Lilly hext zu schnell

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maerchenhexe

Mitglied
Lilly hext zu schnell

Die Hexe Lilly Hexmalschnell war wütend. Wütend? Naja, vielleicht auch ein bisschen traurig, aber das würde sie niemals zugeben. Seit einigen Tagen streifte sie jetzt schon mutterseelenallein durch den Zauberwald, in dem ihr Häuschen stand und schimpfte mit sich selbst. „Hätte ich aus meinem Langstreckenflugbesen doch bloß keine Kochmütze gezaubert! Dann wäre ich jetzt auch auf dem großen Magiertreffen in Zauberdauerhausen, zusammen mit den anderen Hexen und Zauberern. Vor allen Dingen zusammen mit Aurelia. Aber so muss ich jetzt die nächsten drei Wochen hier alleine verbringen. Dass ich auch immer so vorschnell sein muss!“
Missmutig kehrte sie nach Hause zurück und kochte sich erstmal ein Krötensüppchen mit doppelter Spinnenbeineinlage. Aber selbst das Lieblingsessen half nicht gegen die Einsamkeit. Sie vermisste Aurelia Besenknacks sehr. Das Hexchen aus dem magischen Dorf war immerhin seit neunundneunzig Jahren ihre beste Freundin.
Lilly seufzte und begann aufzuräumen. Nachdem sie gerade zum fünften Mal ihre Besen geputzt hatte - die Kochmütze auf dem Stiel übersah sie dabei - schoss ihr plötzlich eine Idee durch den Kopf. Eigentlich wollte sie immer schon mal wissen, wie die Menschen so lebten und deren Dorf lag nur eine Viertelstunde Besenflug von hier entfernt. Schnell schlüpfte sie in ihren roten Winterumhang, rief mit einem Fingerschnipps ihren Schnellflugbesen für Kurzstrecken herbei und machte sich auf den Flug.

Mit einem Plumps landete sie hinter der großen Kirche, die direkt neben dem Rathaus am Marktplatz stand. „Wenn wir zurück sind, muss ich unbedingt deine Bremsborsten ölen, Fridolin“, sagte sie gerade laut zu ihrem Besen, als eine lachende Stimme rief: „Was bist du denn für Eine? Du sprichst mit einem Besen? Und wie siehst du überhaupt aus? Karneval ist erst in zwei Wochen.“
Es war ein schwarzhaariger Junge, der sich offensichtlich köstlich über ihren Anblick amüsierte. Das kleinere blonde Mädchen neben ihm starrte sie nur verwundert an.
„Na warte, dir unverschämten Bengel werde ich es zeigen“, dachte Lilly. Dann rief sie laut: „Krötenbein und Hundehatz, stehe fest auf deinem Platz.“

Sofort erstarrte der Knabe und schaute sie nur noch schreckensbleich aus weit aufgerissenen Augen an. Das Mädchen aber begann zu kichern.
„Wie komisch du aussiehst, Flo! Wenn das die Lehrerin wüsste – sie wünscht sich doch immer, dass du auch nur einen Moment still sitzt in der Klasse!“
Dann wandte der Blondschopf sich an Lilly. „Bist du etwa eine Hexe?“, fragte sie ehrfürchtig.
Lilly nickte. „Aber keine besonders gute. Und noch dazu eine furchtbar einsame!“ Dicke Tränen quollen ihr aus den grünen Augen, als sie dem Mädchen erzählte, was ihr aus eigener Dummheit widerfahren war.

