Letzte Eindrücke eines alten Freundes

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SvenKratt

Mitglied
Letzte Eindrücke eines alten Freundes

Des letzten Teufels glühend Saat wie Rhabarber
dem heulend, sterbend immerdar zerstörerisch grinsend
(wie ich es auch zu tun pflegte, schon vor Jahren in Berlin)
schafften es doch die Denker und die großen Geister ein letztes Mal
tosend Applaus, wie von Geisterhand gespielt, zu vernehmen.

Doch soll nun doch ein Ende kommen, dessen fiese grinsend Maske
mir oft noch erschien im Traum (zur Geisterstunde wohlgemerkt),
um dann singend, tanzend, springend auf und ab ging auf dem Tisch,
wo meine letzte Ruhestätte - eine Streichholzschachtel aus Papier - mir zuwinkte
und von Dannen fuhr.

Doch soll nicht grähmen mich die Vanillesauce, ausgegossen auf der Straße,
wo einst Hindenburg marschierte und Kamelle warf.
Vielmehr war es dann doch Napoleon, der letztes Jahr den Tee verschüttete
auf dem Teppich, der Fleck ist immer noch zu sehen, da half auch nicht Domestos oder meister Proper.
Auch der General versagte, als die Truppen käsebleich das letzte Matterhorn vernaschten.

Auch mehr noch als am Ende waren es die Instrumente, welche ich in jugendlichem Leichtsinn
öfters mal benutzte, ohne zu wissen wie und wo, und zu guter letzt eine Watschen bekam vom Kapellmeister
(sein Dicker Bauch wölbte sich leicht, als er aus der U-Nahn stieg und rülpste).
Doch so sind die Dichter wohl, dachte ich und warf den Stein, ohne zu überlegen in die Hecke.

Dass ich ein Kaninchen wohl gehäutet hatte, mit diesem Wurf, kam mir erst gegen Zweiter Weltkrieg 7. Klasse Gymnasium in den Sinn.

Voller Zweifel an der Welt bestieg ich den gefällten Baum, kletterte hinauf, bis ich die Giftmülldeponie erspähen konnte,
wo die giftgen Dämpfe aufstiegen in die Stratosphäre und dort zerplatzten wie Seifenblasen.
Das letzte Biest am Himmel lächelt freundlich, doch der totgebornen letzter Wille will nicht so, wie sie wohl wollen.
Zum Schluss die Explosion im Festspielhaus, die ich konsequenterweise von den Einstürzenden Neubauten gestohlen habe,
unbewusst und doch mit Fleiß, wie es schon im Märchen war, jedoch mit alternativem Ende und entfallenen Szenen.

Nur noch du mein Freund, der letzte, seist mir hier verdammt im spröden Höllenloch,
wo jeden Tag die Sonne scheint. Deine Mutter lässt dich grüßen und schickt dir eine Sonnencreme
für deinen Brand, und möchte wissen, wie lange du noch Gondeln fährst hier in Venedig.

Last but not least soll ich dir einen Schraubenzieher vermachen, der mir immer zu klein gewesen.
Schwer trenne ich mich doch von ihm, auch wenn es doch nur Knall und Fall wie Schall und Rauch ist.
 
D

Denschie

Gast
hallo sven,
das erinnert mich ein bisschen an
"howl for carl salomon" von ginsberg.
ich finde es gelungen!
gruß,
denschie
 

SvenKratt

Mitglied
Hallo Denschie

Danke erstmal für die Kritik.
"Howl for Carl Salomon" kenne ich nicht, wurde also auch nicht davon inspiriert (höchstens vielleicht Unterbewusst).
War einfach ein kleines Experiment, lyrische Sprache zu verwenden, ohne auf den tieferen Sinn des ganzen zu achten.
Bisher das einzige Gedicht, das ich in diesem Stil geschrieben habe.

Gruß,

Sven
 
D

Denschie

Gast
hey sven,
ach so, deswegen steht es ja auch
unter experimentelles (mir ist gerade erst
aufgefallen, in welchem forum wir sind).
allen ginsberg würde
vielleicht nicht sagen, dass es ihm "nur" darum
geht, lyrische sprache aneinander zu reihen.
andererseits kommt es ja auch darauf an, was der
leser sich vorstellt, wenn er ein gedicht liest.
ich sehe nämlich schon einen sinn in deinem werk.
der text in seinem gesamtzusammenhang spricht mich an,
ohne dass ich genauer sagen könnte, was es ist.
so geht es mir bei ginsberg auch, deshalb kam ich auf
den vergleich.
irgendwo habe ich mal gelesen, dass er mit william s.
bourroughs befreundet war. in deinem profil las ich,
dass du den magst und bin deshalb davon ausgegangen,
dass du ginsberg kennst.
gruß,
denschie
 

SvenKratt

Mitglied
Tja, da muss ich verneinen. Ginsberg war mir bisher kein Begriff. Und auch von Bourroughs habe ich noch nicht sonderlich viel gelesen. Lediglich ein, zwei Kurzgeschichten von ihm. Aber ich arbeite daran, meinen Horizont bezüglich seiner Werke zu erweitern (oder weniger geschwollen ausgedrückt: Ich werde mir demnächst mal ein Buch von ihm kaufen *g*).
Zum Sinn des Textes: In irgendeiner, versteckten Weise ist bestimmt ein Sinn vorhanden aber ich hab ihn bis jetzt noch nicht finden können. Höchstens ein paar Anspielungen auf verschiedene Themen, die als einzelne betrachtet einen Sinn ergeben, im ganzen aber eben diesen Sinn verlieren. So sehe ich das zumindest. Ich wollte einfach mal sehen, ob man viel reden bzw. schreiben und trotzdem nichts sagen kann (dass man das kann, hat uns Dieter Bohlen ja schon zwei mal bewiesen, also muss ich der Frage auch nicht länger auf den Grund gehen *gg*)

Gruß,

Sven
 



 
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