Meine Lehrerin und der Flötenwürger

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Hagen

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Meine Lehrerin und der Flötenwürger

Dass ich den Aufsatz über die Mühlen gnadenlos versemmelte, wurde von meinen Eltern nicht sonderlich gerne gesehen. Sie legten Wert drauf, dass ich diese ‘Scharte‘ auswetzte und beim nächsten Thema in Biologie sollte ich gut aufpassen um was fürs Leben zu lernen und den nächsten Aufsatz ganz in Frau Ds. Sinne schreiben.
Nun ja, ich war zwar ehrlich bemüht Interessantes zu lernen, aber etwas untermotiviert, als Frau D. mit den Vögeln entlang kam, die in unseren heimischen Gärten rumflatterten. Mein Interesse erlosch vorzeitig, hatte ich doch von den ‘Bossle's Hell Drivers‘ gehört. Die ‘Original Hell-Drivers-Show‘ war eine Mischung aus Akrobatik, Technik, Automobilschau und spektakulären Stunteinlagen. Präzisionsfahren auf zwei Rädern war angesagt, Formationsfahren, Autocrashs und Überschläge. Das war’s doch und ich begann in dieser Richtung Berufspläne zu schmieden.
Gewiss, meine Mutter und mein holdes Schwesterlein pflegten brav die Vögel im Garten zu füttern, aber den Dreck, besonders den der blöden Tauben, wegmachen konnte ich.
Da mein Schwesterlein beim Füttern der Vögel stets vergaß die Tür zu schließen, nahm Philipp, unser blauer Wellensittich, mal die Gelegenheit wahr in die Freiheit zu entfliegen und sich einem Schwarm Spatzen anzuschließen. Anschließend gab es einige leicht bläulich eingefärbte Spatzen mit etwas längeren Schwänzen als bei Spatzen allgemein üblich, zu bestaunen.
Als ich diese Episode aus dem Leben Philipps erwähnte, hielt Frau D. mich für verrückt, weil sie sowas noch nicht gehört hatte. Das Gleiche bezog sich auf die Tatsache, dass ‘unser Dompfaff‘ immer mit seiner Frau zum Essen erschien. Da hatte sie auch noch nie was von gehört. Wohl aber davon, dass der Lebensraum der Rohrdommel zunehmend kleiner wird, weil der böse Mensch angefangen hat. die Moore und Sümpfe, den bevorzugten Lebensraum besagter Rohrdommeln, trocken zulegen. Interessant fand ich im Bezug auf Rohrdommeln nur, dass die Männchen für die Revierverteidigung zuständig sind und er sich mit mehreren Mädels seiner Art zu paaren pflegt, aber das habe ich später selbständig recherchiert, Frau D. erwähnte das nicht. Sicher aus pädagogischen Gründen, weil sich die Jungs zunehmend mehr für die Mädchen nicht nur unserer Klasse interessierten als für irgendwelche ursprünglich scheue Waldvögel, welche bei der Nahrungssuche nach Kerbtieren graben und dabei Blätter mit dem Schnabel zur Seite schleudern.
Nun ja, von mir aus konnten die unsittlichen Rohrdommeln aussterben wie die Saurier dereinst und Frau D. konnte mich sonst wo dommeln, anstatt vor einer müden Klasse vorsichinzudommeln.
Zum Glück fiel mir noch ein, dass es irgendwo in Australien die Loris, das sind Honigpapageien, die sich ausschließlich vegetarisch ernähren, gibt. Doch die Loris haben ein verhängnisvolles Laster: den Alkohol!
