Mein Freund Sammy

nemo

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Ich stehe auf einer Anhöhe und schaue hinunter ins Tal, dorthin, wo einst meine Heimatstadt lag und sich mir heute ein Bild der Zerstörung bietet. Rauchsäulen steigen in den blutroten Himmel hinauf und noch immer kann man die lodernden Flammen vereinzelter Brände sehen. Ich bin froh, dass ich mir dieses grauenhafte Bild nur aus der Entfernung ansehen muss, froh nicht die Leichen sehen, nicht die Schreie hören oder den Überlebenden ins Gesicht schauen zu müssen, denn ich trage eine Mitschuld an dieser Verwüstung.
Ich kneife die Augen zusammen, um meinen Blick zu schärfen, doch das fällt mir nicht leicht, denn die salzigen Tränen der Schuld trüben mein Sehvermögen. Ich folge der Schneise der Zerstörung, die Sammy in der Stadt hinterlassen hat, und dort wo die Sonne langsam hinter dem Horizont auftaucht, sehe ich einen hellen weißen Fleck und ich bin mir sicher, dass er es ist. Warum Sammy, warum bist du nur so geworden?

Es begann vor gut einem Jahr.
Ich hatte gerade meinen Job bei der Post verloren.
“Es tut uns leid Herr Reinhardt, Ihre Unzuverlässigkeit und vor allem Ihre Unpünktlichkeit lassen uns keine andere Wahl. Wir hatten Sie bereits abgemahnt, aber leider konnten wir keine Verbesserung Ihres Verhalten erkennen.“
Danke und tschüss.
Nicht schön, aber so schlimm auch wieder nicht. Immerhin blieb mir dann mehr Zeit für „Savage World“, dem Online-Rollenspiel meines Vertrauens. Dort war ich nämlich nicht Jens Reinhardt, der hagere Verlierer aus der Normannenstraße, sondern Red, der Barbar, Sohn von Obulkan, dem Herrscher der Narbenweiden.
Jede freie Minute verbrachte ich in Mystica, meinem virtuellen Zuhause, wo ich Heldentaten vollbrachte und Freunde fand. Natürlich keine echten Freunde aus Fleisch und Blut, nicht solche, die einen besuchen kommen oder mit denen man ins Kino gehen kann, sondern Leute, denen mein Äußeres egal war und die mich so nahmen, wie ich war. Natürlich war das auch der Grund für meine ständigen Verspätungen und Krankmeldungen. Wenn man sich die Nacht um die Ohren schlägt, ist man am nächsten Tag halt nicht so fit.
Auch wenn ich nicht mehr so viel Kohle im Monat zur Verfügung hatte, kam ich doch ohne Probleme mit dem aus, was ich hatte. Wozu brauchte ich schon neue Klamotten oder irgendwelchen modischen Schnickschnack. Der Aldi lag beinahe vor meiner Haustür und wenn der Monat mal eng wurde, gab es immer noch meine Mutter, bei der ich essen oder mal ein paar Euro schnorren konnte.
Obwohl ich also jetzt endlich das Leben führte, das mir Spaß machte, fehlte mir etwas. Irgendwie spürte ich eine unbeschreibliche Leere, die ich erst dann zu verstehen in der Lage war, als Sammy in meinem Leben trat. Bevor ich aber von unserem ersten denkwürdigen Treffen erzähle, muss ich ein wenig von meiner dürren Gestalt berichten.
Schon als Kind war ich dünn. So dünn, dass mich mein Vater - Gott hab ihn selig, den alten Drecksack - Spargeltarzan nannte. Während ich aufwuchs, schoss ich zwar in die Höhe, blieb dabei aber dürr wie eine Zaunlatte. Essen ohne zuzunehmen. Der Traum aller dicke Menschen. Ich aß nicht, ich fraß. Schaufelte das Essen nur so in mich hinein und machte einen großen Bogen um jede sportliche Betätigung.
„Das sind die Gene“, meinte meine Mutter, „dein Großvater konnte auch essen, was er wollte, und nahm nicht zu.“ Ja Mutter, klar, Weißkohl und Kartoffeln, aber bestimmt keine Pommes, Döner, Hamburger, Jägerschnitzel, Pizza, Aufläufe, Cola, Bier, Chips, Schokolade und anderen Süßkram.
Warum das so wichtig ist?
Naja, weil Sammy nicht ganz unschuldig an diesem Zustand war.