Während der Junge noch immer stocksteif da stand, überlegte seine Kameradin laut vor sich hin: „Also, weißt du, Hexe, in all meinen Märchenbüchern gibt es immer einen Gegenzauber zu jedem Spruch. Meinst du nicht, man könnte die Kochmütze irgendwie wieder in einen Besen verwandeln?“

Lillys Gesicht verfinsterte sich zusehends.
„Ich weiß keins“, gab sie kleinlaut zu. „Und all die anderen Hexen und Zauberer sind doch auf dem Magiertreffen. Da kann ich ja nicht hin ohne Besen, um mir einen Rat zu holen ...“

Der Junge rollte wild mit seinen Augen.
„Flo hat wohl eine Idee“, meinte die Kleine.
„Wenigstens dem kann ich helfen“, erwiderte Lilly und rasch entzauberte sie den Burschen, der gleich übermütig drei Runden um den Platz jagte, bevor er strahlend vor ihr anhielt.
„Ich weiß was“, rief er. „Mein Opa hat immer gesagt, tief im großen Wald wohnt der kluge Uhu, der alles weiß. Zu ihm müssen wir gehen! Wir kommen natürlich mit, nicht wahr, Ida?“, wandte der Knabe sich an das Mädchen.
„Oh ja“, jauchzte die. „Von dem weisen Vogel habe ich auch schon gehört, und letzte Woche haben wir in der Schule gelernt, dass ein Uhu am liebsten Mäuse frisst – vielleicht kannst du ihm welche mitbringen?“

Lilly, nicht faul, begann gleich zu murmeln:
„Eins und zwei und einszweidrei, Mäusebraten kommt herbei!“
Sofort begann es, kleine Pelztierchen zu regnen, die die Hexe geschickt in ihrer Schürze auffing. Dann lud sie die Kinder auf ihren Kurzstreckenbesen und brauste mit ihnen hoch über den Wipfeln davon, bis sie über dem tiefsten Herz des Waldes schwebten.
Dort landeten sie sanft auf einer dicken Moosschicht.
„Wow“, japste Flo noch ganz außer Atem, „das ist ja irre! Verzeih, was ich vorhin gesagt habe – ich wusste ja nicht, dass du echt bist!“
Lilly lächelte ihn an. „Schon gut, du hast deine Strafe ja gehabt. Vergessen wir es! Und wenn das hier alles klappt, nehme ich euch mit zum Magiertreffen. Aber jetzt lasst uns nach dem Uhusuchen!“

Lillys Hexenaugen hatten bald den hohen Baum erspäht, auf dem der weise Vogel wohnte. Es dämmerte und die Drei hörten sein leises Schnarchen von hoch oben.
„Uhu“, rief Lilly, „Uhu, wach auf, wir brauchen Rat!“
Ungnädig räusperte sich der Alte.
„Es ist noch zu früh für die Jagd. Wer wagt es, mich in meinen Schlaf zu stören?“
„Ich, die Hexe Lilly Hexmalschnell. Es gibt da ein großes Problem – ich habe mal wieder zu schnell gehext und meinen Langstreckenflugbesen zu einer Kochmütze gemacht. Jetzt kann ich nicht zum Magiertreffen und mir bricht fast das Herz, weil ich soo gerne meine beste Freundin dort sehen möchte!“
„Und so etwas auf nüchternen Magen“, ächzte der graue Vogel mißmutig. „Da kann ja jeder kommen!“
Blitzschnell griff die kleine Ida in Lillys Umhangtasche und warf dem Nörgler drei Mäuse gleichzeitig zu. „Sollst es ja nicht umsonst tun“, besänftigte sie ihn.
„Schon besser“, erwiderte der Uhu, nachdem er gefressen hatte.
„Also, Besen in Mütze, sagst du. Was genau soll ich für dich tun?“
„Ich brauche einen Gegenzauber, bitte, bitte, lieber Uhu. Du bist doch so weise“, bettelte die Hexe.
Lange dachte der alte Vogel nach, dann flüsterte er wie in Trance:

„Von dem Koch die Mütze,
zum Fliegen gar nicht nütze,
werd zum Besen nun geschwind,
trag die Hexe wie der Wind!
Komm aus der Hütte fix herbei,
Bring zum Treffen hin die Drei.!“

