Morgenstund

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Miranda Weit

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Morgenstund

Schon am Morgen möchte ich den Wecker an die Wand werfen. Doch ich beherrsche mich, quäle mich aus dem Bett und schlurfe ins Badezimmer, wo ich einen Blick in den Spiegel werfe. Nichts zu sehen.
Blind taste ich mich zur Toilette vor, sinke kraftlos darauf nieder und bleibe zunächst sitzen. Selbst meine Blase schläft noch.
Schließlich schaffe ich es doch noch, mich von der Klomuschel zu lösen, mir die Zähne zu putzen und die Haare zu kämmen. Nein, das Gesicht wasche ich mir nicht – die ungemütliche Nässe könnte zur Folge haben, dass ich wach werde.
Noch immer halb blind taste ich mich die Treppe hinunter und gehe in die Küche. „Morgen“, murmle ich meiner Mutter zu, die mit dem Rücken zu mir sitzt. Ich lasse mich neben ihr auf die Bank fallen und taste nach meiner Kaffeetasse. Meine Mutter starrt mich verblüfft an. Ich starre verschlafen zurück.
„Hast du nicht etwas vergessen?“, will sie wissen.
Vergessen? Nicht, dass ich wüsste, aber es ist für meinen Geschmack auch noch viel zu früh um irgendetwas zu wissen. Um das Ratespiel abzukürzen frage ich: „Was denn?“
Die rechte Augenbraue meiner Mutter wandert in die Höhe. „Vielleicht, dich anzuziehen …?“
 



 
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