Das besagte Treffen mit Sammy fand in einer Februarnacht statt. Nur im Wohnzimmer hatte ich die Heizung an und in meinem Schlafzimmer war es schweinekalt. Obwohl ich fror und mein Magen mal wieder Salti schlug – ich hatte immer mal wieder Magenprobleme, keine Schmerzen, mehr so ein Gefühl, als würde es darin rumoren, als würde die Magensäure kochen – schlief ich ganz gut ein. Seltsamerweise kann ich mich sogar daran erinnern, was ich in dieser Nacht geträumt hatte; das ist bei mir eigentlich recht selten der Fall. Der Anfang des Traumes war ziemlich wirr, doch irgendwann saß ich auf der Toilette meiner Wohnung, und ging einem großen Geschäft nach. Dabei starrte ich auf das Poster von Xena, der Amazone, wobei mich wunderte, warum sie auf einmal die Gesichtszüge meiner Mutter trug. Dann kam der Schmerz und das an einer Stelle, an der man als heterosexueller Mann eigentlich keine Schmerzen haben möchte. Es war, als ob ich einen faustgroßen, viereckigen Bauklotz scheißen würde. Ich schrie, griff mir an den Hintern und sprang auf. Als ich mich umdrehte, sah ich einen Fötus in der Kloschüssel, ungefähr von der Größe eines amerikanischen Footballs. Ich schrie noch lauter und hielt mir die Augen zu, dann spürte ich etwas Warmes, Feuchtes an meinem Gesicht. Blut, ich hatte Blut an den Händen.
Schweißgebadet wachte ich auf und der Schmerz war immer noch da. Ganz vorsichtig führte ich meine Hand zu meinem Po, dann zu meinem After und auch dort fühlte ich die unangenehme Feuchtigkeit. Ich schrak auf und merkte dann, dass ich nicht alleine im Zimmer war. Auf dem Läufer vor dem Bett war etwas, das ich erst für eine große Schlange hielt. Doch als meine Augen sich immer mehr mit dem düsteren Licht meines Zimmers anfreundeten, erkannte ich die milchige Haut des Wesens und einen blumenförmigen Köpf mit vier Löchern, die aussahen wie Augen. Das Ding war ziemlich dünn, hatte aber genug Kraft, sich aufzurichten, wie die Kobra eines Schlangenbeschwörers. Es schien mich mit seinen vier Höhlungen zu beobachten und ich wagte es nicht, mich zu bewegen, obwohl ich mir sicher war, noch zu träumen. Dann neigte das Ding den Kopf zu Seite, wie ein Welpe in Erwartung von Streicheleinheiten, und ich hörte eine säuselnde Stimme in meinem Kopf, die nur ein Wort sagte: „Vater!“