Kaum waren diese geheimnisvollen Worte verklungen, da hörte man ein Sausen in den Bäumen, ein Krachen, und schon landete der gute, alte Langstreckenflugbesen vor Lillys Füßen. Die kleine Hexe jubelte so laut, dass selbst die Bäume, aus ihrer Ruhe aufgeschreckt, unwillig ihre Wipfel schüttelten. Dankbar verabschiedeten die Drei sich nun von dem weisen Uhu und ließen ihm für seine Hilfe die restlichen Mäuse da. Dann rief Lilly: „Flo! Ida! Kommt auf den Besen. Nun geht’s nach Zauberdauerhausen!“

Momente später landeten die Reisenden mitten auf dem Marktplatz des Magierdorfes, wo Lilly überglücklich ihre beste Freundin in die Arme schließen konnte.
Alle zusammen erlebten spannende und wunderschöne Tage, und Flo und Ida tranken so viel Zaubersaft, dass sie später selbst berühmte Magier wurden und immer einen Gegenzauber wussten, wenn Lilly Hexmalschnell mal wieder zu schnell gehext hatte.
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
ganz

entzückend. kommt in meine lupenperlensammlung.
zwei kleine kritikpunkte: Uhusuchen (fast auf der Mitte des Textes) solltest du trennen und wenn du "die Drei" schreibst, dann ist die Zahl Drei gemeint und nicht drei Personen, es muss also heißen "die drei".
ganz lieb grüßt
 

maerchenhexe

Mitglied
Lilly hext zu schnell

Die Hexe Lilly Hexmalschnell war wütend. Wütend? Naja, vielleicht auch ein bisschen traurig, aber das würde sie niemals zugeben. Seit einigen Tagen streifte sie jetzt schon mutterseelenallein durch den Zauberwald, in dem ihr Häuschen stand und schimpfte mit sich selbst. „Hätte ich aus meinem Langstreckenflugbesen doch bloß keine Kochmütze gezaubert! Dann wäre ich jetzt auch auf dem großen Magiertreffen in Zauberdauerhausen, zusammen mit den anderen Hexen und Zauberern. Vor allen Dingen zusammen mit Aurelia. Aber so muss ich jetzt die nächsten drei Wochen hier alleine verbringen. Dass ich auch immer so vorschnell sein muss!“
Missmutig kehrte sie nach Hause zurück und kochte sich erstmal ein Krötensüppchen mit doppelter Spinnenbeineinlage. Aber selbst das Lieblingsessen half nicht gegen die Einsamkeit. Sie vermisste Aurelia Besenknacks sehr. Das Hexchen aus dem magischen Dorf war immerhin seit neunundneunzig Jahren ihre beste Freundin.
Lilly seufzte und begann aufzuräumen. Nachdem sie gerade zum fünften Mal ihre Besen geputzt hatte - die Kochmütze auf dem Stiel übersah sie dabei - schoss ihr plötzlich eine Idee durch den Kopf. Eigentlich wollte sie immer schon mal wissen, wie die Menschen so lebten und deren Dorf lag nur eine Viertelstunde Besenflug von hier entfernt. Schnell schlüpfte sie in ihren roten Winterumhang, rief mit einem Fingerschnipps ihren Schnellflugbesen für Kurzstrecken herbei und machte sich auf den Flug.

Mit einem Plumps landete sie hinter der großen Kirche, die direkt neben dem Rathaus am Marktplatz stand. „Wenn wir zurück sind, muss ich unbedingt deine Bremsborsten ölen, Fridolin“, sagte sie gerade laut zu ihrem Besen, als eine lachende Stimme rief: „Was bist du denn für Eine? Du sprichst mit einem Besen? Und wie siehst du überhaupt aus? Karneval ist erst in zwei Wochen.“
Es war ein schwarzhaariger Junge, der sich offensichtlich köstlich über ihren Anblick amüsierte. Das kleinere blonde Mädchen neben ihm starrte sie nur verwundert an.
„Na warte, dir unverschämten Bengel werde ich es zeigen“, dachte Lilly. Dann rief sie laut: „Krötenbein und Hundehatz, stehe fest auf deinem Platz.“

