Mord in Heidelberg

Mord in Heidelberg - Teil 1

Zur Vorgeschichte: „Mord in Heidelberg“ wurde als Patchwork-Roman eines Deutsch-Leistungskurses angelegt, den ich bis vor kurzem auf dem Gymnasium besuchte. Der Roman selber wurde auf einer Kursfahrt nach Heidelberg von allen Mitgliedern des Kurses geschrieben. Da aber diese Version des Romans nicht zu Ende geschrieben wurde und auch keine Überarbeitung, außer bei den Rechtschreibfehlern, stattgefunden hat, habe ich persönlich den Roman hinterher alleine überarbeitet und auch neue Kapitel hinzugefügt, um die Geschichte verständlicher zu machen.
Gewisse Dinge, die sehr unlogisch erscheinen, sind erwünscht und Teil der Geschichte, die den Leser hinters Licht führen soll.
Mit Erlaubnis meines Lehrers und meiner Mitschüler stelle ich nun erst mal die von mir bearbeitete Version online. Wenn ausreichend Resonanz da ist, stelle ich später auch die andere Version online, um einen Vergleich zu ermöglichen.


Zum Inhalt: Eine Deutsch-Leistungskurs fährt nach Heidelberg. Schon bald geschieht der erste Mord. Es ist der erste einer ganzen Reihe von Morden. Der Täter kann nur aus dem Kurs kommen, doch wer ist es? Jeder ist verdächtig.