Sammy war ein taenia saginat, ein Rinderbandwurm, wenn auch ein außergewöhnliches Exemplar seiner Gattung. Sechzehn Jahre hatte er nun schon in mir gelebt und sich von dem ernährt, was ich aß. Er war gewachsen und gediehen, und hatte sich so ganz anders entwickelte als alle anderen Bandwürmer. Durch das Wunder der Evolution, oder vielleicht durch eine zufällige Mutation, hatte Sammy Muskeln gebildet, die ihm erlaubten, sich wie ein Wurm oder eine Schlange zu bewegen, er besaß eine gewisse Intelligenz und konnte durch so etwas wie Telepathie kommunizieren – wenn auch nur in einem beschränkten Rahmen. So konnte er einzelne Worte wie Hunger, Durst oder Vater übermitteln, aber auch Gefühle.
Natürlich habe ich mich anfangs ein wenig vor dem Wesen geekelt, doch Sammys Zutraulichkeit, seine Liebe, die ich immer dann spürte, wenn ich in seiner Nähe war, all das brachte mich ihm näher. Es dauerte nicht lange und Sammy war Teil meines Lebens geworden. Ich brachte ihm bei, einen Tennisball zu apportieren, stundenlang konnten wir auf der Couch sitzen und Filme gucken, Sammy auf meinem Schoß, zusammengerollt wie eine Katze und immer ein wohliges Glücksgefühl sendend, das mich ein wenig berauschte.
Aber es war anders als mit einem Hund oder einem Haustiger, immerhin war Sammy so etwas wie ein Teil von mir gewesen. Natürlich konnte ich Sammy niemandem zeigen, denn ich hatte eine grobe Vorstellung davon, wie die Menschen reagieren würden, wenn sie einen freilaufenden Rinderbandwurm zu Gesicht bekämen. Wenn also mal Besuch kam, was bei mir nur recht selten vorkam, verzog sich Sammy in mein Schlafzimmer und harrte dort aus, bis der Besuch wieder verschwunden war.
Eines Tages jedoch, als es bei mir klingelte, war ich gedankenverloren zur Tür gegangen, um sie öffnen, obwohl Sammy noch in der Küche war. Glücklicherweise war es nur meine Nachbarin Frau Kulowski, eine alte Ostblockvettel, die sich als Hausdrachen aufspielte. Also nicht jemand, den man so ohne Weiteres in die Wohnung lässt.
„Warum sie haben noch nicht geputzt die Treppe?“, fragte sie mich und spuckt dabei kleine Speicheltröpfchen in meine Richtung.
„Wir schon haben Freitag und Treppe muss normal Montag geputzt!“
Ich setzte mein mitleiderregendstes Lächeln auf, in der Hoffnung sie ein wenig zu erweichen, aber ihre Gesichtzüge blieben hart wie Granit.
“Nix lächeln, putzen!“, sagt sie schroff. Es klang fast wie ein Hundebellen.
Dabei blieb sie unbeirrt auf der Schwelle meiner Haustür stehen und starrte mich mit ihren Schweineaugen an, wie ein Kellner, der auf sein Trinkgeld wartet.
Als sie merkte, dass ich nicht verstand, was sie von mir wollte, sagte sie unfreundlich: „Jetzt putzen!“, und ihr Ton ließ keine Widerrede zu.
Murrend schlurfte ich ins Badezimmer, wo mein Putzzeug stand.
Ich nahm den Eimer und füllte ihn in der Badewanne mit heißem Wasser. Als ich gerade das Putzmittel suchte, polterte irgendetwas. Ein dumpfer Aufprall, gefolgt von einem Schlürfen. Erst dachte ich, die Geräusche kämen aus der Nebenwohnung, doch dann fiel mir wieder ein, dass ich Sammy gar nicht im Schlafzimmer eingesperrt hatte. Ich stürzte in den Flur und stockte, als ich sah, dass die alte Schabracke von Nachbarin dort dem Boden lag. Aus einem Reflex heraus stieß ich die Haustür zu und betrachtete die Szene, die sich auf dem Perserimitat meines kleinen Hausflurs abspielte. Dort lag Frau Kulowski auf dem Bauch, den Rock bis auf Kniehöhe hochgezogen, so dass man ihre hellbraune Strumpfhose sehen konnte, unter der sich ihre üppige Beinbehaarung kräuselte. Ihre Arme lagen vor ihr, als hätte sie noch versucht ihren Fall aufzufangen. Dort wo ihr Kopf hätte sein sollen, war nun Sammy, der saugende Geräusche von sich gab. Irgendwie hatte er sich über den Schädel der Frau gestülpt, wie eine Schlange, die ein zu groß geratenes Kaninchen verschlingen wollte. Ich konnte nicht fassen, was ich sah, und so blieb ich einfach regungslos stehen und beobachtete, wie Sammy Frau Kulowski aufaß, bis nichts, aber auch gar nichts mehr von ihr übrig blieb.

Seit dem Zwischenfall mit meine Nachbarin war Sammy um gut einen Meter in der Länge gewachsen und hatte auch im Durchmesser ordentlich zugelegt. Proportional zu seiner Größe hatte auch sein Appetit zugenommen, und so musste ich von Katzen- auf Hundefutter umstellen, wobei er gelegentlich auch Gehacktes oder ein Stück rohes Fleisch von mir bekam. Darauf war er dann immer besonders scharf und wedelte immer ganz aufgeregt mit seiner Schwanzspitze, wenn er mitbekam, dass es etwas Frisches gab. Wie scharf Sammy auf frisches Fleisch wirklich war, sollte ich einige Tage später auf erschreckende Weise feststellen.

