Manfred und Dieter
Als Manfred und Dieter in mein Leben traten, war ich neun .
Bis dahin hatte ich noch nie einen Freund gehabt. Und plötzlich gab es gleich zwei davon, Manfred und Dieter.
Sie schrieben mir Liebesbriefe, und die steckte ich zwischen meine Glanzbilder – zwischen Engel und Blumen.
Ich erzählte nur wenigen von den Briefen. Das erste Mal, weil mir beim Glanzbildertauschen ganz ungewollt ein Brief von Manfred - oder war es einer von Dieter? – aus dem Steckheft gefallen war und gleich ein Glimmerbild – ein bunter Sommerstrauß mit Glockenblumen – hinterher. Monika war so neugierig, dass ich ihr den Brief einfach zeigen musste, und ich erzählte ihr, wer den Brief geschrieben hatte und ließ sie ein paar Zeilen lesen. Monika war eins der Mädchen auf dem Hof hinter dem Haus, in das wir gerade erst eingezogen waren.
Mal schrieb Manfred, dann wieder Dieter, mal kamen gleich zwei Briefe an..
Beide Jungs waren eifersüchtig aufeinander. Sie bewunderten mich beide, und das schrieben sie mir auch. Jeder wollte, dass ich mich mit ihm treffe. Und ich konnte mich nicht entscheiden, denn ich mochte beide, obwohl sie sehr unterschiedlich waren.
Manfred war blond. Er hatte ein liebes verschmitztes Lächeln, war etwas schüchtern und traute sich nicht, mich zu küssen.
Dieter dagegen war dunkelhaarig und spitzbübisch, außerdem witzig, mutig – und ein bisschen vorlaut. Dieter fanden alle Mädchen toll, aber er wollte ausgerechnet mich, weil ich nicht so dumm rumkicherte wie Ilse und die anderen aus meiner alten Klasse.
Dass ich eine Brille trug, störte beide nicht, auch nicht, dass ich nicht so schön war wie Sigrid oder dass ich etwas steif war beim Turnen und nicht so weit werfen konnte. Sie fanden mich einfach nett und wollten gern mit mir zusammen spielen, durch die wilden Gärten streifen und Stachelbeeren und Johannisbeeren klauen und wilden Rhabarber knabbern.
Manfred hätte mit mir am liebsten stundenlang im Gebüsch am Bahndamm gesessen und eng aneinandergelehnt mit mir geredet und Dieter hat mich sogar nachts im seinen Träumen auf die Lippen geküsst.
Und beide waren traurig, dass ich jetzt so weit weg wohnte, gleich zwei Stadtteile weiter. Da war es schwer, sich zu treffen. Aber manchmal verabredeten wir uns und trafen uns an der Eisbude, wo es für 10 Pfennig einen großen Esslöffel Eis gab. Doch so weit durfte ich selten, und deshalb schrieben mir die beiden viele Briefe, und manchmal schrieb ich auch einen zurück, aber selten.
Keinen der Briefe zeigte ich meinen Eltern. Die brauchten von Manfred und Dieter nichts zu wissen. Nur den Freundinnen auf dem Hof zeigte ich ab und zu Ausschnitte aus den Briefen, und ich merkte, wie sie ein bisschen neidisch wurden. Ich glaube, Monika war ein bisschen eifersüchtig, aber sie wurde auch immer neugieriger und fand es plötzlich sehr unwahrscheinlich, dass gleich zwei Jungs mich so sehr mochten, dass sie mir ständig Briefe schrieben. Da gab es aber gar keinen Zweifel. Monika sah die Briefe ja. Sie konnte sie selber lesen. Außerdem war die Schrift von beiden Jungs ja auch ganz unterschiedlich.
Manfred schrieb ordentlich und sauber, schön nach rechts geneigt, und Dieter schrieb lässiger, mit größeren Buchstaben, mehr nach links geneigt, und einige Buchstaben waren auch ganz anders geschrieben als Manfreds. Und wenn Marianne sich wunderte, dass sie so wenig Fehler machten, wo sie doch beide Jungs waren, erzählte ich voller Stolz, dass beide zu den Besten in der Klasse gehörten.
Aber irgendwann wurde das mit den Briefen dann doch lästig, und auch die Fragerei, warum denn keiner von beiden mal zu uns auf den Hof kam, oder ob ich Marianne nicht mal mitnehmen könnte, wenn ich einen der beiden zum Eisessen traf.
Und so blieb mir gar nichts anderes übrig, als Manfred und Dieter aus meinem Leben zu verbannen und ihnen ganz deutlich zu sagen, dass das alles doch gar keinen Sinn hätte, dass ich mich für keinen von beiden entscheiden könnte, und dass ich, obwohl ich ihnen nicht weh tun wollte, keinen ihrer Briefe mehr lesen würde, und dass sie sich eine andere Freundin suchen sollten.
Der letzte Brief von Manfred war sehr traurig, das fand auch Monika. Manfred tat mir sehr leid. Dieter schrieb wütend, wenn ich mir nichts aus ihm machte, dann wäre ich ab jetzt Luft für ihn. Das passte zu ihm.
Jetzt konnte ich getrost alle Briefe zerreißen. Manfred und Dieter brauchte ich nicht mehr. Ich hatte inzwischen so viele Freunde und Freundinnen , mit denen ich auf dem Hof spielte. Da war immer jemand zum Glanzbilder tauschen oder Knicker spielen oder Seilchen springen oder Federball spielen. Was sollte ich da noch mit Manfred und Dieter?
