Morgens an der Adria

Flori

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Sonnenaufgang

Grau liegt der Himmel über der dunklen See. Wo beide aufeinander treffen, scheinen sie zu verschmelzen und bilden eine ölige, verwaschene Schicht.
Es ist ruhig am Strand und auf dem Mehr, nur das sachte Flappen der Wellen, Vogelgeräusche.
Dann, der Bruch! Wie ein Schrei aus Licht durchbricht am Horizont ein gleißend roter Streifen das Grau. Er wird immer flächiger, wird warme, strahlende Farbe und bald überzieht er den halben Himmel mit einem kitschig zarten Rosa. Der Glutball steigt und steigt! Schon steht er als flammender Halbkreis über den Wellen des Meeres. Mit stetiger, doch unmerklicher Bewegung erhebt sich die Sonne weiter über das Wasser. Schaukelnd und schwappend, manchmal springend, wird ihr Licht in den Wellen des Meeres reflektiert. Die Vögel kreischen kehliger und der Sand ist fester als in der Dunkelheit.

Von der Wärme des Lichts geweckt, beginnt die Luft zu zirkulieren. Der Wind weht nun zum Land hin, er trägt gut und die Möwe gleitet leicht über den Schaumkronen der anbrandenden Wellen.
Unter ihr, der Sand, ist bedeckt mit Holz, Plastikteilen und menschlichen Abfällen aller Art. Die scharfen Augen des Vogels spähen dazwischen nach etwas für ihn Wertvollem. Ein Zucken zwischen den Sandkörnern und die Möwe schwingt sich abwärts. Die gelben Augen starren auf den Boden, die Flügel sind angewinkelt. Immer schneller schießt der schlanke Vogelkörper dem Sandboden entgegen.

In der Mundöffnung des Krebses verschwinden Fleischrückstände, faulige Pflanzenteile und Planktonbröckchen in rascher Folge. Hastig sammeln seine Scheren alles irgendwie Verdaubare vom Sand auf und flößen es dem Mund ein, denn zum Leben braucht er Energie. Die noch tiefstehende Sonne bestrahlt seinen Panzer, sie macht den Krebskörper geschmeidig und warm.
Plötzlich stocken seine einförmigen Fressbewegungen und seine vier Antennenaugen spähen nach oben. Ein schwarzer Schatten über ihm! Seine sechs Beine setzen den Krebs in Bewegung, hin zum sicheren Wasser.
Ein Pfeifen hängt in der Luft. Seine Beine Bewegen sich schnell und symmetrisch, doch der Schatten über ihm wird immer größer, dunkler und bedrohlicher.

Das gleißende Morgenlicht blendet meine Augen, ich muss es mit dem Handrücken abschirmen. Schon ist die Sonne ein ganzes Stück am Himmel hinauf gestiegen, sie hat eine Geschwindigkeit die kein Mensch ihr zutrauen würde, wenn sie hoch am Himmel steht.
Ich liege auf dem weichen Sand und beobachte sie. Ruhe, Entspannung, der Nebel in meinem Kopf beginnt sachte zu zerfließen. Ich liege im Sand und vor mir schäumen die Wellen, ein Vogel gleitet durch die Luft. Dann stürzt er auf einmal nach unten. Hat er Futter entdeckt? Die Sonne blendet und ich verliere ihn aus den Augen, brausend bricht sich eine besonders große Welle am Strand. In ihren sprudelnden Tropfen bricht sich das rote Licht zu einer Kaskade aus gleißenden Blitzen. War da nicht ein Möwenschatten über dem Strand? Dann, ein trockenes Knacken wie von Holz. Klingt so ein brechender Krebspanzer?
 



 
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