Mord in Heidelberg
Patchwork-Roman LK 12/13
Kapitel 1

Das dumpfe Geräusch des Motors legt sich auf meine Ohren. Unbewusst wahrgenommen, lässt es die Stimmen um mich herum leiser und unbedeutender wirken, lässt sie verschwindend untergehen. Unbedeutende Stimmen – ja, wahrscheinlich sind die Stimmen um mich herum in der Tat unwichtig. Sie machen die Zeit zunichte. Es ist dieses Gefühl von Sinnlosigkeit, das Wissen, dass diese Strecke bezwungen werden muss, um an das Ziel zu gelangen. Knapp 380 km in einen bunt gemusterten Sitz gepresst, ohne jegliche Bewegung, gemeinsam mit Leuten, die den Faktor Spaß als Sinn des Lebens ansehen. Aus Sicht meiner Eltern ist es für meine persönliche Zukunft wichtig, soziale Kontakte zu knüpfen. Ein gepflegter Umgang mit den Eltern Franziskas zum Beispiel könnte meiner Karriere helfen. Anknüpfung zur gehobenen Klasse, perfektes Auftreten in der Öffentlichkeit – der Einfluss auf mich durch eine solch „gehobene“ Clique könne nur positiv sein. Für mich haben sie keinerlei Ambitionen. Leben, ohne den Wert des Lebens zu erkennen. „Jonas, du hast dort einen Fleck auf deinem Hemd“, höre ich eine schrille Mädchenstimme das dumpfe Gemurmel durchbrechen, nachhaltig übertönen. Franziska erhebt sich aus ihrer graziösen Haltung, die sie in dem starr, steifen Sitz mit halbem Meter Beinfreiheit eingenommen hat, verliert dabei nur für einen Bruchteil einer Sekunde Haltung und königliche Miene und positioniert sich dann in gekonnt aufreizender Pose im Gang, neben Jonas. Als würde ihr Rücken keine Krümmung erlauben oder als stecke in ihm ein Stock, an dem bei steigender Neigung zwei rund geformte Portionen an übermäßigem Hautgewebe immer weiter der Erdanziehung nachgeben müssen, beugt sie sich nun in langsamer Bewegung hinunter zu Jonas. Ein Stück weiter und sie hätte, so bin ich mir sicher, den Fleck mit der Nasenspitze begutachten können. Jonas, scheinbar ungerührt von den sich neu offenbarenden Ausblicken, greift in seine Hosentasche, zieht ein Taschentuch heraus, wischt in lässiger Handhabung einige Male über den Fleck und schaut dann, nachdem er einen kurzen Blick auf seine Sitznachbarin Charlotte wirft, aus dem Fenster, sodass der Stock Madame Pompadous schnell eine senkrechte Stellung einnimmt und sich den Gang hinab bewegen kann.
Widerwärtig. Dieses Lächeln, diese Ausstrahlung von Freude, Unbekümmertheit. Die Zeit rennt, ihr Lächeln steht. Charlotte – sie lächelt und spürt dabei nicht die Wichtigkeit, die in den Augenblicken liegt. „Jonas, ich freue mich schon auf die Zeit am Neckar. Das wird so idyllisch.“ Idylle – dieses Wort umfasst die totale Widerwertigkeit in ihrer Gesamtheit. Das Gefühl von Dornenstichen breitet sich in mir aus bei dem Gedanken an all das, was diese Momente umfassen könnten. Pure Sinnlosigkeit steckt in diesen Sekunden, Minuten, ja, in der gesamten nächsten Woche. „Nutze die Zeit, um deine Kontakte zu erweitern.“ – Wieder einmal ein Satz meiner Eltern, der zeigt, wie schnell sie meine wahren Ziele aus den Augen verlieren. Kontakte dieser Art können mich nicht weiterbringen. Es sind stereotypen von Personen. Ohne Ziele. Ich werde das, was meine Eltern beabsichtigen, erreichen – allein. Durch die Reflexionen in den Wänden aus gläsernen Scheiben sehe ich, wie Kevin, in vorderster Sitzreihe des Busses platziert, scheinbar gedankenverloren in die Weite schaut, die an uns vorbeizieht. Grünbepflanzte Schallmauern, dahinter bergisches Land. Eine Tankstelle, Häuser, Dörfer. Sie ziehen an uns vorbei. Unerfasst. Ob Kevin diese Bilder wahrnimmt – ich weiß es nicht. Charlotte hatte es mir in einer unserer „Plauderstunden“, wie sie es nennt, erzählt. Kevin, der für mich bisher nichts weiter als ein einfacher Gitarrist war, müsse sich ständig um seine achtjährige Schwester kümmern. Sein Vater sei verstorben. Es muss eine riesige Belastung sein. Schwerwiegend. Er wird gebraucht. Wahrscheinlich sogar in eben dieser Minute. Von Schwester oder Mutter, so wie ich diese Zeit brauche.