Einmal im Jahr fallen Hunderte Papageien wie betrunken vom Himmel. Wie beschwipst hüpfen und torkeln die bunten Loris durch die Gegend, kaum in der Lage zu fliegen. Viele von ihnen haben keine Orientierung mehr und werden sogar bewusstlos. Man kann davon ausgehen, dass die Papageien einen Alkoholrausch betreiben, der auf das Knabbern an altem, gärigen Obst zurückzuführen ist.
Frau D. wollte davon nichts wissen und verwies auf die niedlichen Schwanzmeisen, die in kleinen Trupps zwitschernd umherziehen.
Dann doch lieber zu den Hell Drivers und spektakuläre Stunts fahren! Die zogen auch umher und zwitscherten sich sicher ab und zu auch mal einen.
Na, gut, Frau D. dommelte vor sich hin, nicht nur ich schlief mit offenen Augen und interessiertem Gesichtsausdruck, wähnte mich bei der ‘Original Hell-Drivers-Show’ um spektakuläre Autocrashs und Überschläge zu absolvieren, während die Mädels entzückende Anekdoten von Vögeln erzählten, die aus der Hand fraßen.
Mein Gott, aber ich hielt schonungslos durch und hoffte darauf, dass diesmal kein Aufsatz folgen möge. Weit gefehlt, der Aufsatz folgte unbarmherzig; - wir mussten einen Vogel veranschaulichen.
Über das Rohrdommelmännchen, das mehrere Weibchen begattet, wollte ich, da Frau D. diese Nummer mit Sicherheit falsch aufgefasst hätte, nicht unbedingt schreiben.
Also besorgte ich mir umfangreiches Material über Vögel aus der Leihbücherei und stolperte bei deren Studium über die ‘Würger‘ im allgemeinen und den ‘Flötenwürger‘ (Laniarus ferrugineus) im Speziellen.
Egal, denn schon allein die Namen ‘Würger‘ fand ich interessant. Im Gegensatz zu anderen Würgern wie zum Beispiel dem Büffelkopfwürger, dem Keilschwanzwürger, dem Fiskalwürger und so weiter, die auffällig auf einem Ast sichtbar rumsitzen, ist der Flötenwürger eher schüchtern und führt eine versteckte Lebensweise. Am Boden bewegt sich der Flötenwürger äußerst geschickt und flink. Flötenwürger leben ausgesprochen einzelgängerisch oder sind zuweilen auch paarweise anzutreffen. Erfolgt eine Verpaarung, so hält diese Ehe jedoch, im Gegensatz zu den Rohrdommeln, ein Leben lang. Stirbt ein Partner, so erfolgt in der Regel jedoch eine Neuverpaarung. Ebenso, dass der Gesang des Flötenwürgers beim Menschen einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen soll, weil er mit seinem Weibchen im Duett singt, wobei die Impression eines harmonischen Ganzen, einer eindrucksvollen Melodie entsteht!
So oder ähnlich schrieb ich damals und versemmelte den Aufsatz natürlich auch, weil Frau D. den Flötenwürger nicht kannte, behauptete, ich hätte mir das ausgedacht, aber meinte, dass ich einen heimischen Vogel hätte beschreiben sollen, wie alle Anderen aus der Klasse auch, Amsel, Drossel, Fink und Star zum Beispiel.
Da wir gerade bei Würgern sind, frage ich den geneigten Leser, ob er sich vorstellen kann, wen ich am liebsten würgen wurde …
 

