Lautverschiebung

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WalterCamino

Mitglied
Ich bin im Rahmen meiner investigativen Analyse der europäischen Sprachen dabei, eine historische Schieberei ersten Ranges auf zu decken. Ein ganz großes Ding!

Im Moment fehlen mir zwar noch die allerletzten Beweise, aber meinen Lesern möchte ich schon jetzt einen Einblick gewähren, bevor ich mit meinen Enthüllungen an die Öffentlichkeit gehe. Ich erzähle euch das natürlich nur unter dem Schwiegel der Versiegenheit! Jetzt mal der Reihe nach:

Als ich kürzlich von Süddeutschland in den Berliner Raum übersiedelte, überraschte mich eine unerwartet hohe Sprachbarriere. Gewiss, dem Süddeutschen ist durchaus bekannt, dass in dieser Region schon mal „früscher Füsch auf den Tüsch kommt“ (und ich spreche jetzt keineswegs über Ernährungsgewohnheiten).

Als ich aber dann im Autoradio eine Reportage über diverse Urlaubsländer hörte, traf es mich doch unerwartet hart: Ich fahre gerade auf der Büsmarck-Allee Richtung Grunewald-Kürsche und finde die verdammte Schüllerstraße nicht, da erzählt doch der Radio-Moderator, er habe jüngst „Ührland“ bereist. Ührland – gehts noch? Wo liegt das denn? Für einen Augenblick zweifelte ich an meinem geografischen Weltbild.

Dann fiel es mir wie Schuppen von den Haaren: In Preußen herrscht ein gewaltiger Ü-Überschuss! Drum werden Üs ständig sinnlos verheizt, wo es nur geht!

Dem selbstbewussten, coolen Durchschnitts-Berliner ist das überhaupt nicht bewusst. Er weiß vielleicht gerade noch, dass er zum deutschen Brutto-Export-Überschuss beiträgt. Aber es hat ihm ja noch keiner gesagt, dass er im Ü-Bereich zu den absoluten Top-Verbrauchern, ach was sag ich, zu den Top-Verschwendern gehört!

Und wie sieht es 100 km weiter östlich aus? Ab der polnischen Grenze ein dramatischer Ü-Mangel! Größer könnte der Kontrast nicht sein!

Das geht von Polen bis hinunter zu den Südslawen. Überall das gleiche Elend! Die extreme Ü-Knappheit zwingt die Menschen dort, das „ü“ so gut es geht durch das reichlich verfügbare „i“ zu ersetzen. Das führt nicht selten zu schwerwiegenden Verständigungsproblemen.

Man denke nur an das alte slawische Sprichwort „Liegen haben kurze Beine“!

Vorsicht Mädels, wenn euch ein knackiger Pole, ein Macho-Serbe, oder ein wilder Montenegriner so was ins Öhrchen flötet! Es geht dabei keineswegs um die Frage „Wahr oder unwahr“.

Vielmehr ist es eine ebenso diskrete wie handfeste Andeutung, dass sich bei der geringen Bodenfreiheit einer gepolsterten Liegestatt ein verführerisch flotter Wechsel in die bequeme Waagrechte anböte...

Spätesten wenn dann auch noch das Wort „Kissen“ fällt, wisst ihr doch Bescheid, oder? Wer da an textile Polster mit Daunenfüllung denkt, dem ist nicht mehr zu helfen.

Stünden dem Slavic Lover ausreichend „Üs“ zur Verfügung, wäre auch sprachlich sofort klar, dass es bei "Kissen" um orale Geliste... ähhh...ahemmm... Gelüste geht, die allerdings mit ziemlicher Sicherheit in die anderen Kissen führen (diesmal die mit den Daunen), um letztlich dort einem dynamischen Höhepunkt entgegen zu eilen.

Ich fasse also zusammen: Sinnlose Verschwendung von „Üs“ in Berlin, Brandenburg und weit über die Grenzen des guten Geschmacks hinaus! Und bitterster Ü-Mangel bei unseren slawischen Nachbarn.

Bei einem engagierten Sprach-Archäologen mit kriminalistischem Spürsinn schrillen da natürlich alle Alarmglocken! Irgendwann muss es eine gigantische Ü-Schieberei gegeben haben. Vermutlich eine kolonialistische Lautverschiebung historischen Ausmaßes, weg von den Slawen, hin zu den Preußen.

Wenn die Ü-benachteiligten Völker das erst einmal spitz bekommen, gehts rund! Sie werden die sofortige Rückgabe verlangen und Wiedergutmachungs-Ansprüche stellen. Und die Geschichte der europäischen Sprachen wird neu geschrieben werden müssen!

Bin mal gespannt, wie Frau Merkel reagiert. Noch ist sie völlig ahnungslos. In der Uckermark aufgewachsen, kennt sie ja von Kindheit an nichts anderes, als die hemmungslose Ü-Verschwendung. Ich schätze, wenn die Bombe platzt, wird sie die übliche Taktik an den Tag legen: Möglichst lange abwarten, dann einen platten Spruch loslassen und schnell abtauchen.

Mir klingts schon jetzt im Ohr: "Wüa hatten ja nüscht!"
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Hallo WalterCamino,

die Problematik ist doch seit Langem bekannt – siehe hierzu den Artikel
„Warum mia Bayern ned "TSCHÜSS" sogn kena“
der seit Jahren im Internet herumgeistert. Ich zitiere hieraus nur die letzten beiden Sätze:
Dem Bayer behagt es nicht, seinen Mund zu spitzen. Vielleicht liegt das daran, dass er im Vergleich zu anderen Deutschen seinen Mund beim Bier Trinken eh so oft spitzen muss... :D
Gruß Ciconia
 

WalterCamino

Mitglied
Hallo Ciconia,

Es gibt wohl keinen Dialekt, über den nicht schon reichlich geschrieben worden wäre. Mir ist allerdings nichts davon bekannt, dass schon mal jemand die beiden „Dialekte“, um die es in meiner Satire geht, in ähnlicher Weise in Beziehung gesetzt hätte.

Ich fand es interessant, mit den möglichen Überschneidungen/Missverständnissen (Kissen/Küssen) zu spielen.

„Eine Problematik, die seit Langem bekannt ist“, wie Du es nennst, hatte ich dabei nicht im Blick.

Ich wollte mir selbst und den Lesern einfach nur ein wenig den Triebsinn vertreiben!

Beste Grüße,
WalterCamino
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Hallo WalterCamino,

warum so bierernst? Wir sind hier doch im Bereich Humor und Satire – und so war mein Hinweis auf die „Problematik“ und den Artikel „Warum mia Bayern … " selbstverständlich spaßig gemeint.
Tut mir leid, wenn Du dies nicht so empfunden hast.

Gruß Ciconia
 

Stierfrau

Mitglied
Sehr gern gelesen, herrlich geschrieben..

Im übrigen finde ick Ü-s als nicht verschwendet, wie sollte ick denn sonst schreiben, dass ick nüscht mehr liebe, als Mülschreis mit Kürschen??
 



 
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