Monolith

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buchstab

Mitglied
Ein Stein

Ein Stein

Sein Tanz so langsam, daß kaum einer ihn achtet.

Vor Hunderttausenden von Jahren hat er begonnen, das zu sein, was er Dir heute scheint.
Man übersieht ihn, ja, es ist leicht, den Blick an ihm vorbeigleiten zu lassen, wenn er am Ufer eines Flusses oder zu Füßen der Bäume Ruhe gefunden hat, rundgeschliffen oder hart und kantig wie der Fels, von dem er stammt. Doch siehst Du ihn, unweigerlich erblickst Du auch den Felsen, der noch immer schläft in ihm .
Noch wohnt in seinem Inneren kaum etwas, das uns zu wärmen Kräfte hätte, hier, jetzt im späten Februar, doch bald schon werden wir ihn wieder mögen - im Licht der Sonne, wenn er ihre Strahlen aufsaugt und alle Wärme in den Nächten herschenkt, so wie er gestern noch bei Tag und Nacht das Kalte hergab, das keiner richtig lieben wollte - vielleicht ein Kind, das frei von Urteil noch dazu imstande wäre.
Wie Menschen aus den Schichten stammen, so stammt auch er aus Schichten, längst vergangene Zeiten, die da sprechen - stumm und still aus seiner Mitte oder deutlicher von seinem Äußeren her, das scheinbar nur uns festgelegter ansieht als unser eigenes Spiegelbild.
Ein Jahresring der Erde - was anderes wäre eine jede einzelne Gesteinsschicht, aus welcher dieser stammt, erschließt sich nur wenigen, doch jeder, den seine Stimme still erreicht, begreift sie, auch wenn ihr Echo von dem Klang doch so verschieden scheint, der ihn einst formte.
Auf Stein gebettet leben wir in diesen Städten, zertrümmert, neu geschaffen, um ihn zu zertrümmern, wann wird all das enden, wird er einst bleiben, was zu sein er anfing.
Du irrst Dich, mißt Du den Kieselstein an einer Kathedrale und siehst sein Schicksal nirgendwo als dort zu einem größeren Zweck erhoben, er ist nicht weniger, hier, wie er so vor Dir liegt. Ein Körnchen Ewigkeit zählt jedes kleine Teil von ihm, die Ewigkeit im Ganzen, ungetrennt von ihr.
Der Stein vergeht und ist bereits vergangen - Du bist es, den er hier vergehen sieht.
 
K

Karn Hardt

Gast
Hallo buchstab,

ein tiefgründiger Text (für mich, der ich kein Stein bin), den ich sehr gern gelesen und bewertet habe.

Ein Stein

Sein Tanz so langsam, daß kaum einer ihn achtet.
Für mich redundant.

Vor Hunderttausenden von Jahren hat er begonnen, das zu sein, was er Dir heute scheint.
Der Zeitepos könnte womöglich gekürzt werden, Vor uns war er da ... (Nur so eine Idee)
Mich persönlich stört auch das "Du". Wem erzählt Prot. etwas? Das ist (für mich) zu nebulös und m.M.n. überflüssig.

Noch wohnt in seinem Inneren kaum etwas, das uns zu wärmen Kräfte hätte, hier, jetzt im späten Februar, doch bald schon werden wir ihn wieder mögen - im Licht der Sonne, wenn er ihre Strahlen aufsaugt und alle Wärme in den Nächten herschenkt, so wie er gestern noch bei Tag und Nacht das Kalte hergab, das keiner richtig lieben wollte - vielleicht ein Kind, das frei von Urteil noch dazu imstande wäre.
Das ist großes Kino, aber ohne Punkt und Komma - einfach zu lang (für mich). Vielleicht:

Noch wohnt in seinem Inneren kaum etwas, das uns zu wärmen Kräfte hätte, jetzt, im späten Februar.
Doch bald schon werden wir ihn mögen - wenn er die Sonne aufsaugt und alle Wärme den Nächten schenkt. So wie Gestern, als er noch Kälte gab, die keiner lieben wollte. Vielleicht ein Kind, das frei von Urteil - noch dazu imstande wäre.

Auf Stein gebettet leben wir in diesen Städten, zertrümmert, neu geschaffen, um ihn zu zertrümmern, wann wird all das enden, wird er einst bleiben, was zu sein er anfing.
Auch toll geschrieben, mich hat´s beeindruckt. Aber vor "wann wird ..." wählte ich einen Punkt und danach einen neuen Satz mit Fragezeichen am Ende.

Du irrst Dich, mißt Du den Kieselstein an einer Kathedrale und siehst sein Schicksal nirgendwo als dort zu einem größeren Zweck erhoben, er ist nicht weniger, hier, wie er so vor Dir liegt. Ein Körnchen Ewigkeit zählt jedes kleine Teil von ihm, die Ewigkeit im Ganzen, ungetrennt von ihr.
Der Stein vergeht und ist bereits vergangen - Du bist es, den er hier vergehen sieht.

schreibt sich nach neuer RS als "misst".
Wie gesagt: Großes Kino, ich bin dein beeindruckter Leser :)

LG, Karn
 

buchstab

Mitglied
einstein

Hallo Karn Hardt,

vielen lieben Dank für Deine Begeisterung und Mühe ! Bin ganz überrascht, daß sich jemand dafür interessiert...

Nach dem Urlaub werde ich mich mit Deinen Anregungen im Hinterkopf noch einmal an den Text begeben und Dir berichten, wozu sie mich bewogen haben.

Nur soviel : Das Ganze ist Teil eines entstehenden Zyklus, das Fragment für sich genommen zu präsentieren enthielt die bange Frage, ob es denn genug Substanz hätte, um für sich stehen zu können. Einige der Ungereimtheiten erklären sich dadurch.

