BlauerRegen
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Schon wieder so ein Tag, an dem man eigentlich gleich wieder ins Bett zurück will. Scheiss Wetter - scheiss Laune. Und dann diese Unordnung in der Wohnung. Heute ist der Zwanzigste und das Geld ist fast alle. Wie soll ich nur über den Monat kommen?
Er geht in die Küche, rührt sich einen Instant-Kaffee zusammen und setzt sich ins Zimmer auf die Couch. In der Schachtel sind noch zwei Zigaretten. Er nimmt sich eine heraus uns zündet sie sich an, er muss husten. Um 12 Uhr hat er einen Termin auf dem Arbeitsamt, wo er eigentlich nicht hin möchte, weil dort immer so viel Andrang ist. Er muss sich dort einen Ablehnungsbescheid holen, damit er Geld vom Sozialamt kriegt. Diese scheiss Formalitäten immer. Warum kann der vom Arbeitsamt nicht einfach beim Sozialamt anrufen und bescheid sagen, dass ich von dort keine Kohle kriege? Er geht ins Badezimmer und pinkelt ins Waschbecken. Er findet das hygienischer. Wenn er im Stehen ins Klo pinkelt, dann spritzt der Urin immer umher. Das findet er abstossend, wenn überall um das Klo herum und auf dem Toilettenrand diese kleinen Urin-Wassertröpfchen herumliegen. Ausserdem ist es Wasserverschwendung, wegen so einem bischen Pisse 20 Liter Wasser hinterher zu spülen. Er schaut dabei in den Spiegel und stellt fest, dass eine Rasur noch nicht zwingend erforderlich ist. Geduscht hat er vorgestern, das reicht auch noch. Plötzlich klingelt es. Er geht zur Tür und der Hausmeister Niebler, sein Nachbar, steht davor. Ein unangenehmer Typ. Er ist ein grosser, dicker und bärtiger Kerl und hat die Manieren eines Bauerns. Grüssen tut er nie und er scheint immer schlechte Laune zu haben. Seine Frau ist ein weibliches Abbild von ihm, aber sie scheint nett zu sein. Jedenfalls ignoriert sei einen nicht, wenn man ihr auf der Treppe begegnet.
Niebler: Morjen, Becken
Becken: Guten morgen.
Niebler: Könn Se mir ma helfen? Ick brauch ma kurz eenen, der meene Antenne ausrichtet. Ick jeb Ihnen n Funkjerät und dann sag ick Ihnen, wenn dit Bild jut iss. drückt ihm ein Funkgerät in die Hand
Becken zögert, will eigentlich nicht: Dann muss ich ja aufs Dach.
Niebler: Sein Se doch ma so nett, ick helf ja ooch wo ick kann. Dreht sich um, geht in seine Wohnung.
Er schaut auf das Funkgerät, zögert und steigt mit energischen Schritten auf Socken die Treppen nach oben. Oben angekommen steigt er die Leiter zum Dach hinauf. Es ist verdammt windig. Hastig kriecht er, sich mit einer Hand an Haltegriffen festhaltend, auf dem Ziegeldach zur Parabolantenne. „Ich bin jetzt oben“, spricht er durchs Funkgerät. „Drehn Se ma. Ick sag Ihnen, wenn dit Bild jut iss“, antwortet der Nachbar. Jetzt wird ihm mulmig zu Mute. Es ist windig, er ist auf einem Schrägdach und er kann sich nicht festhalten, wenn er die Antenne dreht. Schliesslich hält er in der anderen Hand das Funkgerät. Vorsichtig hockt er sich hinter die Antenne und versucht mit einer Hand gegen die Antenne zu drücken. Sie gibt nicht nach, sie scheint festgerostet zu sein. In ruckartigen Stössen drückt er immer wieder dagegen, aber sie bewegt sich kein Stück. In ihm steigt langsam der Zorn auf. Erst lässt sich von dem Typen überrumpeln und dann klemmt auch noch diese beschissene Antenne. Dabei hat er eh schon schlechte Laune gehabt. „Du