Monolog eines Kritikers

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Reggy

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Bitte nicht missverstehen: Dieser Text ist reinste Fiktion, spiegelt in keiner Weise meine Ansichten und ist auch keine Reaktion auf eine Kritiker. Er ist just for fun...



Hmm, was ist das denn schon wieder?
Noch ein Laie, dem der Größenwahn eingeflüstert hat, er könne schreiben. Noch einer, der zu tanzen versucht, obwohl er nicht einmal krabbeln kann. Noch einer, der meine Zeit verschwendet, die ich viel lieber damit verbringen würde, in GUTER Literatur zu schwelgen.
Ach je, es gibt zu wenige Texte, die man dazu zählen kann. Wenn man kritisch liest und sich nicht von der ersten Euphorie tragen lässt – eigentlich gar keine.

Warum tue ich mir das an? Woher kommt dieser selbstzerstörerisch-noble Drang, Schreiberlingen zu helfen, die es mit ihren abgedroschenen Ideen und ihrem miserablen Wortschatz sowieso nie zu etwas bringen werden? Ich besitze eindeutig zu viel Herzensgüte, das ist einer der wenigen Punkte, in denen ich mit meinem Psychotherapeuten übereinstimme.
Vielleicht leide ich aber auch an einer subtilen Form des Masochismus – würde es mir sonst Spaß machen, mich so zu quälen… mit Verbesserungsvorschlägen für Geschreibsel, dessen Verschwinden die einzig gültige Verbesserung wäre?
Nun denn, lasst die Folter beginnen.

Gleich der erste Peitschenhieb: Ich-Perspektive! Meine Hände zittern zu sehr, als dass ich ein Kreuzzeichen machen kann. Mir läuft es kalt den Rücken runter. Diese Erzählform wird ausschließlich von pubertierenden Möchtegern-Märchenerzählern verwendet. Wer glaubt, die Ich-Perspektive taugt zu was, der glaub auch, die Vergangenheitsform von „gehen“ lautet „gang“. Ein Verlangen ergreift von mir Besitz, den Ich-Erzähler mit einer spitzen Feder anzustupsen, damit er sich zu meiner Erlösung von dieser Klippe stürzt.

Aber wir wollen mal nicht so sein. Nur weil 3 Texte in der Ich-Perspektive unzumutbar waren, heißt es nicht, dass es bei diesem auch so…
Barmherziger! Dieser Autor kann „Spannung“ noch nicht einmal buchstabieren! Der Name des Protagonisten wird schon in der ersten Zeile verraten. Ich hatte ja keine Ahnung, dass eine solche Stillosigkeit möglich ist. Wo bleibt denn da die Erwartung und die Neugierde? Mit solch einem simplen Geheimnis kann man den Leser halbwegs bei der Stange halten, wenn die Unfähigkeit des Schreibers kein Geheimnis ist.

Wie soll ich einem Autor helfen, dessen Vokabular gerade für die 5. Hauptschulklasse reicht und der in seinem Text nicht einmal genug verschleiern kann, um den Leser denken zu lassen? So etwas Sinnentleertes ist noch nie unter meine müden Augen gekommen: Keine akribischen Gedankengänge, stattdessen eine widerwärtig klare Struktur aus „Ursache und Wirkung“. Da bleibt kein Platz mehr für philosophische Einsichten des Protagonisten – aber welche kann dieser schon haben, wo er doch einer Landkarte der Niederlande gleicht?

Dieser Stümper wäre wirklich besser damit beraten, Programmieren zu lernen… obwohl ich nicht glaube, dass er dafür genügend Intelligenz besitzt.
 

gueko

Mitglied
Wieso Fiktion?

Ahh - dein/e literarische/r Ich-Kritiker/in will niemanden zu Nahe treten - täte aber manchen gut (wenn es nich tgerade ICH bin). Also ich finde es humorvoll.
gueko
 
Tja, da muss ich jetzt doch den Kritiker raushängen lassen.

Von vorneweg: Dein Text funktioniert nicht, sprich: er ist nicht lustig. Und ich sage Dir genau, warum er nicht tut:

Du beginnst zwar gut mit Stereotypen zum Kritiker, aber dann erzählst Du aus der Sicht des Kritikers (des Stärkeren), wie er sich über den Text eines Autors (der Schwächere) lustig macht.
Sich über jemand anderen lustig machen funktioniert nur in eine Richtung: vom Schwächeren zum Stärkeren. Vom (machtlosen) Staatsbürger der sich über den (mächtigeren) Politiker lustig macht. Vom (machtlosen) Fan, der sich über einen (mächtigeren, angeseheneren) Promi lustig macht.