Ich spüre die Lehne des Sitzes in meinem Rücken. Manchmal mehr, manchmal weniger. Je nach Geschwindigkeit und befahrener Oberfläche. Ich merke, wie Sybille neben mir den zuvor für inzwischen schon 25 Minuten geöffneten Mund schließt. Ihre Hände, zu Fäusten geformt, setzt sie an die Augen, als wolle sie letzte Überreste ihres Schlafes beseitigen und vollkommen in das wache Leben zurückkehren. „Habe ich lange geschlafen?“, fragt sie mich mit leicht belegter Stimme. „Eine halbe Stunde“, antworte ich ihr. Während ihre Backen noch leicht gerötet und recht auffällig zerknautscht erscheinen, sehe ich ihre Augen schon jenen Punkt fixieren, der sie dazu veranlasst, ihren meterlangen Zopf erneut zu flechten. „Ist er nicht süß?“, diese Frage, die sich offensichtlich auf jenen Punkt, auf Enrico, bezieht, verstehe ich nicht. Sybille, Leichtathletin und sportlich – aber eine solche Schwäche. Zu Lieben ist eine Schwäche, sie macht blind. „Na Mäuschen, du kannst ja richtig schnuckelig aussehen, wenn du mit offenem Mund schläfst.“ Neben unserem Sitz steht Marc in lässiger Haltung und mit einem breiten Grinsen bis über die Wangen, mit dem er Sibylle ganz offensichtlich bekundigt, wie belustigend ihr Gesicht aussieht. Wut steigt in mir hoch. Marc, der die gesamte Busfahrt über entweder die Naivität seiner Freundin Vera vor seinen Freunden bloßstellte, oder gemeinsam mit dieser seine Zungenspielfertigkeit kundgab, steht nun mit einem arroganten Lächeln vor uns, dem es eigentlich nicht erlaubt sein sollte, aufgesetzt zu werden. „Sie hat ihre Zeit wenigstens besser genutzt als du“, höre ich mich in einem Anflug von über mich kommenden Worten sagen. Seine Blicke treffen nun mich. Sie durchbohren mich und scheinen meinen innersten Kern zu treffen. „Schau einer an. Habe ich da wieder ein Zitat deiner Eltern gehört oder hast du ausnahmsweise einmal eine eigene Meinung geäußert?“, fragt mich Marc, lacht lauthals und wendet sich dann dem aufreizenden Wesen zu seiner Rechten, Annabelle, zu. Ein Zitat meiner Eltern. Dass ich nicht lache. Mein Wissen und meine Taten basieren auf einer eigenen Meinung. Wie kann Marc in seiner abartig bläulich schimmernden Lederjacke nur annähernd davon ausgehen, dass eine Aussage, die seine Nichtsnutzigkeit herausstellen sollte, nicht von mir – und zwar ausschließlich von mir – getroffen wurde. Selten kann ein Mensch seine Oberflächlichkeit und gleichzeitig seine Dummheit, die im Verlauf stetig unausgefüllter Zeit notwendigerweise entstehen muss, so offenbar preisgeben wie dieser „affektierte Mädchenschwarm“, wie meine Deutschlehrerin ihn in einem der ersten Jahre unserer Schullaufbahn einmal charakterisierte. Nicht nur affektiert, meiner Ansicht nach ist er gar wertlos. Ein Produkt reicher Eltern, das glaubt durch knatterndes Motorengeräusch eines Rollers unter seinen Schenkeln positives Aufsehen zu erregen. Menschen können verzogen werden, oder aber sie werden schlechthin in ein sinnloses Leben geboren. Mich erwartet eine sinnlose Woche, aber vielleicht werde ich ihr doch ein Stück Sinn geben können. Taten sind gefragt. Ich hoffe, ich kann kümmerlichen Wesen beweisen, wie viel Wert diese Zeit, dieses Leben besitzen kann.