Sofort erstarrte der Knabe und schaute sie nur noch schreckensbleich aus weit aufgerissenen Augen an. Das Mädchen aber begann zu kichern.
„Wie komisch du aussiehst, Flo! Wenn das die Lehrerin wüsste – sie wünscht sich doch immer, dass du auch nur einen Moment still sitzt in der Klasse!“
Dann wandte der Blondschopf sich an Lilly. „Bist du etwa eine Hexe?“, fragte sie ehrfürchtig.
Lilly nickte. „Aber keine besonders gute. Und noch dazu eine furchtbar einsame!“ Dicke Tränen quollen ihr aus den grünen Augen, als sie dem Mädchen erzählte, was ihr aus eigener Dummheit widerfahren war.

Während der Junge noch immer stocksteif da stand, überlegte seine Kameradin laut vor sich hin: „Also, weißt du, Hexe, in all meinen Märchenbüchern gibt es immer einen Gegenzauber zu jedem Spruch. Meinst du nicht, man könnte die Kochmütze irgendwie wieder in einen Besen verwandeln?“

Lillys Gesicht verfinsterte sich zusehends.
„Ich weiß keins“, gab sie kleinlaut zu. „Und all die anderen Hexen und Zauberer sind doch auf dem Magiertreffen. Da kann ich ja nicht hin ohne Besen, um mir einen Rat zu holen ...“

Der Junge rollte wild mit seinen Augen.
„Flo hat wohl eine Idee“, meinte die Kleine.
„Wenigstens dem kann ich helfen“, erwiderte Lilly und rasch entzauberte sie den Burschen, der gleich übermütig drei Runden um den Platz jagte, bevor er strahlend vor ihr anhielt.
„Ich weiß was“, rief er. „Mein Opa hat immer gesagt, tief im großen Wald wohnt der kluge Uhu, der alles weiß. Zu ihm müssen wir gehen! Wir kommen natürlich mit, nicht wahr, Ida?“, wandte der Knabe sich an das Mädchen.
„Oh ja“, jauchzte die. „Von dem weisen Vogel habe ich auch schon gehört, und letzte Woche haben wir in der Schule gelernt, dass ein Uhu am liebsten Mäuse frisst – vielleicht kannst du ihm welche mitbringen?“

Lilly, nicht faul, begann gleich zu murmeln:
„Eins und zwei und einszweidrei, Mäusebraten kommt herbei!“
Sofort begann es, kleine Pelztierchen zu regnen, die die Hexe geschickt in ihrer Schürze auffing. Dann lud sie die Kinder auf ihren Kurzstreckenbesen und brauste mit ihnen hoch über den Wipfeln davon, bis sie über dem tiefsten Herz des Waldes schwebten.
Dort landeten sie sanft auf einer dicken Moosschicht.
„Wow“, japste Flo noch ganz außer Atem, „das ist ja irre! Verzeih, was ich vorhin gesagt habe – ich wusste ja nicht, dass du echt bist!“
Lilly lächelte ihn an. „Schon gut, du hast deine Strafe ja gehabt. Vergessen wir es! Und wenn das hier alles klappt, nehme ich euch mit zum Magiertreffen. Aber jetzt lasst uns nach dem Uhu suchen!“

