Moshammer. Bleibt etwas?

3,30 Stern(e) 6 Bewertungen

Inu

Mitglied
*





Rudolph Moshammer
( ein Leben )

schuf sich sein Schlaraffenreich jenseits der Alltagspfade
hielt darin Hof

Kitschkönig
schlank gekleidet in dunklen Edelzwirn
oder in barocke Prunkroben gezwängt
die drallen bajuwarischen Züge von Schminke umkleistert
betoniertes Lackhaar bombastisch
viel zu schwarz
'Geisha‘-Frisur
sonderbar

Rudolph
altgewordener Muttersohn
die großen Gefühle
früh
eingemauert im Mausoleum mit Mama?

Schlauheit und Krämertalent hat sie ihm vererbt

die Lust an Spiel
Maskerade
stammt wohl vom Vater
und auch die manchmal aufflammende ...
Simplizität

Mosi
merkwürdiger Herrenschneider
auf seinem Arm Daisy
stets frisch shamponiertes
Wuschelknäuel
Kuschelhündchen mit Schleife

schmusi und bussi-bussi
so kommen sie jetzt für immer
gemeinsam
in die Archive

Moshammer
die Medien mochten ihn gern
er war auf allen Kanälen präsent
versprühte mit sonorer Stimme
Schmäh ohne Ende

er konnte nerven
ging auf den Geist
UND
ans Gemüt
denn nichtsdestotrotz
war er angenehm
hat sich mit Optimismus
in die Herzen gelabert

er wollte gefallen
entzücken
der Beifall der Menge und der 'Society'
war ihm jeden Marktschreiertrick wert
und
Aufsehen HAT er erregt
hat der Welt ein schrulliges
Märchen erzählt

auch meiner Erinnerung
prägte er
sein bizarres Bild ein
brachte mich zum Lächeln
denn
sein Selbstvertrauen war grenzenlos
echt
er stellte sich
und seine skurrile Person
niemals in Frage
das gab seinen Auftritten ...

WÜRDE

als Freund der Obdachlosen
sah ihn die Presse
ich hoffe nicht
dass er nur dann
ein Helfer war
wenn Kameras liefen

er hatte früh gelernt
dass den Menschen
ihr Schicksal LEICHT
aus Händen gleitet
wie seinem Vater

aber
sein EIGENES Leben
sollte
ein gelungenes Fest sein
mit Flitterfäden
aus Fantasie
hat er es aufgepeppt

Rudolph
Sinnbild der Leichtigkeit
Buntheit des Seins
Prachtkarpfen im Zierteich
der Schönen und Reichen
so glitt er sicher dahin

er war bekannt
populär
wurde er geliebt?
brauchte er Liebe?

suchte er einfach nur Lust?
sollte Sex sein Bollwerk sein
gegen Alter Verfall und Tod?

nach Schwänzen gierte er
nach fremder deftiger Männlichkeit
oder doch nach dem rettenden Freund für die Seele?

vielleicht wollte er aber ewig die Mutter?

nur Zerrbild der Wahrheit ist das
was wir wissen

ein Sehnender war er bestimmt

*

dann kam jene Fahrt
stilvoll im Rolls
durch die Rotlichtstraßen der Stadt
Rudolf getrieben
verlangend
allein

Luxuskarosse - reicher Freier
von Strichjungen bewundert
man bot sich ihm an

irgend ein stämmiger Kerl unter vielen
aus dem Zufallsbecher des Daseins
zu ihm hinübergewürfelt
war sein Erwählter
für eine Nacht

und dann?
was geschah?

Gewalt
brachialer Absturz ins Dunkel
und

alles vorbei

*

adieu
ein trauerndes Servus ihm
dem Verhüllten Verbrämten
dem exzentrischen Mimen
dem überaus irdisch gestrickten ...
Idealisten

er wird zum Mythos werden
wie Ludwig der König in Bayern
so sagt man

- ich weiß nicht -

DAS aber bleibt er für mich:
nicht viel
nicht wenig

nur

ein freundlicher Mensch
der SEINEM Traum folgte
SEINEM Paradies auf Erden
zu Zeiten
recht nah kam
und es

um Millennien verfehlte

einer der
viel redend
doch

stumm blieb



*





Am 14. Januar 2005 wurde Rudolph Moshammer in seiner Wohnung in München ermordet. Er war 64 Jahre alt.





