Mit Snow im Wunderland

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Anonym

Gast
Ich war im Katzenhaus und habe Snow adoptiert. Ihr stiller, prüfender Blick hatte mich eingenommen. Aller Anfang ist schwer. Meine weiße Katzengefährtin ist gehörlos und bringt als Fundtier geschätzte zehn Jahre unbekannter Vergangenheit mit. Über mich wußte sie allerdings ebenso wenig, als ich sie zu mir nach Hause mitnahm, außer vielleicht ein allererstes Ergebnis ihrer Prüfung. Vertrautheit braucht Zeit und gemeinsames Leben.

Neulich bei dem heftigen Sturm bin ich einmal richtig durchnäßt und habe mich nach dem Abtrocknen ein Stündchen aufs Bett gelegt. Mein Schneewittchen saß vor dem Schlafzimmerfenster, beobachtete fasziniert die wild tanzenden Zweige am Baum davor, sah aber auch öfter mit einem abschätzenden Blick zum Kleiderschrank hoch, wo ich einige Reisetaschen und noch ein paar Kleinigkeiten abgestellt habe Die Taschen am Rand versperrten Snow die Möglichkeit zum Aufsprung, obwohl sie ihn gern gewagt hätte. Ich schob alles ein Stück zurück und klopfte einladend mit der Hand auf die Holzoberfläche. Sieh an - Snow hatte offenbar nur darauf gewartet, nahm Maß und sprang. Ich hörte ihre Krallen eifrig kritzeln, sie lief hin und her, zog ihren buschigen Schwanz durch etwas Staub und begutachtete neugierig die Taschen. Ihre Transportsänfte war noch geöffnet. Ja Snow, so hat alles angefangen, damit bist du vor zwei Monaten bei mir eingezogen. Sie entdeckte einen leeren Seifenkarton, schnupperte und kickte ihn übermütig vor sich her, bis er vom Schrank purzelte. Sie blieb jedoch oben, viel zu interessant und neu war es dort. Ein Sonnenstrahl brach durch die dichten Wolken und erhellte den ganzen Raum für einen Moment.

Plötzlich sah ich wieder die Dachbodenluke im Flur meiner Kindheit. Meine Omi stellte eine Leiter an und nahm mich mit hinauf. Etwas Licht fiel durch ein kleines Dachfenster in diese stille, staubige Welt, gerade so wie jetzt durch mein kleines Schlafzimmerfenster. Überall standen Kisten und Koffer herum, ich durfte alles öffnen und ansehen. Es fand sich vieles "von früher", so wie jetzt für Snow die Tasche, mit der alles begann. Alte Kleidung, Spielzeug, so wie für Snow das Seifenkörbchen mit der duftenden Schachtel.
Damals hatte mir meine Omi hilfreich die Luke geöffnet und den Weg über die wacklige Holzleiter gezeigt, den Durchgang in eine spannende Traumwelt mit viel Kram, zwischen dem ich mich vorsichtig bewegte, und der schlummernd nur auf mich gewartet hatte. Überall roch es nach dem Abenteuer von längst Vergangenem, selbst ein Zwerg oder eine Elfe hätten mich nicht verwundert. Ich glaubte plötzlich zu wissen, wie Snow sich jetzt fühlte. Und ich hatte ihr die Luke öffnen und den Weg zeigen dürfen!
Als ich nach einer Weile erwachte, hatte Snow es sich da oben auf einer weichen Reisetasche bequem gemacht, die mit mir schon an Nord- und Ostsee war. Snows Gewicht formte eine sanfte Delle hinein, in der sie nun schlief. Ja mein Schneewittchen, das Erlebnis hatte ich aufbewahrt, ein Geschenk meiner Omi an mich vor vielen Jahrzehnten, Nun konnte ich es weitergeben an Dich, die es damals noch gar nicht gab.

Wo Snow wohl in ihren ersten zehn Lebensjahren war? Beim Fund an der Autobahn war sie verstört und verwahrlost, jedoch muß sie wohl ursprünglich mit Menschen sozialisiert worden sein.
Wer stellt so ein weißes Engelchen an der Autobahn ab? Und warum? In meiner Vorstellung sucht ihr ehemaliger Besitzer heute ruhelos und von Reue getrieben überall nach ihr. Anders kann ich es mir nicht vorstellen. Lebt sie noch? Wer mag ihr zu essen geben und das Gesichtchen mit dem kindlichen Ausdruck streicheln?
Vielleicht sucht auch ein Kind nach ihr und vermißt sie. Hergeben würde ich sie nicht mehr, aber das Kind würde ich auf ein Stück Kuchen zu mir einladen und Snow wiedersehen lassen. Zur Beruhigung, um endlich Frieden zu finden.