Lillys Hexenaugen hatten bald den hohen Baum erspäht, auf dem der weise Vogel wohnte. Es dämmerte und die Drei hörten sein leises Schnarchen von hoch oben.
„Uhu“, rief Lilly, „Uhu, wach auf, wir brauchen Rat!“
Ungnädig räusperte sich der Alte.
„Es ist noch zu früh für die Jagd. Wer wagt es, mich in meinen Schlaf zu stören?“
„Ich, die Hexe Lilly Hexmalschnell. Es gibt da ein großes Problem – ich habe mal wieder zu schnell gehext und meinen Langstreckenflugbesen zu einer Kochmütze gemacht. Jetzt kann ich nicht zum Magiertreffen und mir bricht fast das Herz, weil ich soo gerne meine beste Freundin dort sehen möchte!“
„Und so etwas auf nüchternen Magen“, ächzte der graue Vogel mißmutig. „Da kann ja jeder kommen!“
Blitzschnell griff die kleine Ida in Lillys Umhangtasche und warf dem Nörgler drei Mäuse gleichzeitig zu. „Sollst es ja nicht umsonst tun“, besänftigte sie ihn.
„Schon besser“, erwiderte der Uhu, nachdem er gefressen hatte.
„Also, Besen in Mütze, sagst du. Was genau soll ich für dich tun?“
„Ich brauche einen Gegenzauber, bitte, bitte, lieber Uhu. Du bist doch so weise“, bettelte die Hexe.
Lange dachte der alte Vogel nach, dann flüsterte er wie in Trance:

„Von dem Koch die Mütze,
zum Fliegen gar nicht nütze,
werd zum Besen nun geschwind,
trag die Hexe wie der Wind!
Komm aus der Hütte fix herbei,
Bring zum Treffen hin die Drei.!“

Kaum waren diese geheimnisvollen Worte verklungen, da hörte man ein Sausen in den Bäumen, ein Krachen, und schon landete der gute, alte Langstreckenflugbesen vor Lillys Füßen. Die kleine Hexe jubelte so laut, dass selbst die Bäume, aus ihrer Ruhe aufgeschreckt, unwillig ihre Wipfel schüttelten. Dankbar verabschiedeten die drei sich nun von dem weisen Uhu und ließen ihm für seine Hilfe die restlichen Mäuse da. Dann rief Lilly: „Flo! Ida! Kommt auf den Besen. Nun geht’s nach Zauberdauerhausen!“

Momente später landeten die Reisenden mitten auf dem Marktplatz des Magierdorfes, wo Lilly überglücklich ihre beste Freundin in die Arme schließen konnte.
Alle zusammen erlebten spannende und wunderschöne Tage, und Flo und Ida tranken so viel Zaubersaft, dass sie später selbst berühmte Magier wurden und immer einen Gegenzauber wussten, wenn Lilly Hexmalschnell mal wieder zu schnell gehext hatte.
 

maerchenhexe

Mitglied
hallo flammarion,

leicht verlegen bedankt sich Hexchen für dein Lob. Bisschen stolz bin ich auch, dass du es deiner Sammlung zuführst. Vielen Dank für dein Späherauge, habe fix geändert.

ganz lieber Gruß
maerchenhexe
 

maerchenhexe

Mitglied
Lilly hext zu schnell

Die Hexe Lilly Hexmalschnell war wütend. Wütend? Naja, vielleicht auch ein bisschen traurig, aber das würde sie niemals zugeben. Seit einigen Tagen streifte sie jetzt schon mutterseelenallein durch den Zauberwald, in dem ihr Häuschen stand und schimpfte mit sich selbst. „Hätte ich aus meinem Langstreckenflugbesen doch bloß keine Kochmütze gezaubert! Dann wäre ich jetzt auch auf dem großen Magiertreffen in Zauberdauerhausen, zusammen mit den anderen Hexen und Zauberern. Vor allen Dingen zusammen mit Aurelia. Aber so muss ich jetzt die nächsten drei Wochen hier alleine verbringen. Dass ich auch immer so vorschnell sein muss!“
Missmutig kehrte sie nach Hause zurück und kochte sich erstmal ein Krötensüppchen mit doppelter Spinnenbeineinlage. Aber selbst das Lieblingsessen half nicht gegen die Einsamkeit. Sie vermisste Aurelia Besenknacks sehr. Das Hexchen aus dem magischen Dorf war immerhin seit neunundneunzig Jahren ihre beste Freundin.
Lilly seufzte und begann aufzuräumen. Nachdem sie gerade zum fünften Mal ihre Besen geputzt hatte - die Kochmütze auf dem Stiel übersah sie dabei - schoss ihr plötzlich eine Idee durch den Kopf. Eigentlich wollte sie immer schon mal wissen, wie die Menschen so lebten und deren Dorf lag nur eine Viertelstunde Besenflug von hier entfernt. Schnell schlüpfte sie in ihren roten Winterumhang, rief mit einem Fingerschnipps ihren Schnellflugbesen für Kurzstrecken herbei und machte sich auf den Flug.

