Märchenland (eigenständiger zweiter Teil)

Camaun

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Anmerkungen des Autors: Das hier wäre dann der zweite Teil von Märchenland. Allerdings entstand dieser etwa ein Jahr VOR dem ersten, also sollte man sich nicht wundern, wenn gewisse Sachverhalten hier zum zweiten mal erklärt werden etc.
Viel Spaß dennoch.
*gez. der zu schnell schreibende Camaun*



MÄRCHENLAND - TEIL 2

Seufzend riß Mark einen Grasbüschel aus der Wiese und ließ seinen Blick über das Schulgelände schweifen. Sie hatten gerade Mittagspause und da das Wetter heute doch recht schön war, hatte Mark beschlossen sich wieder einmal an seine Lieblingsstelle zu setzen.
Er war umgeben von drei großen Laubbäumen, von denen er nicht sagen konnte, wie sie hießen, weil so etwas zu den Dingen gehörte, die ihn nicht interessierten.
Er hatte sowieso ganz allgemein gesehen andere Interessen, als die heutige Gesellschaft.
Müde betrachtete er die ganzen Leute auf dem Hof, die alle teilweise lachten, teilweise diskutierten oder sonstige Dinge taten. Er hatte noch nie wirklich dazu gehört, er war immer schon ein Außenseiter gewesen, für den sich niemand interessierte.
Aber das beruhte auf Gegenseitigkeit, dachte sich Mark und atmete tief ein. Die angenehm warme Sommerluft strömte seine Lungen hinab und er fühlte sich sogleich wieder ein wenig besser.
Der Schatten der großen Bäume umgab den ansehnlichen jungen Mann und hüllte ihn in eine seltsame Aura aus Verschlossenheit. Die wenigen Blätter, die von den Bäumen gefallen waren lagen um ihn herum in einer scheinbar sinnlosen Anordnung, aber wenn man genau darauf achtete, erkannte man, daß Mark aus Langeweile ein bizarres Muster mit ihnen gelegt hatte.
Nicht daß das jemand interessiert hätte.
Wer Mark nicht kannte, und das waren eigentlich die meisten, dachte immer, daß er ein komischer, vielleicht auch etwas depressiver und melancholischer Kerl war. Ein seltsamer Bursche eben, bei dem man nicht weiß, wie man ihn behandeln soll.
Der einzige Mensch, der zumindest halbwegs richtigen Kontakt mit ihm hatte, war Judith. Sie war ein Mädchen, das eine Klasse höher war als er und dementsprechend auch ein wenig älter.
Für sie war Mark ein wunderbarer Mensch. Erklären konnte sie sich das selbst nie so genau, aber irgendwo tief in sich drinnen wußte sie, daß Mark etwas Besonderes war.
Das war er auch, nur nicht ganz so, wie sich das der Rest der Menschheit gedacht hatte.
Zumindest unterhielten sich die beiden ab und an. Judith versuchte immer herauszufinden, was in Mark vorging und wie er über die Dinge dachte, doch bis heute hatte sie noch nie eine zufriedenstellende Erkenntnis gehabt. Ihr Freund wollte ihr schon verbieten sich mit Mark zu unterhalten, weil er der Meinung war, daß dieser seltsame Kerl ihr komische Gedanken in den Kopf setzen würde, was Judith jedoch nicht davon abhielt sich trotz alledem mit dem braunhaarigen Jungen zu treffen.
Mark schaute auf, als er seine Bekannte auf sich zugehen sah.
Es stahl sich sogar ein feines Lächeln in seine Züge, nachdem er ihre Gestalt betrachtete. Er machte das jedesmal, wenn er sie sah, denn für ihn war Judith der schönste Mensch auf dieser Erde.
Zugegeben, vom Aussehen her würde sie kein Pferd überhohlen, aber sie war auch nicht direkt häßlich. Die Nase, die ein Nuance zu schief stand und die kleine Falte über ihrem rechten Auge verhinderten, daß man sagen konnte, daß sie "echt gut" aussah.
Aber Mark achtete nicht auf diese Dinge, denn er fand, daß sie innerlich der schönste Mensch der Welt war. Es gab einige, wenn nicht sogar alle Leute, die sich von ihr wirklich eine Scheibe abschneiden könnten, dachte er und mit diesem Gedankengang erreichte Judith ihn auch schon.
"Hallo.", sagte sie nur und setzte sich vorsichtig neben ihn.
Der freundliche Gesichtsausdruck seitens Mark war ihr Begrüßung genug, denn sie wußte, daß er seine eigenen Regeln hatte, nach denen er sich verhielt. Anfangs hatte sie ihm zum Beispiel die Begrüßungen auch immer vorgehalten und war beleidigt gewesen, da Mark nie "Hallo" sagte, aber mittlerweile verstand sie sich besser denn je mit diesem Mann.
Immer wenn sie sich mit ihm unterhielt, war alles um die beiden herum vergessen. Unwirklich, wie durch einen dichten Nebelschleier verdeckt. Es begann immer ganz langsam, doch je länger sie miteinander sprachen, desto mehr hing sie an seinen Lippen und vergaß die materielle Welt für einige Augenblicke.
