Montag im Mai

Paul

Mitglied
Montag im Mai
7.00Uhr: Radiowecker, oldies but goldies...
7.15Uhr: 1 Kanne Kaffe, die erste Selbstgedrehte, Computer an:
nach e-mails gucken, Literaturforen abgrasen und surfen, heute:
http://www.poster.de, suche ein Kunstposter, ein Bild über den Schreibtisch, eine Inspiration,
wenn der Blick schweift. Eine Muse. Vielleicht auch ins Schlafzimmer. Eine Muse.Die "Madonna" von Edvard Munch soll den Job wahrscheinlich übernehmen...
8.30Uhr: raus! Aufs alte Klapperfahrrad. Die Sonne lacht! Penner liegen noch eingemummelt in Hauseingängen. Andere trinken schon das erste Billigdosenbier. Rote Gesichter.
Glasiger Blick. Die Stadt erwacht. Beim Bäcker Apfelkrapfen. Ich liebe diese Wort,
APFELKRAPFEN! Und schmeckt. Zeit die gelbe Sonnenbrille aufzusetzen. Alles erscheint noch sonniger. Wonniger. Hm, die meisten Geschäfte haben noch geschlossen. Dann ab ins Bauhaus. Da ist schon Betrieb. Tja, der deutsche Hobbyhandwerker ist früh auf den Beinen. Früher Vogel fängt den Wurm.
Hat einen schrecklichen Teppichbodengeschmack, der deutsche Handwerker. Und kann sich nicht entscheiden. Das dauert. Viel zu lang. Warten. Wie der Panther...
Endlich dran Eine Rolle blauen PVC fürs Badezimmer und ab. Aufs Fahrrad. Die
Rolle geschultert. Auf dem Rückweg bei Karstadt vorbei. Hat nun auch offen. Ein
Satz Blumentöpfe solls sein. Für die 10 kleinen Kakteen. Die ich gestern für 6 Euro.
Auf dem Fischmarkt. Ein Schnäppchen. Und so hübsch. Die brauchen Platz. Erde.
Wasser. Sonne...
11.00Uhr: Kurzer Abstecher zu Haus. Alles ablegen.
11.10Uhr:Wieder aufs Fahrrad. Im Kitschladen noch einen Duschvorhang. Mit Fischen drauf.
Im Elektrofachhandel noch einen Ghettoblaster. Den kleinsten. Und billigsten. Auch fürs Schlafzimmer. Hm, einschlafen mit klassischer Musik. Massieren. Poppen.
11.30Uhr: fettes Frühstück. endlich. 2 Brötchen, Ei, Müsli mit frischen Früchten, Kuchen. Wieder Kaffee.
12.00Uhr: Erneuter PC-Check. Dann geht's an die Arbeit: Projekt Küche. Alles raus, was
stört, sperrige Gegenstände mit Plane überzogen. Alles geplant... .
13.00Uhr: Telefonat mit einem Freund. Kommt nachher auf einen Kaffee vorbei. Bringt einen
"Kumpel" mit. Wieder in die Küche. Ausräumen. Abdecken. Abräumen. Zudecken.
14.00Uhr: Es klingelt. Der Freund. Und Kumpel. Ersterer bringt mir eine Jeans mit. Trägt er nicht mehr. Großartig. Schwarz gefällt mir. "Eine Mustang", sagt er, "mit Knöpfen." Kaffee ist bereits fertig. Schon wieder Kaffee. Mein Herz... . Der Kumpel ist wortkarg. Ein wenig verschüchtert. Trotz Nasenpiercing. Er möchte lieber Bier.
Hat rote Augen.
14.45Uhr: Projekt Küche. Streichen. Weiß. Höchste Eisenbahn. 3 Jahre Nikotinabusus hängen da. Der neue Ghettoblaster tut dabei bereits wunderbare Dienste. Metallica. Dandy
Warhols. The Who (live!).
18.00Uhr: Zack, die Zeit verflog wieder wie im Fluge. Zug wieder wie im Zuge. Dahin.