Mit einem Plumps landete sie hinter der großen Kirche, die direkt neben dem Rathaus am Marktplatz stand. „Wenn wir zurück sind, muss ich unbedingt deine Bremsborsten ölen, Fridolin“, sagte sie gerade laut zu ihrem Besen, als eine lachende Stimme rief: „Was bist du denn für Eine? Du sprichst mit einem Besen? Und wie siehst du überhaupt aus? Karneval ist erst in zwei Wochen.“
Es war ein schwarzhaariger Junge, der sich offensichtlich köstlich über ihren Anblick amüsierte. Das kleinere blonde Mädchen neben ihm starrte sie nur verwundert an.
„Na warte, dir unverschämten Bengel werde ich es zeigen“, dachte Lilly. Dann rief sie laut: „Krötenbein und Hundehatz, stehe fest auf deinem Platz.“

Sofort erstarrte der Knabe und schaute sie nur noch schreckensbleich aus weit aufgerissenen Augen an. Das Mädchen aber begann zu kichern.
„Wie komisch du aussiehst, Flo! Wenn das die Lehrerin wüsste – sie wünscht sich doch immer, dass du auch nur einen Moment still sitzt in der Klasse!“
Dann wandte der Blondschopf sich an Lilly. „Bist du etwa eine Hexe?“, fragte sie ehrfürchtig.
Lilly nickte. „Aber keine besonders gute. Und noch dazu eine furchtbar einsame!“ Dicke Tränen quollen ihr aus den grünen Augen, als sie dem Mädchen erzählte, was ihr aus eigener Dummheit widerfahren war.

Während der Junge noch immer stocksteif da stand, überlegte seine Kameradin laut vor sich hin: „Also, weißt du, Hexe, in all meinen Märchenbüchern gibt es immer einen Gegenzauber zu jedem Spruch. Meinst du nicht, man könnte die Kochmütze irgendwie wieder in einen Besen verwandeln?“

Lillys Gesicht verfinsterte sich zusehends.
„Ich weiß keins“, gab sie kleinlaut zu. „Und all die anderen Hexen und Zauberer sind doch auf dem Magiertreffen. Da kann ich ja nicht hin ohne Besen, um mir einen Rat zu holen ...“

Der Junge rollte wild mit seinen Augen.
„Flo hat wohl eine Idee“, meinte die Kleine.
„Wenigstens dem kann ich helfen“, erwiderte Lilly und rasch entzauberte sie den Burschen, der gleich übermütig drei Runden um den Platz jagte, bevor er strahlend vor ihr anhielt.
„Ich weiß was“, rief er. „Mein Opa hat immer gesagt, tief im großen Wald wohnt der kluge Uhu, der alles weiß. Zu ihm müssen wir gehen! Wir kommen natürlich mit, nicht wahr, Ida?“, wandte der Knabe sich an das Mädchen.
„Oh ja“, jauchzte die. „Von dem weisen Vogel habe ich auch schon gehört, und letzte Woche haben wir in der Schule gelernt, dass ein Uhu am liebsten Mäuse frisst – vielleicht kannst du ihm welche mitbringen?“