Hagen

Mitglied
Meine Lehrerin und der Flötenwürger

Dass ich den Aufsatz über die Mühlen gnadenlos versemmelte, wurde von meinen Eltern nicht sonderlich gerne gesehen. Sie legten Wert drauf, dass ich diese ‘Scharte‘ auswetzte und beim nächsten Thema in Biologie sollte ich gut aufpassen um was fürs Leben zu lernen und den nächsten Aufsatz ganz in Frau Ds. Sinne schreiben.
Nun ja, ich war zwar ehrlich bemüht Interessantes zu lernen, aber etwas untermotiviert, als Frau D. mit den Vögeln entlang kam, die in unseren heimischen Gärten rumflatterten. Mein Interesse erlosch vorzeitig, hatte ich doch von den ‘Bossle's Hell Drivers‘ gehört. Die ‘Original Hell-Drivers-Show‘ war eine Mischung aus Akrobatik, Technik, Automobilschau und spektakulären Stunteinlagen. Präzisionsfahren auf zwei Rädern war angesagt, Formationsfahren, Autocrashs und Überschläge. Das war’s doch und ich begann in dieser Richtung Berufspläne zu schmieden.
Gewiss, meine Mutter und mein holdes Schwesterlein pflegten brav die Vögel im Garten zu füttern, aber den Dreck, besonders den der blöden Tauben, wegmachen konnte ich.
Da mein Schwesterlein beim Füttern der Vögel stets vergaß die Tür zu schließen, nahm Philipp, unser blauer Wellensittich, mal die Gelegenheit wahr in die Freiheit zu entfliegen und sich einem Schwarm Spatzen anzuschließen. Anschließend gab es einige leicht bläulich eingefärbte Spatzen mit etwas längeren Schwänzen als bei Spatzen allgemein üblich, zu bestaunen.
Als ich diese Episode aus dem Leben Philipps im Unterricht erwähnte, hielt Frau D. mich für verrückt, weil sie sowas noch nicht gehört hatte. Das Gleiche bezog sich auf die Tatsache, dass ‘unser Dompfaff‘ immer mit seiner Frau zum Essen erschien. Da hatte sie auch noch nie was von gehört. Wohl aber davon, dass der Lebensraum der Rohrdommel zunehmend kleiner wird, weil der böse Mensch angefangen hat, die Moore und Sümpfe, den bevorzugten Lebensraum besagter Rohrdommeln, trocken zulegen. Interessant fand ich im Bezug auf Rohrdommeln nur, dass die Männchen für die Revierverteidigung zuständig sind und er sich mit mehreren Mädels seiner Art zu paaren pflegt, aber das habe ich später selbständig recherchiert. Frau D. erwähnte das nicht. Sicher aus pädagogischen Gründen, weil sich die Jungs zunehmend mehr für die Mädchen nicht nur unserer Klasse interessierten, als für irgendwelche ursprünglich scheue Waldvögel, welche bei der Nahrungssuche nach Kerbtieren graben und dabei Blätter mit dem Schnabel zur Seite schleudern. Wie interessant.
Nun ja, von mir aus konnten die unsittlichen Rohrdommeln aussterben wie die Saurier dereinst und Frau D. konnte mich sonst wo dommeln, anstatt vor einer müden Klasse vorsichinzudommeln, pardon, zu unterrichten.
Zum Glück fiel mir noch ein, dass es irgendwo in Australien die Loris, das sind kleine Honigpapageien, die sich ausschließlich vegetarisch ernähren, gibt. Doch die niedlichen Loris haben ein verhängnisvolles Laster: Den Alkohol!
Einmal im Jahr fallen Hunderte Papageien betrunken vom Himmel. Beschwipst hüpfen und torkeln die bunten Loris durch die Gegend, kaum in der Lage zu fliegen. Viele von ihnen haben keine Orientierung mehr und werden sogar im Vollrausch bewusstlos. Man kann davon ausgehen, dass die Papageien einen Alkoholrausch betreiben, der auf das Knabbern an altem, gärigen Obst zurückzuführen ist.