Mark hatte eine Magie in seinen Worten und in seinem Wesen, die Judith einfach nicht verstand, die sie aber jedoch ungemein faszinierte und der sie sich nie ganz entziehen konnte.
Es war... einfach faszinierend, anders konnte die schwarzhaarige Schülerin sich das nicht erklären.
Mark bemerkte aus den Augenwinkeln, wie Judith ihn anstarrte. Das tat sie immer, wenn sie bei ihm war und er konnte sich nie genau erklären warum.
Vorsichtig nahm er an, daß sie ihm wohl gerne zuhörte, wenn er über seine Welten redete. Über seine Welten und die Wesen, die sie bevölkerten. Über die Abenteuer und Geschehnisse, die sich dort abspielten, die Kriege, die geführt wurden und die Magie, die beschworen wurde.
Mark hatte sich in seiner Phantasie eine Welt erschaffen in die er jederzeit abtauchen konnte. Es war jedesmal wie eine Art Traum, wenn er diese Welt verließ und durch die Pfade seiner geistigen Welt marschierte.
Die Bücher, die er in letzter Zeit las, taten ein Übriges um seine Welt in all ihren Facetten mit Leben zu füllen. Jedesmal wenn er nach hause kam, ging er in sein Zimmer und las. Er las den ganzen Tag und die ganze Nacht und am nächsten Morgen ging er nach dem Frühstück in den Unterricht nur um danach wieder nach hause zu gehen und weiter zu lesen.
Seine Eltern betrachteten diese Entwicklung langsam aber sicher mit echter Besorgnis, denn seine schulischen Leistungen sackten zusehends ab und auch seine sozialen Kontakte brachen reihenweise ab. Nicht das er viele Freunde hatte, aber zumindest hatte er immer eine Handvoll gehabt und mittlerweile gab es nur noch Judith und sonst niemanden mehr.
Er redete einfach mit niemanden, nicht mit seinem Vater, nicht mit seiner Mutter nicht mit irgend jemandem, außer Judith.
Und das konnte nicht gut sein, dachte sich seine Mutter immer. Sie hatte sehr bald die Vermutung, daß es an den seltsamen Büchern lag, die ihr Sohnemann liest.
Seltsame Machwerke über Magie und Fantasy, über Zauberei und Hexen und lauter solche komischen Dinge.
Dabei schüttelte sie immer den Kopf und überlegte, ob es nicht besser wäre ihrem Sohn diese Bücher einfach wegzunehmen.
Mark ahnte davon nichts und im Moment war ihm das auch relativ egal, denn seine Vertraute war ja bei ihm.
Beide saßen minutenlang einfach nur da und genossen die warme Sommerluft, die sachte über ihre Haut strich.
"Ich gehe fort.", sagte Mark dann schließlich und Judith war im ersten Augenblick so benommen, daß sie gar nicht realisierte, was ihr Vertrauter da eben gesagt hatte.
Verwirrt schüttelte sie ihren Kopf und wischte sich eine widerspenstige Haarsträhne aus dem Gesicht, bevor sie ihn fragte, was er gerade gesagt habe.
Ihr Gegenüber sah ihr ins Gesicht. Ein seltsames Gefühl regte sich in Judith, doch bevor sie darauf eingehen konnte, meinte Mark noch einmal: "Ich gehe fort."
Das hatte ein weiteres verwirrtes Stirnrunzeln seitens Judith zur Folge, als sie Mark zweifelnd ansah und fragte: "Wieso das denn?"
Der schlanke, fast schon zerbrechlich wirkende Junge sah sich langsam und demonstrativ um. Augenblicke später drehte er seinen Kopf wieder in Judiths Richtung und hatte hilfesuchend die Stirn gerunzelt.
Ein Kopfschütteln beendete die ganze Zeremonie, als Mark dann mit leiser Stimme sagte: "Diese Welt..."
Judith wartete geduldig, denn auch diese künstlerischen Pausen kannte sie. Selbige verfehlten bei ihr nie ihre Wirkung, obwohl sie genau wußte, daß das zu Marks unheimlicher Rhetorik gehörte.
"...ist falsch. Sie ist nicht richtig. Für mich.", beendete er gekonnt seinen Satz und sah Judith an.
Ihre Verwirrung stieg nur noch mehr, denn so etwas hatte Mark noch nie von sich gegeben. "Was meinst du damit?", fragte sie und blickte ihren Vertrauten mittlerweile wirklich besorgt an.
"Ich meine damit, daß ich nicht in dieser Welt leben will, ganz einfach. Sie ist mir zu schlecht und zu verkehrt.", erklärte er.
"Warum das denn? Was ist dir denn passiert?", fragte Judith, worauf Mark einen langen Moment schwieg.