Die Funktion des "Du" darin ist z.B. eher die eines Ich - Teils, an den sich das Ganze richtet und für mich einigermaßen wichtig für den Tonfall des Texts im Ganzen. Im vorliegenden Fragment könnte man das aber in der Tat umgehen.

liebe Grüße, bis bald

buchstab
 
A

aligaga

Gast
Ein bisschen arg schwer und schwülstig kommt's daher, dein Gestein, o @Buchstab. So gedröhnt und die (Satz)gegenstände hinterhergeschleppt haben's gern die Dichter des vorvorigen Jahrhunderts. Weil sie ihre Aussagen für so wichtig hielten und dachten, am Satzende entkäme man ihnen nicht so leicht.

Heute mag man's ein bisschen weniger mastig und, vor allem, man übersieht den kleinen Kosmos nicht, der neben, auf und unter den Steinen wohnt - die Flechte, das Moos, den Flussuferläufer, den Käfer, das Spinnchen und die Ameise. Sie sehen den Kies ein wenig pragmatischer als unsere Vorfahren; manche Fliegenlarve baut sich aus kleinsten Trümmern gar eine kunstvolle Röhre.

Da passt das Pathos des vergangenen Jahrtausends nicht mehr so recht dazu. Tipp,@Buchstab: ein bisschen genauer hingucken und im Aug behalten, dass die meisten Kathedralen nicht aus Kieseln, sondern schon aus der nächsthöheren Trophiestufe geformt wurden - dem Sandstein.

Gruß

aligaga
 

buchstab

Mitglied
ein stein ist ein

Lieber Karn Hardt,

ich finde einige Deiner Einwände berechtigt, teilweise habe ich echt zu sehr auf die Kacke gehauen. Werde ein paar Sachen ändern. Nur die Redundanz des ersten Satzes sehe ich überhaupt nicht. Es sind zwei Aussagen, die voneinander unabhängig existieren könnten und so ist ihre Verknüpfung für mich wichtig.

Lieber Aligaga,

Wenn man ein Pfund Tofu kaufen will und stattdessen Hack bekommt, sollte man nur dann daran mäkeln, wenn Tofu auf der Packung stand. Tat es aber nicht. In dieser Packung gabs sogar etwas von beidem zu einem Preis ! Hurra ! Zieht man aber die Frische des Ganzen in Zweifel, dann ist vielleicht besser, es einfach im Laden stehen zu lassen.


Im Ernst : Danke für Deine Worte. Ich verstehe sehr gut, was Du meinst, aber das gehört für mich an eine andere Stelle, nicht zu diesem Text. Bei dem hat mich einfach gereizt, einer so kargen Sache wie einem (als Symbol wirkenden und darum nicht einmal näher definierten) Stein ein tief empfundenes "Brett" gegenüberzustellen, eine Sprache, die eher (ruhig auch etwas schwülstig) singen soll als Sohnemann in kurzen Sätzen die Welt zu erklären. Scheint ja dann einigermaßen gelungen zu sein.

Der komplette Zyklus ist eine Art Übung in einem Stil, der ganz gewiß nicht modern klingen soll, um Gottes Willen ! Mich hat erstaunt, welche Empfindungen es auslöst (offenbar nicht nur bei mir) in einer so "fremden" Sprache zu dichten. Da ist nämlich nichts wirklich fremd, irgendwo im Genmaterial scheint das noch so zu existieren.

Die Texte, die ich hier einstelle sind oft Rand - bis Extremsportbereiche meiner bescheidenen "Schreibe" und nicht soo exemplarisch für deren Hauptstrom. Der kommt meist gar nicht so haarsträubend daher ... aber Du kannst ja schließlich nur bewerten, was ich Dir vorsetze, armes Hascherl. Ich verspreche, mal was "normaleres" zu veröffentlichen.

Zu dem hier : Ich habe aus dem Abstand heraus eher Probleme damit, daß der zweite Teil nicht noch deutlicher mit dem ersten bricht. An der Stelle würde ich Deine Einwände gelten lassen. Und : Den Titel finde ich richtig Scheiße. Aber da ist ja nichts in Stein gemeißelt.

Für Dich die Butoh - Kurzfassung

Ein Stein

Sein Tanz
so langsam
daß ihn
keiner achtet.

Besser ? Mir genügt es eigentlich auch so.

sonnige Grüße an Euch beide,

buchstab
 
A

aligaga

Gast
Schwulst, @buchstab, war auch vor hundert Jahren schon nur solcher. Was sich für einen Dichter hielt, damals, das dröhnte gern und viel.

Die Zeiten, sagte ich, seien vorbei. In der deutschen Literatur oder dem, was davon übrig geblieben ist, hat sich's ausgeschwulstet. Wie sehr, erkennst du daran, dass man den Leipziger Buchpreis inzwischen mit einem flinken, leichten Gedichtbändchen gewinnen kann.

Regentonnenvariationen!

Gruß

aligaga
 

buchstab

Mitglied
einst ein stein

och nö,

hatte auch nicht vor, bei der KSK eine zusätzliche Kategorie zu belegen. Beim Schreiben bin ich ziemlicher Frischling und habe nicht vor, mir den Spaß daran vermiesen zu lassen.
Falls Du ernsthaft an Literaturpreise denkst, dann gib mal Gas anstatt verbal alles zu geißeln, was nicht in Deine kleine Welt paßt. Leichtigkeit, Baby ! Nicht nur davon reden !


buchstab
 
A

aligaga

Gast
Wenn du dich wirklich verbessern möchtest, solltest du an deinen Inhalten und deinem Stil feilen, @buchstab, statt dich am Kritiker zu reiben versuchen.

Nochmals der Tipp: Nimm's leichter, sonst kommst du literarisch nie von der Stelle - Doppelrahmstufe war vorvorgestern.

Regentonnenvariationen!

aligaga
 

buchstab

Mitglied
ein stein einst ein

an meinem Stil arbeite ich Tag und Nacht, was sonst, oh aligaga?

Man könnte die Vögel hören. Nur wir sinds die vergessen, wie die Drossel lockt. Gefieder gespreizt zu gefallen. Sacht ! Ihr Bild in einer Regentonne.

gute Nacht

buchstab
 

buchstab

Mitglied
Ein Stein

Sein Tanz so langsam, daß kaum einer ihn achtet.

