Langsamer Walzer

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Thomas Fried

Mitglied
„Ich sehe aus wie ein fetter Riesenfrosch, dem man in den Kopf geschossen hat.“
„Aber mein Schatz, mein Liebes. Das stimmt doch gar nicht, du siehst eher aus wie...“
Liebe Väter, egal wie Sie versuchen Ihre sechzehn jährige Tochter davon zu überzeugen, dass sie einfach umwerfend aussieht, sagen Sie niemals \'...du siehst eher aus wie...\'. Nicht drei Stunden vor dem Abschlussball ihres Tanzkurses und ganz bestimmt nicht, wenn der Riesenfrosch einen Stielkamm in der Hand hält und bedrohlich mit den Äuglein funkelt.
\'“Eher wie was? Ein Krokodil, ein giftiger Waran, oder wie?“
„Aber Engelchen, nein, um Gottes Willen. Du siehst eher aus wie eine Prinzessin. Meine Prinzessin!“
„Du hast aber gerade \'eher\' gesagt. Das heißt also \'noch lange nicht wie\' oder \'eine weit entfernte Ähnlichkeit mit\'. War ja klar, dass Du auch findest, dass ich Scheiße aussehe“
Ich war ja selbst Schuld. Am Morgen hatte sie in ihrem wundervollen grünen Ballkleid vor dem Spiegel gestanden und mit Tränen in den Augen verzweifelt an ihren Haaren gezerrt.
„Ich seh so Scheiße aus. Papa, bitte gibst du mir Geld, damit ich noch schnell zum Friseur kann. Der zaubert mir bestimmt die schönste Frisur für heute Abend“
Ich habe ihr das Geld gegeben. Ein Vater der seine Tochter an ihrem großen Tag unglücklich sieht, denkt nicht nach. Er will eine glückliche junge Dame zum Ball führen und gibt ihr leichten Herzens das Geld, notfalls alles Geld das im Hause ist. Kein Vater denkt darüber nach, was es für Folgen haben kann, wenn er seiner Tochter Geld für den Haarstylisten gibt. Dann geht der Vater noch ein paar Stunden ins Büro und wenn er nach Hause kommt, sieht er, was der Haarzauberer angerichtet hat und wird von dessen Opfer angeschrien.
„Schau nur, was der mit mir gemacht hat. Und du hast mir auch noch das Geld gegeben“
Ihre Haare waren wundervoll. Heute morgen noch war meine Tochter strohblond gewesen und nun hatten ihre Haare die Farbe wilden roten Weines. Das Rot stand in wunderbarem Kontrast zu ihrem grünen Kleid.
„Ich weiß gar nicht was du hast, du siehst umwerfend aus. Nur etwas verheult vielleicht“
„Na prima, dann passt die Farbe meiner Augen ja ausgezeichnet zu meiner Frisur und beißt sich genauso mit diesem scheißgrünen Ballkleid“
„Warum musst du denn immer alles mit \'scheiß\' beginnen. Außerdem ist Scheiße nicht grün“
„Das ist mir scheißegal. Scheißgrün, scheißrot, Scheißabschlussball, Scheißtanzerei...“
Damit drehte sie sich um, verschwand in ihrem Zimmer, knallte die Tür zu und drehte den Schlüssel um. Ich musste etwas unternehmen. Hinter der verschlossenen Tür lagen fast 350,-- Euro, die erbärmlich heulten und nicht zum Abschlussball wollten und zum anderen sah sie wirklich hinreißend aus. Ich wollte, dass alle mich mit ihr sahen, ich wollte mit ihr tanzen, ich wollte, dass alle wissen, das ist meine Tochter.
„Ehrlich mein Schatz, ich finde deine Frisur ganz zauberhaft“ sagte ich zu der Tür. „Es ist halt nur nicht so besonders geschickt, an dem großen Tag noch zum Friseur zu gehen und sich so radikal verändern zu lassen. Da hast du ja auch gar keine Zeit mehr dich an dein neues Aussehen zu gewöhnen“
„Ah ja, du findest also, dass ich ein fetter und dämlicher Riesenfrosch mit roten Haaren bin?“
„Nein, das habe ich nicht gesagt...“
„Aber gedacht“
„Engelchen, wir haben nur noch eineinhalb Stunden Zeit, bis wir los müssen. Bitte mach dich jetzt fertig, ich ziehe mich auch schon um und in einer halben Stunde treffen wir uns unten im Wohnzimmer. Dann sehen wir weiter, okay?“
Nachdem ich mich umgezogen hatte, wartete ich schon im Wohnzimmer, als meine Tochter eintrat.
„Papa, willst du wirklich so gehen?“
„Was meinst du?“ fragte ich und folgte ihrem Blick auf meine Schuhe.
„Na, die goldenen Schuhe!“
„Herzchen, ich will nicht, ich muss. Ich lasse nur einen sehr alten Brauch wieder aufleben. Früher musste der König, der die schönste Jungfrau zum Tanze führte, goldene Schuhe tragen“
Ich drückte den Knopf der Fernbedienung und als die Musik erklang, nahm ich meine Tochter küsste sie auf die Stirn und wir übten noch einmal den Langsamen Walzer.



Über Kommentare (auch kritische) würde ich mich sehr freuen.
 

Vera-Lena

Mitglied
Hallo, Thomas,

überaus geschickt, wie hier Realität und Märchenhaftes miteinander verbunden werden.

Liebe Grüße von Vera-Lena
 
O

Orangekagebo

Gast
lustisch :)
Lediglich die Schrägstiche stören m.E.n. den Lesefluss, ein paar fehlende Kommas und wenige Fehler in der Rechtschreibung.

Gelungen, Thomas.
 

Eve

Mitglied
Jaja, pubertierende Töchter *g* ... gut getroffen! Amüsant zu lesen - allerdings haben auch mich die Schrägstriche beim Lesen etwas gestört ...

Viele Grüße,
Eve
 

Thomas Fried

Mitglied
Schrägstriche

Ich habe keine Ahnung wie die Schrägstriche in den Text kommen. Wahrscheinlich wurde es dadurch verursacht, dass ich den Text aus Word kopiert habe.

Also, soweit es möglich ist, einfach ignorieren.
 



 
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