Lebenssaft

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D

Denschie

Gast
hallo uve,
ich bin durch den titel deines gedichts aufmerksam geworden.
bei "lebenssaft" dachte ich sofort an sperma.
aber inhaltlich geht es dir gar nicht darum, sondern
um die liebe. ich persönlich fand das etwas verwirrend.
wollte ich dir nur als leseeindruck so mitteilen.
dass der mensch von der liebe lebt, ist sicher richtig.
aber wie sollte die liebe sterben? die gefahr ist sehr
gering, denke ich.
viele grüße,
denschie
 

Uve Eichler

Mitglied
Hallo Denschie,

deine gedanken an sperma sind doch gar nicht falsch. natürlich ist dies auch ein produkt aus dem faktor liebe. nur ist liebe mehr als nur der begriff "sex".
ein fürsorglich behandeltes kind entwickelt sich mit einer inneren wärme, dass es im erwachsenen leben weiter geben kann. ein schlüsselkind ist zwar schneller erwachsen, hat aber diese liebe nie erfahren. die logische schlussfolgerung daraus ist eine kühle, scharf kalkulierende mitgliedschaft in der gesellschaft. ein mensch, der so aufgewachsen ist, wird den begriff liebe nur schwer verstehen.
 
Lieber uve

Hm..., na komm, ein Kind, dass in den ersten Lebensjahren, Liebe erfahren hat, wird einen Grundstock fürs ganze Leben besitzen. Manchmal glaube ich sogar, dass Schlüsselkinder sehr viel schneller wissen, worum es im Leben geht und sich früher verantwortlich fühlen für die Dinge, die sie tun. Ein überbehütetes Kind muss nicht zwangsweise mehr Liebe erfahren, vielleicht mehr Kontrolle über Tun und Handeln. Deswegen denke ich, solltest du deine Zeilen noch mal überdenken.

Stirbt der Lebenssaft, dann gibt es eh keine Kinder mehr oder?

Genau so..........Stephanie
 

Uve Eichler

Mitglied
Hallo
Stephanie Seelig,

ja.
Es stimmt, ein Schlüsselkind wird schnell erwachsen, aber was hat das mit Liebe zu tun?
Liebe ist doch Menschlichkeit in Vollendung. Fehler und falsche Handlungen verstehen und natürlich auch verzeihen. Der Realist lebt nicht von Liebe, da er ganz andere Ziele vor Augen hat. Er berechnet im voraus, welche Folgen seine Handlungen haben könnten und ist darauf eingestellt. Der tatsächlich lebende Mensch achtet nicht auf diese Dinge.
Ein Realist kann nicht träumen, weil es für ihn blanker Unsinn wäre. Wir lassen uns in ein Kostüm zwängen, welches uns gar nicht steht. Warum?
Bestimmt um in der Gesellschaft zu bestehen. So stirbt die Liebe und absolut unsinnige Dinge stehen als erstrebenswert da.
 
P

Prosaiker

Gast
Am Anfang die Frage: Warum packt man eine Binnenweisheit in drei Zeilen und nennt es dann tatsächlich ein Liebes- bzw. Erotikgedicht?

Ferner: "Der Realist lebt nicht von Liebe, da er ganz andere Ziele vor Augen hat. Er berechnet im voraus, welche Folgen seine Handlungen haben könnten und ist darauf eingestellt. Der tatsächlich lebende Mensch achtet nicht auf diese Dinge.
Ein Realist kann nicht träumen, weil es für ihn blanker Unsinn wäre. Wir lassen uns in ein Kostüm zwängen, welches uns gar nicht steht. Warum?
Bestimmt um in der Gesellschaft zu bestehen. So stirbt die Liebe und absolut unsinnige Dinge stehen als erstrebenswert da."

Sophismus, ich liebe dich. So viel Trugschluss auf einmal! Warum so pessimistisch? Ich bin Realist und jeder aus meinem Bekanntenkreis würde mich auch so bezeichnen - und doch: welche Epoche lebe ich? Die Romantik. Ich liebe Hoffmann und Eichendorff. Ich liebe Nietzsche noch mehr. Dostojewksi ist auch toll. Novalis ist eigen; Heine ebenfalls. Goethe und Schiller - kein Kommentar. Hesse - ei, der Wahnsinn. Man sieht, ich bin offen für so ziemlich alles und press mich doch äußerst gern in ein Korsett: Ich bin träumender Realist. Warum sollte so etwas nicht funktionieren? Die Liebe sollte der Realisten wegen sterben, weil sie andere Ziele haben? Ich bin 18 und seit drei Jahren in einer äußerst ernsthaften Liebesbeziehung. Realist, Pessimist, Optimist - sie alle können lieben, können träumen, können mannigfaltige Ziele, mannigfaltige Aufgaben sich geben. Warum sollte man sich auf diesen Satz: "Er berechnet im voraus, welche Folgen seine Handlungen haben könnten und ist darauf eingestellt." beschränken? Das Leben besteht aus soviel mehr...

Empfehle zum Liebesthema: Erich Fromm - Die Kunst des Liebens

Schöne Grüße von hier aus, ich geh jetzt ins Bett.
 

