Mutti ziert ein Arschgeweih

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Mutti ziert ein Arschgeweih

Rivalinnen sind Karin Harmann und ihre einzige Tochter Anne, ein Wunschkind, dem sie ziemlich genau vor fünfzehn Jahren das Leben schenkte.

Seit das Mädchen in tiefster Pubertät steckt, ist nichts mehr so, wie es vorher war.
Da, wo früher Verständnis und Liebe herrschten, befindet sich jetzt ein gewaltiger Gefühlsscherbenhaufen.
Der anfangs schleichende Prozess zwischen beiden Generationen setzte ein, als sich das Kind im zarten Alter von zwölf Jahren befand.

Trotz! Nein, eine gehörige Portion Aufsässigkeit machte sich seitdem breit.

Was Karin auch immer tat, ihre Tochter Anne war strikt dagegen. Widerworte gehörten seitdem zu den harmlosesten Dingen des täglichen Steitprogramms.

Das also war der Preis!
Alle hatten die Alleinerziehende gewarnt, das Einzelkind nicht zu sehr zu verwöhnen. Nun drohten Kleinigkeiten tatsächlich in handfeste Kräche auszuarten. So manches Mal fiel es Karin sichtlich schwer, die Pubertierende weiterhin zu lieben.

"Mama, du bist einfach nur peinlich. Deine Röcke sind viel zu kurz, deine lila gefärbten Haare längst nicht mehr "in". Und überhaupt, mach doch nicht andauernd auf jugendlich. Meine Freunde lachen schon, wenn du in naiver Teeniesprache laberst, die vielleicht mal vor hundert Jahren angesagt war. Lass es sein!
Menschenskind Mutti, du hattest deine Zeit. Und die ist vorbei. Sieh es endlich ein."

Das ist nun zwei Jahre her.

Gerade heute bildet Karin sich ein, nichts als mitleidige Blicke von Annes Gang, die sich allabendlich auf der Friedhofsmauer zum Abhängen trifft, zu kassieren. Eben genau diese Clique verabredet sich nämlich nicht nur am Acker des Todes, sondern belagert immer häufiger ihr Haus, vor allen Dingen jedoch das "Kinderzimmer" der Tochter.
Das Herz rutscht der Alleinerziehenden jedesmal in die Hose, wenn sie die Tür zur "Räuberhöhle" öffnet.

Langsam, aber sicher, fühlt die Mutter sich dem Treiben der Jugendlichen nicht mehr gewachsen. Ihr Selbstwertgefühl ist auf dem Nullpunkt angelangt.

So kann es nicht weitergehen.

Karin beschließt, das Interesse der Umwelt zu testen. Sie will endlich wieder die Hauptrolle in ihrem eigenen Leben spielen, sich nicht länger als frustriertes Muttertier fühlen.

Der Blick in den Ankleidespiegel des Schlafzimmers bestätigt der dreimal Dreizehnjährigen, dass sie noch keineswegs übel aussieht für ihr Alter. "Von wegen, du hattest deine Zeit," lacht Karin weinerlich auf: "Jetzt werde ich allen mal zeigen was ´ne echte Harke ist!"

Hat Anne nicht vor wenigen Monaten sogar mit weit aufgerissenen Augen neidisch geguckt, als sie ihr das kleine rotschwarz gestochene Tattoo in Form einer Rose am linken Oberarm präsentierte?
Ein spitzer Schrei war seinerzeit dem Schmollmund ihres Kindes entfleucht.

"Mama, du bist ja so gemein. Solch ein Tattoo finde ich schon lange toll. Ich will auch eins haben!", hatte sie sich beschwert und trotzig mit dem Fuß aufgestampft.

"Dafür bist du noch viel zu jung. Warte, bis du sechzehn bist, dann können wir noch einmal darüber reden", tröstete Karin an jenem Tag die Tochter. Insgeheim konnte sie sich ein spöttisches Lachen nicht verkneifen. Ätsch, damals hast du endlich mal den Kürzeren gezogen.
Und das, du kleine Nervensäge, soll auch so bleiben, denkt Karin, während sie ihrem Spiegelbild nun voller Stolz
zulächelt, die Kurven ihres durchaus attraktiven Körpers wohlwollend begutachtend.

