wie angetan sie war, als sie zum ersten Mal die Kathedrale von Canterbury sah. Für die Anglikanerin war das Gotteshaus ebenso bedeutend wie für die Katholiken der Petersdom in Rom. Ann fühlte sich wohl neben Frank und das löste in ihr den Knoten, sodass sie ihn mit ihrem Redeschwall überflutete, aber er ertrank nicht in den Fluten, sondern badete in ihren Wellen und sie nahmen Frank mit in die Vergangenheit. So sah er sich zurückversetzt in jene Zeit, als seine Mom noch so redete, während Dad fuhr. Und Ann berichtete, genau, wie ehemals seine Mom es zu tun pflegte, dass dieser Ort so gut an der Küste versteckt gewesen sei, dass vor achthundert Jahren, die gerissenen Seebären Probleme hatten, den Hafen zu finden, eine richtige Piratenbucht.
Sie fuhren schließlich die britische Riviera entlang. Das romantische Küstenstädtchen Looe, das sich an die Steilküste schmiegte, tauchte auf.
Frank erzählte von seiner Schulzeit, von dem Wirrwarr der engen Gassen der Altstadt in Brighton und den lauschigen Plätzen, die zum Verweilen einluden. Er erzählte weiter, wie glücklich er mit seinen Eltern dort lebte. Dort, nachdem er Ann gestanden hatte, nie eine Frau wie sie kennengelernt zu haben, mit ihr auf dem Palace Pier zu flanieren, wie zu der Zeit damals, da er glücklicher war wie nie, wäre jetzt in diesem Augenblick das Größte.
Und jetzt genau hier in dem engen Font des Sportwagens, als vom Straßenrand aus Schafe über den Asphalt trippelten und sie an blökten und in ihren Autoscheinwerfer glotzten, beugte sich Ann zu Frank und gab ihn einen Kuss auf die Wange. Aber im gleichen Moment schämte sie sich für diesen Gefühlsausbruch und ihr Gesicht lief rot an. Es hatte sie so plötzlich und unerwartet übermannt.
Zwei Stunden später standen sie an den spektakulären Klippen von Lands End. Frank erzählte Ann die Geschichte seiner Mutter und wie er ihre Asche in das Meer geschüttet hatte. Sein Gesicht wirkte versteinerte und er wusste, dass er nicht mehr weinen konnte, denn zu viele Tränen hatte er deswegen schon vergossen, sodass er jetzt keine Tränen mehr hatte. Und Ann sah, wie er mit seinem Leid kämpfte, und es wurde ihr ganz übel von dem, was sie noch nicht wagte, ihm zu erzählen. Sie umarmte ihn. Dann standen sie da, eng umschlungen, vor dem beeindruckenden Bild eines tosenden Atlantik und ihre Gefühle schienen sie zu zerreißen. Ann löste sich aus dem Griff von Frank und rannte – weg von ihm – von seiner Liebe und seiner Leidenschaft. Er holte sie ein und hielt sie am Arm und drehte sie zu sich, und sie sagte, mit von Tränen erstickender Stimme: oh, Frank – Frank. Ich kann nicht ...“
„Was kannst du nicht?“ fragte er aufgewühlt.
„Wir dürfen uns – nein, du darfst dich nicht in mich verlieben.“ Sie wirkte verzweifelt, und Frank wusste nicht, was mit ihr geschah, und was er tun könnte. Er sah sie aus seinen weit aufgerissenen Augen an, unfähig zu verstehen.
„Ich – ich habe so lange auf dich ... auf jemanden wie dich gewartet; da ich dich jetzt – gefunden habe, möchte ich dich nicht wieder verlieren!“
Frank merkte nicht, dass er laut schrie, und sie fest, zu fest am Arm hielt, sodass Anne vor Schmerz stöhnte. Sie versuchte sich aus seinem Griff zu entwinden, aber es gelang ihr nicht.
„Oh, Frank“, sagte sie mit zittriger Stimme. „Ich liebe dich auch. Vom ersten Augenblick an, als ich dich im Golden Hill sah und wir miteinander redeten, wusste ich, dass du der Richtige wärest, aber ...“
Mit einem Ruck riss sie sich los und stürzte. Sie schlug sich das Knie, auf dem Schotterweg, blutig und weinte. Frank war bei ihr und hielt sie. Er wickelte ein Taschentuch um ihr verletztes Knie. Dann schaute er ihr in die Augen und sagte:“ aber wir können es nicht mehr rückgängig machen. Das Schicksal hat uns zusammengeführt. Lass es uns wenigstens versuchen!“
Annes Blick wurde ganz traurig, und Frank schluckte, er spürte, dass jetzt die große Wahrheit kam. Einmal im Leben kam immer der Augenblick dieser Wahrheit und so etwas würde ein – nein, zwei Leben verändern.
„Frank Bowers ich kann und darf dich nicht lieben.“ Sie zitterte am ganzen Leib und die Tränen strömten ihr übers Gesicht. „Unsere Liebe hätte keine Zukunft. Du ahnst nicht, wie nah wir schon dem Ende sind, noch bevor es einen richtigen Anfang gibt. Und glaub mir, nachdem ich dein Leid gespürt habe, wäre es nicht fair.“
„Was – was redest du? Ich kann dich nicht verstehen.“ Er presste seine Lippen, auf die ihren, aber sie drückte, ihn von sich.
Und während die letzten Strahlen der Sonne die schroffe Felsenlandschaft blutrot färbte, sah sie Frank direkt in die Augen und sagte: „Ich – Frank – ich werde sterben.“ Anne machte eine kleine Pause, als würde das Schweigen die Last der Bedeutung ihrer Worte anders gewichtet und es ertragbarer machen für ihn. Dann, als Frank nichts sagte oder nichts sagen wollte, fuhr sie fort: „Man gibt mir noch drei – höchstens sechs Monate ...“
Hinter Franks Stirn schien es heftig zu arbeiten, denn er ließ einige Falten entstehen und wieder vergehen. Er wirkte etwas blass um die Nase, mit so was hatte er wohl nicht gerechnet, ausgerechnet jetzt, wo es aussah, als könne er wieder glücklich werden.
„Okay“, sagte er dann, strich eine Haarsträhne von der Stirn und nahm sie in den Arm und küsste sie, warm und herzlich. „Bestenfalls sechs Monate. Gut. Es sollen die Schönsten werden in unserem Leben, dass schwör ich die, Liebes.“ Und er drückte sie an sich mit Kraft, so als wolle er sie nie mehr hergeben. Mit seiner Entschlossenheit steckte er Anne an und ließ all ihre Bedenken davon fliegen.
Dies lag jetzt zehn Monate hinter ihm. Er hatte sein Versprechen war gemacht und unvergessene Zeiten beschert, in denen zwei Menschen nicht glücklicher hätten seien können.
Etwa hundert Meter tief vor ihm brandeten die Wellen des mächtigen Atlantiks, schwarz und tosend. Er ließ die Asche aus der Urne fließen und spürte die starken Hände seines Vaters auf seine Schultern. Sein alter Herr räusperte sich und sagte:“ Gott legt jeden die Bürde auf, die der jenige auch tragen kann – nicht mehr, mein Sohn. Aber dich traf es hart und ich wüsste nicht, ob ich dieses Leid hätte tragen können.“
Und während der Wind die Asche mit sich trug, sagte Frank voller Stolz: „Anne, ich werde dich immer lieben.“