Telefonate: Thomas, der Mitinhaber eines Ladens auf St. Pauli. Dort kann ich im
Juni lesen. Pawel-Iwanowitsch tritt auf. Für umsonst. Das klappt wohl. Läuft ja. Die Karriere... .
Ignaz geht auch ran. Der klingt auch wortkarg. Der Eremit. Gar depressiv. Ja, der
Blues. Der Wolf... Die Liebste ist nicht da. Quatsch ich auf den AB. Ein weiterer
Freund ist auch nicht da. Der Ab auch nicht.
18.30Uhr: PC-Check. Hab da ein neues Literaturforum aufgetan. Sind auch Hamburger mit am Werk. Klingt ganz sympathisch. Und haben wohl auch Ahnung. Und viel Lyrik
gibt's da. Werde ich im Auge behalten.
19.00Uhr: Küche wieder abdecken. Aufräumen. Aufdecken. Einräumen. Undso. dann noch
ein paar Pinselstriche im Bad. Blaue Decke jetzt. Himmel. Werkzeuge reinigen.
21.00Uhr: Telefonat mit der Liebsten. Alles im Lot. Das ist schön.
22.00Uhr: Küche putzen. Akribisch. Und ausmisten. Alles. Kühlschrank. Interessant, was sich das so alles angesammelt... .
0.00Uhr: Puh. Geschafft. Die Küche glänzt. Strahlt. Funkelt. Feierabend!!!
Kurzer Pc-Check. Ein kurzes Computerspiel. Hühnerkillen. Zähne putzen. Bett! Ah!
Schön. Liegen. Ruhe.
00.30Uhr: Glotze: der Schluß von "Polylux", eine meiner Lieblinssendungen. Satire. Aus dem Leben geschöpft.
00.45Uhr: taz lesen. Westerwelle. 18%. Kanzler... . Mir fällt ein, daß ich Mittagessen vergessen habe. Verg-essen... . Egal. Hab in meinem Buch nicht gelesen."Melancholie" von Jon Fosse. Nicht egal. Schade. Naja. Alles zu seiner Zeit. Glotze ist aus. Gedanken kommen in den Bahnhof. Ein und aus. Rattatrattat. Letztes Jahr im Mai schrieb ich ein Gedicht, in dem ich schrieb, daß ich nichts geschrieben hab.
01.00Uhr: Ich beginne zu schreiben. Montag im Mai. Aus meinem neuen Ghettoblaster
tönt Schostakowitsch. Tief. Wie Russland. Es ist dunkel. Nacht.
Nacht:
durchs offene Fenster weht frische Luft. Hafenluft. Meeresbrise. Brise Salz. Möwen. und Fisch. die Bastjalousie tänzelt ein wenig. im sanften Wind. der mir immer Geschichten erzählt. an der Tür ein Schatten. die Streifen der Bastjalousie. und darin der bizarre Scherenschnitt des Pfennigbaumes, der auf dem Fenstersims steht. stille Geschenke der Nacht. der Schatten erinnert mich an Spanien. bei offenem Fenster schlafen. in einem Billighotel in Barcelona. Barcelona. Dali. Lorca. Bunuel. die Gedanken schweifen. dezente Geräusche der schlummernden Stadt. Einzelne Autos. Jugendliche. Disco. schweifen weiter ins Leere. da, ein wenig Sehnsucht. Wehmut. und doch - Erwartung. Und Dankbarkeit. Wohlwollen. Naivität eines Kindes sei Dank. und Sinneszauber. Empfindung. meine Eltern. meine Schwester. Verwandte. Freunde. die Liebste. alle klopfen nochmal kurz an.
Oh, so spät noch eine Amsel zu hören. wahrscheinlich träumt sie laut. Oder die Katz. ich puste die Kerze aus. Gute Nacht.
 



 
Oben Unten