Vor Hunderttausenden von Jahren hat er begonnen, das zu sein, was er Dir heute scheint.
Man übersieht ihn, ja, es ist leicht, den Blick an ihm vorbeigleiten zu lassen, wenn er am Ufer eines Flusses oder zu Füßen der Bäume Ruhe gefunden hat, rundgeschliffen oder hart und kantig wie der Fels, von dem er stammt. Doch siehst Du ihn, unweigerlich erblickst Du auch den Felsen, der noch immer schläft in ihm .
Noch wohnt in seinem Inneren kaum etwas, das uns zu wärmen Kräfte hätte, hier, jetzt im späten Februar, doch bald schon werden wir ihn wieder mögen - im Licht der Sonne, wenn er ihre Strahlen aufsaugt und alle Wärme in den Nächten herschenkt. Noch gestern gab er so dem Tag, der Nacht das Kalte, das keiner richtig lieben wollte - vielleicht ein Kind, das frei von Urteil noch dazu imstande wäre.
Wie Menschen aus den Schichten stammen, so stammt auch er aus Schichten, längst vergangene Zeiten, die da sprechen - stumm und still aus seiner Mitte oder deutlicher von seinem Äußeren her, das scheinbar nur uns festgelegter ansieht als unser eigenes Spiegelbild.
Ein Jahresring der Erde - was anderes wäre eine jede einzelne Gesteinsschicht, aus welcher dieser stammt, erschließt sich nur wenigen, doch jeder, den seine Stimme still erreicht, begreift sie, auch wenn ihr Echo von dem Klang doch so verschieden scheint, der ihn einst formte.
Auf Stein gebettet leben wir in diesen Städten, zertrümmert, neu geschaffen, um ihn zu zertrümmern, wann wird all das enden, wird er einst bleiben, was zu sein er anfing.
Du irrst Dich, misst Du den Kieselstein an einer Kathedrale und siehst sein Schicksal nirgendwo als dort zu einem größeren Zweck erhoben, er ist nicht weniger, hier, wie er so vor Dir liegt. Ein Körnchen Ewigkeit zählt jedes kleine Teil von ihm, die Ewigkeit im Ganzen, ungetrennt von ihr.
Der Stein vergeht und ist bereits vergangen - Du bist es, den er hier vergehen sieht.
 

buchstab

Mitglied
Ein Stein

Sein Tanz so langsam, daß kaum einer ihn achtet.

Vor Hunderttausenden von Jahren hat er begonnen, das zu sein, was er Dir heute scheint.
Man übersieht ihn, ja, es ist leicht, den Blick an ihm vorbeigleiten zu lassen, wenn er am Ufer eines Flusses oder zu Füßen der Bäume Ruhe gefunden hat, rundgeschliffen oder hart und kantig wie der Fels, von dem er stammt. Doch siehst Du ihn, unweigerlich erblickst Du auch den Felsen, der noch immer schläft in ihm .

Noch wohnt in seinem Inneren kaum etwas, das uns zu wärmen Kräfte hätte, hier, jetzt im späten Februar, doch bald schon werden wir ihn wieder mögen - im Licht der Sonne, wenn er ihre Strahlen aufsaugt und alle Wärme in den Nächten herschenkt. Noch gestern gab er so dem Tag, der Nacht das Kalte, das keiner richtig lieben wollte - vielleicht ein Kind, das frei von Urteil noch dazu imstande wäre.

Wie Menschen aus den Schichten stammen, so stammt auch er aus Schichten, längst vergangene Zeiten, die da sprechen - stumm und still aus seiner Mitte oder deutlicher von seinem Äußeren her, das scheinbar nur uns festgelegter ansieht als unser eigenes Spiegelbild.

Ein Jahresring der Erde - was anderes wäre eine jede einzelne Gesteinsschicht, aus welcher dieser stammt, erschließt sich nur wenigen, doch jeder, den seine Stimme still erreicht, begreift sie, auch wenn ihr Echo von dem Klang doch so verschieden scheint, der ihn einst formte.
Auf Stein gebettet leben wir in diesen Städten, zertrümmert, neu geschaffen, um ihn zu zertrümmern, wann wird all das enden, wird er einst bleiben, was zu sein er anfing.

Du irrst Dich, misst Du den Kieselstein an einer Kathedrale und siehst sein Schicksal nirgendwo als dort zu einem größeren Zweck erhoben, er ist nicht weniger, hier, wie er so vor Dir liegt. Ein Körnchen Ewigkeit zählt jedes kleine Teil von ihm, die Ewigkeit im Ganzen, ungetrennt von ihr.
Der Stein vergeht und ist bereits vergangen - Du bist es, den er hier vergehen sieht.

Eine ungewohnte Weichheit in dem Material. Etwas das ihn befremdet und für einen Moment innehalten läßt. Bedächtig umschreitet er den Block aus grauem Marmor und seine schwielige Hand befühlt rauhes, befühlt und spürt den Stein und spürt etwas in diesem aufleben. Ein Schluck kalt gewordener Kaffee, Zigarette. Nachdenken.

Noch nie hatte ein Steinblock das Atelier genauso wieder verlassen, wie er angekommen war, doch dieses mal ruhte die Arbeit und ließ den Stein unverändert bis zum Abend. Am Morgen betrat Berger die Fabrikhalle und wartete. Es zog und so schloß er schloß die Luke in der Glasfassade. Kaffee. Zigarette. Nachdenken.

Er wartete und wußte nicht, worauf - erwartete nichts als eine Idee, einen Impuls, wie er weiter vorgehen könne. Auf dem Boden sitzend nahm er am nächsten Tag sein Frühstück ein, Mittag - und Abendessen und betrachtete sein durch etwas Unerklärliches verhindertes Werk.

Bei der nächsten Ausstellung fand man seine neuesten Arbeiten allesamt verhüllt, wie unausgepackt in Bahnen aus derbem, gelblich weißem Nesselstoff gewickelt, während auf einem Podest mitten unter ihnen der pure Marmorblock aus seiner Werkstatt den Platz gefunden hatte. Schroff. Schön. Vollendet.