Auf zu neuen Taten!

Respekt und Aufmerksamkeit gewisser Leute gilt es zu erringen, lassen Karin Harmann die Höllenqualen beim Stechen der neuen Tätowierung ertragen.
Sie ist sich sicher, bewundernde Augen werden sie für jede Pein entschädigen.

Es ist soweit!

Die Sonne strahlt gnadenlos vom unverschämt blauen Himmel dieses Jahrhundertsommers. Dicht an dicht liegen die Nackedeis im hellen Sand des örtlichen Baggersees.

Und da passiert es!

Karin dreht sich aus der Rückenlage auf den Bauch.
Schwarz und mächtig prangt es über prallen Pobacken, ihr neues, riesengroßes Arschgeweih!

Für Sekunden herrscht Totenstille.
Der Schrei eines röhrenden Elches durchdringt peinliches Schweigen.
Dann erblickt Karin die Friedhofsgang!
In einiger Entfernung hat sie sich unbemerkt von ihr niedergelassen.
Sascha, der vermeintlich Coolste der "Zahnspangenfraktion", äfft den Brunftruf eines gehörnten Tieres wieder und wieder verblüffend echt nach. Er übertönt damit sogar das nun einsetzende gellende Gelächter der gaffenden Badegäste.

Karin schämt sich fast zu Tode.

"Ich dumme Kuh! Wie üblich habe ich mal wieder genau das Falsche getan," schluchzt sie leise in ihr Badetuch hinein.
Sie schämt sich, hat nur noch den einzigen Wunsch, nämlich den, ganz tief auf den Grund der Kieskuhle zu versinken.

Aus der grölenden Menge hebt sich die Gestalt eines jungen Mädchens ab.
Ruhig und mit tränenfeuchten Augen tritt Anne auf die Mutter zu, spricht erst mit zitterndem Stimmchen, um dann immer lauter und lauter zu werden:
"Na und, ihr ach sooo tollen Halbstarken! Was ist dabei?
Meine Mama schmückt ein wunderschönes Arschgeweih. Und ich finde es Klasse!"

Mutter und Tochter liegen sich in den Armen.
 

Perry

Mitglied
Hallo GfÜ,
flüssig zu lesen und durchaus spannend geschrieben. Auch wenn die Personen etwas klischeehaft wirken ist der Schluss versöhnlich, wenn auch etwas Happyend lastig (lächel).
LG
Manfred
 
Generationskonflikt

Hallo Manfred,

vielen Dank für deinen lobenden Kommentar. Ich freue mich sehr darüber.
Den Schluß meiner kleinen Geschichte habe ich absichtlich zum Happyend erklärt, weil es zum leidigen Thema Pubertät (zwischen Kindern und Eltern) leider nur allzu oft Unversöhnliches zu berichten gibt.

LG
GFÜ
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
hm,

eine clique, die sich am liebsten am friedhof aufhält, geht zum fkk? und auch noch mit der mutter eines mitglieds der gruppe? das glaub ich nicht!
lg
 
Hallo flammarion,

wie kommst du darauf, dass Karin gemeinsam mit der Friedhofsgang zum Badestrand ging? Ich glaube, ich habe deutlich gemacht, dass sie mehr als überrascht war, die Clique der Tochter dort zu treffen. Sie wähnte sich unter Unbekannten.
Liebe flammarion, warum sollten die Protagonisten an einem herrlichen Sommertag nicht einmal die Hüllen fallen lassen? Heutzutage braucht es dazu keinen FKK-Strand mehr.

Vielen Dank für deinen Kommentar und die Gedanken, die du dir gemacht hast.

LG
GFÜ
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
ich

habe nischt gegen fkk. ich finde es nur sehr kurios, dass gruftis da hin gehen. die lassen doch sonst keinen sonnenstrahl an ihre haut. lass die jugendlichen ihren treffpunkt woanders haben und alles ist in schönster ordnung.
lg
 



 
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