Liebes-Drama

Plastikbirne

Mitglied
Kurzgeschichte #1

»Kannst du es denn immer noch nicht erkennen?«, fragte er sie noch etwas gereizter als zuvor. »Es ist doch viel zu dunkel, das Bild ist einfach schlecht!«, sagte sie und legte das Handy auf den Tisch. Der alte Eichentisch, mitten im Wohnzimmer, auf dem noch das Abendessen von vorhin ausgebreitet war, knarzte ein wenig. »Es interessiert dich einfach nicht, gibs halt zu!«. Das Wohnzimmer war modern und schlicht eingerichtet. An den Wänden hiengen schwarz-weiße Fotografien. Luisa hatte schon immer eine Vorliebe für diese Art von Einrichtung gehabt. Der schwere Eichentisch, verfertigt aus dunklem Holz, gab dem Zimmer einen künstlerischen Touch, der sich in zwei großen, sehr lichtdurchlässigen Fenstern noch mehr bestätigt fühlen konnte. »Es ist immerhin meine Schwester und ihr Neugeborenes!«. Dem Kinderwunsch nachzukommen, ja, das war es, wonach er schon seit Monaten strebte. Doch sie wollte nicht mitmachen. Hatte keine Gründe genannt. Einfach das Thema abgebrochen. Seine Enttäuschung gipfelte in einem Wutanfall, der einem schlafenden Vulkan glich, nun zum Ausbrechen angestachelt. Heiße Lava schoss nun auf sie hinab. Verbrannte sie innerlich. Er stellte ihre komplette Beziehung in Frage, bezweifelte ihre Liebe, ihre Verbundenheit. Hatte er doch im Kopf alle Möglichkeiten durchgearbeitet, alles versucht. Sie fühlte sich in die Enge getrieben. »Es liegt ja nicht an dir.«. Fast schon flehentlich bittend wandte sie sich an ihn. »Du kannst gar nichts dafür, bitte glaub mir doch!«. Die Lava verfloss, er konnte nichts mehr entgegenbringen. »Dann sag mir halt, was es ist. So schlimm wird es wohl nicht sein.«, lenkte er drängend ein. Ihre glückliche Beziehung verlief jahre lang ohne größere Probleme. Hier und da mal eine Diskussion über Inneneinrichtung und Restaurantbesuche. Die Tatsache, dass sie oft die treibende Kraft war, störte ihn kaum. Doch hier hatte er etwas zu sagen. Er hatte seinen Traum zu verteidigen. Oft genug musste er nachgeben, sie ihre Wünschen durchsetzen lassen. Aber das war es, was er an ihr liebte. Ihr Feuer. Ihre Konfliktbereitschaft, immer auf Angriff. Getroffen hatte nach einem Opernbesuch mit ihrem damaligen Freund, der sie zu Tode langweilte, war er es, der den ersten Schritt gewagt hatte. Umwerfend schön, schlank, groß. Es war der Traum auf Erden. Ihm behagte es nicht, aber er war sich sicher, dass er ihr nachgeben könnte. Sie auf ein schönes Essen einladen und über das Problem sprechen, ja, das musste funktionieren. Selbstsicher und mit einem Lächeln auf den Lippen, wandte er sich zu der Gestalt, zusammengekauert am Sofa lehnend. Er sah in ihrem zarten Gesicht die Tränen. Sie war kaum noch die Person, die er kannte. »Ich kann nicht mehr mit dir zusammenleben. Es passt einfach nicht mehr.«. Eine unendliche Sekunde vergeht, ehe er realisiert, was passiert. Er schluckt und sein Magen verkrampft sich, nicht bereit eine solche Nachricht zu verdauen. Wie zwei dürre Äste, die man mit einer Axt abschlug, brechen seine Knie nacheinander zusammen. Kann sich eben noch so auf den Sessel retten. Ihm droht, der Boden unter den Füßen wegzubrechen, hinunterzustürzen in die Leere und Verzweiflung. »Pass auf, ich habe die Zeit mit dir genossen, wirklich, aber du bist.. einfach nicht der Richtige für mich.«. Ein letzter Hauch hatte gefehlt, um ihn aus der Verankerung zu reißen. Aus dem Gerüst des Verstandes, welches seine Emotionen abgefangen und zu halten versucht hatte. Alles kippte. Dieser Schlag warf es mit brutaler Härte um. Dutzende von Gedanken kamen ihm in den Sinn, verdrängten jegliche Konzentration. »Schönen Abend noch.«, flüsterte sie leise mit bitterer Ironie, zog die Tür zu und war weg. Kein Abend wird mehr schön sein, dachte er gequält. Nie wieder wird er Freude und Liebe empfinden können. Es war aus. Keine Frauen mehr kennenlernen, niemals Vater werden, all das drückte auf ihn wie ein tonnenschwerer Fels. Wie ein Tier gefangen in der Einsamkeit, saß er auf der Armlehne des Sessels und wusste nicht was zu tun war. In sich gesunken, komplett demotiviert, wiegte er sich langsam und behutsam in den Schlaf.
 



 
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