Literaturgeschichte

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Durch das Messer kam zu Tode
Caroline Günderode
Wär‘ das aber schief gegangen
Hätte sie sich wohl erhangen

Hätte vielleicht, um ihr Leben
zu beenden, auszulöschen
zu den arglos frohen Fröschen
in das Wasser sich begeben

Hätt‘ sie Musketen irgendwo
im letzten Fach vom Vertiko
Geölt und frisch geputzt, entdeckt
nieder hätt‘ sie sich gestreckt
mit einem Schuss in ihren Kopf

Und wär‘ der alte Römertopf
im Herd in ihren Blick geraten
sie hätt‘ sich in den Herd gelegt
und ihr Gehirn gut durchgebraten

Wär‘ all dies doch nicht gescheh’n
Hätte sie das Gift geseh’n
das die Synapsen glühen lässt
ihr Atem hätte ausgesetzt
(und sie? hätte noch eingenässt)

Kein Messer, See, kein Herd, kein Gift
Die Klippe hätte sie umschifft
Und hätte einen wilden Stier
mit rotem Tuch gereizt, das Tier
in seinem stumpfen Stolz verletzt
hätt‘ Caroline schnell zerfetzt

Doch Stiere, kraftvoll, bös und herrlich
Sie wüten nur in Spanien rum
Die Reise aber ist gefährlich
Das dächte sie sich, und darum
würd‘ auf der grünen Au sie lungern
um mangels Nahrung zu verhungern

Hätt‘ Hunger sie doch übermannt
- und wer könnt‘ das nicht verstehen –
Wär sie zu ihrem Bett gerannt
denn sie wollte keinen sehen
Hätt‘ geraucht bis in den Schlaf
was man sonst nicht tuen darf
Wäre elendig verbrannt

Doch Caroline, hipp, adrett,
besäße sie ein Wasserbett
und fing‘ dies an, dann auszulaufen
sie würde sich zu Tode saufen

Das ist mit Wasser nicht so leicht
nun ja, es geht, doch schwer erreicht
ist hier das Ende
und unsere geistig behende
Dichterin, sie dächt‘ sich wohl
„Dann mach ich’s doch mit Alkohol!“

Vertrüge sie jedoch zu viel
Dann wär dies ein langwierig Spiel
Und in diesem Fall ist besser
Sie geht und holt sich doch ein Messer

Man sieht, die Dame war entschlossen
sie sah überhaupt kein Licht
denn glücklich war die Günderode,
glücklich war sie wirklich nicht.
 

aboreas

Mitglied
Wäre schon schön gewesen, zu erfahren, warum Caroline Günderode so unglücklich war. Krankheit, Liebeskummer, fette Brüste? Oder einfach unerfüllte Frauenlüste? War sie psychisch krank? Warum fand der Autor keinen Ausweg, der sie hätte leben lassen?
 

arle

Mitglied
Lieber Alexander,

dein Gedicht erinnert mich ein bisschen an ein Lied von Herman van Veen. Es handelt von einem Mann, der "so gerne nicht mehr leben" wollte und immer wieder daran gehindert wird, sich davon zu schleichen. Es wird dort auch nicht nach Gründen gefragt, sondern einfach akzeptiert.

Ich hab nach längerer Zeit mal wieder in die Lupe geschaut und freu mich, dass ich deinen Text als ersten entdeckt habe.
 
Liebe arle,

es freut mich wiederum sehr, dass gerade Du diesen Text gesehen hast;

Betrachtungen über Todessehnsucht, zumal talentlos umgesetzte, gibt es ja in allen künstlerischen Bereichen zuhauf, ich erinnere etwa an Kaurismäkis "I Hired A Contract Killer" und dergleichen mehr. Diesen Betrachtungen ist allen eigen - und das liegt bestimmt in ihrer Doppelnatur als Scheitern, das die einzig mögliche Bedingung für einen Neuanfang sein kann - dass sie bittersüß sind. So tief wollte ich mit dem Text aber gar nicht dringen, dafür ist er meinem Empfinden nach auch zu albern.
Das "satirische" Element darin ist eigentlich, dass die meisten Menschen über Günderode nicht mehr wissen, als dass die Dame sich entleibt hat, sich aber auf Grund dieser Kenntnis in Kaffeehausgesprächen und bei Anbahnungsversuchen als großartige Literaturkenner hinstellen. Deshalb der Titel.

Es freut mich, dass dieses Gedicht Dir gefallen hat, bald werden neue Sachen folgen. Hoffe, auch bald wieder Neues von Dir zu lesen und grüße Dich ganz herzlich!
 
S

Stoffel

Gast
Hallo,

und ich..kannte mal einen Mann, der so lustige, treffende Gedichte schrieb..wohl noch immer *lach*

Tja..dachte erst sofort an Caroline, die Zippe aus dem Buschcamp..

Ich grüße auch die arle auf diesem Wege...

zu meckern hab ich nix...bissl plaudern durft ich ja hier auch..tolles Gedicht!

ach ja..Axel Rose find ick jut, Rednexx ist auch ok..

lG
Stoffel
 



 
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