Leo

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anbas

Mitglied
Leo

Leo beißt nicht. Leo will nur spielen.

Doch was rede ich da über Leo, wenn es eigentlich für mich ganz andere und wichtigere Dinge zu erledigen gibt. Andererseits: Wie soll ich mich auf diese Dinge konzentrieren, wenn Leo ständig spielen will?

Wer Leo ist? Leo ist ein Hund, ein Schäferhund. Ein junger aber schon ausgewachsener Schäferhund, der mich mit verspielten und begeisterungsfähigen Augen anschaut, so, als wolle er sagen: "Komm Junge, heute machen wir einen drauf!"

Doch was ist das für ein Gedanke, mit einem Hund einen drauf zu machen? Ich kann doch nicht mit ihm in die Disko oder in eine Kneipe gehen, um dort mit ihm auf uns beide anzustoßen.

Nein, nein - Leo ist einfach nur ein Hund, der spielen will. Seine Augen gieren richtig danach. Er ist völlig aufgeregt. Am liebsten würde er mich mit den Zähnen nach draußen schleifen, um dort mit mir zu spielen.

"Wenn ich jetzt einen Ball in die Hand nehme und zur Tür gehe, kriegt der vor Aufregung einen Orgasmus", denke ich so bei mir.

Merkwürdig ist nur, dass sich Leo immer nur dann meldet, wenn ich eigentlich etwas ganz anderes machen will. Meistens sind es wichtige Dinge, zu denen ich im Grunde aber gar keine Lust habe. Doch kaum will ich anfangen, diese Dinge zu erledigen, taucht Leo auf. Es ist so als könne er riechen, dass er jetzt eine Chance hat, mich zum Spielen zu überreden. Und immer häufiger gelingt ihm dies auch.

Dabei war ich doch so stolz darauf, dass ich seit einiger Zeit mit Herkules ganz gut zurecht komme. 'Herkules' heißt mein innerer Schweinehund. Ich habe viel mit ihm verhandelt, ihm Kompromisse angeboten und irgendwann haben wir uns so geeinigt, dass es keine großen Reibereien mehr zwischen uns beiden gibt.

Nun frage ich mich immer häufiger, ob mich Herkules bei unseren Verhandlungen möglicherweise über den Tisch gezogen hat. Vielleicht ist Leo ja sein jüngerer Bruder, den er jetzt vorschiebt, um mir auf diese Art und Weise das Leben wieder zu erschweren. Und Leo will ja nur spielen, er macht ja nichts Schlimmes. Nicht so wie Herkules, durch den ich immer wieder so schlaff und antriebslos war, der mir meine Energie raubte, der mich stets daran hinderte, meine Pläne umzusetzen und meine Ziele zu erreichen. - Herkules dieses Mistvieh! Durch ihn habe ich schon so viel kostbare Zeit meines Lebens vergeudet - und werde wohl auch noch weitere Zeit vergeuden, denn so ganz lässt der sich nie in den Griff kriegen.

Nein, Leo dagegen ist dagegen wirklich lieb - und so süß. Er will doch nur spielen. Junge Hunde brauchen das Spiel um sich zu entwickeln. Ich bin auserkoren, Leo bei seiner Entwicklung zu helfen. Das ist Verantwortung pur. Da müssen doch auch mal die eigenen Interessen etwas zurückstehen.

Aber wenn das alles tatsächlich nur ein Trick ist? Ein Trick, um mich von den wirklich wichtigen Dingen meines Lebens abzulenken? Sind die beiden vielleicht verwandt mit Kerberos, dem Höllenhund aus der griechischen Mythologie? Diesem Ungeheuer, das die Hölle bewacht und niemanden wieder heraus lässt? - Ein furchtbarer Gedanke, den ich auch nicht weiterverfolgen mag.

Da kümmere ich mich dann doch lieber um Leo. Der braucht mich nämlich. Der ist doch noch so klein. Der bringt Freude in mein Leben. - Und seien wir mal ganz ehrlich: Was ist denn schon dabei, wenn Leo spielen will? Er beißt doch nicht! Er tut doch nichts.

"Ach, komm Leo - wir machen einen drauf!"
 
B

Burana

Gast
Hallo anbas!

Klasse. Wie sagte schon Goethe? Zwei Hunde jaulen, ach, in meiner Brust. Oder so ähnlich.
Liebe Grüße, Burana
 

anbas

Mitglied
Hallo Burana, hallo flammmarion!

Ich danke für Eure Kommentare. Meine Antwort hat etwas auf sich warten lassen, weil Leo ... naja, Ihr könnt es Euch denken ;) ...

Liebe Grüße

Andreas
 

anbas

Mitglied
Leo

Leo beißt nicht. Leo will nur spielen.

Doch was erzähle ich da über Leo, wenn ich eigentlich ganz andere Dinge zu tun habe. Es fällt mir nur so schwer, mich auf diese anderen Dinge zu konzentrieren, wenn Leo ständig spielen will.