Es war spät geworden, denn ich hatte die halbe Nacht vor dem Computer gesessen. Ich war in Mystica eingetaucht und hatte soeben Drudge, den untoten Drachen besiegt, als ich den Luftzug bemerkte. Ein kaltes Lüftchen, das mir eine Gänsehaut bescherte. Ich hatte zwar das Fenster meines Zimmers auf Kippe, aber mir war nicht bewusst, irgendein anderes Fenster offen gelassen zu haben. Ich stand auf, ging in den Flur und bemerkte, dass die Haustür offen stand.
Mir kam eine böse Ahnung und ich spurtete in die Küche, wo ich Sammys großen Bastkorb leer vorfand. Ich lief in den Hausflur ... nichts. Hektisch stürzte ich die Treppe hinunter, blieb im Erdgeschoss vor einem geöffneten Fenster stehen, ein schwarzes Rechteck inmitten der Blümchenidylle unserer Altbau-Hausflur-Tapete. In einiger Entfernung konnte ich die Lichter der Seniorenresidenz „Sankt Anna“ sehen, und mein mulmiges Gefühl gewann noch mal an Intensität.
Ich stieg über die Fensterbank hinaus in die Nacht. Unter meinen Birkenstocks knisterte das trockene Laub, während ich schnurstracks auf die bunten Bauten des Altersheim zuging, die in der Dunkelheit einfach nur grau wirkten. Immerhin kannte ich mich dort aus, da ich im Sankt Anna meine Zivi-Zeit verbracht hatte. Seniorenresidenz „Endstation“ hatten wir die Einrichtung damals scherzhaft genannt.
Einigermaßen behände kletterte ich über den Zaun des Grundstücks und landete auf der anderen Seite auf dem Rasen. Im Licht einer schwachen Laterne, die dort im Park der Residenz stand, konnte ich eine Schneise eingedrückten Grases erkennen, das von der Mauer weg, hin zu einem der Gebäude führte. Schleichend folgte ich der Spur, bis ich im abnehmenden Licht einen schwarzen Schatten sah, der gut zwanzig Meter vor mir auf dem Boden lag. Ich verlangsamte meinen Schritt und näherte mich vorsichtig.
Das Ding blieb regungslos.
So langsam gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit und ich erkannte zwei Beine, um genauer zu sein, die beiden Hinterbeine eines Hundes, vielleicht die eines Schäferhundes.
Was mich stutzig machte, war die Tatsache, dass der Hund so verdreht liegen musste, dass ich sein Vorderteil nicht sehen konnte. Dann wurde mir bewusst, dass der Hund gar kein Vorderteil mehr hatte. An den Beinen war noch ein Stück Rumpf und dann kam ein großes Loch, aus dem Gedärme und Innereien hingen. Während ich mich näherte, wehte mir ein bitterer, ekelhafter Geruch entgegen. Ich unterdrückte ein Würgen und sah weg.
Sammy war scheinbar gestört worden, denn sonst hätte er den Hund ganz gegessen, so wie er es mit meiner Nachbarin gemacht hatte. Dieser Verdacht wurde wenige Meter weiter bestätigt, als ich auf eine herrenlose Taschenlampe stieß, die einen Holunderstrauch beleuchtete.
Einen Meter weiter fand ich eine Baseballmütze, mit dem Firmenlogo eines Sicherheitsunternehmen. Vom Sicherheitsmann keine Spur.
Ich hob die Taschenlampe auf und leuchtete das mir am nächsten gelegene Gebäude an. Es war einer der Wohnblocks – das weinrote Haus. Ich ließ den Lichtkreis über die Fassade wandern,
bis ich eine Terrassentür sah, von der nur noch ein Haufen Scherben und ein verbogener Metallrahmen übrig geblieben waren. Irgendetwas hatte sie völlig zertrümmert. Irgendetwas Großes, und ich hatte da so einen Verdacht.