*
Copyright Irmgard Schöndorf Welch Januar 2005
 

alfi

Mitglied
Inu

ein wunderbarer Nachruf-treffen geschildert.Nuja wer aus einer 10€ Krawatte eine 150€ Krawatte machen konnte-der ist für mich ein Genie. Er lebte von seiner eigentlichen Persönlichkeit -und das nicht schlecht. Er scheint niemanden betrogen zu haben-nur die Möchte gern-Promis ein bischen verarscht. Deswegen kann der Laden auch ohne Ihn nicht weitergeführt werden. Was seinen persönlichen Lebensstil betrifft kann ich nur sagen und mit der Bibel zitieren: Wer frei ist ohne Schuld-der werfe den ersten Stein.
 

Inu

Mitglied
hallo Alfi

Du schreibst:
Nuja wer aus einer 10€ Krawatte eine 150€ Krawatte machen konnte-der ist für mich ein Genie. Er lebte von seiner eigentlichen Persönlichkeit -und das nicht schlecht. Er scheint niemanden betrogen zu haben-nur die Möchte gern-Promis ein bischen verarscht. Deswegen kann der Laden auch ohne Ihn nicht weitergeführt werden. Was seinen persönlichen Lebensstil betrifft kann ich nur sagen und mit der Bibel zitieren: Wer frei ist ohne Schuld-der werfe den ersten Stein.
Ja, so sehe ich das auch. Er hat sich selbst zu einer Persönlichkeit des öffentlichen Interesses gemacht. Er war schrill, aber damit hat er uns ja auch amüsiert. Ich habe gern über ihn geschrieben :)

Ich freue mich, dass Dir mein Nachruf gefällt.

Liebe Grüße
Inu
 

Gagjack

Mitglied
Mosi und Daisy

Hallo Inu,

Dir ist ein wahrhaft würdiger Nachruf gelungen.

Einzig Deine Vereinnahmung aller mit dem Satz:
"Langsam
zwangst du unserer Erinnerung
dein ausgefallenes Bild auf,
verstandst es gewaltig, zu nerven,
gingst auf den Geist
u n d
ans GEMÜT,"
will mir nichr recht gefallen. Ein jeder hat seine eigene Betroffenheit, oder auch nicht.
Wie dem auch immer sei, Dein Werk ist ein gelungener, reflektierter und dabei sehr gefühlvoller Abgesang auf eine schillernde Persönlichkeit des Alltags in Deutschland.
Mosi hätte seinen Spass daran.

Viele Grüsse

Christoph
 

Inu

Mitglied
Hallo Christoph

[blue]
Einzig Deine Vereinnahmung aller mit dem Satz:
"Langsam
zwangst du unserer Erinnerung
dein ausgefallenes Bild auf,
verstandst es gewaltig, zu nerven,
gingst auf den Geist
u n d
ans GEMÜT,"
will mir nichr recht gefallen. Ein jeder hat seine eigene Betroffenheit, oder auch nicht
[/blue]

Du hast Recht. Mal sehen, ich werde es wahrscheinlich umändern und nur von der Erzählerin und ihren persönlichen Gedanken ausgehen und die Allgemeinheit außer Acht lassen.

Danke Dir sehr fürs Lesen und Kommentieren.

Gruß
Inu
 

Inu

Mitglied
Noch eine Frage, Gagjack... meinst Du, es wäre besser, ALLES über Moshammer nur aus Sicht der Erzählerin zu schreiben und nicht zu verallgemeinern. Bin jetzt ein bisschen ratlos?

Inu
 
S

Stoffel

Gast
Hallo Inu,

mir ist das zu lang, Hälfte reicht.
Ich meine, woher und was weißt DU selbst schon? Du kannst doch nur das wiedergeben, was Du da gelesen hast,oder im TV gesehengehört hast.Also kaust Du alles noch einmal durch. Was alle wissen.

Ob er es war, Freddy Mercurie, etc..sie haben gelebt,mehr als manch einer der mit 80 erst stirbt. Ich hab auch kein Mitleid, weil ich die andere Seite des Moshammers kenne.
Nicht aus der BILD.;)

Vielleicht ist das auch Textarbeit, wenn man einen anderen auf so etwas mal hinweist.