Ende
 

Claus Thor

Mitglied
LAND´S END
VON
CLAUS THOR

Der Junge stand nahe an den Klippen von Lands End, während der Vater die großen starken Hände auf seinen schmalen Schultern liegen hatte, und blickte in den tosenden Atlantik. Dort wo sich, am westlichsten Zipfel Großbritanniens, die Felsen mehr als hundert Meter tief ins Meer stürzten.
Er drehte sich um und sah seinem Vater direkt in die Augen. Achtsam hielten seine Kinderhände das Gefäß, sodass er es nicht fallen lassen würde. Tränen befeuchteten sein zartes Gesicht. Er schniefte. Auch des Vaters Augen waren von Tränen gerötet. Dann fragte das Kind: “Soll ich jetzt den Deckel öffnen, Papa, und die Asche ausschütten?“ Dem großen Mann entrann ein stockendes Ja.
Das feine grauweiße Pulver ließ sich vom Winde, in länglichen Schlieren, über die wilde Küste tragen. Sie standen noch lange da, die Blicke auf das tiefblaue Meer gerichtet in dem die Überreste einer einstmals schönen und lebensfrohen Frau und liebevollen Mutter versanken.
„Sie liebte diesen Landstrich, sie hätte es so gewollt!“ Die Worte des Vaters hallten in ihm und vermischten sich mit dem Rauschen und Brechen der Wellen.