Vielleicht war aber auch alles ganz anders - Snow kann mir ja nichts erzählen. Nicht einmal sie selbst wird es noch wissen, die Vergangenheit wirkt nur ein bißchen nach, wie ein geheimnisvoller Dachboden mit Sachen von früher...
 

anbas

Mitglied
Hallo Anonoymous,

mir gefällt dieser Text - allerdings nur etwa die ersten zwei Drittel. Den Rest, in dem darüber nachgedacht wird, wie es dem Tier ergangen ist, bevor es vom Prot aufgenommen wurde, braucht es nicht.

Aus meiner Sicht könnte der Text sogar mit "Nun konnte ich es weitergeben an Dich, die es damals noch gar nicht gab" enden (übrigens hast Du vor diesem Satz versehentlich ein Komma statt Punkt gesetzt). Diesen Satz - falls er denn zum Abschluss stehen sollte - würde ich aber dann noch etwas schlichter formulieren und die direkte Anrede weglassen (das ist alles für mich "zu viel des Guten"), z.B. "Nun konnte ich das alles an Snow weitergeben."

Liebe Grüße

Andreas
 

Anonym

Gast
Ich war im Katzenhaus und habe Snow adoptiert. Ihr stiller, prüfender Blick hatte mich eingenommen. Aller Anfang ist schwer. Meine weiße Katzengefährtin ist gehörlos und bringt als Fundtier geschätzte zehn Jahre unbekannter Vergangenheit mit. Über mich wußte sie allerdings ebenso wenig, als ich sie zu mir nach Hause mitnahm, außer vielleicht ein allererstes Ergebnis ihrer Prüfung. Vertrautheit braucht Zeit und gemeinsames Leben.

Neulich bei dem heftigen Sturm bin ich einmal richtig durchnäßt und habe mich nach dem Abtrocknen ein Stündchen aufs Bett gelegt. Mein Schneewittchen saß vor dem Schlafzimmerfenster, beobachtete fasziniert die wild tanzenden Zweige am Baum davor, sah aber auch öfter mit einem abschätzenden Blick zum Kleiderschrank hoch, wo ich einige Reisetaschen und noch ein paar Kleinigkeiten abgestellt habe Die Taschen am Rand versperrten Snow die Möglichkeit zum Aufsprung, obwohl sie ihn gern gewagt hätte. Ich schob alles ein Stück zurück und klopfte einladend mit der Hand auf die Holzoberfläche. Sieh an - Snow hatte offenbar nur darauf gewartet, nahm Maß und sprang. Ich hörte ihre Krallen eifrig kritzeln, sie lief hin und her, zog ihren buschigen Schwanz durch etwas Staub und begutachtete neugierig die Taschen. Ihre Transportsänfte war noch geöffnet. Ja Snow, so hat alles angefangen, damit bist du vor zwei Monaten bei mir eingezogen. Sie entdeckte einen leeren Seifenkarton, schnupperte und kickte ihn übermütig vor sich her, bis er vom Schrank purzelte. Sie blieb jedoch oben, viel zu interessant und neu war es dort. Ein Sonnenstrahl brach durch die dichten Wolken und erhellte den ganzen Raum für einen Moment.

Plötzlich sah ich wieder die Dachbodenluke im Flur meiner Kindheit. Meine Omi stellte eine Leiter an und nahm mich mit hinauf. Etwas Licht fiel durch ein kleines Dachfenster in diese stille, staubige Welt, gerade so wie jetzt durch mein kleines Schlafzimmerfenster. Überall standen Kisten und Koffer herum, ich durfte alles öffnen und ansehen. Es fand sich vieles "von früher", so wie jetzt für Snow die Tasche, mit der alles begann. Alte Kleidung, Spielzeug, so wie für Snow das Seifenkörbchen mit der duftenden Schachtel.
Damals hatte mir meine Omi hilfreich die Luke geöffnet und den Weg über die wacklige Holzleiter gezeigt, den Durchgang in eine spannende Traumwelt mit viel Kram, zwischen dem ich mich vorsichtig bewegte, und der schlummernd nur auf mich gewartet hatte. Überall roch es nach dem Abenteuer von längst Vergangenem, selbst ein Zwerg oder eine Elfe hätten mich nicht verwundert. Ich glaubte plötzlich zu wissen, wie Snow sich jetzt fühlte. Und ich hatte ihr die Luke öffnen und den Weg zeigen dürfen!
Als ich nach einer Weile erwachte, hatte Snow es sich da oben auf einer weichen Reisetasche bequem gemacht, die mit mir schon an Nord- und Ostsee war. Snows Gewicht formte eine sanfte Delle hinein, in der sie nun schlief. Ja mein Schneewittchen, das Erlebnis hatte ich aufbewahrt, ein Geschenk meiner Omi an mich vor vielen Jahrzehnten, Nun konnte ich das alles weitergeben - an Snow.
 