Frau D. wollte davon nichts wissen und verwies auf die niedlichen Schwanzmeisen, die in kleinen Trupps zwitschernd umherziehen.
Dann doch lieber zu den Hell Drivers und spektakuläre Stunts fahren! Die zogen auch umher und zwitscherten sich sicher ab und zu auch mal einen.
Na, gut, Frau D. dommelte vor sich hin, nicht nur ich schlief mit offenen Augen, interessiertem Gesichtsausdruck und angespannter Gelassenheit, wähnte mich bei der ‘Original Hell-Drivers-Show’ um spektakuläre Autocrashs und Überschläge zu absolvieren, während die Mädels entzückende Anekdoten von Vögeln erzählten, die aus der Hand fraßen. War auch hochinteressant.
Mein Gott, aber ich hielt schonungslos durch und hoffte darauf, dass diesmal kein Aufsatz folgen möge. Weit gefehlt, der Aufsatz folgte unbarmherzig; - wir mussten einen Vogel veranschaulichen.
Über das Rohrdommelmännchen, das mehrere Weibchen begattet, wollte ich, da Frau D. diese Nummer mit Sicherheit falsch aufgefasst hätte, nicht unbedingt schreiben.
Also besorgte ich mir umfangreiches Material über Vögel aus der Leihbücherei, da mir der Stoff aus dem Unterricht in keinem und keinstem Fall bemerkenswert erschien und stolperte bei deren Studium über die ‘Würger‘ im allgemeinen und den ‘Flötenwürger‘ (Laniarus ferrugineus) im Speziellen.
Egal, denn schon allein die Namen ‘Würger‘ fand ich interessant. Im Gegensatz zu anderen Würgern wie zum Beispiel dem Büffelkopfwürger, dem Keilschwanzwürger, dem Fiskalwürger und so weiter, die auffällig auf einem Ast sichtbar rumsitzen, ist der Flötenwürger eher schüchtern und führt eine versteckte Lebensweise. Am Boden bewegt sich der Flötenwürger äußerst geschickt und flink. Flötenwürger leben ausgesprochen einzelgängerisch oder sind zuweilen auch paarweise anzutreffen, was meiner Mentalität bis heute in Etwa nahekommt. Erfolgt eine Verpaarung, so hält diese Ehe jedoch, im Gegensatz zu den Rohrdommeln, ein Leben lang. Stirbt ein Partner, so erfolgt in der Regel jedoch eine Neuverpaarung. Ebenso, dass der Gesang des Flötenwürgers beim Menschen einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen soll, weil er mit seinem Weibchen einträchtig im Duett singt, wobei die Impression eines harmonischen Ganzen, einer eindrucksvollen Melodie entsteht! Leider lebt und würgt der Flötenwürger in Afrika.
Aber egal, ich hielt den Aufsatz im positiven Sinne, hatte ich doch selbständig recherchiert, für ausgesprochen zielführend, denn ich sollte ja einen Vogel veranschaulichen, wobei es keine Rolle spielte, wo der Vogel lebt; - glaubte ich.
Jedenfalls schrieb ich damals so oder ähnlich und versemmelte den Aufsatz natürlich auch grandios, weil Frau D. den Flötenwürger nicht kannte, behauptete, ich hätte mir den sogenannten Flötenwürger in meiner überbordenden Fantasie, die nicht gefragt war, nur ausgedacht, und meinte, dass ich einen heimischen Vogel hätte beschreiben sollen, wie alle Anderen aus der Klasse auch, Amsel, Drossel, Fink und Star zum Beispiel.