Dieses Ereignis lag nun mehr als fünfzehn Jahre zurück und doch wollte die Schwermut, die seit dem auf Franks Seele lastete, nicht weichen. Frank wurde Schriftsteller, mit großem Erfolg, was einige seiner Preise und Auszeichnungen eindrucksvoll bestätigten und über die er gar nicht gerne sprach. Er reiste durch die Welt und nirgends hielt es ihn lange am Ort. Frank wohnte stets abseits des Trubels; wenn er dann abends, im Mietzimmer, auf dem Bett lag und die Decke anstarrte, fiel aller Stress seiner Lesungen und Vorträge und Autogrammstunden und der ganze Trubel um seine Person, von ihm ab.
Wenn er an einem Buch schrieb, mietete er sich ein Haus oder eine Hütte, möglichst einsam und fernab von Menschen. Frank mochte es allein und zurückgezogen zu leben, und so entstanden die Meisten seiner Bestseller.
Für eine Vorlesungsreihe durch Großbritannien kam er auch nach Canterbury und die Ereignisse von damals stürzten auf ihn ein. Um dies zu verarbeiten, fuhr er wieder auf der kurvenreichen Landstraße zwischen den grünen Hügeln entlang, auf dem er mit seinen Eltern schon sooft gereist war, zu den Sehenswürdigkeiten dieser Küste. Mit ihnen hatte er die Steinkreise von Stonehenge gesehen, die seit mehr als Viertausendachthundert Jahren dort standen und immer noch Rätsel aufgaben. Die Türme der gotischen Kathedrale in Canterbury. Und wie einst seine Mutter liebte er das mediterrane Flair der Region. Die durch den Golfstrom bedingte milde Temperatur ließ vielerorts Palmen sich über den Strand beugen. In Shaftsbury kam er in einer Privatpension unter.
Der junge Mann war früh auf den Beinen und genoss trotzdem ein reichhaltiges Frühstück. Während er aß, machte er sich Notizen. Eine Disziplin die man als Autor beherzigte um später darauf zurückgreifen. Man glaubt es kaum, was alles in Vergessenheit gelangt. Er blickte nur einmal kurz auf und sah eine junge Frau frühstückend am Tisch, einen Fensterplatz gegenüber, und es schien ihm, dass sie ihn beobachtete. Sie lächelte verlegen und nahm einen Schluck aus der Teetasse, welche sie so hielt, als wolle sie ihre Hände daran wärmen.
Frank gab ihr ein freundliches Lächeln zurück und sagte: “Guten Morgen, wie ich sehe, sind sie auch Frühaufsteher.“
Es dauerte eine kleine Weile, bis die junge Frau antwortete. „Guten Morgen.“ Es klang verlegen. Frank schien es, als sei sie es nicht gewohnt mit Fremden zu reden, dennoch sagte sie: “Sie sind sicher auf der Durchreise – stimmst?“
„Ja, sie haben recht. Sieht’s man mir an?“
„Nun – ich kenne so ziemlich jeden im Dorf, und sie sind fremd.“ Die Frau begann jetzt kampflustig zu werden, denn es kam etwas bissig rüber. „Dazu noch Deutscher ...“
„Ich bin nicht als Tourist unterwegs. Deutsch – nur halb, meine Mutter kam aus Brighton, mit ihren Eltern hatte sie in Braunschweig gelebt, aus der mein Vater stammt.“
Frank stand auf, die Tasse Tee in der Hand, und schritt hinüber zur ihr. „Sie erlauben - ich darf mich doch zu ihnen an den Tisch setzen, oder ...? So unterhält es sich leichter.“
Er setzte sein gewinnbringendes Lächeln auf, mit dem er schon so manches Eis zum Schmelzen gebracht hatte. „Mein Name ist Frank Bowers.“
Sie stellte sich als Ann McPherson vor und war die Lehrerin im Ort. Man war es gewohnt von ihr, dass sie im Golden Hill, wie die Pension hieß, frühstückte. Für die Kinder, welche sie unterrichtete, hatte sie immer ein offenes Ohr, war aber im Allgemeinen sehr verschlossen und zurückgezogen. Ein guter Beobachter hätte bemerkt, wie unwohl sich Ann fühlte, als Frank Platz genommen hatte. Doch es faszinierte sie, einen Schriftsteller kennenzulernen, dessen Bestsellerromane sie gelesen hatte. Ann las gern und viel, man könnte behaupten: Bücher waren ihre Welt.
„Ich habe einige ihrer Bücher gelesen ...“
Frank räusperte sich. Bevor er antwortete, und ihr dabei tief in die Augen blickte, und das verlegende Blinzeln richtig deutete: ja, er, Frank Bowers, gefiel der Lehrerin gut – und er musste es sich eingestehen – ihm erging es nicht anders.
„Hoffentlich waren sie nicht allzu langweilig.“
Ann lächelte.
Nach dem Frühstück entschlossen sie sich, noch gemeinsam spazieren zu gehen.
Vorbei, an liebevoll restaurierte Häuser, gingen sie die schmale gepflasterte Straße abwärts, vertieft im Gespräch über Literatur, Persönliches und Liebe. Man stellte viel Gemeinsames fest, war aber auf das Wahren der Zurückhaltung bedacht, um sich näher zu kommen.
Als Frank Ann fragte, ob sie vielleicht Lust hätte, einen Tagesausflug nach Lands End mit ihm zu machen, willigte sie spontan ein, obwohl es nicht ihrer Art entsprach. Aber bei Frank hatte die Lehrerin ein gutes und sicheres Gefühl.
Während der Triumph Spitfire mit ihnen durch das Dartmoor fuhr, eine verträumte, leicht hügelige Heide – und Moorlandschaft. Vorbei an Dartmouth, dem kleinen Fischerort. Erzählte Ann wie angetan sie war, als sie zum ersten Mal die Kathedrale von Canterbury sah. Für die Anglikanerin war das Gotteshaus ebenso bedeutend wie für die Katholiken der Petersdom in Rom. Ann fühlte sich wohl neben Frank und das löste in ihr den Knoten, sodass sie ihn mit ihrem Redeschwall überflutete, aber er ertrank nicht in den Fluten, sondern badete in ihren Wellen und sie nahmen Frank mit in die Vergangenheit. So sah er sich zurückversetzt in jene Zeit, als seine Mom noch so redete, während Dad fuhr. Und Ann berichtete, genau, wie ehemals seine Mom es zu tun pflegte, dass dieser Ort so gut an der Küste versteckt gewesen sei, dass vor achthundert Jahren, die gerissenen Seebären Probleme hatten, den Hafen zu finden, eine richtige Piratenbucht.
Sie fuhren schließlich die britische Riviera entlang. Das romantische Küstenstädtchen Looe, das sich an die Steilküste schmiegte, tauchte auf.
Frank erzählte von seiner Schulzeit, von dem Wirrwarr der engen Gassen der Altstadt in Brighton und den lauschigen Plätzen, die zum Verweilen einluden. Er erzählte weiter, wie glücklich er mit seinen Eltern dort lebte. Dort, nachdem er Ann gestanden hatte, nie eine Frau wie sie kennengelernt zu haben, mit ihr auf dem Palace Pier zu flanieren, wie zu der Zeit damals, da er glücklicher war wie nie, wäre jetzt in diesem Augenblick das Größte.
Und jetzt genau hier in dem engen Font des Sportwagens, als vom Straßenrand aus Schafe über den Asphalt trippelten und sie an blökten und in ihren Autoscheinwerfer glotzten, beugte sich Ann zu Frank und gab ihn einen Kuss auf die Wange. Aber im gleichen Moment schämte sie sich für diesen Gefühlsausbruch und ihr Gesicht lief rot an. Es hatte sie so plötzlich und unerwartet übermannt.
Zwei Stunden später standen sie an den spektakulären Klippen von Lands End. Frank erzählte Ann die Geschichte seiner Mutter und wie er ihre Asche in das Meer geschüttet hatte. Sein Gesicht wirkte versteinerte und er wusste, dass er nicht mehr weinen konnte, denn zu viele Tränen hatte er deswegen schon vergossen, sodass er jetzt keine Tränen mehr hatte. Und Ann sah, wie er mit seinem Leid kämpfte, und es wurde ihr ganz übel von dem, was sie noch nicht wagte, ihm zu erzählen. Sie umarmte ihn. Dann standen sie da, eng umschlungen, vor dem beeindruckenden Bild eines tosenden Atlantik und ihre Gefühle schienen sie zu zerreißen. Ann löste sich aus dem Griff von Frank und rannte – weg von ihm – von seiner Liebe und seiner Leidenschaft. Er holte sie ein und hielt sie am Arm und drehte sie zu sich, und sie sagte, mit von Tränen erstickender Stimme: oh, Frank – Frank. Ich kann nicht ...“
„Was kannst du nicht?“ fragte er aufgewühlt.
„Wir dürfen uns – nein, du darfst dich nicht in mich verlieben.“ Sie wirkte verzweifelt, und Frank wusste nicht, was mit ihr geschah, und was er tun könnte. Er sah sie aus seinen weit aufgerissenen Augen an, unfähig zu verstehen.
„Ich – ich habe so lange auf dich ... auf jemanden wie dich gewartet; da ich dich jetzt – gefunden habe, möchte ich dich nicht wieder verlieren!“
Frank merkte nicht, dass er laut schrie, und sie fest, zu fest am Arm hielt, sodass Anne vor Schmerz stöhnte. Sie versuchte sich aus seinem Griff zu entwinden, aber es gelang ihr nicht.
„Oh, Frank“, sagte sie mit zittriger Stimme. „Ich liebe dich auch. Vom ersten Augenblick an, als ich dich im Golden Hill sah und wir miteinander redeten, wusste ich, dass du der Richtige wärest, aber ...“
Mit einem Ruck riss sie sich los und stürzte. Sie schlug sich das Knie, auf dem Schotterweg, blutig und weinte. Frank war bei ihr und hielt sie. Er wickelte ein Taschentuch um ihr verletztes Knie. Dann schaute er ihr in die Augen und sagte:“ aber wir können es nicht mehr rückgängig machen. Das Schicksal hat uns zusammengeführt. Lass es uns wenigstens versuchen!“
Annes Blick wurde ganz traurig, und Frank schluckte, er spürte, dass jetzt die große Wahrheit kam. Einmal im Leben kam immer der Augenblick dieser Wahrheit und so etwas würde ein – nein, zwei Leben verändern.
„Frank Bowers ich kann und darf dich nicht lieben.“ Sie zitterte am ganzen Leib und die Tränen strömten ihr übers Gesicht. „Unsere Liebe hätte keine Zukunft. Du ahnst nicht, wie nah wir schon dem Ende sind, noch bevor es einen richtigen Anfang gibt. Und glaub mir, nachdem ich dein Leid gespürt habe, wäre es nicht fair.“
„Was – was redest du? Ich kann dich nicht verstehen.“ Er presste seine Lippen, auf die ihren, aber sie drückte, ihn von sich.
Und während die letzten Strahlen der Sonne die schroffe Felsenlandschaft blutrot färbte, sah sie Frank direkt in die Augen und sagte: „Ich – Frank – ich werde sterben.“ Anne machte eine kleine Pause, als würde das Schweigen die Last der Bedeutung ihrer Worte anders gewichtet und es ertragbarer machen für ihn. Dann, als Frank nichts sagte oder nichts sagen wollte, fuhr sie fort: „Man gibt mir noch drei – höchstens sechs Monate ...“
Hinter Franks Stirn schien es heftig zu arbeiten, denn er ließ einige Falten entstehen und wieder vergehen. Er wirkte etwas blass um die Nase, mit so was hatte er wohl nicht gerechnet, ausgerechnet jetzt, wo es aussah, als könne er wieder glücklich werden.
„Okay“, sagte er dann, strich eine Haarsträhne von der Stirn und nahm sie in den Arm und küsste sie, warm und herzlich. „Bestenfalls sechs Monate. Gut. Es sollen die Schönsten werden in unserem Leben, dass schwör ich die, Liebes.“ Und er drückte sie an sich mit Kraft, so als wolle er sie nie mehr hergeben. Mit seiner Entschlossenheit steckte er Anne an und ließ all ihre Bedenken davon fliegen.
Dies lag jetzt zehn Monate hinter ihm. Er hatte sein Versprechen wahr gemacht und unvergessene Zeiten beschert, in denen zwei Menschen nicht glücklicher hätten seien können.
Etwa hundert Meter tief vor ihm brandeten die Wellen des mächtigen Atlantiks, schwarz und tosend. Er ließ die Asche aus der Urne fließen und spürte die starken Hände seines Vaters auf seine Schultern. Sein alter Herr räusperte sich und sagte:“ Gott legt jeden die Bürde auf, die der jene auch tragen kann – nicht mehr, mein Sohn. Aber dich traf es hart und ich wüsste nicht, ob ich dieses Leid hätte tragen können.“
Und während der Wind die Asche mit sich trug, sagte Frank voller Stolz: „Anne, ich werde dich immer lieben.“

