Nach Troja – daktylischer Hexameter

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Walther

Mitglied
Nach Troja


Nach Troja so stand mir der Sinn / als wären da Seelen zu retten
Es müssen sich Zeiten verketten / Odysseus der Held starb dahin
Drum trage mich Sprache zum Ort / wo Griechen die Welten besangen
Es heißt es gäb Verse zu fangen / die klängen selbst stumm immerfort
Ich rufe die Wolkenäonen / und weihe mich selbst ihrem Wehn
Die Grenzen des Wissens zu sehn / will ich alle Winde bewohnen
Die Stadt und ihr Erdkreis zerstört / in Tiefen des Denkens vergraben
Die Schätze leichthändig zu haben / die Augen sind gerne betört
Sind Weise vergangen und tot / ihr Werk aber nur noch ein Ahnen
Vergebliches Warnen und Mahnen / der Tagschatten färbt sich schon rot
Als läge in Troja der Sinn / und wären auch Seelen zu retten
So müssen sich Verse verketten / und Streben im Sterben entfliehn
 

Rhea_Gift

Mitglied
das gefällt mir gut!! Ja ich mag griechische Sagen - und den Tiefensinn und die Aktualität, die du hier anmahnst... gelungen.

Ich sach nur - trojanische Pferde gibts zu Hauf und mehr als genug Helenas, die den Kopf verdrehen und die Waffen zücken lassen - mal Helena als Verlockung an sich, verallgemeinert betrachet...

LG, Rhea
 

Walther

Mitglied
Lb. Rhea_Gift,

es schien ein schönes Experiment zu sein, einmal so etwas zu schreiben. :) Es freut zu hören, daß es jemanden gibt, dem dieser Text interessant genug für Wertung und Kommentar ist.

Lieben Dank und Gruß W.
 
H

Heidrun D.

Gast
Lieber Walther,

fast alle in den Festen Formen sind doch Altem zugeneigt.

Bei dir hätte ich jetzt einen aktuellen Bezug viel spannender gefunden. Frei nach einer Geiser`schen Satire z. B.

[blue]Nach Frankfurt da stand mir der Sinn / als gälte es Kurse zu retten
Als müssten sich Aktien verketten / unsäglicher Dax starb dahin

...[/blue]
etc.

:D

Mit vorliegenden Inhalt finde ich dein Gedicht (mit Verlaub) etwas langweilig. - Trotzdem freue ich mich natürlich, dass du der edlen Form gedacht hast. :)

Anregende Grüße
Heidrun
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich denke, die Form ist relativ modern, weil die Hexameter in einer speziellen Reimform verwendet werden. Sicher bin ich aber nicht.
Langweilig war das Gedicht für mich nicht.

Und der Inhalt ist äußerst modern. Ich habe eine enge, vielleicht zufällige Beziehung zur Bohrplattform gefunden. (Schätze leichthändig zu haben)

Ein Wort passt sich dem Rhythmus schwer an: "leichthändig". Es wird auf der ersten Silbe betont, im Gedicht aber eigentlich auf der zweiten. Dadurch fällt es besonders auf. Es ist ein Schlüsselwort geworden, da es das einzige derartige im Gedicht ist. Es stört und macht dadurch aufmerksam.
 

Walther

Mitglied
Lb Heidrun,

eigentlich ist das ein Hexandriner mit Binnenrein und unbetontem Auftakt. Aber ich dachte, man könnte sich mal mit was neuem Altem versuchen.

Daß Dir der Text nichts sagt, ist schade. Er ist auch durchaus nicht unmodern, aber gewöhnungsbedürftig.

Danke für Deine Gedanken!

LG W.

Lb. Bernd,

Wie man dem Web http://de.wikipedia.org/wiki/Hexameter entnehmen kann, ist mein Versmaß eine etwas geänderte Version des Hexameters, den ich alexandrinisch abgeschmeckt, mit Binnenreim gewürzt und einem gschlamperten Auftakt versehen habe:

xXxxXxxX(x)/xXxxXxxX(x) (Walther Version)
XxxXxxXxxXxxXxxXx (korrekte, katelektische Version)
xXxXxX/xXxXxX(x) (jambischer Alexandriner)

Ich war vielleicht mit der Einordnung etwas vorschnell. Jedenfalls gefiel mir das Ergebnis dieser gezielten "Schlamperei". Man könnte das natürlich auch in "Experimentelles" packen. Aber hier schien mehr Publikum zu sein. :D

Danke für Deinen lieben Eintrag und Deine Nachsicht mit der Formvariante.

LG W.
 



 
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