Anonym

Gast
Hallo Andreas, tatsächlich hatte ich die Geschichte schon vor dem Einstellen erheblich gekürzt.Ursprünglich war sie für das Forum Tagebuch gedacht. Die letzten Monate mit dem Verlust meiner langjährigen Katzengefährtin und dann dem Wagnis, ein Problemtier aufzunehmen, hatten die Geschichte wahrhaftig ausufern lassen. Da ich mir stille Anteilnahme wünschte, habe ich anonym veröffentlicht. Ich glaube, Du hast recht: am besten kann ein "runder" Text mit einem einzigen, besonderen Erlebnis Leser erreichen, weil er weder überfordert noch die Aufmerksamkeit zu sehr spaltet. Ich werde Deinem Rat, den Du mir mit Deinem Blick von außen gibst, einfach folgen und danke Dir. LG Anonymus
 

anbas

Mitglied
Freut mich, dass ich weiterhelfen konnte. Jetzt fehlt nur noch der Punkt (statt Komma) hinter "Jahrzehnten" ... ;)
 

Anonym

Gast
Ich war im Katzenhaus und habe Snow adoptiert. Ihr stiller, prüfender Blick hatte mich eingenommen. Aller Anfang ist schwer. Meine weiße Katzengefährtin ist gehörlos und bringt als Fundtier geschätzte zehn Jahre unbekannter Vergangenheit mit. Über mich wußte sie allerdings ebenso wenig, als ich sie zu mir nach Hause mitnahm, außer vielleicht ein allererstes Ergebnis ihrer Prüfung. Vertrautheit braucht Zeit und gemeinsames Leben.

Neulich bei dem heftigen Sturm bin ich einmal richtig durchnäßt und habe mich nach dem Abtrocknen ein Stündchen aufs Bett gelegt. Mein Schneewittchen saß vor dem Schlafzimmerfenster, beobachtete fasziniert die wild tanzenden Zweige am Baum davor, sah aber auch öfter mit einem abschätzenden Blick zum Kleiderschrank hoch, wo ich einige Reisetaschen und noch ein paar Kleinigkeiten abgestellt habe Die Taschen am Rand versperrten Snow die Möglichkeit zum Aufsprung, obwohl sie ihn gern gewagt hätte. Ich schob alles ein Stück zurück und klopfte einladend mit der Hand auf die Holzoberfläche. Sieh an - Snow hatte offenbar nur darauf gewartet, nahm Maß und sprang. Ich hörte ihre Krallen eifrig kritzeln, sie lief hin und her, zog ihren buschigen Schwanz durch etwas Staub und begutachtete neugierig die Taschen. Ihre Transportsänfte war noch geöffnet. Ja Snow, so hat alles angefangen, damit bist du vor zwei Monaten bei mir eingezogen. Sie entdeckte einen leeren Seifenkarton, schnupperte und kickte ihn übermütig vor sich her, bis er vom Schrank purzelte. Sie blieb jedoch oben, viel zu interessant und neu war es dort. Ein Sonnenstrahl brach durch die dichten Wolken und erhellte den ganzen Raum für einen Moment.

Plötzlich sah ich wieder die Dachbodenluke im Flur meiner Kindheit. Meine Omi stellte eine Leiter an und nahm mich mit hinauf. Etwas Licht fiel durch ein kleines Dachfenster in diese stille, staubige Welt, gerade so wie jetzt durch mein kleines Schlafzimmerfenster. Überall standen Kisten und Koffer herum, ich durfte alles öffnen und ansehen. Es fand sich vieles "von früher", so wie jetzt für Snow die Tasche, mit der alles begann. Alte Kleidung, Spielzeug, so wie für Snow das Seifenkörbchen mit der duftenden Schachtel.
Damals hatte mir meine Omi hilfreich die Luke geöffnet und den Weg über die wacklige Holzleiter gezeigt, den Durchgang in eine spannende Traumwelt mit viel Kram, zwischen dem ich mich vorsichtig bewegte, und der schlummernd nur auf mich gewartet hatte. Überall roch es nach dem Abenteuer von längst Vergangenem, selbst ein Zwerg oder eine Elfe hätten mich nicht verwundert. Ich glaubte plötzlich zu wissen, wie Snow sich jetzt fühlte. Und ich hatte ihr die Luke öffnen und den Weg zeigen dürfen!
Als ich nach einer Weile erwachte, hatte Snow es sich da oben auf einer weichen Reisetasche bequem gemacht, die mit mir schon an Nord- und Ostsee war. Snows Gewicht formte eine sanfte Delle hinein, in der sie nun schlief. Ja mein Schneewittchen, das Erlebnis hatte ich aufbewahrt, ein Geschenk meiner Omi an mich vor vielen Jahrzehnten. Nun konnte ich das alles weitergeben - an Snow.
 