Wie aber klingt es, wenn sich ein Politiker über einen Staatsbürger lustig macht? (z.B. George Bush als Gouverneur von Texas wie er eine Todeskandidatin nachäffte). Genauso klingt es in Deinem Setup.

In Deinem Fall muss(!) der Humor auf den Kritiker zurückfallen, sprich der Kritiker muss am Ende der Dumme sein. Alle anderen Richtungen wirken in 99,9% der Fälle nur unsympathisch (z.B. der mächtigere Stefan Raab macht sich über die arme Frau mit ihrem Maschendrahtzaun lustig). Umgekehrt funktioniert es nur, wenn der Autor ein überdrüber Superstar ist, arrogant etc. Aus Deinem Text ist das aber nicht zu erkennen.

Weiters ist auch die vermeintliche Schlusspointe nicht wirklich originell.

Siehe dazu auch unser Humor 1x1, das sehr ausführlich darauf eingeht.

Marius
 

gueko

Mitglied
Wer sagt was lustig ist?

Also ich stimme mit Marius deshalb nicht überein, weil es eben unterschiedliche Zugänge zu Humor gibt - so stehts ja auch im 1x1 des Humors. Und wer begnadete Satiriker wie Hugo Wiener oder Ephraim Kishon gelesen hat, der kennt wohl eine bestimmte Form des Humors. Aber wer das "Schwarze" liebt, der kann auch über den lachen, der sich über Schwächere lustig macht - denn auch übertriebener Zynismus lockt mich zum Lachen und zum Nachdenken. Und das ist ja mehr als so manche Satire schafft. Nur auf die Schenkel zu klopfen ist mir auf die Dauer dann doch zu wenig. Und wenn man jetzt den Text von Reggy liest und die obenstehende Textkritik auch noch: Dann, Reggy, bist du mir schon fast zu Nahe an der Realität - aber trotzdem lustig ;-)))
 

Reggy

Mitglied
Danke schön, gueko, dass du meine Intention so präzise aufgefasst hast. Mir ging es bei diesem Text auch nicht wirklich um puren Humor, ich wollte eher zum Nachdenken bringen über die Einstellung mancher Kritiker und Lektoren...
 
Wenn's also nicht Humor&Satire sein soll, dann verschieb ich's in Essays & Kolumnen, ok?
Denn wie gesagt, es ist nicht lustig, sondern eigentlich nur eine Privatfehde des Autors zu einem Kritiker (oder umgekehrt), die den Leser nicht wirklich interessiert. Und das hat mehr kolumnistisches an sich.

Marius
 

Reggy

Mitglied
Diesen Text als Privatfehde zu bezeichnen, verbitte ich mir. Dass du es als etwas anderes als Satire einstufst, nur weil es nicht nur ein Schenkelklopfer ist, sondern auch zum Nachdenken bringen soll, sehe ich auch nicht ein. Verschiebe es, aber ich heiße das nicht gut.
 
Ich lass den Text dann diesem Forum.

Ad Privatfehde: so kommt der Text eben (für mich) rüber.

Generell würde ich Dir aber raten, den Text zu überarbeiten. Wenn Du schon nicht das Setup selbst ändern willst, dann arbeite zumindest an den Pointen.

Z.B. der letzte Satz ist nicht wirklich elegant oder originell:
"Dieser Stümper wäre wirklich besser damit beraten, Programmieren zu lernen… obwohl ich nicht glaube, dass er dafür genügend Intelligenz besitzt."

"Stümper" ist zu plump, und es ist nicht unbedingt eine Beleidigung, wenn man jemanden das Nichtkönnen von Programmieren vorwirft. Diese Pointe verpufft somit völlig.

Mach etwas wie "Dieses geistige Unterseeboot hat gerade genug Talent, professioneller Briefmarkenabschlecker zu werden."

Analog solltest Du an den anderen Vergleichen arbeiten. Fünftklässler, etc. klingen zu brav und damit fad.

Apropos: ein Kritiker normalerweise würde sich mit so einem Autoren gar nicht abgeben, sondern eher ein "würdigeres" Ziel suchen. Und dann schon gar keine Verbesserungsvorschläge machen, das ist dann nämlich mehr ein Lehrer.

Marius
 

gueko

Mitglied
Marius ist der humorvollste

Also wenn Marius diese Entscheidung realisiert hätte, dann klopfte ich mir vor Lachen auf die Schenkel - das wäre echt komisch, wenn tiefgründiger Humor aus der Rubrik Humor & Satire in die Rubrik Essays und Kommentare verbannt würde.