In den Gängen des Weinroten Hauses, so der Name des L-förmigen Gebäudes, eröffnete sich mir ein Bild des Grauens. Überall lagen abgerissene Körperteile, blutdurchtränkte Nachthemden und man musste aufpassen, nicht über einen umgefallenen Rollstuhl zu stolpern oder auf einem ausgelaufenen Urinbeutel auszurutschen. Nachdem ich mich lautstark meines Mageninhalts entledigt und meine Nase sich langsam an den Gestank von Blut und menschlichen Ausscheidungen gewöhnt hatte, zwang ich mich weiterzugehen.
Als ich Sammy endlich fand, war er im Aufenthaltsraum des Weinroten Hauses und ich sah auch sofort den Grund dafür: Er war so groß geworden, dass er nicht mehr durch die Gänge des Gebäudes passte, in etwas so hoch wie ein Autobus und noch mal genau so breit; der Aufenthaltsraum war der einzige Raum, in den Sammy überhaupt noch reinpasste.
Vorsichtig umrundete ich den zusammengerollten, milchigen Köper des Riesenbandwurmes bis hin zu seinem aufgerichteten Kopf, in dem ich gerade noch ein Arm verschwinden sah, während eine Gehhilfe zu Boden flog. Der Fernseher lief – irgendeine dieser unsagbaren Richtershows – und der nächtliche Fernsehgucker musste wohl taub gewesen sein, denn die Lautstärke war so hoch, dass es schon unangenehm war. Ich ging zum Fernseher und unterbrach das Schlussplädoyer des Staatsanwaltes. Sammy drehte sich zu mir um und als er mich erkannte, begann er zu schnurren. Es war ein tiefes, brummendes Geräusch, wie der Bass einer Diskothek, den man eher spürt als hört. Er senkte seinen blumenkohlförmigen Kopf zu mir herunter und ich streichelte ihn sanft, während ich beruhigend auf ihn einredete.
“Es ist alles in Ordnung, Sammy. Alles wird wieder gut.“
Dass es nicht so war, verrieten mir die sich nähernden Polizeisirenen.
Auch Sammy spürte etwas, denn er wurde sichtlich nervös und rollte langsam seinen Körper aus.
Mir wurde klar, dass ich Sammy nicht würde helfen können. Wenn die Polizei erst vor Ort sein würde, würden sie gar nicht erst versuchen mit meinem Freund zu reden, wieso auch, sie würde schießen und ihn töten. Meine Hand glitt weiter über Sammys Kopf, ich kraulte die Ausbuchtungen, dort, wo er es besonders gern hatte.
Der Abschied fiel mir schwer und salzige Tränen rannen an meinen Wangen hinunter, als ich den Aufenthaltsraum verließ. Ich nahm noch ein leises „Vater“ wahr, dann ein viel tieferes und lauteres: „Hunger“!
Als ich gerade das Weinrote Gebäude verließ, hörte ich ein Poltern, als würde jemand eine Wand einreißen ... Sammy hatte den Aufenthaltsraum verlassen und war in die inzwischen mondklare Nacht geglitten. Dann quietschende Reifen und während ich weinend in die Richtung meiner Wohnung lief, hörte ich auch schon die ersten Schüsse durch die Nacht peitschen.

Jetzt, einige Stunden später, weiß ich, dass die Polizei Sammy nicht getötet hat. Die Sonne steht nun schon in ihren ganzen Pracht am Morgenhimmel und der Rinderbandwurm, der inzwischen gigantische Ausmaße angenommen hat, setzt seinen zerstörerischen Weg in die Nachbarstadt fort.
Aus der Ferne höre ich das Geräusch sich nähender Jagdflugzeuge und wenig später sehe ich die Kondensstreifen am Himmel.
Als sie auf Sammy feuern, drehe ich mich um und verlasse die Anhöhe. Hinter mir höre ich die Explosionen, die den sonst so friedlich wirkenden Morgen erzittern lassen.
In meinem Magen rumort es und ich lege beim Gehen beide Hände auf den Bauch. Irgendetwas sagt mir, dass es diesmal ein Weibchen ist.
Ich denke, ich werde sie Emily nennen.
 
H

HFleiss

Gast
Irgendwie eklig. Aber ganz munter erzählt, und das macht die Sache wieder wett. Ein paar stilistische Korken sind drin (z. B. sich eine Sache einfach machen - das ist wohl schlechtes Deutsch, richtig wäre nicht leicht oder schwer). Und es sind auch keine Worte, sondern Wörter (solche Sachen wie Hund oder Vater usw.) usw. Aber gut aufgebaut hast du die Geschichte, richtig schön eklig. Ich vermute, mehr wolltest du auch gar nicht, als kleine Kinder schrecken.

Lieben Gruß
Hanna
 



 
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