Sie glaubte schon, er würde gar nicht mehr antworten, als er dann doch seine Stimme hob: "Eigentlich gar nichts. Ich weiß es selbst nicht so genau, aber ich habe langsam wirklich das Gefühl, daß ich in meinem Leben nichts ordentliches auf die Reihe bringen werde."
Wenn Mark jetzt nicht Mark gewesen wäre, hätte Judith sofort gewußt aus welcher Richtung der Wind wehen würde, aber da diese Aussage von eben jenem Mann kam, mußte dahinter doch etwas mehr stecken als nur Zukunftsangst.
Es herrschte wieder ein langes Schweigen, bis Mark schließlich meinte: "Ich denke wir sollten jetzt lieber zurück in die Klasse gehen, die Pause ist bald vorbei."
Judith nickte und begann langsam aufzustehen. Diesmal ist die Unterhaltung mit Mark ganz und gar nicht so verlaufen, wie sonst immer.
Die anderen Male hat sie ihn fast wie in Trance verlassen und konnte immer nur schwerlich in die Realität zurückfinden, doch diesmal war dem nicht so und sie hatte das Gefühl, daß es nicht richtig war, so wie sie sich im Moment fühlte. Als ob irgend etwas fehlen würde.
Das war so paradox, daß sie ganz vergaß sich von Mark zu verabschieden, als sie zu ihrem Freund zurückging, doch ihr Vertrauter war diese Behandlung schon sein ganzes Leben lang gewohnt gewesen, daß es ihm auf diese Kleinigkeit nicht ankam.
Zumindest hoffte sie das.
Mark hingegen schlurfte ganz in Gedanken versunken zurück in sein Klassenzimmer.

Seine Mutter betrachtete ihn schweigend, als Mark sich aus dem Kühlregal eine Packung Pfannengemüse nahm und sich daran machte es in der Pfanne zu braten.
Der besorgte Blick entging ihm keineswegs, doch es war ihm egal, was seine Mutter dachte, genauso wie es ihm egal war, was alle Leute dachten.
Mark hatte ständig solche Gedanken im Kopf und handelte in weltlichen Dinge wie in Trance, eben wie jetzt, als er sich die Packung Pfannengemüse zubereitete.
Es dauerte nicht lange und das Gemüse fing an in der Pfanne zu braten.
"Junge...", begann seine Mutter in einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete. "Ich muß mal mit dir reden."
Mark reagierte in keiner sichtbaren Weise, nahm einen Teller zur Hand und schüttete sich sein Essen darauf.
Dann ging er zum Küchentisch, setzte sich hin und begann zu essen.
"Sofort, mein Herr.", maulte seine Mutter und setzte sich gegenüber. Mit funkelnden Augen sah sie ihn an, während er seinen Blick auf seinen Teller geheftet hatte und einen Löffel nach dem anderen in seinen Mund schob.
In seiner Mutter stieg rasend schnell die Wut auf ihren Sohn hoch. Dieser kleine Schmarotzer konnte sie doch nicht so behandeln. Er ignorierte sie einfach, seine eigene Mutter!
"Jetzt hör mir mal zu junger Mann! Ich will mit dir reden, verdammt!", brachte sie dann mühsam beherrscht vor und als auch diesmal keine Reaktion von Mark zu sehen, holte sie mit der rechten Hand aus, doch hielt dann inne. "Muß ich dir das echt noch ausprügeln?!", schrie sie fast.
Ihr Sohn schluckte noch einmal und hob seinen Kopf. Marks Blick fixierte die zitternde, große und schwabbelige Hand.
Seine Mutter wußte nicht, was sie tun sollte und nach einigen Augenblicken erhob sie sich wütend, schlug auf dem Tisch und rannte ins Wohnzimmer.
Mark beendete sein Mahl, ging für den Rest des Tages in sein Zimmer und las.
Als es an seiner Zimmertür klopfte, stand er auf und sperrte sie ab.
Und dann versank er wieder.

Der nächste Schultag, es war ein Dienstag, war genauso langweilig, wie alle anderen davor auch, nur heute hatte er keine Unterhaltung mit Judith, da ihr Macker sie die ganze Zeit für sich beanspruchte.
Mark fragte sich immer wieder, wieso Leute wie Judith sich solche seltsamen Freunde suchten. Aber dann dachte er, daß dieser für ihn so seltsam wirkende Prolet in Judiths Augen vielleicht ganz anders aussah und tat das Thema jedesmal wieder damit ab.
Er hatte andere Dinge, die ihn beschäftigten.
Seit gestern, als er in seinem Buch über Magie eine bestimmte Textpassage gefunden hatte, stand sein Entschluß fest, er würde fortgehen.
Er wußte zwar noch nicht wohin und vor allem wie, aber er würde fortgehen. Einfach nur fort von hier, ans Ende der Welt, ins Niemandsland, an einen Ort, den Niemand betreten kann.
Sicherlich würde noch einige Zeit vergehen, doch er war sich seines Erfolges sicher. Irgendwie wird das schon klappen, sagte er sich immer wieder.
Es mußte klappen, denn so wie jetzt, wollte er nicht auf Dauer weiterleben.