verdammtes Scheissding, jetzt beweg Dich“, sprudelt er vor sich hin. Er wird jetzt immer ungehaltener und setzt sein ganzes Körpergewicht ein, um die Antenne zu bewegen. Mit einem Mal löst sich der Rost und die Antenne dreht sich unter der Gewalteinwirkung laut quietschend um 90°. Michael verliert das Gleichgewicht und kann sich gerade noch am Kabel festhalten. Ein gewaltiger Schreck durchfährt ihn, als er an dem Kabel festhaltend in die Tiefe schaut. „Eben wars gut“, schreit Niebler durch das Funkgerät, „nu dreh mal wieder n Stück zurück“. Becken hat Mühe, wieder in seine Ausgangposition zu gelangen. Er zieht sich am Kabel wieder in Hockposition und schnauft erst einmal durch. Worauf hab ich mich bloss eingelassen? Wieso hab ich dem Fettsack nicht gesagt, dass er selber aufs Dach steigen soll und ich schau aufs Fernsehbild? „Was machst Du denn da oben?“, schreit Niebler mit ungeduldigem Tonfall. „Ich hab ein paar Probleme, Moment noch“, antwortet Becken. Michael überlegt kurz und versucht, sich wieder auf seine Aufgabe zu konzentrieren. Sein ganzer Körper zittert noch von dem Schrecken. Er lässt ab, um sich erst mal wieder zu sammeln und nimmt eine sichere Position ein. „Hey Bursche, bei mir passiert jar nüscht. Ick seh nur Schnee.“, tönt es aus dem Funkgerät. Soll er doch seine blöde Fresse halten, denkt sich Michael. Er nimmt das Funkgerät und überlegt, was er sagen soll: „Nun warten Sie doch einen Moment, es ist sehr windig hier oben“, antwortet Michael. „Na dit kann doch nich so schwer sein, die Schüssel etwas zu drehn. Stell Dich nich so blöde an“, schreit Niebler nun ziemlich ungehalten. Michael setzt widerwillig zu einem neuen Versuch an. Er hockt sich wieder hinter die Antenne und dreht sie nun in die Ausgangsposition zurück. Plötzlich löst sich ein Ziegel auf dem Michael fusst. Er rutscht ab, kann sich gerade noch an der Stange der Parabolantenne festhalten und liegt bauchlängs auf dem Dach. Seine Füsse gucken ab den Knien über die Dachrinne hinaus. Das Funkgerät lässt er dabei fallen, es rutscht am Schrägdach entlang und fällt in die Dachrinne. Er versucht sich am Haltemast der Antenne wieder hochzuziehen, doch er hat nicht genügend Kraft dafür. Mit einer Mischung aus Wut, Hass und Angst schreit Michael lauthals um Hilfe. An das Funkgerät kommt er nicht heran, um den Knopf zum Sprechen zu drücken. „Du blöder Idiot, bist Du nicht imstande, die scheiss Antenne zu drehn?“ entfährt es in aggressivem Tonfall dem Funkgerät „Du bist ja noch blöder als mein Sohn und der ist schon richtig bescheuert. Beim nächsten Mal frag ich den Kemmerer, wenn ich Hilfe brauche.“
In dieser aussichtslosen Lage bricht auf einmal der Haltemast für die Antenne ab, Michael rutscht vom Dach und fällt auf den Füssen landend auf die Terrasse des obersten Stockwerks. Er plumpst auf den Hintern, Teile der Dachrinne, das Funkgerät und der Haltemast mitsamt der Parabolantenne fallen hinterher. Michael ist jetzt voll von Adrenalin, als er immer noch aus dem Funkgerät tönend hört: „...Du mieser Nichtsnutz, arbeiten gehst Du nicht und auch sonst kriegst Du nichts zustande. Kein Wunder, wenn Dich Deine Freundin verlassen hat.“ „Herr Niebler, ich bin gleich soweit“
Am nächsten Tag wurde Hausmeister Niebler mit 14 Messerstichen im Flur seiner Wohnung tot aufgefunden.
