Nach dem Streit

Sternenstaub

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Nach dem Streit


Als die letzten Strahlen der Sonne das Städtchen in ein magisches Licht getaucht hatten
und der Himmel so bleiern erschien,
wusste ich dass weitaus mehr in der Luft lag
als jene ersten Zeichen der hereinbrechenden Nacht....


Um 00:37 Uhr Ortszeit, ergoss sich dann Regen wie ein Meer über die Stadt.
Das kühle Nasse strömte von den Welldächern unserer Scheunen herab und bildete
auf den unebenen Pflastersteinwegen geäderte Bäche.

Es regnete weitere zwei Stunden.

Obgleich ich in jener Nacht Morpheus Armen entfliehen wollte,
ärgerte mich die Unruhe die das Wetter mit sich brachte und die Unmöglichkeit
durch fortwährende Stille in den Schlummer zu sinken.

Ablenkung-

Zunächst vom Regen, dann von Jonas.
Mißgestimmt strampelte ich mich von meiner Plüschwolldecke los, schlüpfte in zwei Monsterpantoffel
und schlich treppab in die Küche.
Ich wankte die Stiegen hinab durch die Dunkelheit, hatte irgendwann aufgegeben noch weiter nach Lichtschaltern zu suchen und kramte nun in einer muffigen Schublade nach den Teelichtern.


Das Teelicht flackerte jetzt in einer kleinen,
terracottafarbenen Keramikschale lustig vor sich hin.

Mein Blick richtete sich auf das Fenster vis-á-vis.

Hatte es aufgehört zu regnen?

Gleissend brach das Halbmondlicht durch den klirrenden Tau auf Efeu-umwickeltes Mauerwerk und verbreitete eine vertrauenswürdige, friedliche Atmosphäre,
gerado so als wollte es meine Melancholie begründet haben.

Geräusche...

Mein Herz schien oben anzuschlagen und zaghaft streckte ich eine Hand nach der Schale mit dem Teelicht aus,
schlich dann durch den Korridor vorbei an dem wuchtigen Dielenschrank, dem Geräusch entgegen.

Angst wechselte in Panik um und unfähig mich zu bewegen, wartete ich ab was passieren würde.

Stille.

Ein Irrtum?

Ich stand noch einige Minuten wie angewurzelt im Flur herum, eh ich mich dazu durchrang
umzukehren und in der Küche weiter in meinen Depressionen zu baden.

Aggressives Türklingeln brachte mich einer Ohnmacht nahe.

Als ich die Tür geöffnet hatte, sah ich Jonas vor mir stehen.
Er trug einen marinefarbenen Mantel und sein Haar war etwas glatter als sonst.

Ich ließ ihn ein.

In seinen dunklen Augen flimmerte das kleine Feuer des Kerze,
seine Wangen mussten glühen so gerötet waren sie
und sein Blick schien allgemein sehr ausdruckslos.

Er hielt etwas in seiner rechten Hand.

Mit einem Teelicht bewaffnet tastete ich mich zum Bad, suchte ihm ein paar große Handtücher heraus und zwang ihn einen Morgenmantel an- und seine nassen Sachen auszuziehen.


Das lodernde Kerzenlicht schien nunmehr bedrohlich und die eingekehrte Stille, begründet dadurch dass sich der Regen nun endlich gelegt hatte, beruhigte mich nicht mehr wirklich.

"Jonas...."

Glitzern breitete sich in seinen Augen aus, doch bevor ich etwas sagen konnte,
ließ er seinen Kopf schwer auf meine Schulter fallen, nahm meine Hände und gleichzeitig...
fiel ein kleiner Teddy auf die Küchenfliesen.

"Jonas... was ist das?"

Ich nahm den Teddybären vom Boden auf und entdeckte ein kleines eingenähtes Schildchen auf seinem Rücken, mit der Aufschrift:

"Ich will nicht mehr allein sein..."

Die Kerze verlischte und tauchte Jonas und mich in jenes zauberhaftes, fahles Mondlicht.

Wir waren eins mit der Nacht.

"Wollen wir nicht schlafen gehen?", hörte ich Jonas zerknirscht sagen, doch ich drückte nur den kleinen Bären an mich, ganz ganz fest...
und ich wäre noch bis zum Sonnenaufgang so verweilt, hätte Jonas mich nicht die Treppe hoch zu unserem Bett getragen.​
 



 
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