So konnte er nicht leben, das war nicht seine Welt.
Entweder, er arrangierte sich mit ihr, oder er scheiterte an ihr.
Das waren so die zwei Optionen, die er in dieser Welt hier sah und keine von beiden gefiel ihm sonderlich. Also mußte es noch einen dritten Weg geben, dachte und hoffte er.
Er überlegte nunmehr schon seit den gesamten 18 Jahren, die er auf dieser Erde wandelte, ob es nicht doch einen dritten Weg gibt.
Es würde jetzt nur relativ schwierig werden, denn im Moment saß er in seinem Zimmer und starrte die weiß-graue Tapete an. Sie hatten ihm seine Führer weggenommen, sie hatten ihm seine Bücher und seine Wissensquellen genommen. Seine Eltern hatten ihm seiner einzigen Beschäftigung beraubt.
Als er heute in der Schule war, hatten die beiden anscheinend sein Zimmer durchwühlt und alle seine Bücher und Aufzeichnung über Magie fortgeschafft.
Es war nichts mehr vorhanden, nicht ein einziges Schriftstück, nicht eine einzige Notiz. Alles fort.
Wenn Mark jetzt sein Zimmer betrachtete, wirkte es karg und leer. Die Bücher waren alles, was dieses Zimmer gefüllt hatte.
Und nun stand nur noch einsam und verlassen sein Bett, sein Schrank und der kümmerliche Schreibtisch herum. Er hatte keine Poster an den Wänden, wie es sonst alle anderen Jugendlichen hatten, noch hatte er CDs oder eine Anlage. Das Zimmer war tot, dachte er.
Im Schneidersitz saß er auf seinem Bett und starrte an die Wand.
Als er nach hause gekommen war und sein totes Zimmer vorgefunden hatte, war er zur Tür gegangen und hatte sie abgesperrt. Irgendwoher wußte er, was hier geschehen war und er hatte keine Lust gehabt mit seinen Eltern über das Thema zu reden.
Er wollte nur noch alleine sein.
So verging einige Zeit, bis Mark sich wieder halbwegs in der Gewalt hatte.
Er mußte nun überlegen, was er jetzt machen sollte. Was sollte er tun, jetzt wo er seiner Schlüssel beraubt worden war?
Hatte er überhaupt noch Zugang zu seiner Welt, ohne die Bücher?
Vielleicht, dachte er, ist es einen Versuch wert und daraufhin wurde sein Blick eine Nuance glasiger.
Minutenlang starrte auf einen Punkt an der Wand und seine Gedanken kreisten in den verwirrten Bahnen, wie sie es bei allen Menschen taten.
Sein Atem wurde langsamer und ruhiger, seine Konzentration galt einzig und allein dem kleinen Punkt an der Wand. Zufrieden spürte er, wie seine Gedanken zu zerfließen begannen. Unendlich langsam schaltete sich ein Gedankengang nach dem anderen ab und zurück blieb eine Leere in Marks Kopf, die selbst er nur selten erreicht hatte. Und wenn er sie erreicht hatte, dann meistens nur für einige wenige Augenblicke, doch diesmal war es etwas anders.
Die Leere blieb. Mark war angefüllt von einer Gleichgültigkeit, die ihm, wenn ihm im Moment nicht alles egal gewesen wäre, unheimlich vorgekommen wäre.
Er verharrte die nächsten vier Stunden in diesem Zustand und als er langsam wieder erwachte und auf seinen Wecker sah, blieb er für die nächsten 30 Sekunden mit offenem Mund davor sitzen, unfähig auch nur einen klaren Gedanken zu fassen.
Vier Stunden?! So lange hatte er seine Meditation noch nie halten können. 10 Minuten waren bisher die längste Zeit gewesen, aber 4 Stunden?!
Immer noch sehr verwirrt, schüttelte er dann ungläubig seinen Kopf und sah erneut auf den Wecker.
Ganz allmählich reifte in ihm etwas heran, was er ganz leicht zu spüren glaubte. Es war zwar immer noch nicht greifbar, aber es war deutlicher als je zuvor und jetzt wußte Mark, DAß etwas in ihm vorhanden war.
Ein unbeschreibliches Gefühl stieg in ihm hoch, eine überschäumende Freude, die er selbst nicht fassen konnte. Es war ein Gefühl, das Mark einfach nicht beschreiben konnte.
Benommen ließ er sich rücklings auf sein Bett fallen, streckte die Beine von sich und sah an seine Zimmerdecke. Was hatte er nur für eine Erfahrung gemacht, heute, fragte er sich immer wieder. Er wußte, er hatte etwas in sich entdeckt, was eigentlich schon die ganze Zeit da gewesen ist, was er aber nur nicht erkannt hatte.
Prinzipiell war das gar nicht so schwer, überlegte er, aber gerade deswegen hatte er es nicht gefunden. WEIL es so leicht zu finden war.
Mark hatte sich das immer viel schwieriger vorgestellt.
Nun gut, aber mal anders überlegt, dachte er, was habe ich denn eigentlich gefunden?