Bitte nicht gleich anspringen.
Danke.

lG
Sanne
 

Smiliene

Mitglied
Mosi

Hallo Inu,

ich hab Dein Text gelesen und er spiegelt den Zwiespalt zu Mosis Persönlichkeit wider, in dem sich sicherlich nahezu jeder befindet. Einerseits ist da sein goldenes Herz, andererseits sein exzentrisches, oftmals schon belächeltes Auftreten. Mir gefallen die vielen Augenzwinker (am besten finde ich den Prachtkarpfen) aber auch die vielen nachdenklich stimmenden Metapher. Ich finde, Du hast ihn und sein Leben(swerk) außergewöhnlich gut und in den unterschiedlichsten Bildern geschildert. Auch wenn es vielleicht etwas lang ist, zu viel ist meines Erachtens keine einzige Zeile.

Ich glaube, Du solltest diesen Nachruf aus Deiner Sicht lassen, das wirkt ehrlicher.

Herzliche Grüße-Claudia
 
B

bonanza

Gast
inu

die ersten 20 zeilen kriegte ich noch hin. dann wurde es
mir zu mühsam zu lesen. einfach ätzend. ach ja, du willst
textkritik - dein text wird mieser und mieser.
selbst moshammer war besser.
(zu lebzeiten.)

inu, der aufhänger ist okay. leider verliert sich dein
gedicht in larifari.
mir fehlt der kontrast. leichte kost in gedichtform
zum übel-werden. tut mir leid. viel schlechter geht`s
nicht.

bon.
 

Inu

Mitglied
Mosi
Hallo Smiliene, Stoffel, Gagjack und Bonanza

Danke fürs Lesen und Kommentieren.

@Gagjack ich werde es dann also mal so lassen wie es ist. Danke Dir und ich bin froh, dass das Gedicht, wenns überhaupt eins ist, Dir was gesagt hat.

@Stoffel, ich hab mich jetzt ernsthaft abgemüht, den Mosi so herüberzubringen, dass er echt wirkt. Ja, es ist etwas lang geworden, aber nun bleibt es mal so.

@Smiliene
[blue]Ich finde, Du hast ihn und sein Leben(swerk) außergewöhnlich gut und in den unterschiedlichsten Bildern geschildert. Auch wenn es vielleicht etwas lang ist, zu viel ist meines Erachtens keine einzige Zeile.[/blue]
Das freut mich ganz besonders. Du bist auch nicht die einzige, die mir ein positives Feedback gab. In einem anderen Forum (Lyrikecke) haben Leser genau wie Du empfunden.

@Bonanza
Ich spüre selbst, dass mein Gedicht nicht wirklich gut gelungen ist und bin auch nicht wirklich zufrieden. Über Gefühle zu dichten, über Natur, Liebe, auch Sex scheint nicht so viele Stolpersteine in den Kitsch zu enthalten, als dieses Thema, das ein Nachruf sein soll und sentimental von mir angelegt wurde.

Manche Leute haben geschrieben, es würde ihnen mehr über Moshammers Person sagen, als viele lange Zeitungsartikel. Also ganz so ätzend kann der Text dann ja auch nicht sein.


Ich danke Euch allen für Eure Mühe

Gruß
Inu
 
B

bonanza

Gast
wie ich es sagte: moshammer ist ein guter aufhänger.
dabei muß der schreiber eine verbindung zu sich selbst
darstellen.
ein gedicht verlangt das.
ein journalistischer text nicht.

euer problem bei der aufarbeitung solcher medien-
themen ist, daß ihr oberflächlich ohne rechten
bezug zu eurer innerlichkeit bleibt.
schnöde.
simpel.
tot.

moshammer war ein arschloch. und es gab lebensbereiche,
wo er kein arschloch war.
einen gewaltsamen tod hat niemand verdient.
mit moshammer geht es mir wie mit klopfstock.
seit sie nicht mehr da sind, fühle ich mich weder schlechter
noch besser.

bon.
 

