Mondtalk

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lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Mondtalk

Flieg mich zum Mond
sagst du an meiner Brust
und meine Hand greift
nach unlässlichen Instruktionen
die andre hältst du

man hat den Tank aufgefüllt
die Gewichte entfernt
hat ein Fenster berechnet
die Papiere verteilt
und am Ende der Erde
treiben wir mondwärts doch

am Nachmittag dann
in mondäner Art
hängt man dich auf
und du schwebst
mit dem Antlitz der Kollwitz
an undiskutierbarem Platz
meiner Haut
und ich heule
unsren aufgehenden Mond an

oh
halt die verdammten Tränen zurück
sie löschen kein Blut noch Kaffee
von der nachtblinden Tastatur
Chérie
 

Perry

Mitglied
Hallo lapismont,

Gespräche mit oder unter dem Mond haben etwas
Heimliches an sich, denn sie verdrängen die Realität.
Da der Text sehr hermetisch angelegt ist, kann ich nur über den "Anker" (Käthe) Kollwitz eine eher bedrohliche, düstere Situation erahnen, die hier ihr Heil in einer Traumflucht sucht.
Gern nachgespürt und LG
Manfred
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo lap!

Endlich mal wieder ein Gedicht hier, das mir nicht die Intention des Verfassers aufzwingt und wo ich auf einem harmlosen Verschen durch den Vogel-, Pony-, Märchenpark reiten muss.

Der erste Effekt war, dass ich seit dem ersten Lesen "Fly me to the moon" von Frank Sinatra nicht mehr aus dem Kopf bekomme.
Insgesamt schleicht sich bei mir das Gefühl ein, dass bei dieser Mondreise etwas ganz gewaltig schief gegangen ist.

Dazu passt auch ausgezeichnet der emotionale Ausbruch in der letzten Strophe.

Danke, dass du mir eigene Gedanken lässt und liebe Grüße
Manfred
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Manfred und Manfred,

vielen dank für euer Feedback.

Ja, es ist immer etwas Hermetik in meinen Texten, aber ich hoffe stets Bilder zu finden, die auch anderen etwas sagen.

Hier haben sich zwei düstere, traurige Erfahrungen mit einander verbunden und der 150. Geburtstag von Käthe Kollwitz hat damit zu tun.

cu
lap
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo revilo,

Käthe Kollwitz hat einiges mit dem Text zu tun. Und mit mir.

In den letzten Monaten gab es hier in Berlin diverse verelfte Diskussionen um das Kollwitzmuseum.

Das Gedicht wollte auch darüber reden.

cu
lap
 

Der Andere

Mitglied
gefällt mir. einzg die "unlässlichen instruktionen" sind für meinen geschmack zu gezwungen. der rhythmus zieht. die kollwitz muss natürlich auch nicht sein. am ende fast könnte es heißen "an undiskutierbaren plätzen". so verbände es sich vielleicht etwas geschmeidiger mit den häuten...

gern gelesen
der andere
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
einzg die "unlässlichen instruktionen" sind für meinen geschmack zu gezwungen.
unerlässlichen hatte ich noch in der Überlegung
Aber unlässlich ist für mich noch etwas Anderes.


die kollwitz muss natürlich auch nicht sein. am ende fast könnte es heißen "an undiskutierbaren plätzen". so verbände es sich vielleicht etwas geschmeidiger mit den häuten...
Die Kollwitz ist hier die Verbindung zum undiskutierbaren Platz und es ist für mich nur einer. Fasanenstraße 24.
Und genau der eine Punkt auf der Haut.
Muttermal, Leberfleck, Sommersprosse, der erste und letzte Kuss.
 

Der Andere

Mitglied
zu den häuten: dann müsste es doch trotzem "aM undiskutierbareN platz", nicht "aN undiskutierbareM" heißen. rein grammatikalisch...

die kollwitz mag für dich wichtig sein; ich jedenfalls finde den einzug von realen personen in diesem gedicht störend und konzeptuell auch schwierig, weil es keinen guten, sondern einen unterbrechenden ton anschlägt, weil es den gesang aus seiner welt schleudert, der ansonsten sehr rhytmisch durchkomponiert scheint. es ist ja auch sonst nicht prinzip des gedichts, mit realen figuren zu spielen, über reale figuren semantische räume und vernetzungsräume zu öffnen. letztlich ist es aber natürlich und selbstredend deine entscheidung. ich kann nur, wie hier egschehen, noch einmal mein unwohlsein umschreiben, das beim auftauchen des namens sich in mir auftat, um mich dir etwas verständlicher zu machen.

der andere
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
zu den häuten: dann müsste es doch trotzem "aM undiskutierbareN platz", nicht "aN undiskutierbareM" heißen. rein grammatikalisch...
ja. Müsste es. Wenn es da nicht die kleine, peinliche typisch Hauptdörflerische Diskussion gäbe.
Es ist ein mir wichtiger Einschub. Er ist verbunden mit den anderen Versen, aber eben nicht ganz.

die kollwitz mag für dich wichtig sein; ich jedenfalls finde den einzug von realen personen in diesem gedicht störend und konzeptuell auch schwierig, weil es keinen guten, sondern einen unterbrechenden ton anschlägt, weil es den gesang aus seiner welt schleudert, der ansonsten sehr rhytmisch durchkomponiert scheint.
Es geht in diesem Gedicht ja auch um Käthe Kollwitz, sie nicht zu benennen, wäre ja noch hermetischer, als ich es eh schon bin.

Vielleicht liegt es daran, dass ich ein ganz bestimmtes Bild im Kopf habe, dass Du nicht kennst, oder dass ich es nicht genügend angetriggert habe.
Ich will Dich da auch gar nicht beeinflussen. Der folgende Link führt Dich auf ein dazugehörendes Werk. Folge ihm, wenn Du es verstehen willst oder lass es, wenn Dir eine unvoreingenommene Betrachtung lieber ist.
Der Spoiler-Link

es ist ja auch sonst nicht prinzip des gedichts, mit realen figuren zu spielen, über reale figuren semantische räume und vernetzungsräume zu öffnen. letztlich ist es aber natürlich und selbstredend deine entscheidung. ich kann nur, wie hier egschehen, noch einmal mein unwohlsein umschreiben, das beim auftauchen des namens sich in mir auftat, um mich dir etwas verständlicher zu machen.
Ich biete nur an. Die Interpretation des Gedichtes entsteht im Kopf der Lesenden. Das ist keine stateless Bean, in die ich beliebig Ideen injiziere.
 

Der Andere

Mitglied
kollwitz: das bild ist mir jetzt aufgegangen (mmir fehlte da wohl schlicht der wissenszugang...).

zu den häuten: das versteh ich nun gar nicht. du willst, indem du die grammatik aushebelst, den vers aus dem gefüge herausreißen? ihn hervorheben? wäre das nicht auch anders gegangen? ist das die einzige intention gewesen hierbei? und: was meinst du mit "hauptdörflerischer diskussion"? habe ich etwas verpasst?

etwas irritert, aber zufrieden, das gedicht noch einmal gelesen zu haben!

der andere
 



 
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