Das Etwas in mir, stellte er fest und wußte im nächsten Moment, daß er damit einfach recht hatte. Ihm fehlte nur die entsprechende Bezeichnung und so überlegte er, wie er das Etwas nennen könnte.
Mit einem Mal stieg in seinem Kopf ein Gedanke nach oben, der ihm sagte, daß er seinen göttlichen Funken entdeckt hatte.
Mark richtete sich dabei schlagartig auf und sah sich um. Er hatte plötzlich das Gefühl gehabt, daß jemand hier im Zimmer war, doch als er sich umsah, konnte er niemanden entdecken.
Ein weiter Moment verging, bis er sich dann wieder einiger Tatsachen bewußt wurde, von denen er jedoch keine einzige einordnen konnte.
Schließlich legte er sich wieder hin, schloß die Augen und dachte, daß er über das ganze, was eben passiert ist, erst einmal schlafen mußte.
Im nächsten Moment befand er sich auch schon im Reich der Träume.

Der Mittwoch kam und Judith traf Mark wieder in der Mittagspause an seinem Lieblingsplatz. Mit einer zornigen Geste befreite sie sich aus der Umklammerung ihres Freundes, teilte ihm mit, daß sie gleich wiederkommen werde und ging eiligen Schrittes in Marks Richtung.
Er saß wie am Montag zwischen den drei großen Stämmen und hüllte sich selbst in seine verschlossene Aura. Einen kurzen Moment kam sich sogar Judith selbst ausgeschlossen vor, doch der Augenblick verging so schnell wie er gekommen war.
Mit einem besorgten Gesicht setzte sie sich neben Mark und sah ihn an. Sein Blick war nicht mehr auf den dreidimensionalen Raum gerichtet, sondern auf irgend etwas in der Ferne, was sonst kein Sterblicher sehen konnte.
Dieser Moment hatte etwas heiliges an sich und Judith wagte nicht etwas zu sagen aus Angst sie könnte Mark bei irgend etwas wichtigem stören.
So wartete sie etwa fünf Minuten, bis sich Marks Blick langsam klärte und er ihre Anwesenheit bemerkte. Mit einem entschuldigendem Schulterzucken meinte er zu ihr: "Oh, tut mir leid, ich habe dich gar nicht bemerkt." Judith sah ihn an. "Was ist denn los, Mark? So kenne ich dich gar nicht. Was geht denn eigentlich ab mit dir?", fragte sie.
Als Antwort erntete sie ein Seufzen und eine Minute Schweigen.
Schließlich erklärte er: "Ich habe in letzter Zeit einige Dinge erkannt, Judith."
"So? Was denn für welche?", fragte Judith, obwohl sie wußte, daß sie keine vernünftige Antwort zu erwarten hatte. Mark hatte das auch erkannt, seufzte nur und sah sie mit einem freundlichen Lächeln an.
In Judiths Kopf machte sich immer mehr Verwirrung breit. So seltsam wie die letzten Tage hatte sich Mark noch nie verhalten. Sie erkannte ihm ja kaum wieder. Er fing an zu lächeln, er erzählte keine Geschichten über seine Welten mehr und er schien sogar seine allgemeine Depression abgelegt zu haben.
In seinem Wesen erkannte sie in letzter Zeit nicht mehr dieses Dunkle, Schmerzvolle, was er sonst immer mit sich herumgetragen hatte. Sein ganzes Selbst wirkte... verwandelt.
"Gefällt es dir?", fragte Mark leise und sah ihr in die Augen, als ob er ihre Gedanken lesen könnte.
"Dieser Kerl!", war alles war Judith denken konnte.
Es vergingen wieder einige lange Augenblicke, bevor Judith überhaupt den Sinn der Frage realisierte. "Äh...", machte sie dann und Mark nickte nur, aber dennoch mit diesem leichten Lächeln im Gesicht, das jetzt eine Spur breiter zu werden schien.
Wie wenn die Sonne aufgeht, dachte Judith und war völlig hin und hergerissen, wobei sie nicht einmal wußte, zwischen was eigentlich.
Der Klang der Schulglocke vernichtete die Atmosphäre der Augenblicks mit einem Schlag.
Erschrocken fuhr Judith hoch, winkte noch einmal kurz zum Abschied und beeilte sich dann um noch kurz bei ihrem Freund vorbeischauen zu können.
Mark sah ihr hinterher und wartete noch etwas, bevor er dann selbst aufstand und in die Klasse ging.

Es war spät am Nachmittag, als Mark nach hause kam.
Er hatte heute etwas getan, was er sonst nie getan hätte.
Er war in die Stadt gegangen.
Er war in die Stadt gegangen und hatte sich die Welt angesehen.
Einfach das und nicht mehr, er war einfach stundenlang in der Stadt umhergelaufen und hatte sie betrachtet. Es war ein seltsames Gefühl gewesen, das er dabei gehabt hatte.