Konstruktive Verbesserungsvorschläge zu machen steht dir besser an Marius, das ist die Unterstützung die auch ich von Moderatoren erhoffen würde. Das find ich besser - weiter so!

gueko
 

petrasmiles

Mitglied
Hallo Marius,

ohne mich über die Lustigkeit des Textes auslassen zu wollen, was mir zu individuell erscheint, habe ich Dein Schema nicht erkannt, das Du vorherrschend siehst: Das oben/unten bzw. mächtig/ohnmächtig.
Das Thema ist ja überhöht, die 'Kritik' fällt auf den Kritiker zurück, weil am Ende der Eindruck entsteht, dass man als Autor gar nichts richtig machen kann und der Herr Kritiker mit einem '1x1' ans Kritisieren geht und gar nicht das Gesamt eines Textes auf sich wirken lässt, sondern Merkmale abzuhaken scheint.
Das würde ich als 'satirisch' ansehen.

Lieber Reggy,

die Pointe ist eigentlich keine, und der Blick auf das komischen Element wird von zu vielen Worten verstellt und Vergleichen, die nicht 'sitzen'.

Viel Spaß noch beim Tüfteln.

Liebe Grüße
Petra
 
Hi Petra,

Stimmt, natürlich. Aber wenn ich zum zigsten Male hier im Forum als Ausrede von einem Autor lese, dass ihr/sein "Humor ist mehr tiefgründig" oder er/sie "wollte keinen Schenkelklopfer" oder "es ist mehr stiller Humor", dann ist das für mich ein Zeichen, dass der Autor/die Autorin nicht am Text arbeiten wollte/will und eine leichte Entschuldigung sucht.
Es ist hier nun einmal das Humor&Satire-Forum und Autoren kommen hier rein, um ihren Text "konstruktiv kritisiert" zu kriegen, und Leser(!), damit sie was zu lachen haben. Und ich tue alles, dass die Leser und Autoren auf ihre Rechnung kommen.

Das ist ja so, als ob im Krimiforum ein Text steht, wo kein Verbrechen passiert, weil das sonst zu brutal ist, und es keinen Täter gibt, weil alle so gut zueinander. Oder ein Horrortext, der keinen Horror hervorruft sondern von Blümchen spricht. Dann habe ich das Thema verpasst.

Es gibt einige kleine Techniken, um Texte satirisch/humoristisch viel stärker zu machen. Humor&Satire zu schreiben ist vermutlich viel schmerzvoller als andere Texte, weil das Ziel der Humor ist. Deshalb habe ich aus verschiedensten Quellen das Humor 1x1 kompiliert, weil man sich das Schreiben solch eines Textes (hart) erarbeiten/erlernen muss. Und so nebenbei lernt, dass Humor verschiedene Auswirkungen hat.

Als Leser komme ich in dieses Forum mit einer ganz bestimmten Erwartung: ich will lachen/schmunzeln/gackern - und nicht erst den Witz mühsam herausarbeiten und interpretieren müssen. Vor allem auch will ich das Problem verstehen, um darüber lachen zu können.

Ich hoffe, dass ich genug konstruktive Kritik an diesem Text gegeben habe, um den armen Reggy nicht zu sehr zu verschrecken.

Aber das Problem dieses Humor&Satire-Forums ist es, dass wir direkt gegen gedruckte satirische Texte aus anderen Quellen und dem Kabarett bestehen müssen. Das ist was Leser darunter mal verstehen. Wenn wir zu voreingenommen und überwältigt von unseren eigenen, vermeintlich lustigen Texten sind, dann kommen wir nie auf den nächsten Level, sondern bleiben Amateure.

Marius
 

petrasmiles

Mitglied
Hallo Marius,

ich kann Dich gut verstehen, dennoch will mir scheinen, dass Du des Guten ein bisschen zuviel tust.
Ehrlich, wenn ich etwas auf der Zunge hätte, das mir komisch erscheint, und ich bliebe dran und machte eine Geschichte daraus, ich würde mich nicht trauen, sie hier einzustellen, weil ich keine Hoffnung hätte, dass es vor Deinen kritischen Augen besteht.
Am meisten lese ich von Dir, etwas sei nicht witzig, es gehöre hier nicht her. Und fast noch schlimmer: Was Dir dann gefällt, trifft meinen Geschmack überhaupt nicht, find ich fad, oder zu weit hergeholt.

Es hat schon fast etwas Humorloses, wie Du Regeln bemühst, zerpflückst und in den Senkel stellst.

Versteh' mich bitte nicht falsch, ich bewundere Deinen Fleiß und dass Du Dich um jeden oder nahezu jeden Text kümmerst, und ich unterstelle Dir die besten Absichten, aber das Maß ist nicht für alle gleich. Nicht jeder will gleich von den besten Magazinen gedruckt werden, oder könnte davon träumen. Aber jeder hat mal angefangen, und gerade, weil die leichte Kunst so schwer ist, muss vielleicht noch mehr geübt werden, und erst einmal holt man aus sich heraus, was da ist.
Man selbst sollte sich vielleicht an den Besten messen, um besser zu werden, aber wenn es ein anderer tut, hat es eher den gegenteiligen Effekt.