Da wir gerade bei Würgern sind, frage ich den geneigten Leser, ob er sich vorstellen kann, wen ich am liebsten würgen wurde …
 

Hagen

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Meine Lehrerin und der Flötenwürger

Dass ich den Aufsatz über die Mühlen gnadenlos versemmelte, wurde wiederum von meinen Eltern nicht sonderlich gerne gesehen. Sie legten Wert drauf, dass ich diese ‘Scharte‘ auswetzte und beim nächsten Thema in Biologie sollte ich gut aufpassen um was fürs Leben zu lernen und den nächsten Aufsatz ganz in Frau Ds. Sinne schreiben.
Nun ja, ich war zwar ehrlich bemüht Interessantes zu lernen, guten Willens, den folgenden Aufsatz in Frau Ds, Sinne zu schreiben aber etwas untermotiviert, als Frau D. mit den Vögeln entlang kam, die in unseren heimischen Gärten rumflatterten. Mein Interesse erlosch vorzeitig komplett, hatte ich doch zu etwa diesem Zeitpunkt von den ‘Bossle's Hell Drivers‘ gehört. Die ‘Original Hell-Drivers-Show‘ war eine Mischung aus Akrobatik, Technik, Automobilschau und spektakulären Stunteinlagen. Präzisionsfahren auf zwei Rädern war angesagt, Formationsfahren, Autocrashs und Überschläge. Das war’s doch und ich begann in dieser Richtung Berufspläne zu schmieden.
Gewiss, meine Mutter und mein holdes Schwesterlein pflegten brav die Vögel im Garten zu füttern, aber den Dreck, besonders den der blöden Tauben, wegmachen konnte ich.
Da mein Schwesterlein beim Füttern der Vögel stets vergaß die Tür zu schließen, nahm Philipp, unser blauer Wellensittich, mal die Gelegenheit wahr in die Freiheit zu entfliegen und sich einem Schwarm Spatzen anzuschließen. Das konnte ich ihm nicht verdenken. Anschließend gab es einige leicht bläulich eingefärbte Spatzen mit etwas längeren Schwänzen als bei Spatzen allgemein üblich, zu bestaunen. Das fiel, glaube ich, nur mir auf, hielt es aber nicht für erwähnenswert.
Als ich diese Episode aus dem Leben Philipps im Unterricht trotzdem erwähnte, hielt Frau D. mich für verrückt, weil sie sowas noch nicht gehört hatte. Das Gleiche bezog sich auf die Tatsache, dass ‘unser Dompfaff‘ immer mit seiner Frau bei uns zum Essen erschien. Da hatte sie auch noch nie was von gehört. Wohl aber davon, dass der Lebensraum der Rohrdommel zunehmend kleiner wird, weil der böse Mensch angefangen hat, die Moore und Sümpfe, den bevorzugten Lebensraum besagter Rohrdommeln, trocken zulegen. Interessant fand ich im Bezug auf Rohrdommeln nur, dass die Männchen für die Revierverteidigung zuständig sind und er sich mit mehreren Mädels seiner Art zu paaren pflegt, aber das habe ich später selbständig recherchiert. Frau D. erwähnte das nicht. Sicher aus pädagogischen Gründen, weil sich die Jungs zunehmend mehr für die Mädchen nicht nur unserer Klasse interessierten, als für irgendwelche ursprünglich scheue Waldvögel, welche bei der Nahrungssuche nach Kerbtieren graben und dabei Blätter mit dem Schnabel zur Seite schleudern. Wie interessant.
Nun ja, von mir aus konnten die unsittlichen Rohrdommeln aussterben wie die Saurier dereinst und Frau D. konnte mich sonst wo dommeln, anstatt vor einer müden Klasse vorsichinzudommeln, pardon, zu unterrichten, zum Beispiel darüber, dass die Tannenmeise von der Sumpfmeise nur schwer zu unterscheiden ist.
Zum Glück fiel mir noch ein, dass es irgendwo in Australien die Loris, das sind kleine Honigpapageien, die sich ausschließlich vegetarisch ernähren, gibt. Doch die niedlichen Loris haben ein verhängnisvolles Laster: Den Alkohol!
Einmal im Jahr fallen Hunderte Papageien betrunken vom Himmel. Beschwipst hüpfen und torkeln die bunten Loris durch die Gegend, kaum in der Lage zu fliegen. Viele von ihnen haben keine Orientierung mehr und werden sogar im Vollrausch bewusstlos. Man kann davon ausgehen, dass die Papageien einen Alkoholrausch betreiben, der auf das Knabbern an altem, gärigen Obst zurückzuführen ist.