A

Alberta

Gast
Ein sehr anrührender Text, der mich an Kindheitserinnerungen auf dem Dachboden und meine verstorbene Hundegefährtin erinnert hat: Danke!
 

Anonym

Gast
Hallo Alberta, danke für Deinen lieben Gruß, es ist schön zu wissen, daß jemand mitgeht und mitfühlt. Um es teilen zu können, muß ein Erleben aber wohl auch handhabbar und darf keinesfalls überfrachtet sein. Das hatte Andreas mit Scharfblick erkannt. Dank Euch beiden, ich habe Euch gern ein Wegstück mitgenommen. Die Geschichte ist absolut authentisch. Liebe Grüße Anonymus
 

revilo

Mitglied
....neeee.....das war nix.....die Analogie der Kindheitserinnerung und der Eroberung des Schrankes durch die Katze liest sich sehr bemüht...........LG revilo
 

Anonym

Gast
Hallo revilo, natürlich kann der Inhalt des Textes nicht unbedingt jedem zusagen. Er kann wie jede Begebenheit doch nur nachvollziehbar sein, wenn jemand aus eigener Erfahrung Zugang dazu hat. Und da gibt es sicherlich große Unterschiede, je nachdem, aus welcher Zeit und welchem Umfeld ein Mensch stammt und welche Vorlieben er hat. L G Anonymus
 

revilo

Mitglied
Als ich nach einer Weile erwachte, hatte Snow es sich da oben auf einer weichen Reisetasche bequem gemacht, die mit mir schon an Nord- und Ostsee war. Snows Gewicht formte eine sanfte Delle hinein, in der sie nun schlief. Ja mein Schneewittchen, das Erlebnis hatte ich aufbewahrt, ein Geschenk meiner Omi an mich vor vielen Jahrzehnten.[red] Nun konnte ich das[/red] [red]alles weitergeben - an Snow[/red].Ich habe selbst fast 20 Jahre eine Katze gehabt. Aber was mich hier massiv stört, ist die Vermenschlichung des Tiers. Man kann Erfahrungen an seine Kinder weitergeben, nicht aber an Tiere.

Lg revilo
 

Anonym

Gast
Hallo revilo, das Verhältnis zwischen Mensch und Tier ist eine Frage der Sichtweise. Immerhin haben wir Menschen beides in uns vereint. Unsere Haustiere sind auch Projektionsfläche für unsere Empfindungen; die Wahrnehmung eines Gegenübers wird immer auch subjektive Anteile des Betrachters beinhalten. Wir können nicht wissen, wie Tiere umgekehrt den Menschen erleben, weil ihrem Wahrnehmungsapparat ja die kognitiven Bestandteile des Menschen fehlen. Mit der Geschichte bin jedoch ich als kognitiv begabtes Wesen unauflösbar verbunden. Aber das berührt nun schon fast die Philosophie... Ansichtssache. Ich gebe ja auch keine Erfahrung weiter, sondern explizit ein Geschenk. Und beim Schenken habe ich doch völlige Entscheidungsfreiheit bezüglich des Empfängers. LG Anonymus
 

revilo

Mitglied
....das ist in der Tat Ansichtssache.Selbstverständlich respektiere ich Deine Aufassung.Mir gefällt halt nur nicht der Zungenschlag der ansonsten ganz niedlichen Geschichte. LG revilo
 

Anonym

Gast
Wir haben vermutlich einfach sehr unterschiedliche Weltbilder, revilo! Lassen wir sie doch nebeneinander stehen! Ärmer wird die Welt für uns beide mit Sicherheit nicht dadurch, im Gegenteil! LG Anonymus
 

revilo

Mitglied
ich hab damit absolut kein Problem.....weder mit dir, noch mit dieser Geschichte, noch mit deiner Weltanschauung.....LG revilo
 



 
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