Jahre später, nachdem er als Künstler Bedeutendes geleistet hatte, fand man an Bergers Grabstätte, in schlichten Sandstein gekerbt, die rätselhafte Inschrift :

"Suchst Du den Stein der Weisen, frag einfach einen Stein nach seiner Weisheit ! "
 

buchstab

Mitglied
Ein Stein

Sein Tanz so langsam, daß ihn keiner achtet.

Eins

Vor Hunderttausenden von Jahren hat er begonnen, das zu sein, was er heute scheint.
Man übersieht ihn, ja, es ist leicht, den Blick an ihm vorbeigleiten zu lassen, wenn er am Ufer eines Flusses oder zu Füßen der Bäume Ruhe gefunden hat, rundgeschliffen oder hart und kantig wie der Fels, von dem er stammt. Doch siehst Du ihn, unweigerlich erblickst Du auch den Felsen, der noch immer schläft in ihm .

Noch wohnt in seinem Inneren kaum etwas, das uns zu wärmen Kräfte hätte, hier, jetzt im späten Februar, doch bald schon werden wir ihn wieder mögen - im Licht der Sonne, wenn er ihre Strahlen aufsaugt und alle Wärme in den Nächten herschenkt. Noch gestern gab er so dem Tag, der Nacht das Kalte, das keiner richtig lieben wollte - vielleicht ein Kind, das frei von Urteil noch dazu imstande wäre.

Wie Menschen aus den Schichten stammen, so stammt auch er aus Schichten, längst vergangene Zeiten, die da sprechen - stumm und still aus seiner Mitte oder deutlicher von seinem Äußeren her, das scheinbar nur uns festgelegter ansieht als unser eigenes Spiegelbild.

Ein Jahresring der Erde - was anderes wäre eine jede einzelne Gesteinsschicht, aus welcher dieser stammt, erschließt sich nur wenigen, doch jeder, den seine Stimme still erreicht, begreift sie, auch wenn ihr Echo von dem Klang doch so verschieden scheint, der ihn einst formte.
Auf Stein gebettet leben wir in diesen Städten, zertrümmert, neu geschaffen, um ihn zu zertrümmern, wann wird all das enden, wird er einst bleiben, was zu sein er anfing.

Du irrst Dich, misst Du den Kieselstein an einer Kathedrale und siehst sein Schicksal nirgendwo als dort zu einem größeren Zweck erhoben, er ist nicht weniger, hier, wie er so vor Dir liegt. Ein Körnchen Ewigkeit zählt jedes kleine Teil von ihm, die Ewigkeit im Ganzen, ungetrennt von ihr.
Der Stein vergeht und ist bereits vergangen - Du bist es, den er hier vergehen sieht.

Zwei

Eine ungewohnte Weichheit in dem Material. Etwas das ihn befremdet und für einen Moment innehalten läßt. Bedächtig umschreitet er den Block aus grauem Marmor und seine schwielige Hand befühlt rauhes, befühlt und spürt den Stein und spürt etwas in diesem aufleben. Ein Schluck kalt gewordener Kaffee, Zigarette. Nachdenken.

Noch nie hatte ein Steinblock das Atelier genauso wieder verlassen, wie er angekommen war, doch dieses mal ruhte die Arbeit und ließ den Stein unverändert bis zum Abend. Am Morgen betrat Berger die Fabrikhalle und wartete. Es zog und so schloß er schloß die Luke in der Glasfassade. Kaffee. Zigarette. Nachdenken.

Er wartete und wußte nicht, worauf - erwartete nichts als eine Idee, einen Impuls, wie er weiter vorgehen könne. Auf dem Boden sitzend nahm er am nächsten Tag sein Frühstück ein, Mittag - und Abendessen und betrachtete sein durch etwas Unerklärliches verhindertes Werk.

Bei der nächsten Ausstellung fand man seine neuesten Arbeiten allesamt verhüllt, wie unausgepackt in Bahnen aus derbem, gelblich weißem Nesselstoff gewickelt, während auf einem Podest mitten unter ihnen der pure Marmorblock aus seiner Werkstatt den Platz gefunden hatte. Schroff. Schön. Vollendet.

Jahre später, nachdem er als Künstler Bedeutendes geleistet hatte, fand man an Bergers Grabstätte, in schlichten Sandstein gekerbt, die rätselhafte Inschrift :

"Suchst Du den Stein der Weisen, frag einfach einen Stein nach seiner Weisheit ! "
 

buchstab

Mitglied
Ein Stein

Sein Tanz so langsam, daß ihn keiner achtet.

Eins

Vor Hunderttausenden von Jahren hat er begonnen, das zu sein, was er heute scheint.
Man übersieht ihn, ja, es ist leicht, den Blick an ihm vorbeigleiten zu lassen, wenn er am Ufer eines Flusses oder zu Füßen der Bäume Ruhe gefunden hat, rundgeschliffen oder hart und kantig wie der Fels, von dem er stammt. Doch siehst Du ihn, unweigerlich erblickst Du auch, was immer noch da schläft in ihm : Den Felsen.

Noch wohnt in seinem Inneren kaum etwas, das uns zu wärmen Kräfte hätte, jetzt im späten Februar, doch bald schon werden wir ihn wieder mögen - im Licht der Sonne, wenn er ihre Strahlen aufsaugt und alle Wärme in den Nächten herschenkt.Auch gab er so dem Tag, der Nacht das Kalte, das keiner richtig lieben wollte - vielleicht ein Kind, das frei von Urteil noch dazu imstande wäre.

Wie Menschen aus den Schichten stammen, so stammt auch er aus Schichten, längst vergangene Zeiten, die da sprechen - stumm und still aus seiner Mitte oder deutlicher von seinem Äußeren her, das scheinbar nur uns festgelegter ansieht als unser eigenes Spiegelbild.