Kapitel 2

Das Haus gefällt mir. Zugegeben, erst auf den zweiten Blick.
Es ist ein altes Backsteinhaus, welches wohl noch vor dem zweiten Weltkrieg erbaut worden ist. Zumindest macht es den Eindruck auf mich. Das Haus hat nicht eine Fassade, die man vom ersten Blick an als stabil bezeichnen kann. Das mit Ziegelsteinen erbaute Gebäude ist nur zum Teil überstrichen und die Steine scheinen alt und verwittert zu sein. Einige neue rote Ziegel sind an die Stelle der alten getreten und stechen dem Betrachter sofort ins Auge.
Als der Bus rückwärts auf die betonierte Parkfläche neben dem Haus fährt und quer zum Stehen kommt, erkenne ich einen weiteren Teil des Hauses, der jedoch dem eigentlichen Bau später hinzugefügt wurde. Ich stelle mir die Frage, wann dieser Teil wohl erbaut worden ist.
Er besteht aus größeren Sandsteinen, die, wie es scheint, einfach aufeinander gelegt und nun an einigen Stellen verfugt worden sind.
Dem Ächzen und Stöhnen meiner Mitschüler entnehme ich, das ihnen das Haus scheinbar nicht gefällt. Auch die alten Fenster, von deren Rahmen die weiße Farbe abblättert und die an einigen Stellen vorhandenen rostigen Gitterstäbe tragen nicht dazu bei, dass die anderen Gefallen an dem Haus finden. Ihre Reaktionen stören mich jedoch nicht. Von meiner Clique bin ich so was zur Genüge gewohnt.
Wie ich mir selber eingestehen muss, bin ich dem Haus gegenüber zu Beginn auch eher skeptisch eingestellt. Jedoch verschwinden meine Zweifel, als ich aus dem Bus trete und das ganze Haus sehe. Es hat eine besondere Ausstrahlung auf mich, eine Art von Aura. Ich finde es interessant zu sehen, wie sich ein Haus im Laufe der Jahre verändern kann. Die anderen sehen in den Steinen vielleicht nur alte und bröckelige Klinker, für mich jedoch sind sie so etwas wie ein Stück Geschichte. Das Haus hat bestimmt viel mitgemacht und gesehen.
Während einige meiner Mitschüler das Haus noch von außen begutachten und einige andere wie aufgescheuchte Hühner um den Bus laufen, ohne sich entscheiden zu können, was sie zuerst auspacken sollten, ihre Koffer oder die mitgebrachte Verpflegung, insbesondere die zehn Kisten Bier, gehe ich um die Ecke des Hauses.
Ich betrachte die Vorderfront unserer Unterkunft.
Der mittlere Teil ist ins Gebäude gerückt und von einem Holzdach im ersten Stock überdacht. Zu beiden Seiten geht eine Treppe hoch. In den linken und rechten Hälften sind je drei Fenster nebeneinander angeordnet. Wobei bis auf das mittlere Fenster alle zugemauert und mit Beton verblendet wurden.
Eine Abart bei alten Gebäude, eigentlich überhaupt.
Ich laufe noch die Straße etwas runter bis ich den Garten überblicken kann.
Das Gras ist lang, drei Steinbänke stehen zu einem U angeordnet in der Nähe einer großen alten Kirsche.
„Jonas!“ Ich werde aus meinen Gedanken gerissen. „Jonas, komm schon. Hilf uns mal mit dem Gepäck.“ Dominik und Michael haben damit begonnen die Koffer und Reisetaschen aus dem Bus zu packen und auf den kleinen Hof zu stellen. Ich gehe mit langsamen Schritten auf die Seite des Busses zu, von der aus Dominik mich gerufen hat. Auf dem Weg werde ich von Franziska angerempelt, die gerade aus dem Bus gestürmt kam. „Hey Jonas-Maus. Ich hoffe das Haus sieht innen besser aus, als es von außen den Anschein erweckt. Ich verbringe doch nicht fünf lange Tage in so einer Bruchbude. Da hätte ich doch besser Zuhause im Wasserbett liegen bleiben und auf krank machen können!“ Ich ignoriere sie und gehe weiter.
Franziska ist ein verwöhntes Mädchen aus reichem Elternhaus. Scheinbar hat sich ihr glamouröses Leben auch auf ihren Charakter ausgewirkt. Leider ist ihre Arroganz nicht ihr einziges Problem. Sie ist mir besonders auch deswegen unsympathisch, weil sie gut ihre schlechte Laune an anderen auslassen kann.
Ihr Neid steht ihrer Arroganz in nichts nach und am häufigsten ist Charlotte ihr Opfer. Charlotte ist hingegen ein nettes und von Natur aus schönes Mädchen. Sie ist unkompliziert, beliebt und trotzdem nicht eingebildet. Sie mag mich auch, nicht nur wegen meines Äußeren, sondern ich habe auch das Gefühl, dass sie mich als Mensch mag.
Ich glaube auf diese Beziehung ist Franziska neidisch.
Am Bus angekommen, drückt mir Dominik eine Tasche in die Arme. Es ist eine große blaue Tasche mit schwarzen Streifen. Sie ist schwer und ich frage mich, was sie so schwer macht.
Während ich die Tasche ins Haus trage, schnappe ich ein paar Worte von Dominik und Michael auf. Sie sprechen wie so häufig über ihr Lieblingsthema Fußball und die Europameisterschaft, die am vorherigen Sonntag ein furioses Ende fand. Michael ist ein achtzehnjähriger Austauschschüler aus Amerika, der mindestens genauso gerne Fußball spielt wie sein Freund Dominik. Darum ist es nicht so überraschend, dass sie zusammen mit Philipp, einem weiteren Jungen aus ihrer Clique, in einer Fußballmannschaft spielen.
Er besucht für zwei Jahre eine deutsche Schule um dort sein Abitur zu machen. Mit dem Klang seines amerikanischen Akzents in den Ohren betrete ich das Haus.
Von innen sieht alles sehr sauber aus. Am Eingang sind einige Zettel mit Hinweisen, Busfahrzeiten, Glascontainern und ähnlichem an eine Pinnwand angebracht.
Die Zimmer von uns Schülern liegen im ersten Stock, die der Lehrer unterm Dach. Dort gibt es auch noch einen Meditationsraum, der für diesen Zweck wohl eher weniger Verwendung finden wird, denke ich.
Die Zimmer selber sind sauber, ebenso wie die Toiletten und die Duschen. Die Waschräume sind wohl vor kurzem erst renoviert worden.