Ende
 

Claus Thor

Mitglied
Hallo Uwe,
es freut mich das dir meine kleine Geschichte gefällt. Ich hoffe das dir die Gegend wieder plastisch vor Augen stand. Das mit den Fehlern nervt; ich hab ein verdammt teures Schreibprogramm von Duden, aber beim rüber Kopieren kommen merkwürdigerweise Textveränderungen vor.
MfG
CT
 
U

USch

Gast
Hallo Claus,

es freut
freut [red]mich, dass [/red]dir meine kleine Geschichte gefällt. Ich
[red]hoffe, dass dir[/red] die Gegend wieder plastisch vor Augen stand. Das mit den Fehlern nervt; ich hab ein verdammt teures Schreibprogramm von Duden, aber beim
[red]Rüberkopieren [/red]kommen merkwürdigerweise Textveränderungen vor.
Bitte sei mir nicht böse, aber die meisten Leselupler sind da sehr streng, wenn zu viele Rechtschreibfehler im Text. Schreibe doch einfach in Word mit automatischer Rechtschreibkorrektur. Dann werden die meisten Fehler angezeigt. Wenn du dann den kompletten Text markierst und dann in die Leselupe transferierst wird nichts verändert.

LG Uwe
 

Claus Thor

Mitglied
Hallo Uwe,
vielen Dank für die Belehrung. Was soll man da noch sagen? Mein Microsoft Word 2010 plus Duden Korrektor 2011 haben den Text als nicht verbesserungswürdig erachtet. Ich habe deine Textkorrektur eigegeben und … na … sie war auch richtig! Bis auf das Unwort Rüberkopieren! Da jetzt schon wieder, das Programm will es nicht akzeptieren. Entweder das rüber Kopieren oder aber das rüber kopieren. Ich meine, wie sicher sind wir denn wirklich? Ich bin kein Lektor. Du? Natürlich mache ich manchmal Fehler, aber die sind rein der Flüchtigkeit zu zuschreiben. Nein, die Rüberko … rüber kopierten Texte hatten andere Fehler: An einigen Stellen traten Trennstriche auf. Man, eine Heidenarbeit die wieder aus allen Texten zu entfernen. Die einen oder anderen Tippfehler fielen mir dabei auch ins Auge. So ist das halt.

MfG

CT
 
D

Dominik Klama

Gast
Dass die schreibenden Mitglieder von der Leselups so extrem wenig Spaß verstünden, was Rechtschreibung und Zeichensetzung angeht, kann ich nicht finden. (Sonst würden sie wohl kaum selber so oft so viele Werke einstellen, wo es damit gewaltig hapert.) Tatsache ist halt, dass sie sich, selbst bei ziemlich guten Texten selten verkneifen können, auf das grundsätzliche Problem kurz mal hinzuweisen. Was ja wohl auch sein darf, weil es dem Autor vielleicht klar machen könnte, dass es in so etwas wie Word eine Korrekturhilfe gibt, die man, bevor man ein Werk in die Lupe stellt, auf jeden Fall noch mal drübergehen lassen sollte über alles. MIr immer sehr, sehr unverständlich, dass eigentlich recht viele Autoren existieren, die davon noch nie etwas gehört zu haben scheinen.

Jedoch steckt hinter der Word-Rechtschreibkontrolle leider kein "kluger Kopf", tatsächlich steckt da gar kein Kopf dahinter, sondern nur ein Programm. Wer öfter schon damit gearbeitet hat, kann sich einigermaßen vorstellen, welche Art von Fehlern Word auf jeden Fall findet - und welche anderen Arten von Fehlern leider niemals. Da muss dann der Schreiber selber einen Kopf haben und einigermaßen aufgepasst haben in der Schule.

Ich las mal die Autobiografie eines alten Österreichers. Die hatte er in so einem Verlag herausgebracht, wo vor Erscheinen der Autor sämtliche Kosten vorstrecken muss. So etwas erreicht mich üblicherweise nie, weil mich eigentlich nur Bücher erreichen, die irgendwo in Medien rezensiert werden, von anderen Schriftstellern in anderen Büchern erwähnt werden oder zufällig genau dann in einer Buchhandlung rumliegen, wenn ich durch dieselbe schlendere. In diesem speziellen Fall war ich durch eine sehr spezielle Buchhandlung geschlendert, wo es schon auch vorkommt, dass da Bücher auf den Präsentationsflächen liegen, welche aus Druckkostenzuschussverlagen stammen. Allerdings hatte es sich hier um einen Verlag gehandelt, der den Lekor aus seiner Kostenkalkulation grundsätzlich entfernt hatte. Das Lektorat ließ man mittlerweile das Word-Programm erledigen. Alles, was dieses Hilfsprogramm findet, kam in dem Buch nicht vor. Jedoch alles, was Word übersieht, kam in dem Buche in einem Grauen erweckenden Umfang vor. Eine sehr, sehr befremdende Lektüre. Der fragliche Autor hatte zweifellos eine interessante Lebensgeschichte, verfügte auch über Erzähltalent, aber die Rechtschreibung musste er wohl wie ein Grundschüler beherrschen. In sochen Fällen würde ich schauen, ob ich nicht jemanden kenne, der besser Orthografie beherrscht als ich und den ich damit behelligen darf, dass er mein Opus gegenliest, bevor ich es den Wölfen vorwerfe.