Wer Leo ist, fragt Ihr Euch? Leo ist ein Hund, ein Schäferhund. Ein junger aber schon ausgewachsener Schäferhund, der mich mit verspielten, begeisterungsfähigen Augen anschaut, so, als wolle er sagen: "Komm Junge, heute machen wir einen drauf!"

Doch was ist das für ein blöder Gedanke, mit einem Hund einen drauf zu machen? Ich kann doch nicht mit ihm durch die Diskotheken ziehen oder mich mit ihm in einer Kneipe auf ein oder zwei Bier treffen.

Nein, nein - Leo ist ein Hund, der spielen will. Seine Augen gieren richtig danach. Er ist völlig aufgeregt. Am liebsten würde er mich mit den Zähnen gleich nach draußen schleifen, um dort mit mir zu spielen.

"Wenn ich jetzt einen Ball in die Hand nehme und zur Tür gehe, kriegt der vor Aufregung wahrscheinlich einen Orgasmus", denke ich.

Merkwürdig ist nur, dass sich Leo immer ausgerechnet dann meldet, wenn ich eigentlich etwas ganz anderes erledigen muss. Meistens sind es wichtige Dinge, zu denen ich im Grunde aber gar keine Lust habe. Doch kaum will ich mit diesen Dingen beginnen, taucht Leo auf. Es ist so als könne er riechen, dass er jetzt eine Chance hat, mich zum Spielen zu überreden.

Dabei bin ich doch so stolz auf mich, dass ich seit einiger Zeit Herkules ganz gut im Griff habe. Herkules heißt mein innerer Schweinehund. Ich habe viel mit ihm geredet, ihm Kompromisse angeboten und irgendwann haben wir uns so geeinigt, dass wir einigermaßen miteinander klar kommen.

Jetzt frage ich mich immer häufiger, ob ich möglicherweise von Herkules bei unseren Verhandlungen über den Tisch gezogen worden bin. Vielleicht ist Leo ja sein jüngerer Bruder, den er jetzt bei sich aufgenommen hat, um ihn auf mich zu hetzen. Und Leo will ja nur spielen, er macht ja nichts Schlimmes - nicht wie Herkules, durch den ich immer wieder so schlaff und antriebslos war, der mir meine Energie raubte und mich auf diese Art und Weise daran hinderte, meine Pläne umzusetzen und meine Ziele zu erreichen. Herkules, dieses verdammte Mistvieh, durch das ich so viel kostbare Zeit meines Lebens vergeudet habe und wohl auch weiterhin vergeuden werde - denn ganz lässt der sich nie in den Griff kriegen.

Nein, Leo ist dagegen wirklich lieb - und so süß. Er will doch nur spielen. Junge Hunde brauchen das Spiel, um sich zu entwickeln. Ich kann Leo bei dieser Entwicklung helfen. Das ist Verantwortung pur, sage ich Euch! Da müssen doch auch mal die eigenen Interessen zurückstehen können.

Andererseits - wenn das alles tatsächlich nur ein Trick ist? Ein Trick, um mich von den wirklich wichtigen Dingen meines Lebens abzulenken? Sind die beiden vielleicht verwandt mit Kerberos, dem Höllenhund aus der griechischen Mythologie? Diesem Ungeheuer, das die Hölle bewacht und niemanden wieder heraus lässt? - Ein Gedanke, den ich ehrlich gesagt nicht weiterverfolgen mag.

Nein, schaut Euch Leo doch einmal genauer an. Seid ehrlich - der tut nichts. Der will wirklich nur spielen! Und er braucht mich. Natürlich muss er irgendwann einmal lernen, dass er manchmal auch zu warten hat, dass nicht alle nach seiner Pfeife tanzen werden. Daher sollte ich ihn einfach mal eine Zeitlang ignorieren. Der wird schon merken, dass er nicht immer dran sein kann. Hoffentlich fängt er dann aber nicht mit der Jaulerei an. Das würde die Sache wirklich schwer machen. Für Leo und für mich. Denn natürlich möchte ich nicht, dass Leo leidet. Leo soll es schließlich gut bei mir haben und sich bei mir wohl fühlen. Ich möchte mir wirklich nicht nachsagen lassen, dass ich zu streng zu ihm war, ihn gar in der Entwicklung seiner Persönlichkeit behindert hätte. Das würde ich mir nie verzeihen können.

Aber jetzt ist es wirklich genug. Ich muss endlich weitermachen. - Allerdings reicht im Grunde die Zeit gar nicht mehr dafür aus. Es wäre total nervig, jetzt noch anzufangen und mittendrin aufzuhören zu müssen. Ich hasse es, angefangene Dinge liegen zu lassen. Da könnte ich das bisschen restliche Zeit auch sinnvoller nutzen.

"Komm Leo, wir machen einen drauf!"
 



 
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