Das für mich mitbestimmte Viererzimmer teile ich mir noch mit Michael, Dominik und Sebastian. Die ersten beiden sind als Zimmerkameraden kein Problem für mich. Michael ist in seiner Art eher zurückhaltend und trotzdem sehr hilfsbereit. Sein bester Freund Dominik ist von kleiner Statur, er sieht schon fast etwas kindlich aus, auf alle Fälle sieht er jünger aus, als er in Wirklichkeit ist. Auch Dominik wechselt wie Michael nicht gerade zu viele Worte mit anderen Leuten, was mir nur entgegenkommt.
Mein dritter Zimmerkamerad ist da schon unbequemer. Sebastian, mit der Älteste im Kurs. Er ist zwanzig Jahre alt und wiederholt das Jahr. Aus Sebastian ist praktisch kein überflüssiges Wort rauszuquetschen und wenn man dann mal etwas nachhakt, wird er schnell aggressiv. Ich habe mir vorgenommen ihn in Ruhe zu lassen, damit es möglichst wenige Gelegenheiten gibt für irgendeine Form von Konflikt, die wie gesagt, schnell entstehen können bei ihm.
„Ich nehme das Bett oben“, sagt Dominik hinter mir, während ich noch fast im Türrahmen stehe. Er drängt sich geschickt an mir vorbei, während ich noch den Kopf zu ihm drehen will. Schnell wirft er seinen Rucksack auf das Bett, stellt seine Tasche in die nächste Ecke und klettert die kleine Leiter hoch, ohne die es für ihn wohl schwer wäre, da hoch zu kommen.
„OK, dann nehme ich das andere...!“
„Ich schlaf oben“, kam es im scharfen Ton wieder von hinten und wieder drängt sich jemand an mir vorbei. Diesmal jedoch nicht mehr so geschickt. Es ist Sebastian, der ins Zimmer schießt, schnell die Lage checkt und als er merkt, das Dominik schon auf dem ersten Oberbett sitzt, sich schnell das andere Bett sichert, indem er alle seine Sachen mit einem kräftigen Schwung hinaufwirft. Erst als er sich sicher ist, dass er das Bett ausreichend gesichert hat, beginnt er im Zimmer herumzuschauen um sich ein Bild zu machen.
Ich sehe Dominik an und er sieht zurück. In seinem Gesichtsausdruck kann ich lesen, dass er genauso wie ich weiß, dass es besser ist nichts zu sagen.
Der letzte, der den Raum betritt, ist Michael. Er braucht sich kein Bett mehr auszusuchen, denn das habe ich bereits indirekt für ihn dadurch erledigt, dass ich das Bett unter Dominik wählte.
Zuerst verstauten wir alle unsere Sachen in den Schränken. Alle bis auf Sebastian, der es augenscheinlich vorzieht nur aus dem Koffer zu leben.
Anschließend sehen wir uns alle das Haus näher an. Alle bis auf Sebastian, der lieber sein Bett bewacht, aus Angst ein anderer könnte es ihm wegnehmen. Doch diese Angst ist völlig unbegründet, niemand will mit ihm Streit anfangen.
Gerade als ich in den Flur trete, ruft Annabelle laut zu den anderen Zimmern: „Im Keller gibt’s ne Bar!“
Reflexartig sehe ich mich nach Vera um, die wie eine Klette an Annabelle hängt oder besser, sie wie einen Mond in unterschiedlichen Distanzen umkreist.
Vera ist eine plumpe Kopie von Annabelle und plump ist auch ihr Körperbau. Sie trägt dieselbe knappe Kleidung, hörte dieselbe Musik und hat noch eine Vielzahl an anderen Sachen mit Annabelle gleich, besonders aber ihre Meinung.
Doch wenn Vera wüsste, was für eine Meinung Annabelle über sie hat. Nur redete Annabelle natürlich nur darüber, wenn Vera nicht in der Nähe war, was ja selten vorkommt.
Im Keller gibt es tatsächlich einen Partyraum mit einer kleinen Bar mit dazugehörigem Kühlschrank für die Getränke, natürlich ausschließlich alkoholisch.
Wir sind um kurz nach halb drei am Haus angekommen und um vier Uhr ist die erste Kochgruppe mit dem Essen fertig.
Gegessen wird im Gemeinschaftsraum. Es gibt eine viel zu hohe Zahl an Bockwürstchen, die dichtgedrängt in einem Topf schwimmen und dazu noch Hot-Dog-Brötchen mit Senf, Ketchup und Majonaise.
An der Sitzverteilung kann ich sehr gut die einzelnen Gruppen erkennen.
Da ist zum einen die Gruppe mit meinen beiden Fußball spielenden Zimmergenossen Dominik und Michael, daneben sitzt der dritte Fußballspieler Philipp. Vor ihnen sitzen Kevin und Max, die beide in einer Punkband spielen. Der Erste spielt E-Gitarre und der Zweite Schlagzeug.
Philipp sitzt neben Franziska. Die beiden sind zusammen, wobei die Beziehung eher einseitig ausgerichtet ist. Ich habe den Eindruck, Franziska würde Philipp nur ausnutzen. Wie ich mir gedacht hatte, sitzt neben ihr natürlich Ann-Sofie, das passende Ebenbild zu Annabelles Vera. Sie ist ebenfalls mollig und wurde von Franziska nur in der Gruppe geduldet, da ihre Eltern Geld haben. Ich selber sitze auch bei ihnen, allerdings zwischen Johanna und Charlotte.
Dann kommt Sebastian, an den sich Jürgen gehängt hat: der zweite Außenseiter unseres Kurses.
Sie bilden gleichzeitig eine Art Puffer, um den Abstand zwischen Franziska und Annabelle etwas zu vergrößern, zu der sich der Rest gesellt hat. Enrico und Marc sitzen nebeneinander und Enrico hat es geschafft sich rechtzeitig den Platz neben seinem relativ heimlichem Schwarm Annabelle zu ergattern. Natürlich nur deshalb, weil Vera noch dabei ist, sich mit ausreichend Essen einzudecken. Sie muss sich mit dem Platz schräg neben Annabelle zufrieden geben. Direkt vor dem Mittelpunkt dieser Gruppe sitzt Sybille, ein nettes und ruhiges Mädchen.
Nach dem Essen beginnt die Kochgruppe sofort mit dem Reinemachen, andere wiederum gehen die nähere Umgebung sondieren.
Ich selbst ziehe mich auf das Zimmer zurück, um mich etwas auszuruhen nach der fast sechsstündigen Fahrt. Ich höre mir etwas Musik an und lese in einem meiner mitgebrachten Bücher.
Ich habe das Gefühl, der Abend wird noch einiges mit sich bringen. Ich weiß zu diesen Zeitpunkt noch nicht, wie sehr ich Recht behalten sollte.


