Liebesfantasien 11

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Wenn ich
umarmend
deine Brüste fühle,

dann steigt aus fernen Zeiten
mir das Bild
der Mutter auf,

die Nahrung schenkt,
Geborgenheit,
und Wärme in der Eiseskälte,
die unerbittlich mich umgibt.

Ich bin hinaus gegangen
in die hasserfüllte Welt
und kämpfe dort ums Überleben,

am Ende steh ich mit den andren,
die mich fremd umgeben,
versteinert wie ein Mal im Regenwind.

Ich küsse deine Brüste,
in mir taucht die Mutter auf
und ihre Sorge für mein Wohlergehn,

wir öffnen uns dem Leid der Welt,
den ausgesetzten Kindern auf den Straßen,
dem bösen Kampf um Dach und Brot,

den Hungernden,
erbärmlich sterben sie,
da andere sich füllen
in Gier und Überfluss.

Die wilde Mannsgewalt
wird sanft an deinem Busen,
die Kräfte fließen in die Welt,
um die zu heilen, die in Not verkommen.
 
E

El Lobo

Gast
Lieber Wilhelm,
beim Lesen Deines Gedichtes dachte ich unwillkürlich an einen Mutter-Komplex.
Du assoziierst die Mutter wenn Du an die Brüste der Liebsten denkst?
Oder sollte ich da etwas missverstanden haben?
An manchen Stellen reimt sich das Gedicht, dann wieder nicht, ist dies Absicht? Gewollt? Oder Zufall?
Einen schönen Tag wünscht El Lobo (der einsame Wolf)
 
I

IKT

Gast
Lieber Wilhelm Dein Gedicht wirkt sehr zart und liebevoll. Ich denke, dass dies nichts mit einem Mutterkomplex zu tun hat. Für mich drücktes eher aus, dass die Frau, egal ob Geliebte oder Mutter, der sanfte und doch starke Part ist, der Leiden tröstet, Kraft gibt, und hilft. Das zeigt, glaube ich, auch die letzte Strophe sehr schön.
[blue]Die wilde Mannsgewalt
wird sanft an deinem Busen,
die Kräfte fließen in die Welt,
um die zu heilen, die in Not verkommen.[/blue]

Interessant, wie verschieden Interpretationen sein können, oder?
Ganz lieben Gruß! IKT
 
Hallo El Lobo,
du siehst das richtig, dass sich mit den Brüsten der Geliebten die Erinnerung an die Mutter verbindet, aber nicht im Sinne eines Mutterkomplexes, der sich als Krankheit darstellt oder zumindest als Fehlentwicklung, sondern als grundsätzliche Prägung. Dabei geht es in dem Gedicht nicht nur um die bloße Erinnerung, sondern um alles, was sich mit Mutter verbindet, Sanftmut und Fürsorge, Verantwortung für bedürftige Menschen.

Liebe Grüße,
Wilhelm Riedel.
 
E

El Lobo

Gast
Lieber Wilhelm,
ein Mutterkomplex muss nicht zwingend eine Krankheit sein sondern kann auch verschmähte Liebe bedeuten, aber ich danke Dir dafür, das ich gefühlsmässig richtig lag und fürs Lesen dürfen, lg El Lobo
 
I

inken

Gast
Lieber Wilhelm Riedel

Ich glaube dein Gedicht ist genau das Gegenteil von einem Mutterkomplex, denn dieses Wort bezeichnet in der Psychologie die nichtgeglückte Lösung von der Mutter, die einen Mann zum "ewigen Kind" bleiben läßt.

Es gibt sie ja, diese Männer, die immer umsorgt, bemuttert, getröstet und im schlimmsten Falle auch "ver"sorgt werden müssen, als würden sie immer noch an der Mutterbrust hängen.

Ein bißchen Kind bleiben wir ja alle, Männer suchen in Frauen ein wenig die Mütter, Frauen in Männern ein wenig die Väter.

Zum Erwachsenwerden aber gehört meines Erachtens beides.
Du beschreibst es sehr schön, dieses Hinwachsen zum Verantwortung übernehmen, weg vom "ich will" und "ich brauche" und deshalb geht es mir gut - sondern hin zum, ich fühle und verstehe und deshalb muß ich handeln und Verantwortung übernehmen.

Die letzte Strophe zeigt dies besonders - die wilde Manneskraft ist gezähmt, sie dient nicht mehr dazu von Blüte zu Blüte zu flattern um sich selbst zu bestätigen - nein, um am Busen der Frau sanft zu werden und die Kraft zu finden, tatsächlich ein Mann zu werden, einer, der Verantwortung in der Familie und in der Welt übernimmt.
IKT hat es auch schon hervorgehoben.

Ich wünschte, lieber Wilhelm, es würden alle Männer zu dieser Erkenntnis gelangen ...lächel...

Nur die Form holpert mir noch ein wenig zu sehr.


Ganz liebe Grüße und vielen Dank fürs Lesendürfen - inken
 
Hallo El Lobo,
du hast angemerkt, ich verwende in meinem Gedicht verstreute Reime. Wenn dies der Fall wäre, so hätte ich das nicht beabsichtigt - und das wäre ein Fehler. Aber ich finde keine Reime. Oder meinst du den wechselnden Rhythmus?

Grüße von Wilhelm.
 
Liebe Iris,
du hast dich zart und feinsinnig in das Gedicht eingefühlt. Es ist kein Mutterkomplex, der hier zugrunde liegt, sondern bewusste Erinnerung an die Geborgenheit, die von der Mutter ausging.
Falsch an dem Gedicht ist, dass der Anschein entsteht, die Fürsorge gehe allein von der Frau aus. Tatsächlich vermitteln Liebende sich diese Fähigkeit gegenseitig.

Liebe Grüße von Wilhelm.
 
Hallo inken,
danke für deine Würdigung meines Gedichtes.
Eine Rückfrage habe ich: Du sprichst davon, dass die Form holprig sein. Das kann ich nicht nachvollziehen. Bezieht sich diese Kritik auf den Rhythmus, auf die Verse oder die Strophen.

Liebe Grüße,
Wilhelm.
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Mhm.

Habs mir grade laut vorgelesen und ich bin flüssig hindurchgekommen.

Was mich irritierte:
"Die wilde Mannsgewalt
wird sanft an deinem Busen,"
da neigte ich dazu, ein Verb zu erwarten.
Etwa: wird sanft an deinem Busen trinken, oder so.
Vielleicht würde der Zeilenumbruch besser nach dem sanft passen.


cu
lap
 
Hallo lapismont,
die letzte Strophe spricht von einer Verwandlung: sanft werden. Wenn der Zeilensprung nach 'Mannsgewalt' erfolgt, so entsteht Spannung: Was wird mit der Mannsgewalt, die doch gar nicht in das Gedicht passt? Diese Spannung geht verloren, wenn nach 'sanft' der Vers gebrochen wird.
Aber deinen Anstoß verstehe ich schon. Vielleicht sollte ich das schwache 'wird' in ein starkes 'wandelt sich' verändern.

Danke, Wilhelm.
 



 
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