Es war vielleicht ein Abschied gewesen, dachte er. Ein letztes Mal wollte er die Welt noch so erleben, wie sie war.
Denn sein Entschluß stand fest, er würde gehen.
Aber noch nicht sofort, dachte er, als er seine Zimmertür aufmachte, sie hinter sich wieder schloß, absperrte und sich erschöpft auf sein Bett fallen ließ.
Er wußte, daß er das Richtige tat und er wußte auch, daß er noch nicht gehen konnte. Es gab da noch etwas, was er tun mußte.
Nur war er sich in diesem Punkt noch nicht ganz sicher, was das war, doch er wußte, daß er, wenn der entsprechende Zeitpunkt gekommen war, wissen würde, was zu tun sei.
Einmal mehr lachte er gedanklich über den manchmal etwas wirren Satzbau seiner Gedanken.
Mit einem Ruck setzte er sich dann in seinem Bett auf und sagte: "Aber gut! Jetzt gilt es noch etwas anderes zu tun. Ausruhen kann ich später."
Diesmal fiel es ihm unheimlich schwer sich zu konzentrieren. Zu viele Dinge waren in letzter Zeit einfach mit ihm geschehen, als das er jetzt so ohne weiteres seine innere Ruhe finden konnte.
Es dauerte sehr lange bis sich sein Blick langsam wieder an seine weiß-gelbe Wand haftete.
Wieder verging einige Zeit, bis seine Gedankengänge langsam zerflossen, doch er spürte, jetzt wo er erst einmal in diesem Prozeß war, daß alles ganz leicht und wie von selbst ging.
Seine Denkprozesse schalteten sich alle nacheinander ab und ließen ihn in seiner Leere zurück.
Seine Augen waren immer noch geöffnet, als sich sein logisches Denken verabschiedete und allein den Körper mit seiner Intuition zurückließ.
Diesmal verharrte er etwa zwei Stunden in dieser Position, bis etwas geschah.
Mark wußte selbst nicht so genau wo er war, doch er hatte irgendwie das Gefühl geleitet zu werden. Als ob ihn jemand an einer geistigen Hand hält und führt.
Nur wohin wußte Mark nicht, aber es war ihm auch egal. Ans Ende dieser Welt, dachte er sich.
Sein Körper begann ganz leicht zu zittern, aber davon bemerkte Mark nichts. Seine Wahrnehmung war an einem anderen Ort. Er konnte nicht sehen, denn alles um ihn herum war in Schatten gehüllt. Er wußte zwar, daß etwas da war, aber er konnte es nicht erkennen und das sollte er auch noch nicht.
Sein geistiger Führer führte ihn behutsam in diese neue Welt, denn Mark wußte daß sein armseliges Gehirn alle Eindrücke auf einmal nicht verarbeiten konnte.
Dann roch er Gras.
Zuerst nur ganz leicht, doch im nächsten Moment war er sich sicher. Es war der Geruch einer taunassen Wiese an einem sommerlichen Morgen bei strahlendem Sonnenschein.
Das Gefühl, das Mark dabei hatte war unbeschreiblich.
Er war da, daß wußte er. Das war der Ort an den er gehen würde. Er war hier, verflucht, er existierte!
Die Freude die er verspürte war so gewaltig, daß ihm heiß und kalt gleichzeitig wurde. Sein ganzer Körper kribbelte und ihm fuhr ein Schauer nach dem anderen über den Rücken.
Sogar seine Zehen kribbelten furchtbar, als er langsam seine Zimmerwand wiedererkannte.
Mark genoß das Gefühl noch so lange es ging.
Eine Gewißheit machte sich in ihm breit, eine Gewißheit, die jeden Zweifel verdrängte, fortjagte, zum Teufel schickte noch bevor er eine Chance hatte Fuß zu fassen.
Es war einfach großartig. Er wußte einfach Bescheid.
Er wußte es! Es gab keinen Zweifel mehr. Das war alles so unglaublich erleichternd für Mark. Sein ganzes Leben hatte er im Zweifel verbracht, seine ganzen verfluchten 18 Jahre, aber jetzt wußte er Bescheid.
Großartig, einfach nur großartig!
Und er war dort gewesen, dachte er und streckte sich dabei.

Es war Donnerstag geworden, als Mark gutgelaunt in der Mittagspause wieder einmal mehr an seinem Lieblingsplatz saß und die tobende Menge der Schüler betrachtete.
Er war auch sehr froh Judith bald bei sich begrüßen zu dürfen.
Allerdings war in ihrem Gesicht etwas, was Mark nicht gefiel und so fragte er, kurz nachdem sie sich gesetzt hatte: "Was ist passiert?"
Die schwarzhaarige Schülerin blickte ihn an, ließ den Kopf hängen und sagte: "Robert hat schlußgemacht."
"Etwas in der Art dachte ich mir, Judith. Warum hat er schlußgemacht?", fragte dann Mark und merkte, daß ein Gedanke in ihm hochsteigen wollte, doch bevor er danach greifen konnte, antwortete Judith: "Weil ich immer soviel bei dir rumhänge und keine Zeit für ihn hatte und und und... bla bla halt. Er hatte einfach keinen Bock mehr auf mich, so sieht’s eben aus."