Kapitel 3

Man bräuchte eine Plan, einen Ort, zumindest eine Situation, den idealen Zeitpunkt. Ein Windstoß, wenigstens ein kleiner Hauch wäre eine willkommene Abwechslung zum monotonen Surren der Mücken. Umschlossen von Bergen ohne eine Chance, mehr von der Welt erblicken zu können. Die Sonne strahlt, was einen Grund mehr für die Mückenplage ist, die sich um meinem Kopf summend versammelt. Ich fühle mich, als wäre der gesamte Mückenbestand Ziegelhausens gerade um mich, an mir, denn egal wohin ich schaue, vernehme ich schwarze Punkte vor mir, die ständig auf Richtungswechsel aus sind.
Zu allem Überfluss kommen nun auch noch drei Störenfriede anderer Art, die in meine Ruhe eindringen.
Nicht weit von mir, verteilt auf drei Steinbänke, lassen sie sich nieder. Immer zu mehreren, diesmal zu dritt, niemals alleine. Rauchen. Eine sinnlose Tätigkeit! Wer sonst, außer Franziska und Philipp, müssen sich durch maßlosen Nikotinverbrauch hervorheben. Und als ob das nicht schon der Gesundheitsgefährdung genug wäre, beginnt jetzt auch noch der übliche durch Speichel übertragene Bakterienaustausch, der vorzugsweise öffentlich und möglichst intensiv stattfinden muss. Als ob sie nicht schon Aufmerksamkeit genug auf sich zögen, beginnen sie nun noch mit zusätzlichen Zuneigungsbekundungen, die die Grenze der Intimität weitaus überschreiten. So etwas sollte verboten werden. Nicht nur weil es Energie- und Zeitverschwendung ist, die für weitaus sinnvollere Zwecke eingesetzt werden könnte, sondern weil eine Beziehung nur Probleme und Behinderung darstellt. Als ob die zwei nicht schon genug Grund zur Aufregung gäben, sitzt sie daneben. Ihr Anblick, für manche ein wahrer Traum. Dieser Traum besteht aus blonden Haaren, natürlich glänzen sie. Smaragdgrüne Augen, die keine Trübung aufweisen. Eine Haut, wie sie glatter und bräunlicher nicht sein kann. Pickel, niemals. Make up, unnötig. Wie gesagt, ein Traum. Ein Alptraum, wie er schlimmer nicht sein könnte. Alpträume sind dazu da beseitigt zu werden, sonst lassen sie einen nicht schlafen. Schlaf, ewiger Schlaf würde ihrer blendenden Schönheit ein Ende setzten. Schönheit ist ein weitläufiger Begriff. Um ihren Platz auf der Steinbank, der zwar an Bequemlichkeit, aber weniger an Attraktivität den meinen übertrifft, beneide ich sie in keinster Weise. Wer würde schon mit ihr tauschen wollen? Selbst die Tatsache, dass hier um mich herum überall Mücken schwirren, macht ihn nicht attraktiv genug. Umringt von Zigarettenqualm und gesegnet mit einem Blick, der direkt auf Philipp und Franziska fällt, wobei Franziska die harte Sitzbank bereits vorzugsweise gegen Philips Schoß eingetauscht hat. Wer würde sich in dieser Situation nicht überflüssig vorkommen? Doch anstatt ihrer Abneigung Ausdruck zu verleihen, in dem sie verschwindet, sitzt sie da, mit einem Lächeln auf den Lippen, das sie nie abzulegen scheint. Ein Lächeln, das nur Fassade ist. Nicht nur ihr Lächeln ist eine Fassade, sondern auch die Toleranz, die ihr zugeschrieben wird. Wie ist es möglich sinnloses Geknutsche zu ertragen, sich aber von den wichtigen Dingen im Leben, wie Erfolg und Karriere derart abzuwenden? Ich brauche sie nicht als die, die meine Fähigkeiten schätzt. Mein Lebenssinn, ehrgeizige Ziele zu verfolgen, ihr Sinn des Lebens ist blinde Schauspielerei. Gespielte Toleranz, die in ihrem Inneren, die bewusste Nutzlosigkeit und Unbrauchbarkeit, überschattet. Unnütz, genau das ist sie. Ohne auf mich zu achten, stehen sie auf, im Begriff den Garten zu verlassen. Ich höre nur noch ihre dumpfen Schritte im Gras und das geräuschvolle Quietschen des Gartentores. Sie gehen. Ihre Schritte hallen auf dem heißen Beton wider und ich weiß, dass ich hinter ihnen her gehen muss, um keine Gelegenheit auszulassen. Mein Versteck schnell verlassen, das Gartentor rasch zugeworfen, renne ich hinter ihnen her. Doch was würde es nützen unerkannt zu bleiben? Ich laufe schneller, um sie einzuholen. Sie scheinen mich bereits gehört zu haben, was durch meine lauter werdenden Atemzüge kaum zu vermeiden ist. Ihr Blick streift mich kurz, was ich nicht anders erwartet hatte. Mein Atem beruhigt sich, ich bin bei ihnen. Lässig laufen wir die lange und enge Straße entlang, die links und rechts von alten Fachwerkhäusern eingeschlossen ist, die wunderschöne Fassaden zieren. Von fern hallt das Läuten der Kirchenglocken. Eins .... zwei......drei....! Acht Schläge. Es ist schon acht. Mir bleiben nur noch wenige Stunden. Alle paar Meter führen noch verwinkeltere Gassen von der Straße ab, die scheinbar ins Nichts führen. Ob ein Auto hindurch passt? Wohin mögen diese Wege führen? Diese