Er geht in die Küche, rührt sich einen Instant-Kaffee zusammen und setzt sich ins Zimmer auf die Couch. In der Schachtel sind noch zwei Zigaretten. Er nimmt sich eine heraus uns zündet sie sich an, er muss husten. Um 12 Uhr hat er einen Termin auf dem Arbeitsamt, wo er eigentlich nicht hin möchte, weil dort immer so viel Andrang ist. Er muss sich dort einen Ablehnungsbescheid holen, damit er Geld vom Sozialamt kriegt. Diese scheiss Formalitäten immer. Warum kann der vom Arbeitsamt nicht einfach beim Sozialamt anrufen und bescheid sagen, dass ich von dort keine Kohle kriege? Er geht ins Badezimmer und pinkelt ins Waschbecken. Er findet das hygienischer. Wenn er im Stehen ins Klo pinkelt, dann spritzt der Urin immer umher. Das findet er abstossend, wenn überall um das Klo herum und auf dem Toilettenrand diese kleinen Urin-Wassertröpfchen herumliegen. Ausserdem ist es Wasserverschwendung, wegen so einem bischen Pisse 20 Liter Wasser hinterher zu spülen. Er schaut dabei in den Spiegel und stellt fest, dass eine Rasur noch nicht zwingend erforderlich ist. Geduscht hat er vorgestern, das reicht auch noch. Plötzlich klingelt es. Er geht zur Tür und der Hausmeister Niebler, sein Nachbar, steht davor. Ein unangenehmer Typ. Er ist ein grosser, dicker und bärtiger Kerl und hat die Manieren eines Bauerns. Grüssen tut er nie und er scheint immer schlechte Laune zu haben. Seine Frau ist ein weibliches Abbild von ihm, aber sie scheint nett zu sein. Jedenfalls ignoriert sei einen nicht, wenn man ihr auf der Treppe begegnet.
Niebler: Morjen, Becken
Becken: Guten morgen.
Niebler: Könn Se mir ma helfen? Ick brauch ma kurz eenen, der meene Antenne ausrichtet. Ick jeb Ihnen n Funkjerät und dann sag ick Ihnen, wenn dit Bild jut iss. drückt ihm ein Funkgerät in die Hand
Becken zögert, will eigentlich nicht: Dann muss ich ja aufs Dach.
Niebler: Sein Se doch ma so nett, ick helf ja ooch wo ick kann. Dreht sich um, geht in seine Wohnung.
Er schaut auf das Funkgerät, zögert und steigt mit energischen Schritten auf Socken die Treppen nach oben. Oben angekommen steigt er die Leiter zum Dach hinauf. Es ist verdammt windig. Hastig kriecht er, sich mit einer Hand an Haltegriffen festhaltend, auf dem Ziegeldach zur Parabolantenne. „Ich bin jetzt oben“, spricht er durchs Funkgerät. „Drehn Se ma. Ick sag Ihnen, wenn dit Bild jut iss“, antwortet der Nachbar. Jetzt wird ihm mulmig zu Mute. Es ist windig, er ist auf einem Schrägdach und er kann sich nicht festhalten, wenn er die Antenne dreht. Schliesslich hält er in der anderen Hand das Funkgerät. Vorsichtig hockt er sich hinter die Antenne und versucht mit einer Hand gegen die Antenne zu drücken. Sie gibt nicht nach, sie scheint festgerostet zu sein. In ruckartigen Stössen drückt er immer wieder dagegen, aber sie bewegt sich kein Stück. In ihm steigt langsam der Zorn auf. Erst lässt sich von dem Typen überrumpeln und dann klemmt auch noch diese beschissene Antenne. Dabei hat er eh schon schlechte Laune gehabt. „Du verdammtes Scheissding, jetzt beweg Dich“, sprudelt er vor sich hin. Er wird jetzt immer ungehaltener und setzt sein ganzes Körpergewicht ein, um die Antenne