Metall-Geschichte

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monti

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Metall

Das Stück Metall, das Knut in die Quere kommen sollte, hatte die Form und Größe einer Zigarettenschachtel. Es lag auf einem Sandweg im Park. Ich weiß, so beginnen fast alle Geschichten, die mit Metall zu tun haben, aber diese ist wirklich ganz anders. Knut kam pfeifend des Weges und wurde auf das Stück Metall aufmerksam, nachdem er darüber gestolpert war. Wütend drehte er sich um und stieß es mit dem Fuß beiseite. Da machte es Klonk. Knut blieb stehen, er hatte eigentlich ein dumpfes Geräusch erwartet und nicht ein so helles wie Klonk.
Haben Sie jemals so ein Geräusch gehört? Bestimmt nicht. Ich aber hörte es, damals, ich war noch jung, und die Werklehrerin, Frau Tetzlaff, deren Figur einem Fass auf Stelzen glich, sie ließ ein Stück Metall fallen. Das machte ebenfalls Klonk, als es auf den Brettern des Werkraums aufschlug und gegen Menzendorfs Schienbein sprang. Der brüllte vor Schmerz. Frau Tetzlaff hob das Metall hoch und sagte: „Stell dich nicht so an.“
Immer wenn ich das Geräusch Klonk höre, folgen der Schrei von Menzendorf und die Worte von Frau Tetzlaff. Und manchmal, wenn jemand sagt: „Stell dich nicht so an“, höre ich das Geräusch Klonk. Aber das kommt seltener vor.

Zurück zu Knut. Der hatte inzwischen das Metall in die Hand genommen und überlegte im Weitergehen, was er damit machen könnte. Als er über den Hof schritt, wo er in einem der grauen Mietshäuser wohnte, begegnete er dem Hausmeister Peters, einem Mann mit einer bedenklichen Zahnlücke. Der heftete seinen Blick auf das Metall und sagte zu Knut: „Das kauf ich dir ab, mein Junge! Ich brauche es als Kopf-beschwerer.“
Jawohl, er sagte wirklich Kopfbeschwerer. Frau Jensen, die gerade vorbeikam, kann es bestätigen, sie fragte nämlich: „Was ist denn ein Kopfbeschwerer?“ Frau Jensen ist Lehrerin an der hiesigen Berufsschule.
„Meine Frau ist so leichtsinnig. Sie braucht einen Kopfbeschwerer“, sagte Herr Peters und zog von dannen, nachdem er Knut ein großes Geldstück in die Hand gedrückt hatte.
Knut warf es lachend in die Luft und fing es auf. Zufrieden öffnete er zu Hause ein Bier und trank es in drei Zügen leer. Was aus dem Metall wurde, interessierte ihn nicht sonderlich, aber im Vorbeigehen hörte er einmal, wie der Hausmeister zu Frau Jensen sagte:
„Der Kopfbeschwerer hat meiner Frau gut getan. Sie liest nicht mehr so viele Romane, und sie tut mehr Salz in die Suppe.“
Damit endet die Geschichte. Haben Sie gemerkt? Die Geschichte endet nicht so traurig wie andere Metall-Geschichten. Endlich mal eine, die zu einem Happy-end führt. Für eine Metall-Geschichte doch ganz ordentlich, oder?
 

Gandl

Mitglied
Hi monti,
eine hübsche, kleine, sorgfältig gearbeitete Text-Spielerei – in die du des Lesers Erwartungshaltung nett-ranschmeißerisch eingearbeitet hast.
Hat Spaß gemacht, es zu lesen.
Gruß
Gandl
P.S.: Willkommen in der LeLu!
 
K

Kasoma

Gast
Lieber Monti, eine tolle Geschichte, lange hier nicht mehr so etwas cooles gelesen! Ausgezeichnet, für mich passt alles...nur der Titel ist nicht so ansprechend...

Lieber Gruß von Kasoma
 



 
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