Frage erübrigt sich, da auch wir der nächstbesten Gasse folgen, die jedoch durch die Strahlen der Sonne, die sich am Ende auftun, erhellt wird. Hier und da ertönt ein Schreien, dass von spielenden Kindern widerhallt, diese jedoch bleiben verborgen. Passanten gibt es nicht. Die Schreie sind die einzige Geräuschkulisse, die uns auf unserem Weg die Gasse entlang begleiten. Die anderen bleiben unberührt. Ihre Schritte werden schneller, sie scheinen ein Ziel zu haben. Nach und nach erstreckt sich vor mir ein Steg, aus Kopfsteinpflaster, der abrupt am Ufer des Neckars endet. Nicht tief, höchstens ein Meter. Er ist bedeckt von heruntergefallenem Grün der nahestehenden Bäume. Ich trete näher heran und bemerke Michael und Dominik erst spät, weil ich mit meinen Gedanken, ganz gegen meinen Willen, abgeschweift bin. Michael, der coole Amerikaner, sitzt entspannt, die Füße vom Steg baumeln lassend, neben seinem mindestens genauso coolen Kumpel Dominik. Mit lautem Getöse begrüßen sie sich und auch Franziska schließt sich ihnen an, weil sie wie immer darauf aus ist, im Mittelpunkt zu stehen. Charlotte, die alle mit ihrem typisch aufgesetzten Lächeln beglückt, setzt sich zu ihnen. Um noch mehr Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, krempelt Franziska ihre eng sitzende Jeans hoch und Charlotte tut es ihr nach. Mein Blick fällt auf ihre Beine, die wie ihr ganzer Körper, einheitlich gebräunt sind. Selbst ihre Zehnägel haben den Anschein, perfekt zu sein. Franziska, vom Fußballgeschwätz der Jungs genervt, wendet sich Charlotte zu, die verträumt an einer ihrer hellblonden Haarsträhnen spielt. Ich bin zufrieden mit meiner Rolle als passiver Beobachter und sitze etwas abseits der Anderen. Vom Gespräch der beiden über die neueste Liebesschnulze abgeneigt, wende ich mich den nicht weit von mir treibenden Enten zu. Selbst sie scheinen bei der Hitze jede Art von Anstrengung zu vermeiden und schwimmen beinahe regungslos auf dem seichten Wasser vor sich hin. Hässlich sind sie. Würden sie sich nicht durch gelegentliches Kopfnicken bemerkbar machen, könnte man sie für Plastikenten halten. Unnütze Plastikenten, die der Fassade Charlottes gleichen. Überflüssige Kreaturen. Eines Lebens nicht wert. Ihr Gefieder, das einmal weiß gewesen sein muss, ist in ein helles bis dunkles Grau übergegangen, das selbst durch die letzten Sonnenstrahlen, die vom Himmel scheinen, nicht an Schönheit gewinnt. Von Langeweile geplagt und vom Hunger getrieben, beschließen die Fußballfanatiker zurück zum Haus zu laufen, wobei Franziska sich ihnen anschließt, um sich für das abendliche Programm fertig zu machen. Charlotte blickt zu mir rüber und da ich keine Anstalten mache aufzustehen, bleibt auch sie. Einen Plan habe ich, der Ort ist perfekt, die Situation geeignet, der Zeitpunkt ideal. Meine Gedanken werden durch das laute, näherkommende Motorengeräusch gestört. Das Wasser beginnt leichte Wellen zu schlagen und erste Wellen brechen sich am Steg. Mein Blick vom Motorengeräusch geleitet, schweift nach rechts und nicht weit entfernt nähert sich ein riesiges Frachtschiff. Sein Rumpf ist schwarz, aus dem der weiße Schriftzug „Helga“ heraussticht. Das Schiff, mit Sandstein beladen, schneidet das Wasser mit seiner schwerfälligen Geschwindigkeit, die die Ursache des zunehmenden Wellengangs ist. Immer größere Wellen peitschen schäumend an den Steg. Die Enten, in ihrer Ruhe gestört, sind schon meterweit abgetrieben, als ich mich suchend nach ihnen umsehe. Mit den Füßen weiter vom Steg baumelnd, genießt Charlotte offenbar das kühle Nass, das bis zu ihren Füßen hoch spritzt Wie leicht wäre es, sie zu beseitigen. Ein Stoß und sie wäre verloren in der zunehmend stärker werdenden Strömung des Flusses. Ihre Schönheit wäre dahin, ihre Ansichten verschwänden, sie wäre nutzlos . ....sie ist nutzlos!
Die Motorengeräusche des Schiffes entfernen sich. Kein Grund mehr länger zu bleiben. Ich laufe ein Stück übers Kopfsteinpflaster zurück und drehe mich um, damit ich noch einen Blick auf das nun weit entfernte Schiff werfen kann, dessen Heck hinter der nächsten Flussbiegung verschwindet. Zurück bleiben die zwei Enten, die wieder ruhig und gemächlich auf dem Neckar treiben können ohne gestört zu werden. Doch in ihrer Zweisamkeit sind sie nicht lange alleine. Ich höre dumpfe Schritte, die von weitem her zu mir herüber hallen und ein langer Schatten bewegt sich unaufhaltsam auf mich zu. Schnell verstecke ich mich hinter dem nächsten Holunderstrauch und verhalte mich ganz still. Dieses Lächeln! Gerade hatte ich es aus meinen Gedanken verdrängt, schon taucht es wieder vor mir auf. Franziska.....