Leider entstammen die von USch aus Thors Antwort angemahnten Punkte (ich freue mich das..., beim rüber Kopieren) genau dem Sektor, wo Word reichlich blind ist. Weil es eben keinen denkenden Kopf besitzt.

> Wenn du den kompletten Text markierst ... transferierst, wird nichts verändert.

USch hat das ja wohl hier im Textfenster getippt, wo keine Rechtschreibkontrolle ist. Aber selbst wenn er in Word geschrieben und rüberkopiert hätte, hätte Word das fehlende Komma vor "wird" möglicherweise nicht erspäht. Möglicherweise aber doch. Die Grammatikkontrolle von dem Teil ist manchmal erstaunlich findig.


> Dort, wo sich die Felsen mehr als hundert Meter tief ins Meer stürzten...
Auch die Felsen haben einen denkenden Kopf. Denn "sich irgendwohin stürzen" setzt einen solchen voraus.

> Achtsam hielten seine Kinderhände das Gefäß, sodass er es nicht fallen lassen würde.
Unverzichtbarer Teil eines Schriftstellers ist nicht seine Rechtschreibkontrolle, wohl aber sein Sprachgefühl. Ich behaupte nicht, dass ich über eines verfügen würde. Sprachgefühl meint, dass man Sachen zwar schreiben kann, in dem Sinne, dass sie "nicht falsch" sind, also gegen irgendwelche Regeln, aber sie doch nicht schreibt, weil sie sich anders geschrieben besser anhören. Dies hier meiner Meinung nach beispielsweise so:
Achtsam hielt er das Gefäß, sodass es nicht fallen würde.
Oder "konnte", wie der Nächste bestimmt gleich meinen wird. Aber ich billige jedem Autor grundsätzlich die Entscheidung zu, manche Sachen etwas seltsam auszudrücken, weil er das mag. Ich mach das auch immer so.

> Dem großen Mann entrann ein stockendes Ja.
Wie schwer es ist, ein so kurzes Wort wie "Ja" "stockend" auszusprechen, kriegt man mit, wenn professionelle Schauspieler so was dann in Form eines Hörbuches vortragen müssen.
"entrang sich" war wohl das, was der Autor von irgendwelchen anderen Texten her im Ohr hatte. Und es passt ja zu der, na ja, schon irgendwie: Kitschigkeit dieses Anfangs, der keine fünf Wörter vorbeigehen lassen kann, ohne Stimmung zu machen. Ich lache immer an solchen Stellen, weil ich das dann so bildlich vor mir sehe. Dem großen Fass entrann ein Bächlein Wein. Dem großen Mann entrann ein Ja.

> Das grauweiße Pulver ließ sich vom Winde in Schlieren über die wilde Küste tragen.
Man beachte das altertümliche Dativ-e am Winde. Auch dieses Pulver hat nun wieder seinen ganz eigenen Kopf, was mit ihm zu geschehen hätte. Ich kann mir nicht helfen, ich bin einfach so, ich stelle mir jetzt viele, viele kleine Köpfe mit vielen, vielen kleinen Willen in den mikroskopisch kleinen Körnchen des Pulvers vor.

> Die Worte des Vaters hallten in ihm und vermischten sich mit dem Rauschen und Brechen der Wellen.
Und hier meine ich sogleich, die brechenden und rauschenden Wellen in dem Vater drin, also wahrscheinlich in seinem Magen, zu erspähen.

> Wenn er auf dem Bett lag und die Decke anstarrte, fiel ... der ganze Trubel um seine Person von ihm ab.
Trubel ist wohl etwas, was ganz schwer von etwas weg und irgendwohin fallen kann. Und hier liest es sich so, als könne er etwas beherrschen, was andere und zwar viele andere anrichten, nämlich Trubel.

> Für eine Vorlesungsreihe kam er nach Canterbury und die Ereignisse stürzten auf ihn ein.
Claus, wir merken es allmählich, ist sehr vernarrt ins Beleben unbelebter Subjekte. Grundsätzlich geht das ja auch. "Aus toten Ästen grinst Verrat", textete mal ein nicht ganz unbekannter Lyriker. Oder so ähnlich, kann mir ja auch nicht alles ewig merken. Dennoch, Claus, kannst du dir vorstellen, dass mich solche Sätze zum Feixen, Schmunzeln, Grimassieren verleiten?

> die Steinkreise von Stonehenge, die seit mehr als viertausendachthundert Jahren dort standen und immer noch Rätsel aufgaben.
Und sogleich sehe ich alle die einzelnen Jahre, wo sie da so herumstanden und pausenlos jedem, der vorbeikam, ein Rätsel aufgaben - wie Herr Jauch oder wie er hieß, ich habe das nie gesehen.

> Man glaubt es kaum, was alles in Vergessenheit gelangt.
Abgesehen davon, dass mir das "gelangt" nicht zusagt: In meinen Texten stehen so platte Weisheiten immer dann, wenn angezeigt werden soll, dass eine Person nicht angemessen auf eine Situation reagieren kann. Also ein Satz wie "Zeit heilt alle Wunden" zum Beispiel.

> Frank gab ihr ein freundliches Lächeln zurück
Was besagt, sie hat ihm mehrere Lächeln gegeben und er gibt jetzt eins von denen wieder zurück. Frank gab ihr einen Zehner zurück.

> mit ihren Eltern hatte sie in Braunschweig gelebt, aus der mein Vater stammt
An so einer Stelle sieht es, obwohl das vielleicht gar nicht so war, aus, als würde hier jemand Texte, die er geschrieben hat, reinstellen und erwarten, dass wir die jetzt lesen und gut finden sollen, die er, der Autor, selber nicht für so viel Aufhebens wert befand, dass er sie konzentriert Korrektur gelesen hätte. Und das mögen wir andern LL-Mitglieder halt nicht. Da hat USch völlig Recht.

> Man stellte viel Gemeinsames fest, war aber auf das Wahren der Zurückhaltung bedacht, um sich näher zu kommen.
Falls jemals, in Äonen, irgendein Leser diesen Satz "gut geschrieben" finden sollte: Bitte unbedingt bei mir melden, ich will dich kennen lernen!

> Ann fühlte sich wohl neben Frank und das löste in ihr den Knoten, sodass sie ihn mit ihrem Redeschwall überflutete...
Wen? Den Knoten? Das Problem könnte eventuell darin liegen, dass zwischen DER Frank und DER Knoten auch noch ein DAS gekommen war.

> Frank erzählte Ann die Geschichte seiner Mutter und wie er ihre Asche in das Meer geschüttet hatte
Hat er aber nicht. Wenn er geschüttet hätte, dann wäre die Asche senkrecht nach unten gefallen, sie ließ sich aber in weiten Schlieren auf dem Winde davongleiten.