Ein Jahresring der Erde - was anderes wäre eine jede einzelne Gesteinsschicht, aus welcher dieser stammt, erschließt sich nur wenigen, doch jeder, den seine Stimme still erreicht, begreift sie, auch wenn ihr Echo von dem Klang doch so verschieden scheint, der ihn einst formte.
Auf Stein gebettet leben wir in diesen Städten, zertrümmert, neu geschaffen, um ihn zu zertrümmern, wann wird all das enden, wird er einst bleiben, was zu sein er anfing.

Du irrst Dich, misst Du den Kieselstein an einer Kathedrale und siehst sein Schicksal nirgendwo als dort zu einem größeren Zweck erhoben, er ist nicht weniger, hier, wie er so vor Dir liegt. Ein Körnchen Ewigkeit zählt jedes kleine Teil von ihm, die Ewigkeit im Ganzen, ungetrennt von ihr.
Der Stein vergeht und ist bereits vergangen - Du bist es, den er hier vergehen sieht.

Zwei

Eine ungewohnte Weichheit in dem Material. Etwas das ihn befremdete und für einen Moment innehalten läßt.Zehn Schritte um den Block aus grauem Marmor. Eine schwielige Hand befühlte rauhes, befühlte und spürte den Stein und spürte etwas in diesem aufleben. Ein Schluck kalt gewordener Kaffee, Zigarette. Nachdenken.

Noch nie hatte ein Steinblock das Atelier genauso wieder verlassen, wie er angekommen war, doch dieses mal ruhte die Arbeit und ließ den Stein unverändert bis zum Abend. Früh morgens betrat Berger die alte Fabrikhalle und wartete. Es zog und so schloß er die Luke in der Glasfassade. Kaffee. Zigarette. Nachdenken.

Er wartete und wußte nicht, worauf - erwartete nichts als eine Idee, einen Impuls, wie er weiter vorgehen könne. Auf dem Boden sitzend nahm er am nächsten Tag sein Frühstück ein, Mittag - und Abendessen und betrachtete sein durch etwas Unerklärliches verhindertes Werk.

Bei der nächsten Ausstellung fand man seine neuesten Arbeiten allesamt verhüllt, wie unausgepackt in Bahnen aus derbem, gelblich weißem Nesselstoff gewickelt. Auf einem Podest mitten unter ihnen hatte der pure Marmorblock aus seiner Werkstatt den Platz gefunden hatte. Schroff. Schön. Unvollendet.Vollendet.

Jahre später, nachdem er als Künstler Bedeutendes geleistet hatte, fand man an Bergers Grabstätte, in schlichten Sandstein gekerbt, die rätselhafte Inschrift :

" Du Narr ! Suchst Du den Stein der Weisen, frag lieber einen Stein nach seiner Weisheit ! "
 

buchstab

Mitglied
Ein Stein

Sein Tanz so langsam, daß ihn keiner achtet.

Eins

Vor Hunderttausenden von Jahren hat er begonnen, das zu sein, was er heute scheint.
Man übersieht ihn, ja, es ist leicht, den Blick an ihm vorbeigleiten zu lassen, wenn er am Ufer eines Flusses oder zu Füßen der Bäume Ruhe gefunden hat, rundgeschliffen oder hart und kantig wie der Fels, von dem er stammt. Doch siehst Du ihn, unweigerlich erblickst Du auch, was immer noch da schläft in ihm : Den Felsen.

Noch wohnt in seinem Inneren kaum etwas, das uns zu wärmen Kräfte hätte, jetzt im späten Februar, doch bald schon werden wir ihn wieder mögen - im Licht der Sonne, wenn er ihre Strahlen aufsaugt und alle Wärme in den Nächten herschenkt.Auch gab er so dem Tag, der Nacht das Kalte, das keiner richtig lieben wollte - vielleicht ein Kind, das frei von Urteil noch dazu imstande wäre.

Wie Menschen aus den Schichten stammen, so stammt auch er aus Schichten, längst vergangene Zeiten, die da sprechen - stumm und still aus seiner Mitte oder deutlicher von seinem Äußeren her, das scheinbar nur uns festgelegter ansieht als unser eigenes Spiegelbild.

Ein Jahresring der Erde - was anderes wäre eine jede einzelne Gesteinsschicht, aus welcher dieser stammt, erschließt sich nur wenigen, doch jeder, den seine Stimme still erreicht, begreift sie, auch wenn ihr Echo von dem Klang doch so verschieden scheint, der ihn einst formte.
Auf Stein gebettet leben wir in diesen Städten, zertrümmert, neu geschaffen, um ihn zu zertrümmern, wann wird all das enden, wird er einst bleiben, was zu sein er anfing.

Du irrst Dich, misst Du den Kieselstein an einer Kathedrale und siehst sein Schicksal nirgendwo als dort zu einem größeren Zweck erhoben, er ist nicht weniger, hier, wie er so vor Dir liegt. Ein Körnchen Ewigkeit zählt jedes kleine Teil von ihm, die Ewigkeit im Ganzen, ungetrennt von ihr.
Der Stein vergeht und ist bereits vergangen - Du bist es, den er hier vergehen sieht.

Zwei

Eine ungewohnte Weichheit in dem Material. Etwas das ihn befremdete und für einen Moment innehalten läßt.Zehn Schritte um den Block aus grauem Marmor. Eine schwielige Hand befühlte rauhes, befühlte und spürte den Stein und spürte etwas in diesem aufleben. Ein Schluck kalt gewordener Kaffee, Zigarette. Nachdenken.

Noch nie hatte ein Steinblock das Atelier genauso wieder verlassen, wie er angekommen war, doch dieses mal ruhte die Arbeit und ließ den Stein unverändert bis zum Abend. Früh morgens betrat Berger die alte Fabrikhalle und wartete. Es zog und so schloß er die Luke in der Glasfassade. Kaffee. Zigarette. Nachdenken.

Er wartete und wußte nicht, worauf - erwartete nichts als eine Idee, einen Impuls, wie er weiter vorgehen könne. Auf dem Boden sitzend nahm er am nächsten Tag sein Frühstück ein, Mittag - und Abendessen und betrachtete sein durch etwas Unerklärliches verhindertes Werk.

