Leichen im Keller

Elli K.

Mitglied
Leichen im Keller

Wenn man 'ne neue Heimstatt hat,
dann gibt es meistens Arbeit satt.
Da wird gestrichen, tapeziert,
gefliest, gebohrt, geklebt, lackiert.
Dann überlegt man nächtelang:
Wohin bloß stell ich diesen Schrank?
Wo bleib ich mit der Bodenvase
und mit dem Bildnis von der Base?

Indes zuvor im alten Heim,
will alles hübsch verpacket sein.
Da hilft dann nur noch auszumisten
Und zu verstau‘n in vielen Kisten
nur das, was wirklich brauchbar scheint
und auch, wovon man ehrlich meint,
man werde lang sich dran ergötzen
und niemand könne es ersetzen.

Und wenn der Umzug naht heran,
dann helfen fleißig Allemann
beim Schleppen, Tragen, Transportieren,
wobei sie heftig transpirieren,
verteilen flugs das Kistenmeer
im neuen Hause kreuz und quer,
und in den Keller wandert dann,
was man zunächst nicht brauchen kann.

Man richtet sich dann mit der Zeit
behaglich ein. Und hat auch Freud
an manchen hübschen neuen Dingen
die nun das rechte Styling bringen.
Schmückt aus, hängt an und dekoriert.
Viel Neues jetzt die Wohnung ziert.
Ein jeder ist des Lobes voll
und sagt: Bei dir ist’s richtig toll!

Jedoch bei jedem Gang hinab
erschauert man fast wie im Grab.
Nicht etwa vor des Kellers Kühle,
nein, vielmehr graust es vor der Fülle
an Kisten, die schon lang dort stehen
und nie das Tageslicht gesehen,
bedeckt von dicken Schichten Staub.
Sie schreien stumm: Bring‘ uns hinauf!

Derart verschreckt eilt man nach oben
und findet sich etwas verschroben
weil man sich doch nicht trennen mag,
von dem, was da im Keller lag.
Und plant dann, bei Gelegenheit,
zu nehmen sich mal diese Zeit
zu leeren jeglichen Karton
mit Eifer und ohne Pardon!

Der Vorsatz ist zwar zu begrüßen,
doch wie die Soziologen wissen,
wird meistens letztlich doch nichts draus:
Der Bundesdeutsche packe aus
von seiner Habe nur zwei Drittel
im üblichen Statistikmittel.
Der Rest, er werde niemals weichen:
Es sind und bleiben Kellerleichen.
 

TupperWal

Mitglied
liebe ellie,

ja, die bücherkisten werfen einen schatten über unsere bekanntschaft seit wir uns kennen! :) :) :D

ich bin da jetzt ja praktisch "insider" und schmunzele heftigst! :)

der anfang erinnerte mich ein wenig an H1 ehrhart.

leider sind ein paar der reime ein wenig wackelig...

ergötzen - ersetzen
kühle - fülle
karton - pardon
begrüßen - wissen

bin aber wirklich auch kein experte im reimen...
ich empfehle ein reimlexikon! :)

weiter so!

liebe grüße!!!
frank
 
S

Sansibar

Gast
Kennst du auch unseren Keller?

Liebe Elli, so mancher mag sich und seinen Keller oder sein Handeln wider erkennen.Aber ist es nicht so, das, wenn man sich gerade schweren Herzens natürlich von einer Sache getrennt hat (wegen Platzmangel) just in dem Moment als die Müllabfuhr die Tonne geleert hatte ,das Teil gebrauchen konnte? Mir ging das öfters so und weil ich so wahnsinnig viele Umzüge an die 25 schon hinter mir habe, bin ich nun zu einem Schema übergegangen. Alles, was in den letzten drei Jahren nicht mehr von uns angefaßt wurde (und demnach auch nicht gebraucht wurde) kommt rigoros weg. So behält man den Überblick!
Gruß Sansibar
 

Elli K.

Mitglied
Hallo Frank!

Schön, daß es dir gefällt! :)
Die Info, daß ein Drittel aller Umzugskartons auf ewig unausgepackt bleiben, habe ich übrigens von dir - was doch sehr zu meiner Gewissenberuhigung beigetragen hat! :D :D :D

Naja, und mein gestriger, etwas halbherziger Versuch, an diesem Zustand endlich mal etwas zu ändern, hat mich dann zu diesem Gedicht inspiriert.
Das ging erheblich schneller als das Auspacken und Sortieren! :)
Dadurch auch die Holperer, die mir zwar bewußt sind, die ich aber ganz witzig fand. Es ist ja ein lustiges Gedicht, und da kann man sich vielleicht zusätzlich über eine paar "schräge" Reime amüsieren.

Beste Grüße,
Elli
 

Elli K.

Mitglied
mein Keller reicht mir....

Hallo Sansibar!

Tja, der Tipp ist gar nicht schlecht, nur fürchte ich mich dann etwas vor dem gerade-ist-die-Mülltonne-geleert-worden-und-jetzt-brauche-ich-das-Zeug-Phänomen. Vom Es-ist-doch-noch-wie-neu-und-viel-zu-schade-zum-wegschmeißen oder gar dem Ach-ja-jetzt-fällt's-mir-wieder-ein-dies-hatte-mir-doch-damals-Annette-geschenkt ganz zu schweigen! Naja, und Bücher ins Altpapier zu geben ist eine meiner schwersten Übungen, auch, wenn ich jahrelang keinen Blick hinein geworfen habe (und es vermutlich nie mehr tun werde).

Ich blicke auf ein relativ umzugsarmes Leben zurück (3 Mal) und gehöre eher zu den Jägern und Sammlern. ;) Ich glaube gerne, daß man, je öfter man sowas mitgemacht hat, immer pragmatischer und unsentimentaler (bezüglich des Umzugsguts) wird! Was von all dem Gelumpe, mit dem man sich so umgibt, braucht man schon dringlich bzw. hat sein ganzes Herz daran gehängt! Ausräumen und wegschmeißen kann etwas sehr Befreiendes sein! Nur bekommen die verbannten Dinge so wahnsinnig schnell wieder Nachwuchs...:(

Beste Grüße,
Elli
 



 
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