> Einmal im Leben kam immer der Augenblick dieser Wahrheit und so etwas würde zwei Leben verändern.
Da Frank das so genau weiß, dass IMMER so ein Augenblick kommt, dürfen wir annehmen, seiner war schon da. Also ist es nicht dieser Augenblick, der sein Leben verändert, denn der Augenblick kommt ja nur EINMAL.

> ...als würde das Schweigen die Last der Bedeutung ihrer Worte anders gewichtet und es ertragbarer machen
Zur unbedingten Notwendigkeit eines Lektorats habe ich ja schon was gesagt. Aber außerdem: "ertragbar" ist ein sehr unelegantens Wort in diesem Zusammenhang.

> Gott legt jeden die Bürde auf, die der jene auch tragen kann.
Wie wäre es mit:
Gott legt einem jeden von uns eine Bürde auf, die seine Schulter auch tragen kann.

Lieber Claus Thor, ich bewerte das hier jetzt mit einer ganz schlechten Note. In der wahrscheinlich vergeblichen Hoffnung, dich vom weiteren Publizieren solcher Werke abhalten zu können.
 

Claus Thor

Mitglied
LANDS END
VON
CLAUS THOR

Sie standen an den Klippen von Lands End. Am westlichsten Zipfel Großbritanniens, wo die Felsen, mehr als hundert Meter, sich aus dem Meer erhoben. Sie blickten in den tosenden Atlantik. Ihre Augen waren von Tränen gerötet und Kummer hatte ihre Gesichter maskenhaft erstarren lassen. Der Junge wendete sich seinem Vater zu; er vermied es zu ihm aufzuschauen, heftete seinen Blick an die großen und starken Hände des Mannes, die im stillen Gebet gefaltet waren.
„Soll ich es jetzt tun?“, fragte mit dünner Stimme der Junge, dessen Name Frank war. Sein Vater, der gleichfalls Frank hieß, wie sein Vater und dessen Vater davor, hatte es nicht gehört. Der Junge hätte gerne am Ärmel des Trenchcoats gezupft, den der gram gebeugte Mann offen trug und ein Spiel des Windes war. Aber seine kleinen Hände hielten das Gefäß, und er achtete sehr darauf, es nicht fallen zu lassen. Dann richtet das Kind sich nochmals an seinen Vater. Jedoch mit erhobener Stimme, laut genug, sodass der Wind ihm nicht die Worte von den Lippen reißen konnte und sie ungehört über den Atlantik trug: „Soll ich jetzt den Deckel öffnen, Papa, und die Asche ausschütten?“
Der Mann wendete sich seinem Sohn zu. Er schien von weither zu kommen, so wie er ihn ansah, dann wurde ihm die Gegenwart bewusst, und er nickte, obwohl er die an ihm gerichteten Worte nicht gehört hatte, jedoch ihren Sinn erriet.
Das feine grauweiße Pulver ließ sich vom Winde, in länglichen Schlieren, über die wilde Küste tragen. Sie standen noch lange da, die Blicke auf das tiefblaue Meer gerichtet. Noch trug der Wind die Überreste einer einstmals schönen und lebensfrohen Frau und liebevollen Mutter, bis es sich irgendwo in der Ferne senken und Teil des großen Wassers werden würde.
„Sie liebte diesen Landstrich. Sie hatte es so gewollt!“
Die Worte des Vaters vermischten sich mit dem Rauschen und Brechen der Wellen.


Es waren die frühen 1970er Jahre und Franks Erlebtes lag nun mehr als fünfzehn Jahre zurück. Frank war Schriftsteller. Und er hatte großen Erfolg damit, was einige seiner Preise und Auszeichnungen eindrucksvoll bestätigten. Und doch wollte die Schwermut, die auf Franks Seele lastete, nicht weichen.
Er war durch die Welt getingelt und nirgends hielt es ihn länger an einem Ort. Er suchte stets das Abseitsgelegene. Entfloh dem Trubel, der sich um seine Person bildete. Doch dann, wenn er des Abends, in einem Mietzimmer, auf dem Bett lag und die Decke anstarrte, fiel der Stress des Trubels, seiner Lesungen und Vorträge und Autogrammstunden und der ganze Rummel um seine Person, von ihm ab. Dann war er frei für neue Inspirationen, frei für neue Gedanken; doch er war nicht wirklich frei, denn manchmal fand er sich in Lands End wieder. Er spürte wie der Wind in seinen Haaren zauselte. Er fühlte die Kälte auf seiner Haut. Er roch die salzige Luft. Dann ging er auf das Ende der Felsen zu und sah hinab. Nun fühlte er, wie ihn der Abgrund anzog, wie ein starker Magnet, er konnte nicht wiederstehen und dann tat er den Schritt. Und er fiel.
Er spürte dieses mulmige Gefühl im Magen. Aber er fühlte keine Angst in sich aufsteigen und das war der Punkt, an dem er in einer fernen Welt eintauchte und, so komisch es klingen mag, er begann, Geschichten zu träumen. Jene Geschichten, die seinen Ruhm begründeten. Er konnte es sich selber nicht erklären. So war das eben mit ihm.

Wieder begann Frank, an einem neuen Buch zu schreiben. Er mietete sich in einer Hütte ein, möglichst einsam, fernab von Menschen. Allein und zurückgezogen konnte er sich seiner Melancholie hingeben. Doch danach kam wieder die Zeit, die er hasste: Man zehrte ihn in die Öffentlichkeit. Musste mit all den geschäftlichen Leuten zusammenarbeiten. Rede und Antwort stehen, dem Publikum, das ihn und sein Leben so bewunderte, und seine Werke liebten.
Es begann die Zeit des Reisens.

Franks Verlag hatte eine Vorlesungsreihe im Vereinten Königsreich organisiert. Es sollte in Canterbury beginnen, dann Oxford und Cambridge, schließlich London. Für Frank würde es eine Tortur werden, das wusste er, aber er willigte ein, so wie er es immer tat.
Nun stand er in Canterbury auf einer der ausgemeißelten Brücken und starrte in das ruhig fließende Wasser des Great Stour. Erinnerungen stiegen in ihm auf, er war wieder der kleine Jung und warf Kieselsteine hinunter. Er fühlte die Geborgenheit von damals, als Vater und Mutter da waren, und plötzlich war ihm, als sähe er aus dem Augenwinkel ihr geblümtes Sommerkleid. Frank erschrak zu tiefst. Er erinnerte sich, wie sie den Fluss folgten, um eine der Wassermühlen zu sehen, wessen der Stour so bekannt war, in der Hoffnung das Wasserrad in Betrieb zu sehen. Später bestaunten sie gemeinsam die Türme der gotischen Kathedrale hier in Canterbury. Frank spürte noch die weiche zarte Hand seiner Mutter, wie sie da standen, die Köpfe in den Nacken und am Gebäude emporschauten. Dann hörte er ihr helles und freudiges Lachen, so voller Leben, nie hatte Frank sich wohler gefühlt.
Eine Idee war in ihm geboren. Er würde eine Erinnerungstour machen, bevor er sein Pflichtprogramm abspulen musste. Von Canterbury bis Lands End. Es mochte zwei bis drei Tage in Anspruch nehmen, aber diese Zeit brauchte er, um sein Leben aufzuarbeiten. Vielleicht half es ja.
Er fuhr wieder auf der kurvenreichen Landstraße zwischen den grünen Hügeln entlang, auf dem er mit seinen Eltern schon sooft gereist war, zu den Sehenswürdigkeiten dieser Küste. Mit seinen Eltern hatte er die Steinkreise von Stonehenge gesehen, die seit mehr als Viertausendachthundert Jahren dort standen und immer noch Rätsel aufgaben. Und wie einst seine Mutter liebte er das mediterrane Flair der Region. Die durch den Golfstrom bedingte milde Temperatur ließ vielerorts Palmen sich über den Strand beugen. In Shaftsbury kam er in einer Privatpension unter.