Bei der nächsten Ausstellung fand man seine neuesten Arbeiten allesamt verhüllt, wie unausgepackt in Bahnen aus derbem, gelblich weißem Nesselstoff gewickelt. Auf einem Podest mitten unter ihnen hatte der pure Marmorblock aus seiner Werkstatt den Platz gefunden hatte. Schroff. Schön. Unvollendet : Vollendet.

Jahre später, nachdem er als Künstler Bedeutendes geleistet hatte, fand man an Bergers Grabstätte, in schlichten Sandstein gekerbt, die rätselhafte Inschrift :

" Du Narr ! Suchst Du den Stein der Weisen, frag lieber einen Stein nach seiner Weisheit ! "
 

buchstab

Mitglied
Ein Stein

Sein Tanz so langsam, daß ihn keiner achtet.

Eins

Vor Hunderttausenden von Jahren hat er begonnen, das zu sein, was er heute scheint.
Man übersieht ihn, ja, es ist leicht, den Blick an ihm vorbeigleiten zu lassen, wenn er am Ufer eines Flusses oder zu Füßen der Bäume Ruhe gefunden hat, rundgeschliffen oder hart und kantig wie der Fels, von dem er stammt. Doch siehst Du ihn, unweigerlich erblickst Du auch, was immer noch so schläft in ihm : Den Felsen.

Noch wohnt in seinem Inneren kaum etwas, das uns zu wärmen Kräfte hätte, jetzt im späten Februar, doch bald schon werden wir ihn wieder mögen - im Licht der Sonne, wenn er ihre Strahlen aufsaugt und alle Wärme in den Nächten herschenkt.Auch gab er so dem Tag, der Nacht das Kalte, das keiner richtig lieben wollte - vielleicht ein Kind, das frei von Urteil noch dazu imstande wäre.

Wie Menschen aus den Schichten stammen, so stammt auch er aus Schichten, längst vergangene Zeiten, die da sprechen - stumm und still aus seiner Mitte oder deutlicher von seinem Äußeren her, das scheinbar nur uns festgelegter ansieht als unser eigenes Spiegelbild.

Ein Jahresring der Erde - was anderes wäre eine jede einzelne Gesteinsschicht, aus welcher dieser stammt, erschließt sich nur wenigen, doch jeder, den seine Stimme still erreicht, begreift sie, auch wenn ihr Echo von dem Klang doch so verschieden scheint, der ihn einst formte.
Auf Stein gebettet leben wir in diesen Städten, zertrümmert, neu geschaffen, um ihn zu zertrümmern, wann wird all das enden, wird er einst bleiben, was zu sein er anfing.

Du irrst Dich, misst Du den Kieselstein an einer Kathedrale und siehst sein Schicksal nirgendwo als dort zu einem größeren Zweck erhoben, er ist nicht weniger, hier, wie er so vor Dir liegt. Ein Körnchen Ewigkeit zählt jedes kleine Teil von ihm, die Ewigkeit im Ganzen, ungetrennt von ihr.
Der Stein vergeht und ist bereits vergangen - Du bist es, den er hier vergehen sieht.

Zwei

Eine ungewohnte Weichheit in dem Material. Etwas das ihn befremdete und für einen Moment innehalten läßt.Zehn Schritte um den Block aus grauem Marmor. Eine schwielige Hand befühlte rauhes, befühlte und spürte den Stein und spürte etwas in diesem aufleben. Ein Schluck kalt gewordener Kaffee, Zigarette. Nachdenken.

Noch nie hatte ein Steinblock das Atelier genauso wieder verlassen, wie er angekommen war, doch dieses mal ruhte die Arbeit und ließ den Stein unverändert bis zum Abend. Früh morgens betrat Berger die alte Fabrikhalle und wartete. Es zog und so schloß er die Luke in der Glasfassade. Kaffee. Zigarette. Nachdenken.

Er wartete und wußte nicht, worauf - erwartete nichts als eine Idee, einen Impuls, wie er weiter vorgehen könne. Auf dem Boden sitzend nahm er am nächsten Tag sein Frühstück ein, Mittag - und Abendessen und betrachtete sein durch etwas Unerklärliches verhindertes Werk.

Bei der nächsten Ausstellung fand man seine neuesten Arbeiten allesamt verhüllt, wie unausgepackt in Bahnen aus derbem, gelblich weißem Nesselstoff gewickelt. Auf einem Podest mitten unter ihnen hatte der pure Marmorblock aus seiner Werkstatt den Platz gefunden hatte. Schroff. Schön. Unvollendet : Vollendet.

Jahre später, nachdem er als Künstler Bedeutendes geleistet hatte, fand man an Bergers Grabstätte, in schlichten Sandstein gekerbt, die rätselhafte Inschrift :

" Du Narr ! Suchst Du den Stein der Weisen, frag lieber einen Stein nach seiner Weisheit ! "
 

buchstab

Mitglied
Ein Stein

Sein Tanz so langsam, daß ihn keiner achtet.

Eins

Vor Hunderttausenden von Jahren hat er begonnen, das zu sein, was er heute scheint.
Man übersieht ihn, ja, es ist leicht, den Blick an ihm vorbeigleiten zu lassen, wenn er am Ufer eines Flusses oder zu Füßen der Bäume Ruhe gefunden hat, rundgeschliffen oder hart und kantig wie der Fels, von dem er stammt. Doch siehst Du ihn, unweigerlich erblickst Du auch, was immer noch so schläft in ihm : Den Felsen.

Noch wohnt in seinem Inneren kaum etwas, das uns zu wärmen Kräfte hätte, jetzt im späten Februar, doch bald schon werden wir ihn wieder mögen - im Licht der Sonne, wenn er ihre Strahlen aufsaugt und alle Wärme in den Nächten herschenkt.Auch gab er so dem Tag, der Nacht das Kalte, das keiner richtig lieben wollte - vielleicht ein Kind, das frei von Urteil noch dazu imstande wäre.

