Lorbeerkranz (Sonett)

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Walther

Mitglied
Lorbeerkranz


Ich winde Dir den Lorbeerkranz ums Haupt
Und wünsche Dich damit bis in die Hölle.
Der Ritterorden brenn Dir ins Gewölle
Der Heldenbrust: Du hast den Ruhm geraubt

Aus fremden Leben, und ein Denkmal hast
Du drauf errichtet, um zu überstrahlen,
Die dunklen Punkte hell zu übermalen:
Nicht nur für mich warst Du stets eine Last.

Erfolg hast Du uns Kindern selbst geneidet.
Du bist Getriebener vom Drang nach Macht,
Nach Anerkennung, hohler Größe.

Du zahlst mit Einsamkeit, die Chuzpe kleidet.
Ein jeder erntet, was er eingebracht:
Von Dir bleibt nichts als Dein Getöse.
 

Label

Mitglied
Lieber Walther

Solche Menschen gibt es, wie ich aus eigener Anschauung weiß.

Dein Gedicht ist ein Trost und ein Pflaster um die Begegnungsrückstände zu lindern.

Insbesondere das letzte Triplett stellt die ausgleichende Gerechtigkeit dar und bringt damit einen guten Schluss aus dem Lande "als das Wünschen noch geholfen hat"

;)

mit einem lieben Gruß
Label
 

Thylda

Mitglied
Liebr Walther

Fast schon ein wenig zu echt für meinen Geschmack. Gruselig, daß dies anscheinend einen Typen beschreibt, den es mehr als nur einmal gibt.

fröstelnd
Thylda
 
A

AchterZwerg

Gast
Ein jeder erntet, was er eingebracht
Erntet wirklich jeder, was er eingebracht hat? Wenn dies so wäre, sähe es um die Verteilung der Güter in der Welt anders aus.
Ich lese aus deinem Text viel Wut heraus, die sich hoffentlich nicht an die Kritiker der eigenen Werke wendet. :D:)
In einer anderen, mir sympathischeren Lesart, handelt es sich um ein Selbstgespräch, oder besser noch, um ein Gespräch mit dem Spiegelbild. Die Kinder würden dann eine Art anklagenden Chor bilden.
Die Deutung bleibt dem Leser überlassen: das Sonett ist in jedem Fall gut gemacht, bis auf den oben bezeichneten Gemeinplatz im letzten Terzett.
Liebe Grüße
Heidrun
 

Walther

Mitglied
Lb. Label,

es gibt solche "Typen", deren Haltung dem nahekommt, was ich Gottgleiche nenne. Es ist spannend, das Feedback zu diesem Gedicht zu lesen. Es ist spalterisch, führt zu Zustimmung wie knallharter Ablehnung. Man kann das geschilderte Verhalten in vielen gescheiterten Generationswechseln von Unternehmen und Bauernhöfen - auch durchaus literarisch, nicht nur berichtend - nachlesen.

Danke für Deinen Eintrag.

LG W.

Lb. Thylda,

die Wirklichkeit ist die beste Satire, sagte einmal ein kluger Mensch, der auf jeden Fall klüger war, als der Unterzeichner. :D

Danke für Deine positiven Worte!

LG W.

Lb AchterZwerg,

natürlich ist der vorletzte Vers nicht gerade innovativ. Allerdings ist er in Zusammenhang mit dem Abschlußvers zu sehen, und dann lädt sich das Statement, wie ich meine entsprechend auf. In der Tat sind die Aussagen der Unfehlbaren hohl und leer. Was bleibt ist lautes, moralinsaures und bigottes "Getöse", so gesehen wird eine treffende Beschreibung für das, was man Überheblichkeit nennt, geliefert. Und das war das Ziel.

Der Preis für solches Verhalten ist Einsamkeit. Immer recht hat nur der, der keinen mehr um sich hat.

Danke für Kommentar und Wertung!

LG W.
 

