Mitternacht

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Talarmar

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Mitternacht​


Als Kurier, auf Freundes bitten,
zu dem König nach Brabant.
Bin sechs Stunden schon geritten,
befinde mich im öden Land.
Alles scheint hier wie verloren,
sehe lange schon kein Grün.
Geb' dem Pferde meine Sporen,
will aus dieser Gegend flieh’n.

Ächzend find ich mich im Graben,
modrig riecht es hier und faul.
Vor was nur mag gescheut er haben,
durchgegangen ist mein Gaul.
Plötzlich sehe ich ein Gemäuer.
Phosphor’n leuchtet das Gestein.
Mir ist gar nicht mehr geheuer,
beim rostigen Tore blinkt Gebein.

Alte Eichen werfen Schatten.
Spärlich ist des Mondes schein.
Durch meine Beine huschen Ratten.
Ich höre nah ein Käuzchen schrei’n.
Auch das Mondlicht geht verloren,
Wolken schieben sich davor.
Wo wird wohl dies Licht geboren,
das ganz sachte fällt durchs Tor?

Zaumzeug knarrt, hör Pferde schnauben.
Immer heller wird dies Licht.
Sehe ich’s wirklich, kann ich’s glauben,
was dort aus der Pforte bricht.
Wie ein höllisches Gewitter,
stieben aus dem ehernen Tor
Viele schwarz bewehrte Ritter,
auf stolzen Rossen jetzt hervor.

Fackeln tragend reiten Knappen.
Helme glänzend von der Glut.
Um einen Wagen mit sechs Rappen,
auf dem im Sarg ein Mägdlein ruht.
Aus den Visieren grinsen Schädel.
Die Zügel halten weiß Gebein.
Zum Skelett wird auch das Mädel,
ich möchte vor Entsetzen schrei’n.

Die Augen schließe ich vor Grauen.
Hab von dem Schrecken längst genug.
Kann länger nicht den Horror schauen.
Auf einmal ist vorbei der Spuk.
Dann bei den ersten Sonnenstrahlen.
Wach auf ich hinter einem Baum.
Diese Nacht war voller Qualen.
Oh Gott was war das für ein Traum.

In der Nähe eine Lichtung,
grasen sehe ich dort mein Pferd.
Gehen will ich in die Richtung,
doch urplötzlich mach ich kehrt.
Unbewusst mein Schritt der lenkt sich,
zu der Bruchsteinmauer hin.
Nur noch an das eine denk ich,
habe eines nur im Sinn.

Was erblickt wohl dort mein Auge.
Was vernimmt wohl dort mein Ohr.
Pressend ich die Luft einsauge,
denn schon bin ich fast am Tor.
Meine Glieder zittern banger,
näher komme ich dem Ziel.
Ich trete auf einen Gottesanger,
um mich herum der Kreuze viel.

Gewahr nur kurz noch die Kapelle.
Flieh mit Grauem diesem Ort.
Springe in den Sattel schnelle,
presch mit meinem Rosse fort.
Mittags find ich eine Schänke.
Kehre in das Wirtshaus ein.
Führe mein Pferd an eine Tränke,
bestelle Essen mir und Wein.

Ringsumher sind frohe Gäste,
alles summt, es singt und lacht.
Ich bin auf einem Hochzeitsfeste.
Schon wird mir das Mahl gebracht.
Als das Glas zum Mund ich hebe
Mein Spiegelbild wird mir gewahr.
Aschfahl werde ich und erbebe
Schlohweiß-was gestern schwarz noch war.

©RT​
 
Hallo Talamar,
eine gute Geschichte, jetzt mal abgesehen davon, daß es ein Gedicht ist. Kann mir das ganz gut als Rahmenhandlung vorstellen. Wenn man mal über das Nachdenkt, was du als Inhalt genommen hast, kommt man auf ein gutes Gruselthema. Die bewehrten Reiter, in voller Rüstung, die das junge Mädchen in dem Sarg vom Hof der Burg führen. Das hat was, da steckt noch irgendwas drin. Ich meine, man könnte sich dazu ein paar gute Wenns ausdenken. Also warum bringen denn diese bewaffneten Reiter das tote Mädchen fort, sollen sie das Mädchen vielleicht vor jemandem oder etwas beschützen, vielleicht müssen sie sich aber auch vor dem Mädchen selbst schützen. Ach, das hat schönes Potential. Dazu nehme man jetzt denjenigen, der Nacht um Nacht zu der verfallenen Burg schleicht und immer mehr darüber erfährt, was denn vor fünfhundert Jahren in dieser Burg geschehen ist.
Dann kommt ein guter, handelsüblicher Schluss: Der Mann wird von dem toten, auferstandenen Mädchen gebissen etc, also infiziert und am Ende sieht man dutzende, schwerbewaffnete Polizisten, den Leichnam des Mannes aus dem Krankenhaus bringen.
BAM!- eine immer wiederkehrende Geschichte.

Schönes Gruss, bin inspiriert

Marcus
 

Talarmar

Mitglied
Hallo Marcus,

ich bin schon auf diese Geschichte gespannt, also mach mal. Nur in meiner ist ja keine Burg, nur ein Gottesanger = Friedhof. Die toten Ritter holen das Mädel von dem Friedhof, evtl. zurück auf die Burg wo vielleicht der Bräutigam wartet.

Bis bald,
Talarmar
 



 
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