Frau D. wollte davon nichts wissen und verwies auf die niedlichen Schwanzmeisen, die in kleinen Trupps zwitschernd umherziehen.
Dann doch lieber zu den Hell Drivers und spektakuläre Stunts fahren! Die zogen auch umher und zwitscherten sich sicher ab und zu auch mal einen.
Na, gut, Frau D. dommelte vor sich hin, nicht nur ich schlief mit offenen Augen, interessiertem Gesichtsausdruck und angespannter Gelassenheit, wähnte mich bei der ‘Original Hell-Drivers-Show’ um spektakuläre Autocrashs und Überschläge zu absolvieren, während die Mädels entzückende Anekdoten von Vögeln erzählten, die aus der Hand fraßen. War auch hochinteressant.
Mein Gott, aber ich hielt schonungslos durch und hoffte darauf, dass diesmal kein Aufsatz folgen möge. Weit gefehlt, der Aufsatz folgte unbarmherzig; - wir mussten ‘einen Vogel‘ veranschaulichen, wohlgemerkt einen Vogel, was ich als irgendeinen Vogel auffasste, der irgendwo auf unserem Planeten rumflatterte.
Über das Rohrdommelmännchen, das mehrere Weibchen begattet, wollte ich, da Frau D. diese Nummer mit Sicherheit falsch aufgefasst hätte, nicht unbedingt schreiben.
Auf die Honigpapageien, die ab und zu voll des vergorenen Nektars mit Besoffenheit vom Himmel fielen, verzichtete ich auch generös, da Frau D. dem Alkohol, als unbarmherzige Pädagogin, ausnahmslos abgeneigt war.
Also besorgte ich mir umfangreiches Material über Vögel aus der Leihbücherei, da mir der Stoff aus dem Unterricht in keinem und keinstem Fall bemerkenswert erschien, deshalb auch nicht in meinem Gedächtnis haften geblieben war und stolperte bei deren Studium der gehobenen Ornithologie und Taxonomie der Vögel über die ‘Würger‘ im allgemeinen und den ‘Flötenwürger‘ (Laniarus ferrugineus) im Speziellen.
Egal, denn schon allein die Namen ‘Würger‘ fand ich interessant. Im Gegensatz zu anderen Würgern wie zum Beispiel dem Büffelkopfwürger, dem Keilschwanzwürger, dem Fiskalwürger und so weiter, die auffällig auf einem Ast gut sichtbar rumsitzen, ist der Flötenwürger eher schüchtern und führt eine versteckte Lebensweise. Am Boden bewegt sich der Flötenwürger äußerst geschickt und flink. Flötenwürger leben ausgesprochen einzelgängerisch oder sind zuweilen auch paarweise anzutreffen, was meiner Mentalität bis heute in Etwa nahekommt. Erfolgt eine Verpaarung, so hält diese Ehe jedoch, im Gegensatz zu den Rohrdommeln, ein Leben lang. Stirbt ein Partner, so erfolgt in der Regel jedoch eine Neuverpaarung. Ebenso, dass der Gesang des Flötenwürgers beim Menschen einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen soll, weil er mit seinem Weibchen einträchtig im Duett singt, wobei die Impression eines harmonischen Ganzen, einer eindrucksvollen Melodie entsteht! Leider lebt, singt und würgt der Flötenwürger in Afrika.
Aber egal, ich hielt den Aufsatz im positiven Sinne, hatte ich doch selbständig recherchiert, für ausgesprochen zielführend, denn ich sollte ja einen Vogel veranschaulichen, wobei es keine Rolle spielte, wo der Vogel lebt; - glaubte ich.
Jedenfalls schrieb ich damals so oder ähnlich und versemmelte den Aufsatz natürlich auch grandios, weil Frau D. den Flötenwürger nicht kannte, behauptete, ich hätte mir den sogenannten Flötenwürger in meiner überbordenden Fantasie, die nicht gefragt war, nur ausgedacht, und meinte, dass ich einen heimischen Vogel hätte beschreiben sollen, wie alle Anderen aus der Klasse auch, Amsel, Drossel, Fink und Star zum Beispiel.

Da wir gerade bei Würgern sind, frage ich den geneigten Leser, ob er sich vorstellen kann, wen ich am liebsten würgen wurde …
 



 
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