zu bewegen. Mit einem Mal löst sich der Rost und die Antenne dreht sich unter der Gewalteinwirkung laut quietschend um 90°. Michael verliert das Gleichgewicht und kann sich gerade noch am Kabel festhalten. Ein gewaltiger Schreck durchfährt ihn, als er an dem Kabel festhaltend in die Tiefe schaut. „Eben wars gut“, schreit Niebler durch das Funkgerät, „nu dreh mal wieder n Stück zurück“. Becken hat Mühe, wieder in seine Ausgangposition zu gelangen. Er zieht sich am Kabel wieder in Hockposition und schnauft erst einmal durch. Worauf hab ich mich bloss eingelassen? Wieso hab ich dem Fettsack nicht gesagt, dass er selber aufs Dach steigen soll und ich schau aufs Fernsehbild? „Was machst Du denn da oben?“, schreit Niebler mit ungeduldigem Tonfall. „Ich hab ein paar Probleme, Moment noch“, antwortet Becken. Michael überlegt kurz und versucht, sich wieder auf seine Aufgabe zu konzentrieren. Sein ganzer Körper zittert noch von dem Schrecken. Er lässt ab, um sich erst mal wieder zu sammeln und nimmt eine sichere Position ein. „Hey Bursche, bei mir passiert jar nüscht. Ick seh nur Schnee.“, tönt es aus dem Funkgerät. Soll er doch seine blöde Fresse halten, denkt sich Michael. Er nimmt das Funkgerät und überlegt, was er sagen soll: „Nun warten Sie doch einen Moment, es ist sehr windig hier oben“, antwortet Michael. „Na dit kann doch nich so schwer sein, die Schüssel etwas zu drehn. Stell Dich nich so blöde an“, schreit Niebler nun ziemlich ungehalten. Michael setzt widerwillig zu einem neuen Versuch an. Er hockt sich wieder hinter die Antenne und dreht sie nun in die Ausgangsposition zurück. Plötzlich löst sich ein Ziegel auf dem Michael fusst. Er rutscht ab, kann sich gerade noch an der Stange der Parabolantenne festhalten und liegt bauchlängs auf dem Dach. Seine Füsse gucken ab den Knien über die Dachrinne hinaus. Das Funkgerät lässt er dabei fallen, es rutscht am Schrägdach entlang und fällt in die Dachrinne. Er versucht sich am Haltemast der Antenne wieder hochzuziehen, doch er hat nicht genügend Kraft dafür. Mit einer Mischung aus Wut, Hass und Angst schreit Michael lauthals um Hilfe. An das Funkgerät kommt er nicht heran, um den Knopf zum Sprechen zu drücken. „Du blöder Idiot, bist Du nicht imstande, die scheiss Antenne zu drehn?“ entfährt es in aggressivem Tonfall dem Funkgerät „Du bist ja noch blöder als mein Sohn und der ist schon richtig bescheuert. Beim nächsten Mal frag ich den Kemmerer, wenn ich Hilfe brauche.“
In dieser aussichtslosen Lage bricht auf einmal der Haltemast für die Antenne ab, Michael rutscht vom Dach und fällt auf den Füssen landend auf die Terrasse des obersten Stockwerks. Er plumpst auf den Hintern, Teile der Dachrinne, das Funkgerät und der Haltemast mitsamt der Parabolantenne fallen hinterher. Michael ist jetzt voll von Adrenalin, als er immer noch aus dem Funkgerät tönend hört: „...Du mieser Nichtsnutz, arbeiten gehst Du nicht und auch sonst kriegst Du nichts zustande. Kein Wunder, wenn Dich Deine Freundin verlassen hat.“ „Herr Niebler, ich bin gleich soweit“
Am nächsten Tag wurde Hausmeister Niebler mit 14 Messerstichen im Flur seiner Wohnung tot aufgefunden.