Wie Menschen aus den Schichten stammen, so stammt auch er aus Schichten, längst vergangene Zeiten, die da sprechen - stumm und still aus seiner Mitte oder deutlicher von seinem Äußeren her, das scheinbar nur uns festgelegter ansieht als unser eigenes Spiegelbild.

Ein Jahresring der Erde - was anderes wäre eine jede einzelne Gesteinsschicht, aus welcher dieser stammt, erschließt sich nur wenigen, doch jeder, den seine Stimme still erreicht, begreift sie, auch wenn ihr Echo von dem Klang doch so verschieden scheint, der ihn einst formte.
Auf Stein gebettet leben wir in diesen Städten, zertrümmert, neu geschaffen, um ihn zu zertrümmern, wann wird all das enden, wird er einst bleiben, was zu sein er anfing.

Du irrst Dich, misst Du den Kieselstein an einer Kathedrale und siehst sein Schicksal nirgendwo als dort zu einem größeren Zweck erhoben, er ist nicht weniger, hier, wie er so vor Dir liegt. Ein Körnchen Ewigkeit zählt jedes kleine Teil von ihm, die Ewigkeit im Ganzen, ungetrennt von ihr.
Der Stein vergeht und ist bereits vergangen - Du bist es, den er hier vergehen sieht.

Zwei

Eine ungewohnte Weichheit in dem Material. Etwas, das ihn befremdete und für einen Moment innehalten ließ.Zehn Schritte um den Block aus grauem Marmor. Eine schwielige Hand befühlte rauhes, befühlte und spürte den Stein und spürte etwas in diesem aufleben. Ein Schluck kalt gewordener Kaffee, Zigarette. Nachdenken.

Noch nie hatte ein Steinblock das Atelier genauso wieder verlassen, wie er angekommen war, doch dieses mal ruhte die Arbeit und der Stein blieb unverändert bis zum Abend. Früh morgens betrat Berger die alte Fabrikhalle und wartete. Es zog und so schloß er die Luke in der Glasfassade. Kaffee. Zigarette. Nachdenken.

Er wartete und wußte nicht, worauf - erwartete nichts als eine Idee, einen Impuls, wie er weiter vorgehen könne. Auf dem Boden sitzend nahm er am nächsten Tag sein Frühstück ein, Mittag - und Abendessen. Immer wieder stand er aus, durchschritt den Raum und betrachtete sein durch etwas Unerklärliches verhindertes Werk.

Bei der nächsten Ausstellung sah man seine neuesten Arbeiten allesamt verhüllt, wie unausgepackt in Bahnen aus derbem, gelblich weißem Nesselstoff gewickelt. Auf einem Podest mitten unter ihnen hatte der pure Marmorblock aus seiner Werkstatt den Platz gefunden hatte. Schroff. Schön. Unvollendet. Unvollendet ?

Jahre später, nachdem er als Künstler Bedeutendes geleistet hatte, empfing einen an Bergers Grab eine kleine Bronzetafel. Roter Sandstein diente vier Schrauben als Halt.
Was es zu lesen gab ?

" Du Narr ! Suchst Du den Stein der Weisen, frag lieber einen Stein nach seiner Weisheit ! "
 

buchstab

Mitglied
Ein Stein

Sein Tanz so langsam, daß ihn keiner achtet.

Eins

Vor Hunderttausenden von Jahren hat er begonnen, das zu sein, was er heute scheint.
Man übersieht ihn, ja, es ist leicht, den Blick an ihm vorbeigleiten zu lassen, wenn er am Ufer eines Flusses oder zu Füßen der Bäume Ruhe gefunden hat, rundgeschliffen oder hart und kantig wie der Fels, von dem er stammt. Doch siehst Du ihn, unweigerlich erblickst Du auch, was immer noch so schläft in ihm : Den Felsen.

Noch wohnt in seinem Inneren kaum etwas, das uns zu wärmen Kräfte hätte, jetzt im späten Februar, doch bald schon werden wir ihn wieder mögen - im Licht der Sonne, wenn er ihre Strahlen aufsaugt und alle Wärme in den Nächten herschenkt.Auch gab er so dem Tag, der Nacht das Kalte, das keiner richtig lieben wollte - vielleicht ein Kind, das frei von Urteil noch dazu imstande wäre.

Wie Menschen aus den Schichten stammen, so stammt auch er aus Schichten, längst vergangene Zeiten, die da sprechen - stumm und still aus seiner Mitte oder deutlicher von seinem Äußeren her, das scheinbar nur uns festgelegter ansieht als unser eigenes Spiegelbild.

Ein Jahresring der Erde - was anderes wäre eine jede einzelne Gesteinsschicht, aus welcher dieser stammt, erschließt sich nur wenigen, doch jeder, den seine Stimme still erreicht, begreift sie, auch wenn ihr Echo von dem Klang doch so verschieden scheint, der ihn einst formte.
Auf Stein gebettet leben wir in diesen Städten, zertrümmert, neu geschaffen, um ihn zu zertrümmern, wann wird all das enden, wird er einst bleiben, was zu sein er anfing.

Du irrst Dich, misst Du den Kieselstein an einer Kathedrale und siehst sein Schicksal nirgendwo als dort zu einem größeren Zweck erhoben, er ist nicht weniger, hier, wie er so vor Dir liegt. Ein Körnchen Ewigkeit zählt jedes kleine Teil von ihm, die Ewigkeit im Ganzen, ungetrennt von ihr.
Der Stein vergeht und ist bereits vergangen - Du bist es, den er hier vergehen sieht.

Zwei

Eine ungewohnte Weichheit in dem Material. Etwas, das ihn befremdete und für einen Moment innehalten ließ. Zehn Schritte um den Block aus grauem Marmor. Eine schwielige Hand befühlte rauhes, befühlte und spürte den Stein und spürte etwas in diesem aufleben. Ein Schluck kalt gewordener Kaffee, Zigarette, Nachdenken.

Noch nie hatte ein Steinblock das Atelier genauso wieder verlassen, wie er angekommen war, doch dieses mal ruhte die Arbeit und der Stein blieb unverändert bis zum Abend. Früh morgens betrat Berger die alte Fabrikhalle und wartete. Es zog und so schloß er die Luke in der Glasfassade. Kaffee. Zigarette. Nachdenken.