Als Manfred und Dieter in mein Leben traten, war ich neun .
Bis dahin hatte ich noch nie einen Freund gehabt. Und plötzlich gab es gleich zwei davon, Manfred und Dieter.
Sie schrieben mir Liebesbriefe, und die steckte ich zwischen meine Glanzbilder – zwischen Engel und Blumen.
Ich erzählte nur wenigen von den Briefen. Das erste Mal, weil mir beim Glanzbildertauschen ganz ungewollt ein Brief von Manfred - oder war es einer von Dieter? – aus dem Steckheft gefallen war und gleich ein Glimmerbild – ein bunter Sommerstrauß mit Glockenblumen – hinterher. Monika war so neugierig, dass ich ihr den Brief einfach zeigen musste, und ich erzählte ihr, wer den Brief geschrieben hatte und ließ sie ein paar Zeilen lesen. Monika war eins der Mädchen auf dem Hof hinter dem Haus, in das wir gerade erst eingezogen waren.
Mal schrieb Manfred, dann wieder Dieter, mal kamen gleich zwei Briefe an..
Beide Jungs waren eifersüchtig aufeinander. Sie bewunderten mich beide, und das schrieben sie mir auch. Jeder wollte, dass ich mich mit ihm treffe. Und ich konnte mich nicht entscheiden, denn ich mochte beide, obwohl sie sehr unterschiedlich waren.
Manfred war blond. Er hatte ein liebes verschmitztes Lächeln, war etwas schüchtern und traute sich nicht, mich zu küssen.
Dieter dagegen war dunkelhaarig und spitzbübisch, außerdem witzig, mutig – und ein bisschen vorlaut. Dieter fanden alle Mädchen toll, aber er wollte ausgerechnet mich, weil ich nicht so dumm rumkicherte wie Ilse und die anderen aus meiner alten Klasse.
Dass ich eine Brille trug, störte beide nicht, auch nicht, dass ich nicht so schön war wie Sigrid oder dass ich etwas steif war beim Turnen und nicht so weit werfen konnte. Sie fanden mich einfach nett und wollten gern mit mir zusammen spielen, durch die wilden Gärten streifen und Stachelbeeren und Johannisbeeren klauen und wilden Rhabarber knabbern.
Manfred hätte mit mir am liebsten stundenlang im Gebüsch am Bahndamm gesessen und eng aneinandergelehnt mit mir geredet und Dieter hat mich sogar nachts im seinen Träumen auf die Lippen geküsst.
Und beide waren traurig, dass ich jetzt so weit weg wohnte, gleich zwei Stadtteile weiter. Da war es schwer, sich zu treffen. Aber manchmal verabredeten wir uns und trafen uns an der Eisbude, wo es für 10 Pfennig einen großen Esslöffel Eis gab. Doch so weit durfte ich selten, und deshalb schrieben mir die beiden viele Briefe, und manchmal schrieb ich auch einen zurück, aber selten.
Keinen der Briefe zeigte ich meinen Eltern. Die brauchten von Manfred und Dieter nichts zu wissen. Nur den Freundinnen auf dem Hof zeigte ich ab und zu Ausschnitte aus den Briefen, und ich merkte, wie sie ein bisschen neidisch wurden. Ich glaube, Monika war ein bisschen eifersüchtig, aber sie wurde auch immer neugieriger und fand es plötzlich sehr unwahrscheinlich, dass gleich zwei Jungs mich so sehr mochten, dass sie mir ständig Briefe schrieben. Da gab es aber gar keinen Zweifel. Monika sah die Briefe ja. Sie konnte sie selber lesen. Außerdem war die Schrift von beiden Jungs ja auch ganz unterschiedlich.
Manfred schrieb ordentlich und sauber, schön nach rechts geneigt, und Dieter schrieb lässiger, mit größeren Buchstaben, mehr nach links geneigt, und einige Buchstaben waren auch ganz anders geschrieben als Manfreds. Und wenn Marianne sich wunderte, dass sie so wenig Fehler machten, wo sie doch beide Jungs waren, erzählte ich voller Stolz, dass beide zu den Besten in der Klasse gehörten.
Aber irgendwann wurde das mit den Briefen dann doch lästig, und auch die Fragerei, warum denn keiner von beiden mal zu uns auf den Hof kam, oder ob ich Marianne nicht mal mitnehmen könnte, wenn ich einen der beiden zum Eisessen traf.
Und so blieb mir gar nichts anderes übrig, als Manfred und Dieter aus meinem Leben zu verbannen und ihnen ganz deutlich zu sagen, dass das alles doch gar keinen Sinn hätte, dass ich mich für keinen von beiden entscheiden könnte, und dass ich, obwohl ich ihnen nicht weh tun wollte, keinen ihrer Briefe mehr lesen würde, und dass sie sich eine andere Freundin suchen sollten.
Der letzte Brief von Manfred war sehr traurig, das fand auch Monika. Manfred tat mir sehr leid. Dieter schrieb wütend, wenn ich mir nichts aus ihm machte, dann wäre ich ab jetzt Luft für ihn. Das passte zu ihm.
Jetzt konnte ich getrost alle Briefe zerreißen. Manfred und Dieter brauchte ich nicht mehr. Ich hatte inzwischen so viele Freunde und Freundinnen , mit denen ich auf dem Hof spielte. Da war immer jemand zum Glanzbilder tauschen oder Knicker spielen oder Seilchen springen oder Federball spielen. Was sollte ich da noch mit Manfred und Dieter?