Lilly, nicht faul, begann gleich zu murmeln:
„Eins und zwei und einszweidrei, Mäusebraten kommt herbei!“
Sofort begann es, kleine Pelztierchen zu regnen, die die Hexe geschickt in ihrer Schürze auffing. Dann lud sie die Kinder auf ihren Kurzstreckenbesen und brauste mit ihnen hoch über den Wipfeln davon, bis sie über dem tiefsten Herz des Waldes schwebten.
Dort landeten sie sanft auf einer dicken Moosschicht.
„Wow“, japste Flo noch ganz außer Atem, „das ist ja irre! Verzeih, was ich vorhin gesagt habe – ich wusste ja nicht, dass du echt bist!“
Lilly lächelte ihn an. „Schon gut, du hast deine Strafe ja gehabt. Vergessen wir es! Und wenn das hier alles klappt, nehme ich euch mit zum Magiertreffen. Aber jetzt lasst uns nach dem Uhu suchen!“

Lillys Hexenaugen hatten bald den hohen Baum erspäht, auf dem der weise Vogel wohnte. Es dämmerte und die drei hörten sein leises Schnarchen von hoch oben.
„Uhu“, rief Lilly, „Uhu, wach auf, wir brauchen Rat!“
Ungnädig räusperte sich der Alte.
„Es ist noch zu früh für die Jagd. Wer wagt es, mich in meinen Schlaf zu stören?“
„Ich, die Hexe Lilly Hexmalschnell. Es gibt da ein großes Problem – ich habe mal wieder zu schnell gehext und meinen Langstreckenflugbesen zu einer Kochmütze gemacht. Jetzt kann ich nicht zum Magiertreffen und mir bricht fast das Herz, weil ich soo gerne meine beste Freundin dort sehen möchte!“
„Und so etwas auf nüchternen Magen“, ächzte der graue Vogel mißmutig. „Da kann ja jeder kommen!“
Blitzschnell griff die kleine Ida in Lillys Umhangtasche und warf dem Nörgler drei Mäuse gleichzeitig zu. „Sollst es ja nicht umsonst tun“, besänftigte sie ihn.
„Schon besser“, erwiderte der Uhu, nachdem er gefressen hatte.
„Also, Besen in Mütze, sagst du. Was genau soll ich für dich tun?“
„Ich brauche einen Gegenzauber, bitte, bitte, lieber Uhu. Du bist doch so weise“, bettelte die Hexe.
Lange dachte der alte Vogel nach, dann flüsterte er wie in Trance:

„Von dem Koch die Mütze,
zum Fliegen gar nicht nütze,
werd zum Besen nun geschwind,
trag die Hexe wie der Wind!
Komm aus der Hütte fix herbei,
Bring zum Treffen hin die Drei.!“

Kaum waren diese geheimnisvollen Worte verklungen, da hörte man ein Sausen in den Bäumen, ein Krachen, und schon landete der gute, alte Langstreckenflugbesen vor Lillys Füßen. Die kleine Hexe jubelte so laut, dass selbst die Bäume, aus ihrer Ruhe aufgeschreckt, unwillig ihre Wipfel schüttelten. Dankbar verabschiedeten die drei sich nun von dem weisen Uhu und ließen ihm für seine Hilfe die restlichen Mäuse da. Dann rief Lilly: „Flo! Ida! Kommt auf den Besen. Nun geht’s nach Zauberdauerhausen!“

Momente später landeten die Reisenden mitten auf dem Marktplatz des Magierdorfes, wo Lilly überglücklich ihre beste Freundin in die Arme schließen konnte.
Alle zusammen erlebten spannende und wunderschöne Tage, und Flo und Ida tranken so viel Zaubersaft, dass sie später selbst berühmte Magier wurden und immer einen Gegenzauber wussten, wenn Lilly Hexmalschnell mal wieder zu schnell gehext hatte.
 



 
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