Er wartete und wußte nicht, worauf - erwartete nichts als eine Idee, einen Impuls, wie er weiter vorgehen könne. Auf dem Boden sitzend nahm er am nächsten Tag sein Frühstück ein, Mittag - und Abendessen. Immer wieder stand er auf, durchschritt den Raum und betrachtete sein durch etwas Unerklärliches verhindertes Werk.

Bei der nächsten Ausstellung sah man seine neuesten Arbeiten allesamt verhüllt, wie unausgepackt in Bahnen aus derbem, gelblich weißem Nesselstoff gewickelt. Auf einem Podest mitten unter ihnen hatte der pure Marmorblock aus seiner Werkstatt den Platz gefunden hatte. Schroff. Schön. Unvollendet. Unvollendet ?

Jahre später, nachdem er als Künstler Bedeutendes geleistet hatte, empfing einen an Bergers Grab eine kleine Bronzetafel. Roter Sandstein diente vier Schrauben als Halt.
Was es zu lesen gab ?

" Du Narr ! Suchst Du den Stein der Weisen, frag lieber einen Stein nach seiner Weisheit ! " stand dort.
 

buchstab

Mitglied
Ein Stein

Sein Tanz so langsam, daß ihn keiner achtet.



Vor Hunderttausenden von Jahren hat er begonnen, das zu sein, was er heute scheint.
Man übersieht ihn, ja, es ist leicht, den Blick an ihm vorbeigleiten zu lassen, wenn er am Ufer eines Flusses oder zu Füßen der Bäume Ruhe gefunden hat, rundgeschliffen oder hart und kantig wie der Fels, von dem er stammt. Doch siehst Du ihn, unweigerlich erblickst Du auch, was immer noch so schläft in ihm : Den Felsen.

Noch wohnt in seinem Inneren kaum etwas, das uns zu wärmen Kräfte hätte, jetzt im späten Februar, doch bald schon werden wir ihn wieder mögen - im Licht der Sonne, wenn er ihre Strahlen aufsaugt und alle Wärme in den Nächten herschenkt.Auch gab er so dem Tag, der Nacht das Kalte, das keiner richtig lieben wollte - vielleicht ein Kind, das frei von Urteil noch dazu imstande wäre.

Wie Menschen aus den Schichten stammen, so stammt auch er aus Schichten, längst vergangene Zeiten, die da sprechen - stumm und still aus seiner Mitte oder deutlicher von seinem Äußeren her, das scheinbar nur uns festgelegter ansieht als unser eigenes Spiegelbild.

Ein Jahresring der Erde - was anderes wäre eine jede einzelne Gesteinsschicht, aus welcher dieser stammt, erschließt sich nur wenigen. Doch jeder, den seine Stimme still erreicht, begreift sie, auch wenn ihr Echo von dem Klang doch so verschieden scheint, der ihn einst formte.
Auf Stein gebettet leben wir in diesen Städten, zertrümmert, neu geschaffen, um ihn zu zertrümmern, wann wird all das enden, wird er einst bleiben, was zu sein er anfing.

Du irrst Dich, misst Du den einzelnen Stein an einer Kathedrale und siehst sein Schicksal nirgendwo als dort zu einem größeren Zweck erhoben.Er ist nicht weniger, hier, wie er da vor Dir liegt. Ein Körnchen Ewigkeit zählt jedes kleine Teil von ihm, die Ewigkeit im Ganzen, ungetrennt von ihr.
Der Stein vergeht und ist bereits vergangen - Du bist es, den er hier vergehen sieht.
 

buchstab

Mitglied
Ein Stein

Sein Tanz so langsam, dass ihn keiner achtet.



Vor Hunderttausenden von Jahren hat er begonnen, das zu sein, was er heute scheint.
Man übersieht ihn, ja, es ist leicht, den Blick an ihm vorbeigleiten zu lassen, wenn er am Ufer eines Flusses oder zu Füßen der Bäume Ruhe gefunden hat, rundgeschliffen oder hart und kantig wie der Fels, von dem er stammt. Doch siehst Du ihn, unweigerlich erblickst Du auch, was immer noch da schläft in ihm : Den Felsen.

Noch wohnt in seinem Inneren kaum etwas, das uns zu wärmen Kräfte hätte, jetzt im späten Februar, doch bald schon werden wir ihn wieder mögen - im Licht der Sonne, wenn er ihre Strahlen aufsaugt und alle Wärme in den Nächten herschenkt. Auch gab er so dem Tag, der Nacht das Kalte, das keiner richtig lieben wollte - vielleicht ein Kind, das frei von Urteil noch dazu imstande wäre.

Wie Menschen aus den Schichten stammen, so stammt auch er aus Schichten. Längst vergangene Zeiten, die da sprechen - stumm und still aus seiner Mitte oder deutlicher von seinem Äußeren her, das scheinbar nur uns festgelegter ansieht als unser eigenes Spiegelbild.

Ein Jahresring der Erde - was anderes wäre eine jede einzelne Gesteinsschicht, aus welcher dieser stammt, erschließt sich nur wenigen. Doch jeder, den seine Stimme still erreicht, begreift sie, auch wenn ihr Echo von dem Klang doch so verschieden scheint, der ihn einst formte.
Auf Stein gebettet leben wir in diesen Städten, zertrümmert, neu geschaffen, um ihn zu zertrümmern, wann wird all das enden, wird er einst bleiben, was zu sein er anfing.

Du irrst Dich, misst Du den einzelnen Stein an einer Kathedrale und siehst sein Schicksal nirgendwo als dort zu einem größeren Zweck erhoben.Er ist nicht weniger, hier, wie er da vor Dir liegt. Ein Körnchen Ewigkeit zählt jedes kleine Teil von ihm, die Ewigkeit im Ganzen, ungetrennt von ihr.
Der Stein vergeht und ist bereits vergangen - Du bist es, den er hier vergehen sieht.
 



 
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