Männer und Frauen bei Tacitus

kalten

Mitglied
DER MANN IN DER SICHT VON TACITUS

Schaut´s euch ma´ die Germanen an!
Bei dene find´t si´ g´wiß koa Mann,
der – sag´n ma – bloß für a paar Stunden,
für d´ Arbeit hätt´ a Zeit sich g´funden,
Statt dessen hat er g´macht sich frei
für Jagen, Saufen, Völlerei.
Die gute Frau in Haus und Feld
Hat g´schunden sich für gar koa Geld.
War´s fad dann dem Germanenmann,
ging´s mit ´m Würf´lspielen an.
Da hat er so zum Zeitvertreib
Sich selbst verspuit, sei Kind und ´s Weib.
Ma siecht, die Tugenden war´n selten.
Und trotzdem hat ma g´hört nia schelt´n
die arbeitsüberhäufte Frau.
Gar niamals hat sie g´macht Radau,
ja auf nahm sie mit Armen offen
den Mann, wenn hoamkam er besoff´n.
Mit einem Satz is dös erklärt:
Der Mann erschien ihr liebenswert.
(Verfasser: W. Kaltenstadler)

DIE GERMANISCHEN UND RÖMISCHEN FRAUEN AUS DER SICHT VON TACITUS (Germania)
Der Tacitus , der woaß´s genau,
stets sittsam war d´ Germanenfrau.
War´s Mangel an Gelegenheit,
hat´s g´wußt no net so recht Bescheid?
Ma´ hat net kennt ´s Theaterspui´,
no weniger den Sexappül.
Für d´ Untreu hab´ns koa Zeit net g´habt,
drum hab´ns beim Ehebruch neamad g´schnappt.
Hat oane ma´ den Ehebruch g´litten,
dann hat ma ihr dia Haar abg´schnitten
und hat sie dann mit Schimpf und Schand
aus dem Germanendorf verbannt.
Und war sie noch so schön und reich
Und nebenbei auch jung zugleich,
na war die Heiratschance dahin,
weil sie nun galt als Sünderin.
Und d´ Sünden hat koa Mensch belacht
Und g´sagt, dass´d´ Sünde Freude macht.
Das war in Rom ja damals üblich,
doch der Histor´ker findt´s betrüblich,
dass da net mehra Quellen gibt,
wia man im alten Rom geliebt.
Bei uns gibt´s, muaß ma ehrli´sag´n,
scho Zuständ wia im alten Rom.
De ´besser´n´ Leit zu dera Zeit,
Dia hab´n so wia die Reichen heit
So oft wia möglich wieda g´freit.
Dös hat an August[us] gar net g´freit.
Er hat dann den OVID verbannt
ans Schwarze Meer, an Thrakerstrand.
Der hat dort, dös is´ unerhört,
die junga Madl´n d´ Liebe g´lehrt.
Entwicklungshelfer, glaubt´s ma´s nur,
war er dort für die grand´ amour.
Auch oans scheint mir so ziemlich g´wiß,
dass g´schichtlich jetzt erwiesen is´,
dass damals jede deutsche Maid no Jungfrau war,
als sie gefreit – dös aber is´ heut ziemlich rar.
Doch ganz genau woaß man´s net g´wiß,
weil da d´ Statistik ung´nau is.
Denn das was wirklich interessant,
gibt uns d´ Statistik nia bekannt.
Die Kinderzahl hab´n s´ net gehemmt,
denn´s Fernsehn hat mo no net kennt.
Die Pille, nur erwähnt am Rand,
war damals gänzlich unbekannt.
Erst spät hab`n d´Burschen sich verschaut
und sich geangelt eine Braut.
Wie uns der Tacitus informiert,
hat´s a bei Jungfraun net pressiert .
A Torschlusspanik, wie oft üblich,
galt damals noch als recht betrüblich.
Dös könnt ma heit fei nimmer sag´n,
heit tät a Madl si´ beklag´n,
wenn sie mit 22 Jahr no net verlobt gewesen war.
Ja, in Amerika gilt als mies,
wer oamal bloß verheirat is.
Schön wär´s ja, wenn d´ Germanenfraun
wär´n so erhaben anzuschaun,
wie sie der Taci[tus] hat beschrieb´n
in ihrer Eh, in ihrem Liab´n.
Doch sollte man halt nia vergessen,
der Taci is bei uns nia g´wesen
und hat vom Weibe seinen Traum
verdrängt in den germanischen Raum.
(Autor und freier Übersetzer: W. Kaltenstadler)
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
hallo,

ich habe dein werk nach humor und satire im lyrik-forum verschoben in der hoffnung, dass es wirklich von dir ist. fremde sachen dürfen höchstens auszugsweise in der lupe veröffentlicht werden.
lg
 

Vera-Lena

Mitglied
Hallo kalten,

den Schluss finde ich klasse, dass Tacitus seiner Träume von der hehren Frau einfach in Germanien angesiedelt hat, weil es in Rom so dekadent zuging.

Allerdings wurden die Ehebrecherinnen mit gefesselten Händen im Moor ertränkt.

Dass Du das heutige Fernsehprogramm als Verhütungsmittel darstellst, finde ich auch witzig. Und wie Du Personenschutz mit statistischen Erhebungen verwechselst, kann sich auch sehen lassen.

Ein witziges Aufklärungswerk und Sittengemälde.

Liebe Grüße von Vera-Lena
 



 
Oben Unten