Kapitel 4

Ich sitze gerade mit Franziska und Ann-Sofie auf unserem Zimmer, als die Tür aufschießt und mit einem lauten Knall gegen den Schrank stößt. Direkt hinterher kommt Jonas mit einem hochrotem Kopf ins Zimmer gestürmt.
„Charlotte ist tot. Sie wurde unten am Flussufer umgebracht“, schreit er noch, dann muss er sich erst mal ausruhen.
„Ich bin den ganzen Weg gerannt. Ich bin total fertig. Lass mich da mal eben sitzen.“
„Kein Problem“, antworte ich und rücke auf meinem Bett noch etwas nach rechts.
„Warte kurz, ich gebe dir was zu trinken, Jonas-Maus.“, sagt Franziska. Wobei Jonas, der noch vorübergebeugt tief am Atmen ist, sofort einen wütenden Blick in ihre Richtung abfeuert. Allerdings weiß ich nun nicht, ob dieser Blick wegen dem „Jonas-Maus“ kam, was er überhaupt nicht leiden kann, oder ob er beleidigt ist, weil Franziska Charlotte egal ist.
Während sie noch in ihrem Rucksack unter den Schminksachen nach einer Flasche Wasser sucht und Ann-Sofie ihr dabei zusieht, beuge ich mich zu Jonas rüber und flüstere ihm ins Ohr: „Vielleicht hat Franziska Charlotte umgebracht um sie loszuwerden. Du weißt doch, das sie neidisch auf sie war.“
„Meinst du echt?“, antwortet er und schaut in Richtung Franziska. Die ist inzwischen mit der Suche nach der Wasserflasche fertig und steht auf um sie Jonas zu geben. Der schaut nur kurz aus und vermeidet dabei ihr ins Gesicht zu schauen. Er peilt nur die Flasche an. Sein Gesichtsausdruck verrät das er stark am Nachdenken ist.
„Worüber habt ihr euch gerade unterhalten?“, fragt Franziska.
„Ich habe ihn nur gefragt, ob er noch etwas über den Mord weiß“, entgegne ich leicht verlegen.
„Und weißt du noch was, Jonas?“, hakt Franziska nach, „Oder willst du uns noch etwas erzählen, dann geht es dir vielleicht gleich besser.“
Der explodiert gleich, da kann ich ja schon fast ein paar Adern an der Schläfe entdecken und Franziska kapiert nichts. Jetzt setzt sie sich aus noch neben ihm. Das kann gleich echt noch was geben, denke ich mir.
„Ich weiß doch, wie nah dir Charlotte stand. Aber ich bin ja für dich da.“, setzt Franziska noch hinterher.
Bevor da noch wirklich was ausbricht, versuche ich besser die Situation zu entschärfen. Also stehe ich auf und sage zu Ann-Sofie und Franziska: „Wir lassen ihr lieber etwas alleine. Ich denke das ist für jetzt das beste.“
Daraufhin steht Ann-Sofie auf und scheint meinem Vorschlag zu bejahen. Wenigstens noch jemand mit Verstand in diesem Raum. Jonas sieht nur noch Rot und kann sich gerade noch beherrschen und Franziska schmeißt sich an ihn ran.
„Jetzt komm schon Franziska“, starte ich einen letzten Versuch, „gehen wir nach unten in die Küche und trinken was auf den Schock.“
„Jaja, ich komme ja schon. Nur nicht so drängen.“, antwortet Franziska. Vielleicht hat sie doch noch mitbekommen was mit Jonas los ist.
„Warte“, zischt Jonas und steht vom Bett auf. Er baut sich direkt vor Franziska auf.
„Du hast sie umgebracht. Hab ich recht?“, faucht er ihr direkt ins Gesicht. „Niemand anderes hätte ein Motiv gehabt, nur du hast eins.“
„Da ist doch Schwachsinn. Ich hab sie nicht umgebracht.“, versucht sich Franziska erschrocken zu verteidigen.
„Lüg mich nicht an. Du warst schon immer neidisch auf sie und das nur weil ich sie lieber mochte als dich, weil ich dich nie wirklich beachtet habe und verdammt, das konntest du noch nie leiden.“ Jetzt kommt alles raus, was sich in ihm angestaut hat.
„Ich hab sie nicht umgebracht“, wiederholt Franziska, „und mit der musste ich mich noch nie messen. Die hatte doch von nichts eine Ahnung. Die war mir doch total egal.“
„Vielleicht hast du sie ja wirklich nicht umgebracht, sondern dein Schoßhund Ann-Sofie, weil du es ihr gesagt hast.“, dabei deutet er auf Ann-Sofie, die erschrocken neben mir in der Tür steht.
„Ich habe sie nicht umgebracht.“, ruft sie vollkommen verschreckt. „Das ist alles nicht wahr.“
„Das habe ich doch schon mal gehört.“, platzt es aus Jonas heraus.
„Was ist denn hier los? Ihr schreckt ja das halbe Haus auf mit eurem Geschreie.“, kommt es plötzlich aus der Tür. Dominik hat wohl das ganze mitangehört, was wirklich nicht schwer gewesen sein muss.
„Ich will von dir nichts mehr hören und sehen, Franziska.“, sagt Jonas noch zum Abschied und geht mit wütenden Schritten raus. Dabei stößt er noch grob Dominik aus dem Weg, der noch immer in der Tür steht.
Danach tritt er in den Raum und fragt wieder: „Kann mich mal jemand aufklären was hier gespielt wird?“
Verlegen antworte ich: „Wir gehen besser mal raus. Dann erkläre ich dir alles.“ Dabei packe ich ihn am Pullover und ziehe ihn mit mir hinaus. Franziska und Ann-Sofie, die beide vollkommen vor den Kopf gestoßen sind, bleiben zurück.
Mit wenigen und ungenauen Worten versuche ich Dominik die Situation zu erklären und ihm zu sagen er solle das nicht überall rumerzählen, was er mir dann auch verspricht. Während wir reden, schlägt irgendwo eine Tür mit lautem Knall zu.
Das Ganze läuft wirklich besser als ich es zu Anfang erwartet hatte.

Mord in Heidelberg II
Mord in Heidelberg III (Ende)
 
G

Gelöschtes Mitglied 8146

Gast
Hallo Peter,
die Geschichte ist in einem sehr guten Stiel geschrieben. Sie liest sich sehr flüssig. Jedoch kann dieser Schuss auch leicht nach hinten gehen, wenn die Geschichte keine inhaltliche Substanz hat. Dann fühlt sich der Leser vom Dichter schnell gelangweilt.
Du schreibst, dass dieser Roman nicht zu ende geschrieben wurde. Ich habe zudem den Eindruck, dass er ins Blaue geschrieben wurde, ohne eine gewisse Pointe im Kopf zu haben. Das wäre tödlich für jede Geschichte. Die Umschreibungen und Ausmalungen müssen auf einen Punkt zielen, um die spätere Handlung in Szene zu setzten. Es ist schwer genug, den Leser in eine Geschichte hinein zu ziehen. Da müssen die Ausmalungen auch noch witzig, interessant oder in irgend einer Weise ansprechend sein. Einfach nur einen guten Stiel zu haben, dass genügt heute lange nicht mehr.

Viele Grüße, Tigerauge
 
Hi,

@ Tigerauge: Danke für die Kritik. Der Gedanke, dass die Geschichte "ins Blaue" geschrieben sein könnte, ist wirklich interessant.
Allerdings hoffe ich, dass sich dieser Eindruck mit den weiteren Kapiteln etwas verflüchtig, da sich dann weitere Handlungsstränge anschließen und alles verwirrender wird für den Leser, so wie es gedacht war.

Die Geschichte hat übrigens ein Ende. Ich habe mich da nicht richtig ausgedrückt. Die Version, die ich weitergeschrieben habe, hat einen vollständigen Schluss.

MfG
Peter the Head
 



 
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