Mein Mantra kleidet nicht - Sonett experimental

Walther

Mitglied
Mein Mantra kleidet nicht, es ist aus Loden,
Umhüllt die Fülle nur bis an den Bug.
Ich bin mir selbst gerecht und auch genug,
Es wirkt der Zwirn sich mir zum Antipoden.

Geschlichen sind klamm heimlich Episoden,
Durch Tür und Tor kam offen der Betrug.
Die Fäden, die ich immer wieder schlug,
Gerieten zu Geplänkel und Methoden.

Greif ich das auf, was ich gern fallen ließ,
Versteift sich mir das Hemd weiß ohne Bügeln.
Krawattenknoten schreien wie am Spieß,

Sie waren rot vor Wut und nicht zu zügeln.
Der Anzug bleibt, was er zu sein verhieß:
Sein Inhalt schlägt mit Ärmeln anstatt Flügeln.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Formal sehe ich ein kleines Problem, wohl bedingt durch die Rechtschreibreform:
Klamm heimlich geschlichen - oder klammheimlich geschlichen?
Wenn es "Klamm heimlich" heißt, komme ich aus der Rhythmik des Gedichtes. Außerdem verdreht sich in mir ein Nervenstrang, bildlich gesprochen.
"Geschlichen sind klamm heimlich Episoden," haben die Episoden kein Geld? (volkstümlich, sie sind klamm und dann heimlich fortgeschlichen?)
Es kann natürlich so gemeint sein und das Gedicht scheint einen Banker und die Währungskrise, sowie seine Bewährungskrise zu beschreiben. (In Island sitzen einige der Banker jetzt ein.)

Es sind die Episoden der letzten Jahre, die am Ende dafür sorgten, dass viele ihre Arbeit verloren, auch ich, weil Banken außer Kontrolle gerieten, und die Wirtschaft nicht mehr funktioniert, was aber von der Politik scheinbar durchaus und euphemistisch ignoriert wird.

Es sind Episoden der Geschichte. Fußnoten.

Für mich zeigt das Gedicht eine Existenzkrise wegen verfehlter Werte. Es ist ein hochpolitisches Gedicht in sehr privatem Gewandt.
 

Walther

Mitglied
Lb. Bernd,

in der Tat ist das klamm heimlich klammheimlich zu lesen, nur schreiben darf man es laut Schlechtschreibung nicht mehr so. Du triffst einen Schwachpunkt des Metrums messerscharf. Wen wundert das? Mich nicht mehr. ;)

Meine Dichtung auf Speed, also Hochgeschwindigkeitsassoziationen durch partiell ironisch/satirisch gewendete Satzwesen, die nicht immer logisch aneinander gereit zu sein scheinen, zu stimulieren, habe ich hier in die Strenge der Sonettform gepackt und zugleich versucht, dessen diskursive Struktur aufrecht zu erhalten. Der Inhalt kann in der Tat als Kritik an den aktuellen Gegebenheiten gelesen werden, das war beabsichtigt.

Sprache kann verbergen und ausziehen, also ver- und entkleiden. Ich wollte beides in interessanter Weise mit einander verbinden. Es scheint wenigstens bei Dir gelungen zu sein, dieses Experiment.

LG W.
 

Walther

Mitglied
Mein Mantra kleidet nicht, es ist aus Loden,
Umhüllt die Fülle nur bis an den Bug.
Ich bin mir selbst gerecht und auch genug,
Es wirkt der Zwirn sich mir zum Antipoden.

Geschlichen sind klammheimlich Episoden,
Durch Tür und Tor kam offen der Betrug.
Die Fäden, die ich immer wieder schlug,
Gerieten zu Geplänkel und Methoden.

Greif ich das auf, was ich gern fallen ließ,
Versteift sich mir das Hemd weiß ohne Bügeln.
Krawattenknoten schreien wie am Spieß,

Sie waren rot vor Wut und nicht zu zügeln.
Der Anzug bleibt, was er zu sein verhieß:
Sein Inhalt schlägt mit Ärmeln anstatt Flügeln.
 



 
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