Lustiger Auftritt

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Chrisdella

Mitglied
Ich riskiere einen letzten kritischen Blick in den großen Garderobespiegel, zupfe an meinem schwarzen, paillettenverzierten Body und streiche mir nervös über den kurzen, silbrig glitzernden Rock. Ich atme tief durch, schließe die Augen und höre das Blut in meinen Ohren rauschen. Mein Herz pocht wild und mit zittrigen Knien stelle ich mich in die Reihe meiner Mittänzerinnen, die mindestens genauso aufgeregt sind. Dabei gibt es keinen Grund für Lampenfieber, denn wir proben die zwei Tänze für den Auftritt bei der heutigen Faschingssitzung seit einem Jahr wöchentlich zwei Stunden.

Es ist so weit. Die ersten fetzigen Takte erklingen. Ich werfe meine langen Beine in die verbrauchte Luft und einen Seitenblick auf Trixi neben mir. Sie schafft es wieder nicht, ihre Schenkel auf meiner Höhe zu bewegen. Wahrscheinlich liegt es daran, dass ihre zehn Zentimeter kürzer sind. Doch der Rest klappt und nach dem Schlussbild klatschen die zahlreichen Narren im Saal begeistert in die Hände. Wie gehofft gibt es Zugabe-Rufe und nach kurzem Verschnaufen treten wir erneut auf die abgenutzten Bühnenbretter.
Zwei Stühle warten auf Lilly und mich. Über jeder Lehne hängt eine knappe silberfarbene Hose. In diese sollen wir mit möglichst aufreizenden, anmutigen Bewegungen hineingleiten. Vorher strippen wir uns raffiniert aus dem Rock, worauf die männlichen Zuschauer erwartungsgemäß zu pfeifen beginnen und „Auszieh´n, Auszieh´n“, grölen. Ihre Blicke tun es bereits. Das Ausziehen ist dank Klettverschluss ohne fremde Finger einfach. Jetzt stehen wir nur noch im körperbetonten Body auf der Bühne.

Wir nehmen die Shorts und unsere ganze Aufmerksamkeit zusammen. Wir setzen uns und ziehen sie an – während die vier Mittänzerinnen im Hintergrund die Hüften rollen.
Geschmeidig erheben wir uns, um sie komplett über die unteren Extremitäten zu ziehen. Dann will ich tanzen. Doch etwas bremst mich. Entsetzt stelle ich fest, dass ich mit beiden Beinen in ein Hosenbein geraten bin. Oh nein! Ich kann nur unbeholfen trippeln. Ich fühle wie ich rot werde und glühe. Am liebsten würde ich hinter dem Bühnenvorhang verschwinden. Stattdessen starren mich ca. zweihundert Augenpaare, Lilly und unsere Trainerin ungläubig an. Vereinzelt ist Gelächter zu hören und einige sehen eher mitleidig und erschrocken zu mir hoch.

Flüchten oder weitermachen schießt es mir durchs aufgewühlte Gehirn. Habe ich überhaupt eine Wahl? Alle beobachten mich gespannt. Also muss ich auf der Bühne aus der Hose raus und – wieder rein. Aber diesmal richtig.
Noch etwas fahrig steige ich erneut in die Hose, lächle zaghaft ins Publikum und … bin wieder verkehrt. Für Sekunden stehe ich wie angewurzelt, halte den Hosenbund in der Hand und sehe in die Menge, die jetzt in lautes Lachen ausbricht. Einige wischen sich bereits Tränen aus den Augen. Meine Mimik kann ich nur erahnen. Meine irritierten Mittänzerinnen versuchen unbeeindruckt von meiner komischen Einlage taktvoll weiter zu hopsen und ich … Ja ich entschließe mich, aus der Situation das Beste zu machen. Noch schiefer kann nichts mehr gehen.
Langsam, fast andächtig entledige ich mich der Hose, noch langsamer ziehe ich sie etwas vertrottelt wieder an, lächle, sehe an mir herunter und …ja ich habe es geschafft. Jeder meiner Schenkel steckt im dazugehörigen Hosenbein. Ich schreite wie ein Model auf dem Catwalk an den vorderen Bühnenrand, blicke in die jubelnde, schenkelklopfende, bauchhaltende Menge, drehe, verbeuge mich gespielt elegant, schäkere und - tanze weiter.


Dieser Auftritt vor vielen Jahren war der schreckensreichste und gleichzeitig lustigste, den ich je hatte. Was gibt es Schöneres, als auf der Bühne zu stehen und auf herzhaft lachende und kräftig applaudierende Menschen zu blicken. Offenbar glaubten die Zuschauer nach der zweiten selben Panne, dass dies eine humoristische Einlage ist (wer ist schon so blöd, zweimal hintereinander den gleichen Fehler zu machen). Ich stellte fest, dass es mir riesigen Spaß bereitet nicht perfekt zu sein und ich mit improvisieren manche peinliche Situation positiv verändern kann.
Noch heute, wenn ich meine Tanzfreundinnen von früher treffe, denken wir daran mit den Worten: „Weißt du noch, damals die Nummer mit der Hose!“
 

Ironbiber

Foren-Redakteur
Eine kleine Geschichte, die das Leben schrieb.

Verwirrt hat mich aber deine gewählten Zeitformen. Das Präsens im Hauptteil, gefolgt vom korrekten Präteritum der Rückerinnerung. Das klingt alles in allem etwas holprig und lässt die Konsistenz vermissen, dem ein Handlungsablauf in einer Geschichte folgen sollte.

Möglich wäre beispielsweise:

Ich sitze am Kamin und erinnere mich, -> [red]Präsens[/red]
wie ich vor fünf Jahren auf einer Wiese lag und die Ameisen zählte (oder gezählt habe). -> [red]Perfekt oder Imperfekt (Präteritum)
[/red]
Durch deinen gewählten Tempus, das Präsens, ist dein Text auch mit Artikeln, wie „ich“ oder "wir" nur so gespickt und wird dadurch seinem ganzen Charme beraubt.

Wenn du also noch mal drüber willst, achte auf eine logische Abfolge der Tempora und ersetze Wiederholungswörter durch Umschreibungen oder andere Ausdrücke. Dann könnte deine Geschichte wesentlich leichter zu lesen sein und auch noch vergnüglicher klingen.

Grüße vom Ironbiber
 



 
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