Frank war früh auf den Beinen und genoss ein reichhaltiges Frühstück. Während er aß, machte er sich Notizen. Eine Disziplin, die er als Autor beherzigte, um später darauf zurückzugreifen. Er wusste nur zu gut, was alles in Vergessenheit gelangen konnte. Frank blickte nur einmal kurz auf und sah eine junge Frau frühstückend am Tisch. Sie saß an einem Fensterplatz gegenüber, und es schien ihm, dass sie ihn beobachtete. Sie lächelte verlegen und nahm einen Schluck aus der Teetasse, welche sie so hielt, als wolle sie ihre Hände daran wärmen.
Frank gab ihr ein freundliches Lächeln zurück und sagte: “Guten Morgen, wie ich sehe, sind sie auch Frühaufsteher.“
Es dauerte eine kleine Weile, bis die junge Frau antwortete. Sie schien im Widerstreit mit sich zu sein, ob sie ihn ignorieren sollte oder nicht.
„Guten Morgen.“ Klang es ein wenig verlegen.
Frank schien es, als sei sie es nicht gewohnt mit Fremden zu reden, dennoch sagte sie: “Sie sind sicher auf der Durchreise – stimmst?“
„Ja, sie haben recht. Sieht’s man mir an?“

„Irgendwie schon.“
Frank verzog das Gesicht als mache ihn das traurig.
„Nun – ich kenne so ziemlich jeden im Dorf, und sie sind fremd.“ Begann sie jetzt kampflustig zu werden, denn es kam etwas bissig rüber. „Dazu noch Deutscher ...“

„Ich bin nicht als Tourist unterwegs. Deutsch – nur halb, meine Mutter kam aus Brighton, mit ihren Eltern hatte sie in der deutschen Stadt Braunschweig gelebt, aus der auch mein Vater stammt.“
Er war über sich selbst erstaunt, dass er so unerwartet losplauderte. Dann stand er auf, die Tasse Tee in der Hand, und schritt hinüber zur ihr. „Sie erlauben - ich darf mich doch zu ihnen an den Tisch setzen, oder ...? So unterhält es sich leichter.“

Kurz keimte ein Widerstand in ihm auf und er hatte sich gefragt, was er denn da nur machte? Wo war sein Alter Ego? Der ihn stets daran hinderte, auf Menschen zu zugehen. Dann verwarf er diese fruchtlose Grübelei.
Er setzte sein gewinnbringendes Lächeln auf, dass er sich einstudiert hatte und mit dem er schon so manches Eis zum Schmelzen brachte. Doch diesmal kam es wirklich von Herzen.
„Mein Name ist Frank Bowers“, sagte er mit sonorer Stimme.

„Ich weiß“, antwortete sie. Und sie genoss Franks erstaunen.
Sie stellte sich als Ann McPherson vor und war Lehrerin am Ort. Man war es gewohnt von ihr, dass sie im Golden Hill, wie die Pension hieß, frühstückte. Für die Kinder, welche sie unterrichtete, hatte sie immer ein offenes Ohr, war aber im Allgemeinen sehr verschlossen und zurückgezogen. Ein guter Beobachter hätte bemerkt, wie unwohl sich Ann fühlte, als Frank ihr gegenüber Platz genommen hatte. Doch es faszinierte sie, einen Schriftsteller kennenzulernen, dessen Romane sie gelesen hatte. Sie las gern und viel, man könnte behaupten: Bücher waren ihre Welt. Und diese Welt war ihre ganze Zuflucht. Denn auch sie liebte die Einsamkeit und das zurückgezogene Leben.

„Ich habe einige ihrer Bücher gelesen ...“, begann sie die Konversation fortzusetzen.

Frank räusperte sich. Bevor er antwortete, und ihr dabei tief in die Augen blickte, und das verlegende Blinzeln richtig deutete: ja, er, Frank Bowers, gefiel der Lehrerin – und er musste es sich eingestehen – ihm erging es nicht anders.

„Hoffentlich waren sie nicht allzu langweilig.“ Stapelte Frank tief.

Ann lächelte.

„An manchen Stellen schon“, log sie. „Aber im großen Ganzen recht unterhaltsam.“
Jetzt musste Frank lachen.
„Das ist ja mal eine ehrliche Meinung.“
Nach dem Frühstück hatten sie entschlossen, gemeinsam spazieren zu gehen.
Vorbei, an liebevoll restaurierte Häuser, gingen sie die schmale gepflasterte Straße abwärts, vertieft im Gespräch über Literatur, Persönliches und Liebe. Man stellte viel Gemeinsames fest, war aber auf das Wahren der Zurückhaltung bedacht, um sich näher zu kommen.
Als Frank Ann fragte, ob sie vielleicht Lust hätte, einen Tagesausflug nach Lands End mit ihm zu machen, willigte sie spontan ein, obwohl es nicht ihrer Art entsprach. Aber bei Frank hatte die Lehrerin ein gutes und sicheres Gefühl.

Während der Triumph Spitfire mit ihnen durch das Dartmoor fuhr, eine verträumte, leicht hügelige Heide – und Moorlandschaft. Vorbei an Dartmouth, dem kleinen Fischerort. Erzählte Ann wie angetan sie war, als sie zum ersten Mal die Kathedrale von Canterbury sah. Für die Anglikanerin war das Gotteshaus ebenso bedeutend wie für die Katholiken der Petersdom in Rom. Ann fühlte sich wohl neben Frank und das löste in ihr den Knoten, sodass sie ihn mit ihrem Redeschwall überflutete, aber er ertrank nicht in den Fluten, sondern badete in ihren Wellen und sie nahmen Frank mit in die Vergangenheit. So sah er sich zurückversetzt in jene Zeit, als seine Mutter noch so redete, während sein Vater fuhr. Und Ann berichtete, genau, wie ehemals seine Mutter es zu tun pflegte, dass dieser Ort so gut an der Küste versteckt gewesen sei, dass vor achthundert Jahren, die gerissenen Seebären Probleme hatten, den Hafen zu finden, eine richtige Piratenbucht.
Sie fuhren schließlich die britische Riviera entlang. Das romantische Küstenstädtchen Looe, das sich an die Steilküste schmiegte, tauchte auf.