Inu

Mitglied
*





Rudolph Moshammer
( ein Leben )

schuf sich sein Schlaraffenreich jenseits der Alltagspfade
hielt darin Hof

Kitschkönig
schlank gekleidet in dunklen Edelzwirn
oder seine Wohlstandsfülle in barocke Prunkroben gezwängt
die drallen bajuwarischen Züge von Schminke umkleistert
betoniertes Lackhaar bombastisch
viel zu schwarz
'Geisha‘-Frisur
sonderbar

Rudolph
altgewordener Muttersohn
die großen Gefühle
früh
eingemauert im Mausoleum mit Mama?

Schlauheit und Krämertalent hat sie ihm vererbt

die Lust an Spiel
Maskerade
stammt wohl vom Vater
und auch die manchmal aufblitzende ...
Simplizität

Mosi
merkwürdiger Herrenschneider
auf seinem Arm Daisy
stets frisch shamponiertes
Wuschelknäuel
Kuschelhündchen mit Schleife

schmusi und bussi-bussi
so kommen sie jetzt für immer
gemeinsam
in die Archive

Moshammer
die Medien mochten ihn gern
er war auf allen Kanälen präsent
versprühte mit sonorer Stimme
Schmäh ohne Ende

er konnte nerven
ging auf den Geist
UND
ans Gemüt
denn nichtsdestotrotz
war er angenehm
hat sich mit Optimismus
in die Herzen gelabert

er wollte gefallen
entzücken
der Beifall der Menge und der 'Society'
war ihm jeden Marktschreiertrick wert
und
Aufsehen HAT er erregt
hat der Welt ein schrulliges
Märchen erzählt

auch meiner Erinnerung
prägte er
sein bizarres Bild ein
brachte mich zum Lächeln
denn
sein Selbstvertrauen war grenzenlos
echt
er stellte sich
und seine skurrile Person
niemals in Frage
das gab seinen Auftritten ...

WÜRDE

als Freund der Obdachlosen
sah ihn die Presse
ich hoffe nicht
dass er nur dann
ein Helfer war
wenn Kameras surrten

er hatte früh gelernt
dass den Menschen
ihr Schicksal LEICHT
aus Händen gleitet
wie seinem Vater

aber
sein EIGENES Leben
sollte
ein gelungenes Fest sein
mit Flitterfäden
aus Fantasie
hat er es durchwirkt

Rudolph
Sinnbild der Leichtigkeit
Buntheit des Seins
Prachtkarpfen im Zierteich
der Schönen und Reichen
so glitt er sicher dahin

er war bekannt
populär
wurde er geliebt?
brauchte er Liebe?

suchte er einfach nur Lust?
sollte Sex sein Bollwerk sein
gegen Alter Verfall und Tod?

nach Schwänzen gierte er
nach fremder deftiger Männlichkeit
oder doch nach dem rettenden Freund für die Seele?

vielleicht wollte er aber ewig die Mutter?

nur Zerrbild der Wahrheit ist das
was wir wissen

ein Sehnender war er bestimmt

*

dann kam jene Fahrt
stilvoll im Rolls
durch die Rotlichtstraßen der Stadt
Rudolf getrieben
verlangend
allein
reicher Freier in Luxuskarosse
von Strichjungen bewundert
man bot sich ihm an

irgend ein stämmiger Kerl unter vielen
aus dem Zufallsbecher des Schicksals
zu ihm hinübergewürfelt
war sein Erwählter
für eine Nacht

und dann?
was geschah?

Gewalt
brachialer Absturz ins Dunkel
und

alles vorbei

*

adieu
ein trauerndes Servus ihm
dem Verhüllten Verbrämten
dem exzentrischen Mimen
dem überaus irdisch gestrickten ...
Idealisten

er wird zum Mythos werden
wie Ludwig der König in Bayern
so sagt man

- ich weiß nicht -

DAS aber bleibt er für mich:
nicht viel
nicht wenig

nur

ein freundlicher Mensch
der SEINEM Traum folgte
SEINEM Paradies auf Erden
zu Zeiten
recht nah kam
und es

um Millennien verfehlte

einer der
viel redend
doch

stumm blieb



*





Am 14. Januar 2005 wurde Rudolph Moshammer in seiner Wohnung in München ermordet. Er war 64 Jahre alt.





*
Copyright Irmgard Schöndorf Welch Januar 2005
 



 
Oben Unten