Uve Eichler

Mitglied
Hallo Prosaiker,

Am Anfang die Frage: Warum packt man eine Binnenweisheit in drei Zeilen und nennt es dann tatsächlich ein Liebes- bzw. Erotikgedicht?
Eigentlich steckt in den drei Zeilen mehr drin. Eine umfassende Begriffszusammenführung ist das Wort "Liebe". Wie Du nun dieses Wort verstehst, darauf habe ich keinen Einfluss. Da aber eine Vielzahl an möglichen Gedanken dazu besteht, hat der Text die Berechtigung unter Liebe und Erotik zu stehen.

Du bezeichnest Dich als Realisten und möchtest im gleichen Atemzug die Liebe verstehen und auch verschenken. Hier ist das Verständnis von Liebe eine andere als nur Augenblickaufnahme.
Liebe versteht alles und ist auch dumm, da sie auch unsinnige Sachen in Kauf nimmt. Als Realist hat man dann den Vorteil, sofort seine Ablehnung zu zeigen, denn eine durchdachte Liebe, die gefühlvoll sein soll ist keine wahre Liebe, sondern nur eine nüchterne Gedankendurchführung. Liebe kann nicht geplant werden. Das ist dann nur die sogenannte Chemie, darauf hat man keinen Einfluss.
 
P

Prosaiker

Gast
"Du bezeichnest Dich als Realisten und möchtest im gleichen Atemzug die Liebe verstehen und auch verschenken. Hier ist das Verständnis von Liebe eine andere als nur Augenblickaufnahme.
Liebe versteht alles und ist auch dumm, da sie auch unsinnige Sachen in Kauf nimmt. Als Realist hat man dann den Vorteil, sofort seine Ablehnung zu zeigen, denn eine durchdachte Liebe, die gefühlvoll sein soll ist keine wahre Liebe, sondern nur eine nüchterne Gedankendurchführung. Liebe kann nicht geplant werden. Das ist dann nur die sogenannte Chemie, darauf hat man keinen Einfluss."

Liebe ist keine Augenblickaufnahme; Verliebtsein ist Augenblickaufnahme. Liebe ist nicht einfach nur da. Liebe ist definitiv nicht nur Chemie (fühlst du Schmetterlinge im Bauch, wenn du deine Mutter oder deinen Bruder triffst?). Man hat Einfluss auf Liebe, denn man hat ihn ja auch auf sich. Etwas, was alles versteht, kann zugleich niemals dumm sein; es nimmt auch keine unsinnigen Sachen in Kauf. Liebe ist Arbeit. Liebe kämpft und ackert. Liebe evolviert sich und die Liebenden. 'Wahre Liebe' - ein Schlagwort, mehr nicht. Liebe ist individuell, immer anders und kann nur 'wahr' in einem spezifischen Sinne sein, nämlich in folgendem: Sie heilt, hilft, stärkt, fließt, sprießt und lebt. Wer redet von einer durchdachten Liebe? Nein, ich rede von einer denkfähigen Liebe, eine Liebe also, die Freundschaft und Eros involviert, die umfassend, allumfassend beinah, strebt nach mehr. Wie der Mensch sich entwickelt und entwickeln muss, so muss dies auch die Liebe; schließlich ist Liebe keine Stagnation, kein greifbares Ding, kein Etwas - sie ist Gefühl, doch niemals dummes Gefühl. Liebe macht nicht blind. Liebe macht sehend - ansonsten ist sie nicht als Liebe zu bezeichnen. Wiederholend empfehle ich Fromms kleine Abhandlung zu eben diesem Thema.
 

Uve Eichler

Mitglied
Hallo Prosaiker,

es freut mich, dass Du gut geschlafen hast.
Deine Argumente sind nett, besonders die Ratschläge für einschlägige Literatur.
Ich lasse mich gerne über Themen aufklären. Nun ist das Thema Liebe ein Gebiet, auf dem ich mich seit Jahren mit Nachdruck beschäftige. Selbstverständlich muss ich zu meiner Verteidigung sagen, dass ich mich auch schon mit Literaturen aus diesem Gebiet beschäftigt habe und dort schon sehr viel...,na sagen wir mal ungewöhnliche Forschungsergebnisse lesen musste.
Eine realistische Liebe dient nur einem vorprogrammiertem Zweck. Das ist keine Liebe.
 
P

Prosaiker

Gast
"Nun ist das Thema Liebe ein Gebiet, auf dem ich mich seit Jahren mit Nachdruck beschäftige."
Na, dann wär das doch vielleicht mal Stoff, ein gehaltvolles Gedicht darüber zu verfassen. Ansonsten: Bei dem Thema kommen wir nicht überein (warum auch), deshalb: -! Wir gaben unsre Gedanken preis und sind fertig hiermit.
Fazit: Die Begrifflichkeit der 'Liebe' ist streitbar. Sowas aber auch.
LG, Prosa.

PS: So gut hab ich gar nicht geschlafen.
PPS: Niemand sprach von einer realistischen Liebe. Bloß ich von einer denkfähigen.
Als letztes: Was ist schon Realismus? Derjenige nach Fontane? Döblin? Franz Beckenbauer, Inge Meysel?
 

Uve Eichler

Mitglied
Naja, Einstein hatte es auch schwer.
Verstehen und verstanden werden...
Aber ich lerne ja noch.
Vielen Dank für die netten Kommentare.
 



 
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