Judith erntete einen sehr verständnisvollen Blick seitens Mark.
"Und wie geht es dir dabei?", fragte er dann und sah sie an. In seinem Inneren regte sich wieder etwas, doch abermals konnte Mark nicht danach greifen, weil Judith antwortete: "Ich weiß nicht. Ein wenig komisch ist es schon, aber..." Sie zuckte mit den Schultern.
Darauf schwiegen sich die Zwei wieder ein zeitlang an und Mark versuchte die Gelegenheit zu nutzen um zu ergründen, was er vorhin gefühlt hatte, doch jetzt wollte sich das Gefühl einfach nicht mehr einstellen.
Schließlich fragte Judith: "Was ist eigentlich mit dir? Wolltest du nicht fortgehen? Hast du am Montag noch gesagt." In ihrer Stimme lag ein bemüht gleichgültiger Ton, den Mark sofort als das erkannte was er war. Gespielt.
Aber dann nickte er nur und meinte: "Ich werde gehen. Bald. Aber..."
Diese Pause war genau berechnet und Mark sah Judith aufmerksam ins Gesicht. Erleichtert erkannte er dieses besondere Funkeln in ihren Augen als er sein "Aber" sagte.
"Ich muß noch etwas tun, bevor ich gehen kann.", schloß der dann schließlich.
Judith sah ihn ebenfalls an und sparte sich die Frage, die ihr auf der Zunge lag. Mark mußte an ihrem Blick sehen, daß sie wissen wollte, was das war.
Ihr wurde es plötzlich warm ums Herz, wobei sie nicht genau wußte warum. Sie saß neben Mark und beide schauten sich ins Gesicht, ohne irgendwelche Scham oder Scheu, dazu kannten sich die beiden zu gut und zu lange. Doch heute entdeckte Judith in Marks Gesicht etwas Neues, was sie vorher nie in ihm gesehen hatte.
Es war irgendwie seltsam, dachte sie.
"Ich wollte zumindest noch eines tun...", begann Mark und Judith verfluchte ihn schon fast im Geiste für seine gemeine Art die Dinge herauszuzögern.
Sie fragte sich in diesem Moment, was er jetzt tun würde.
Wenn ich zwei und zwei zusammenzähle, dachte sie sich, muß er sich jetzt zu mir herüber beugen und mir einen Kuß geben.
Diese Vorstellung war für Judith so unmöglich und doch...
Eine unerklärliche Hitze schien aus ihrem Bauch aufzusteigen und in ihr Gesicht zu fließen.
Mark zögerte die Pause einen Tick länger als nötig heraus und schien genau zu wissen, was in Judiths Kopf vorging. Ihr war das jedesmal auf neue unheimlich.
"...ich möchte dir danken.", beendete Mark schließlich seinen Satz und verwirrte Judith wieder einmal mehr. Stotternd brachte sie hervor: "F...für was denn?"
Wieder stahl sich dieses neue, warme Lächeln in Marks Züge, als er sagte: "Du warst immer da für mich. Du hast mir geholfen und dich mit mir abgegeben. Du bist in meinem Leben der wichtigste Mensch, Judith. Das war so und wird wahrscheinlich auch so bleiben."
Darauf hob er kurz die Schultern und legte seinen Kopf etwas schief. "Und wenn ich dann demnächst gehe, möchte ich nur, daß du das weißt. Ich habe dir nie gesagt, was du mir bedeutest und das möchte ich jetzt nachholen."
Mit diesen Worten richtete er sich auf und kniete sich direkt vor sie hin.
Jetzt küßt er mich, schoß es ihr flammend durch den Kopf, doch auch diesmal sah Mark davon ab. Er legte ihr die Hände auf die Schultern und sah ihr ins Gesicht.
Der Ausdruck in Marks Augen war so unglaublich voller Liebe, daß Judith meinte ihr müsse gleich schwindlig werden. Sie hielt diesem Blick einfach nicht stand und sah zu Seite.
Außerdem berührt er mich gerade, wurde es ihr siedend heiß bewußt. Das hat er auch noch nie getan. Was denke ich hier eigentlich für eine Scheiße?
All das ging ihr in diesem Moment durch den Sinn.
Fast unmerklich wurde der Druck auf ihre Schultern eine Winzigkeit stärker, was Judith dazu veranlaßte wieder in Marks Augen zu schauen.
Mit seinen nächsten Worten berührte er etwas ganz tief in ihrer Seele. Judith war in diesem Moment fast völlig fassungslos und hätte am liebsten einfach losgeheult. "Ich danke dir.", sagte er nur, nahm seine Hände von ihren Schultern und stand auf.
Als er ging ließ er eine völlig verdatterte Judith zurück.

Am nächsten Morgen kam Judith in die Schule und hatte ein verflucht schlechtes Gefühl. Die ganze Zeit geisterte Mark in ihrem Kopf herum.
