Mein Schatten und ich

Maria Black

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Wie fühlt sich eine Depression an?
Die meisten Menschen würden nie wagen diese Frage zu stellen. Viel zu groß ist unsere Angst vor den eigenen seelischen Abgründen, über die wir keine Kontrolle haben. Das Wort Depression nimmt sowieso niemand gerne in den Mund. Es erinnert mich immer an Harry Potters \"Du weißt schon wer.\". Ein Wort, dass Unbehagen verbreitet, ein Wort, sie zu knechten, sie alle zu finden, ins Dunkel zu treiben....Ja...du weißt schon. Sobald man das Wort auf der Zunge hat, scheint es kein Zurück mehr zu geben zu einem \"]Sie hat nur etwas Stress in letzter Zeit\" oder einem im Singsang vorgetragenen:\"Auf Regen folgt Sonnenschein!\".
Aber zurück zum Thema. Wie fühlt ES sich an? Nun du kennst doch sicher Peter Pan und seinen Schatten. Sein Schatten spielt Fange mit ihm, will einfach nicht das tun, was von einem Schatten verlangt wird und piesackt Peter. Schlussendlich muss er angenäht werden. Für mich fühlt sich eine Depression so an. Ich habe keinen Schatten, der, wie man von ihm erwarten würde, ein stiller Begleiter durch mein Leben ist, sondern ein außerordentliches Großmaul! Er ist ein schwieriger Zeitgenosse. Sehr leicht reizbar, aufbrausend, rachsüchtig, eifersüchtig und gerissen. Immer muss er sich einmischen. Er flüstert mir Dinge ins Ohr, bringt mich auf düstere Gedanken und bringt mich dazu falsche und verletztende Dinge zu sagen und zu tun. Wenig später erkenne ich mich selbst nicht mehr. Hätte ich ohne ihn so reagiert? Ich rede mir ein: \"Niemals!\", in einem letzten verzweifelten Versuch den Glauben an mich und meine guten Seiten festzuhalten. Aber sicher bin ich mir da nie.

Mein Schatten raubt mir den Blick auf die Sonne oder auf meine Mitmenschen. Er stiehlt mir Wärme, bis es um mich kalt und düster ist. Doch sein liebstes Spiel ist der Abgrund. Dabei lässt er mich am Rand zu einem großen Loch balancieren und wartet darauf, dass ich unaufmerksam bin, dass ich die Balance verliere. Das ist sein Auftritt. Er nimmt Anlauf und stößt mich wie ein Ziegenbock mit seinen Hörnern in den Abgrund. Oh das habe ich ganz vergessen. Manchmal stelle ich mir diesen Schatten in einer Teufelsgestalt vor und obwohl ich in keinster Weise religiös bin, finde ich es auf eine sarkastische Art und Weise passend.(Viele meiner Freunde, also eigentlich fast alle nennen mich Teufel, aber das ist eine andere Geschichte.) Wie auch immer. Ich hasse den Abgrund. Dort bin ich meinen tiefsten Ängsten und meinen größten Selbstzweifeln schutzlos ausgesetzt. Es erscheint unmöglich einen Weg hinaus zu finden. Ich bin gefangen in meinem Selbsthass und je länger ich dort bin, desto stärker wird mein Schatten und es wird immer schwieriger den hinterlistigen Gedanken, die er mir einimpfen will, keinen Glauben zu schenken.
Ich könnte noch ewig weiter erzählen, denn meinem Schatten fällt ständig etwas Neues ein, um mich auf die Probe zu stellen. Aber ich will dich nicht anlügen. Man kann lernen damit umzugehen. Man muss lernen damit umzugehen, um nicht unterzugehen .Man muss lernen sich selbst wieder zu lieben, die kleinen Dinge im Alltag zu genießen und sich zu öffnen. Denn Isolation ist Futter für den Schatten. Es bedeutet eine tägliche Gradwanderung am Abgrund. Es ist anstrengend, nervenaufreibend und immer wieder verliert man das Spiel. Doch wenn man offen ist und darüber redet, strecken sich Hände in den Abgrund, die dir helfen dich wieder aufzurappeln.
Warum ich diesen Text schreibe? Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht. Vielleicht hoffe ich, dass ich nicht alleine bin mit diesem Gefühl(wobei Singular in diesem Fall so harmlos klingt. Eher eine tosende Welle aus Gefühlen, die in einem ohrenbetäubenden Lärm über dir zusammenbricht und dich unter ihr vergräbt). Vielleicht hoffe ich jemanden zu helfen sich nicht alleine damit zu fühlen. Vielleicht tue ich es aber auch einfach, um mir selbst zu helfen. Vielleicht auch, um dir einen, wenn auch nur kleinen, Einblick zu geben, wie es sich anfühlt: Das Leben von meinem Schatten und mir.
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo Maria Black, herzlich Willkommen in der Leselupe!

Schön, dass Du den Weg zu uns gefunden hast. Wir sind gespannt auf Deine weiteren Werke und freuen uns auf einen konstruktiven Austausch mit Dir.

Um Dir den Einstieg zu erleichtern, haben wir im 'Forum Lupanum' (unsere Plauderecke) einen Beitrag eingestellt, der sich in besonderem Maße an neue Mitglieder richtet. http://www.leselupe.de/lw/titel-Leitfaden-fuer-neue-Mitglieder-119339.htm

Ganz besonders wollen wir Dir auch die Seite mit den häufig gestellten Fragen ans Herz legen. http://www.leselupe.de/lw/service.php?action=faq


Viele Grüße von ENachtigall

Redakteur in diesem Forum
 



 
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