Letzte Nacht hat es geschneit...

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Letzte Nacht hat es geschneit,
nicht sehr hoch, mehr lang und breit,
flockig weich, wie Gänsefeder,
Höhe: glatt fünf Zentimeter.
Waldi aus dem Nachbarhaus
bellt wie wild und flippt fast aus.
Amtlich gibt's zu überlegen:
erst muss man die Trottoirs fegen!
Männer, springt aus euren Betten,
um die Heimatstadt zu retten!
Greift zu Schiebern, Schaufeln, Karren,
um den Schnee gleich fort zu scharren;
räumt, bevor der Morgen graut
und der Schnee von selber taut.

Wenn es schneit, gilt's zu vermeiden,
dass die Vögel Hunger leiden,
nur mit Körnern und mit Fetten,
sind die Piepmätze zu retten.
Meier, dieser alte Dödel,
füttert Meisen noch mit Knödel,
was dieselben übersehen,
weil sie Rindertalg verschmähen.
Meisen sind am Futtertisch
nämlich äußerst wählerisch,
denn er herrscht, statt Nahrungsnot,
Futterüberangebot.
Welch ein Glück gibt es doch die
Vogelfutter-Industrie:
Müllers Super-Meisenfutter
halb Kaviar, halb Süßrahmbutter,
ist der saisonale Knüller,
Marke "Vogelbuttermüller".

Sieben Zentimeter schon!!
Auf zum Notfalltelefon:
Flocken fliegen um die Ohren,
Himmel hilf, wir sind verloren!
Lage hier? Katastrophal!
Schnee wie im Klein Walsertal.
Schickt uns Rettungskräfte her,
Grenzschutz, sowie Bundeswehr!
Wenn ihr zögert, ist es aus,
hier versinken Mann und Maus.

Doch getrost, die Rettung naht:
Streudienstmänner, frisch zur Tat!
Wenn es Salz in Strömen schneit
sind wir gleich vom Schnee befreit.

Ich, nach meiner Kinder Bitten,
suchte nach dem Rodelschlitten,
woraufhin der Schnee verschwand,
ehe ich den Schlitten fand.
 

alfi

Mitglied
Bernhard das ist wiedermal vom allerfeinsten. Schön mit Ironie beschrieben, und flüssig zu lesen. Jaja jetzt nahen die Katastrophen wie jedes Jahr, und lösen sich in dreckig braunen Schlamm auf.
 

Herr Müller

Mitglied
Schnee

Wie gewonnen so zerronnen. Laß den Schlitten schon mal stehen. Der Schnee kommt und geht, aber Dein flockiges Gedicht bleibt uns glücklicherweise erhalten.

Herr Müller wünscht gute Rutsche
 
B

Bruno Bansen

Gast
Herrlich!

"...woraufhin der Schnee verschwand, ehe ich den Schlitten fand. Ein "echter Mössner", wie er leibt und lebt! Lieber Bernhard, du schribst mir und andern aus der Seele. Das ist so, als wenn du notierst, wie's ist. Das scheint der Reiz bei dem, was aus deinem Kopf kommt, zu sein!

Kompliment!

Liebe Grüße von Bruno
 

LuMen

Mitglied
flockig

Hallo Bernhard,

"flockiges" Gedicht, Herr Müller hat den Nagel auf den Kopf getroffen!
Meine Frau läßt schön grüßen, Du hast ihr insbesondere mit der 1. Strophe aus der Seele gesprochen!

Gruß auch von mir
LuMen
 



 
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