Seitdem, was er gestern zu ihr gesagt hatte, wußte sie nicht mehr, was mit ihr los war.
So ein Gefühlschaos hatte sie noch nie erlebt.
Ihre Gedanken waren überall, doch sehr zum Unbill der Lehrer nicht im Unterricht. Judith meinte, sie müsse jeden Moment explodieren, wenn sie nicht gleich auf der Stelle mit Mark reden könnte.
Und so wartete sie die längsten drei Schulstunden ihres Lebens auf die große Mittagspause.
Als diese endlich kam, stürmte sie fast nach draußen und zu Marks Lieblingsplatz, doch da machte sich in ihr eine jähe Enttäuschung breit, als sie erkannte, daß er nicht da war.
Macht nichts, macht nichts, der kommt sicher noch. Ich war doch auch ziemlich schnell hier, ganz im Gegensatz zu sonst, überlegte sie gehetzt und hielt überall nach Mark Ausschau.
Doch er kam nicht.
Etwas Kaltes kroch ihre Seele hinauf, als die Schulglocke das Ende der Pause ankündigte und von Mark nichts zu sehen war.
Hatte er... sie wagte gar nicht weiter zu denken.
Entschlossen drehte sie sich auf dem Absatz herum und rannte vom Schulhof. Sie mußte wissen, ob Mark daheim war oder nicht und so rannte sie so schnell sie konnte über die Straßen zu Marks Haus.
Völlig außer Atem kam sie an und klingelte.
Es dauerte ein paar Augenblicke bis Marks Mutter in der Tür erschien. Sie schien über den Besuch nicht unbedingt glücklich zu sein. "Waslos?", fragte sie barsch.
Judith mußte erst einmal ein paar Momente keuchend Luft holen, bevor sie fragen konnte: "Ist Mark zuhause?"
"Der is in der Schul. Ich hab zu tun, wennse mich entschuldign.", antwortete Marks Mutter und schlug Judith die Tür vor der Nase zu.
Verdammt, dachte sie, wenn er in der Schule ist, wieso war er dann nicht an seinem Platz?
Außerdem, überlegte sie einen Moment später, bin ich nicht im Unterricht. Scheiße, das gibt bestimmt wieder Ärger!
Darauf atmete sie einmal tief durch und ging gemessenen Schrittes zurück in die Schule.

Inzwischen waren zwei Wochen vergangen.
Judith saß völlig verzweifelt um Mitternacht am Lieblingsplatz ihres Vertrauten und dachte nach. Mark war verschwunden und keiner wußte wohin. Seine Eltern hatten eine Vermißtenanzeige aufgegeben, aber bis jetzt war von ihm keine Spur zu finden.
Außerdem hat er nichts mitgenommen von zuhause. Weder Geld, noch Kleidung noch sonst irgendwas. Die Polizei vermutete nun, daß Mark entführt worden ist, aber das konnte sich Judith nicht vorstellen. Mit Mark war etwas geschehen.
Er hatte es die ganze Zeit über gesagt, aber nicht einmal Judith hatte ihm wirklich geglaubt.
Und nun saß sie hier, betrachtete die Sterne und wünschte sich, sie hätte die Gelegenheit gehabt Mark zu sagen, was er IHR bedeutet hatte.
Ein kurzes verzweifeltes Lachen entrang sich ihrer Kehle.
Er hat es richtig gemacht, dachte sie. Er hat mir gesagt, was er empfindet. Und ich? Ich war dagestanden wie ein verdammter Trottel und hab geschaut!
Ich bin so blöd!
Verdammt!
Wortlos schrie sie den Himmel an.
Wenn ich doch nur... , dachte sie. Wenn ich doch nur...
Eine kleine Träne lief an ihrer Wange hinunter, als Judith spürte wie ihre Seele langsam gefror.
Lange saß sie da und bewegte sich nicht.
Das Licht des Mondes spiegelte sich in der Träne wieder, die an ihrer Wange hing.
Einsam war die Nacht, still, dunkel und kalt. Judith fröstelte es, obwohl es von den sommerlichen Temperaturen her gesehen keinen Grund dazu gab.
Was kann man nur tun, außer zu wünschen?
Aber sind es nicht die Wünsche, die uns zu unseren Zielen bringen?
Sind es nicht die Wünsche selbst, die Träume wahr werden lassen?
"Judith.", sagte eine Stimme hinter ihr.
Sie schloß die Augen, als sie diese Stimme hörte und erkannte. Unendlich langsam drehte sie sich, wobei ihre Augen weiterhin geschlossen blieben.
"Wo warst du?", frage sie in die Dunkelheit. Sie wollte nicht wissen, ob sie sich Mark nur einbildete, oder ob er tatsächlich vor ihr stand. Sie wollte sich im Moment allein der Hoffnung hingeben.
"Komm mit, dann zeige ich es dir.", sagte Mark, nahm Judith bei der Hand und führte sie einige Schritte über die Wiese.
Einige Tage später galt auch Judith als vermißt...
 



 
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