Frank erzählte von seiner Schulzeit, von dem Wirrwarr der engen Gassen der Altstadt in Brighton und den lauschigen Plätzen, die zum Verweilen einluden. Er erzählte weiter, wie glücklich er mit seinen Eltern da gelebt hatte. Dort, nachdem er Ann gestanden hatte, nie eine Frau wie sie kennengelernt zu haben, mit ihr auf dem Palace Pier zu flanieren, wie zu der Zeit damals, da er glücklicher war wie nie, wäre jetzt in diesem Augenblick das Größte.
Und jetzt genau hier in der Enge des Sportwagens, als vom Straßenrand aus Schafe über den Asphalt trippelten und sie an blökten und in ihren Autoscheinwerfer glotzten, beugte sich Ann zu Frank und gab ihn einen Kuss auf die Wange. Aber im gleichen Moment schämte sie sich für diesen Gefühlsausbruch und ihr Gesicht lief rot an. Es hatte sie plötzlich und unerwartet überwältigt.

Zwei Stunden später standen sie an den Klippen von Lands End. Frank erzählte Ann die Geschichte seiner Mutter und wie er ihre Asche in das Meer geschüttet hatte. Sein Gesicht wirkte versteinerte und er wusste, dass er nicht mehr weinen konnte, denn zu viele Tränen hatte er deswegen schon vergossen, sodass er jetzt keine Tränen mehr hatte. Und Ann sah, wie er mit seinem Leid kämpfte, und es wurde ihr ganz übel von dem, was sie noch nicht wagte, ihm zu erzählen. Sie umarmte ihn. Dann standen sie da, eng umschlungen, vor dem beeindruckenden Bild eines tosenden Atlantik und ihre Gefühle schienen sie zu zerreißen. Ann löste sich aus dem Griff von Frank und rannte – weg von ihm – von seiner Liebe und seiner Leidenschaft. Er holte sie ein und hielt sie am Arm und drehte sie zu sich, und sie sagte, mit von Tränen erstickender Stimme: oh, Frank – Frank. Ich kann nicht ...“
„Was kannst du nicht?“ fragte er aufgewühlt.
„Wir dürfen uns – nein, du darfst dich nicht in mich verlieben.“ Sie wirkte verzweifelt, und Frank wusste nicht, was mit ihr geschah, und was er tun könnte. Er sah sie aus seinen weit aufgerissenen Augen an, unfähig zu verstehen.
„Ich – ich habe so lange auf dich ... auf jemanden wie dich gewartet; da ich dich jetzt – gefunden habe, möchte ich dich nicht wieder verlieren!“
Frank merkte nicht, dass er laut schrie, und sie fest, zu fest am Arm hielt, sodass Anne vor Schmerz stöhnte. Sie versuchte sich aus seinem Griff zu entwinden, aber es gelang ihr nicht.
„Oh, Frank“, sagte sie mit zittriger Stimme. „Ich liebe dich auch. Vom ersten Augenblick an, als ich dich im Golden Hill sah und wir miteinander redeten, wusste ich, dass du der Richtige wärest, aber ...“
Mit einem Ruck riss sie sich los und stürzte. Sie schlug sich das Knie, auf dem Schotterweg, blutig und weinte. Frank war bei ihr und hielt sie. Er wickelte ein Taschentuch um ihr verletztes Knie. Dann schaute er ihr in die Augen und sagte: “Aber wir können es nicht mehr rückgängig machen. Das Schicksal hat uns zusammengeführt. Lass es uns wenigstens versuchen!“
Annes Blick wurde ganz traurig, und Frank schluckte, er spürte, dass jetzt die große Wahrheit kam. Der Augenblick dieser Wahrheit würde ein – nein, zwei Leben verändern.
„Frank Bowers ich kann und darf dich nicht lieben.“ Sie zitterte am ganzen Leib und die Tränen strömten ihr übers Gesicht. „Unsere Liebe hätte keine Zukunft. Du ahnst nicht, wie nah wir schon dem Ende sind, noch bevor es einen richtigen Anfang gibt. Und glaub mir, nachdem ich dein Leid gespürt habe, wäre es nicht fair.“
„Was – was redest du? Ich kann dich nicht verstehen.“ Er presste seine Lippen, auf die ihren, aber sie drückte, ihn von sich.
Und während die letzten Strahlen der Sonne die schroffe Felsenlandschaft blutrot färbte, sah sie Frank direkt in die Augen und sagte: „Ich – Frank – ich werde sterben.“ Anne machte eine kleine Pause, als würde das Schweigen die Last der Bedeutung ihrer Worte anders gewichten und es ertragbarer machen für ihn. Dann, als Frank nichts sagte oder nichts sagen wollte, fuhr sie fort: „Man gibt mir noch drei – höchstens sechs Monate ...“
Hinter Franks Stirn schien es heftig zu arbeiten, denn er ließ einige Falten entstehen und wieder vergehen. Er wirkte etwas blass um die Nase, mit so was hatte er wohl nicht gerechnet, ausgerechnet jetzt, wo es aussah, als könne er wieder glücklich werden.
„Okay“, sagte er dann, strich eine Haarsträhne von der Stirn und nahm sie in den Arm und küsste sie, warm und herzlich. „Bestenfalls sechs Monate. Gut. Es sollen die Schönsten werden in unserem Leben, dass schwör ich die, Liebes.“ Und er drückte sie an sich mit Kraft, so als wolle er sie nie mehr hergeben. Mit seiner Entschlossenheit steckte er Anne an und ließ all ihre Bedenken davon fliegen.

Dies lag jetzt zehn Monate hinter ihm. Er hatte sein Versprechen wahr gemacht und unvergessene Zeiten beschert, in denen zwei Menschen nicht glücklicher hätten seien können.
Etwa hundert Meter tief vor ihm brandeten die Wellen des mächtigen Atlantiks, schwarz und tosend. Er ließ die Asche aus der Urne fließen und spürte die starken Hände seines Vaters auf seine Schultern. Sein alter Herr räusperte sich und sagte:“ Gott legt jeden die Bürde auf, die der jene auch tragen kann – nicht mehr, mein Sohn. Aber dich traf es hart und ich wüsste nicht, ob ich dieses Leid hätte tragen können.“
Und während der Wind die Asche mit sich trug, sagte Frank voller Stolz: „Anne, ich werde dich immer lieben.“
 



 
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