Mein Vorschlag: Nimm's lockerer! ;)

Liebe Grüße
Petra
 
Liebe Petra ;-)

Vielleicht hast Du recht und ich überanalysiere alles. Der Hintergrund ist, dass ich mich neben dem Schreiben und Publizieren (und wir sind dabei mein Satiremagazin Rappelkopf.at als gedruckte Zeitung aus der Taufe zu heben) auch mit Kabarett schon seit Jahrzehnten beschäftige. Nicht nur das: ich habe vor 4 Wochen einen Kabarettwettbewerb in Wien gewonnen (unter meinem Realnamen).

Und ich wäre nicht als Sieger hervorgegangen, wenn ich nicht die Grundbegriffe und Grundtechniken von Humor gelernt und in meine 20-Minuten of Fame verwendet hätte. Und das geht eben nur durch die Analyse von den Besten.

Ich sage nicht, dass das das Einzige oder Wichtigste ist, aber Solala-Texte können damit zu Oha-Erfolgen gemacht werden. Und ich versuche für mich zu verstehen, warum ich bei dem Text nicht gelacht oder wenigstens einmal geschmunzelt habe. Und zum Pech (oder Glück?) des Autoren schreibe ich meine Analyse hier in den Kommentar.

Ich rede ja nicht davon, dass jeder hier gleich weltberühmt oder nur in den besten Satireverlagen und Magazinen gedruckt wird. Es reicht schon mal im Regionalblatt abgedruckter Satiriker zu sein.

Sich mit den Besten messen: Ich schreibe den Vergleich, die Leser (die wir leider viel zu wenig hier herinnen haben - waurm wohl?) denken ihn sich - und kommen eben nicht wieder. Wenn sie 5 Texte lesen, die alle "tiefgründig" sind (sprich: nicht wirklich lustig), dann kommen sie nicht wieder. Als ich das erste Mal hier mitlas, dachte ich mir auch: "Hmmm, wo sind denn nun die lustigen Texte?" Klar, es gibt hier immer wieder Perlen, aber die sind so selten wie die echten. Wär's anders, dann hätten wir hier im Humor&Satire-Forum tausende Leser pro Text. So haben viele Texte das Problem, nicht über 20 oder 30 Hits rüberzukommen. Man kommt nicht wieder.

Natürlich will keiner über sein "Baby" hören, dass es hässlich ist. Aber dazu ist die Leselupe nun mal da - und jeder Autor sollte sich dessen bewusst sein. Ich weiss: ich bin der 'Böse', der das tut und tun muss ;-) (Hallo Moderator). Aber speziell bei meinem Background hoffe ich doch die Legitimität dazu zu haben, dass es nicht gaaaaanz so falsch ist, wie ich's analysiere. Natürlich liege ich aber manchmal auch falsch.

Nochmals zum konkreten Text: jetzt wo gesagt wurde, dass der Kritiker so nach Textbuch vorgeht, wird's mir bewusst. Ich denke ein Leser (der kein Autor ist), ersieht das aus dem Text nicht unbedingt. Wie wärs, wenn man in den Text noch sowas einbaut? Der Kritiker geht nach einem wirklich physisch vorhandenen Kriterienbuch vor, "wenn Ich-Perspektive, dann ..." und falls xxx, dann beleidige den Autor mit diesem Schimpfwort (wobei unterschiedliche Abstufungen angeboten werden - Fünftklässler:Sonderschüler:Grenzdebiler). Das würde den Text sowohl aus der Tiefgründigkeit hervorholen, als auch das Machtverhältnis umdrehen: der Kritiker ist ohnmächtig und verlässt sich nur auf sein Buch.

Prinzipiell muss ich aber sagen: Hut ab vor jedem Autor, der einen Text hier im Forum postet. Nicht nur muss man die Regeln aller anderen Textarten verstanden haben, man muss noch zusätzlich das Element des Humors reinbringen. Und das ist verdammt schwer...

Marius
 

majissa

Mitglied
Was Marius im ersten Kommentar schreibt, ist nicht von der Hand zu weisen. Seine "Regel" lese ich hier zwar zum ersten Mal, stelle aber fest, dass ich ihr rein intuitiv beim Schreiben folge. Mal mehr, mal weniger. Dieser Text ist nicht lustig, der Humor weder still noch laut, sondern genauso abwesend wie die sprachliche Brillianz, die man von einem Literaturkritiker eigentlich erwarten dürfte. Das ist auch so ein Grund, warum der Text nicht funktionieren kann.

Majissa
 



 
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