Walther

Mitglied
Lorbeerkranz


Ich winde Dir den Lorbeerkranz ums Haupt
Und wünsche Dich damit bis in die Hölle.
Der Ritterorden brenn Dir ins Gewölle
Der Heldenbrust: Du hast den Ruhm geraubt

Aus fremden Leben, und ein Denkmal hast
Du drauf errichtet, um zu überstrahlen,
Die dunklen Punkte hell zu übermalen:
Für Deine Mitwelt warst Du eine Last.

Erfolg hast Du uns Kindern selbst geneidet.
Du bist Getriebener vom Drang nach Macht,
Nach Anerkennung, hohler Größe.

Du zahlst mit Einsamkeit, die Chuzpe kleidet.
Ein jeder erntet, was er eingebracht:
Von Dir bleibt nichts als Dein Getöse.
 

wüstenrose

Mitglied
Hallo Walther,
von der handwerklichen Ausführung bin ich beeindruckt!

Davon abgesehen empfinde ich das Gedicht als sehr dynamisch und spannungsgeladen. So sehr der "Gottgleiche" auch schlecht wegkommt darin, ist er doch als "Instanz" greifbar. Erst sein Tod bietet die Möglichkeit echter Neuorientierung (sogar Assoziationen wie "Erlösung" stellen sich ein). Wobei der Schatten des Verstorbenen lang sein dürfte... - und auch deshalb so viel ungelöste Spannung?? Man will ein wenig betrübt werden, dass sich hienieden keine Möglichkeit fand, das Unüberbrückbare zu kommunizieren.
Wieviel dieser Sturheit werden die angesprochenen "Kinder" wohl weitertragen?

Fazit: wühlt auf, packt einen - - - in diesem "sezierenden Blick" stecken kalte Analyse und weiches Berührtsein gleichermaßen.

lg wüstenrose
 

Walther

Mitglied
Lb. wüstenrose,

danke für die freundlichen Worte und die z.T. interessanten Auslegungen des Texts. Es ist immer wieder überraschend, was ein Gedicht alles zum Schwingen bringt. Das erweitert des Autors Horizont, weil die Empfängerseite so zum Tragen kommt. Es bleibt immer ein Rätsel, warum Kommunikation klappt und warum nicht.

Auch Lyrik ist Kommunikation, eine Tatsache, derer sich Autoren immer wieder erinnern sollten ...

In diesem Sinne ein Frohes Fest!

LG W.
 

Label

Mitglied
Lieber Walther

ich habe in den vergangen Wochen mehrfach an dieses Sonett denken müssen.

Da ich schon lange nicht mehr an "Gerechtigkeit" glaube, war meine Antwort an dich in diesem Sinne formuliert.
Du zahlst mit Einsamkeit, die Chuzpe kleidet.
Ein jeder erntet, was er eingebracht:
Von Dir bleibt nichts als Dein Getöse.
das schien mir wie ein natürliches Gegengewicht für Vorangegangenes, das solche Menschen zumeist auszuhebeln wissen.

Insbesondere in Verbindung mit deinem "Erst gestern" Sonett erscheint es mir mittlerweile als ein Menetekel ;)

mit herzlichem Gruß
Label
 

Walther

Mitglied
Lb. Label,

in der Tat hängen diese beiden Sonette zusammen. "Erst gestern" http://www.leselupe.de/lw/forumdisplay.php?forumid=59 thematisiert den Sprücheklopfer, für den das, was er für andere zur Maxime erhebt, natürlich nicht gilt, da er zum Einen über dem Gesetz steht und zum anderen die Situation eine besondere ist.

Dieses Thema bewegt nicht nur mich in meinen Texten, und man muß sich stets der Gefahr gewiß sein, daß man selbst auch ein solch selektives, fast schon schizoides, Verhalten gelegentlich an den Tag legt, dies aber selbstredend mit dem Brustton der Überzeugung leugnet und mit allerlei ablenkenden Verzweigungen auf Nebenkriegsschauplätze zu tarnen versucht. ;)

Danke und lieber Gruß

W.
 



 
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