Mehr als nur Abenteuer / Teil 6

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Kelly Cloud

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Vorweihnachtliche Erinnerungen und die neue Liebe

Auf den Tag genau waren sie nun seit 9 Monaten in Mesopotamien. Sie erinnerten sich an den Tag, als sie mit dem Katamaran im Hafen von Hurghada einliefen. An die gemischten Gefühle, die sie hatten. Vorallem Martina schwebte in einem Vakuum der Gleichgültigkeit. Einerseits war sie total euphorisch wegen dem gelungenen Segeltörn und der Nähe zu Gouder. Aber andererseits hatte sie auch ein schlechtes Gewissen Geoffrey gegenüber, weil sie halt einfach wusste, wie sehr er sie liebte. Und gerade die Ungewissheit, was in der Ferne auf sie wartete, bot ihr die Möglichkeit, aus dem gewohnten Umfeld auszubrechen.
Bei Andrui, dem geborenen Seelöwen, war alles ein bisschen anders. Gut, was die Arbeit beim IKRK betraf, wusste er auch nicht recht, was auf ihn zukam. Aber alleine schon den Segeltörn durch die Weiten des indischen Ozeans, war die Ungewissheit wert. Zudem hatte er in Gouder einen guten, gleichgesinnten Freund gefunden und die Aussicht auf weitere Kletterabenteuer, in Verbindung mit segeln, machte die Entscheidung, seine Heimat zu verlassen, einfach.
An diesem Abend, kurz vor Weihnachten, hatten es Mo und Gouder tatsächlich geschafft, in Basra ihre Kletterfreunde zu besuchen. Sie hatten sich entschlossen, in der nächsten Zeit einige Transporte aus dem Kuwait zu machen. Ein Frachter mit Wasserrohren war angekommen und nun musste die Ware zum Kanalisationsbau mit LKWs ins Landesinnere befördert werden.
Es war ein gemütlicher Abend geworden. Seit Andrui und Martina nach Basra verschoben wurden, kamen die Beiden sehr selten zum Klettern. Drei Tage pro Monat wurden sie nach Amman geflogen, um quasi in der Zivilisation die Freizeit zu geniessen. Und dann wurde auch geklettert. Gouder und Mo hatten immer mal wieder zwischendurch Zeit zum Poldern (4-7m ohne Ausrüstung) oder auch eintägige Klettertouren zu machen.
In näherer Zukunft nun wollten sie sich wieder öfter treffen. Vielleicht auch noch für ein paar Segelstunden im persischen Golf. Aber es kam alles anders. Martina und Andrui liebten sich in den neuen Tag hinein, als plötzlich der Bombenalarm zu hören war. Andrui war, in Vorfreude auf baldige Segeltörns, mit Martina zum Höhepunkt gekommen, als sie völlig verdutzt die Sirenen hörten und wussten, dass die ruhigen, gemütlichen Nachtstunden für die nächste Zeit undenkbar sein werden.


Das Ende der Hoffnung und der weihnachtliche Anfang

Freud und Leid liegen nahe beieinander. In den Monaten im Spital von Basra hatte sich Andruis stiller Wunsch verwirklicht. Er war der glücklichste Mensch auf der Welt, auf dieser irakischen Welt, denn das Mädchen aus seiner Schulzeit, die schöne, intelligente Blondine, die scheinbar Unerreichbare, war nun tatsächlich seine Geliebte geworden. Die harten, brutalen Erlebnisse in den Nachkriegswirren hatten sie zusammengeschweisst.
Martina musste irgendwann feststellen, dass Gouder eine Nummer zu gross für sie war. Nicht körperlich, aber geistig und mit seiner Lebensphilosophie konnte sie ihm einfach nicht folgen. Und die Freundschaft zu diesem fantastischen, genialen Menschen war ihr wichtiger, als mit einer überfordernden Beziehung alles aufs Spiel zu setzen. Deshalb war sie damals ganz froh, dass sie zusammen mit Andrui nach Basra versetzt wurde, denn Andrui war immer ein liebenswerter Kumpel gewesen. Und die gemeinsame Zuneigung zu Gouder verband sie zusätzlich.
Andrui seinerseits ging eigentlich immer davon aus, dass Martina und Gouder ein Paar sein sollten. Sie waren sich sehr ähnlich. Martina war sportlich und verband ihre damalige Leidenschaft Gleitschirmfliegen mit spanisch lernen in Argentinien. Später, zurück in ihrer Heimat Auckland, arbeitete sie wieder als Arzthelferin und tauschte den Windsurf mit dem Kitesurf. Drachensurfen war die perfekte Verbindung zwischen Gleitschirmfliegen und Windsurfen. Gouder desertierte damals aus der holländischen Armee und leistete als sportlicher junger Mann in Afrika 5 Jahre Hilfsdienst. Er lernte nebst französisch auch verschiedene afrikanische Stammessprachen und wurde bald vom IKRK als Lehrer rekrutiert. Nachdem er das IKRK verliess und in seiner Heimat als Architekt arbeitete, entschloss er sich bald nach Neuseeland auszuwandern, um sein Englisch zu perfektionieren. Während er auf das First Cambridge hinarbeitet, fand er gefallen am Snowboarding und Riverboarding. Nebenbei verdiente er seinen Lebensunterhalt als freischaffender Architekt und wurde Englisch- und Sportlehrer. Und schliesslich bewarb er sich beim schweizerischen America’s Cup Team als Konditionstrainer, and here we are.

See you soon
 



 
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