Nachtmar (Atemlosprosa)

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Joh

Mitglied
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NACHTMAR


Nachtmar und Angstschweißdunst
verbrennen im Frühfeuer,

ihre Asche düngt das Fühlen im Augenaufschlag, der sich nur vage erinnert, das Grau doch auf den Schultern in den Morgen trägt, es spuckt Schatten, wirft Steine in den Sonnenaufgang, der in Wolkenfetzen zerbricht; sie fallen tropfend, lassen Keime auf den Feldern zerplatzen, aus denen lachen und Wünsche wachsen; grau verhüllter Tag, vor dem Gefühle sich quälend zwischen den feuchten Falten des Lakens verkrochen haben, fortgewaschen und mit den Regentropfen in unterirdische Flüsse getragen, damit die Haut taub und schön sauber bleibt, sich nicht am Salz des Alltags reibt, unter den Teppich gespült, der sich Nacht um Nacht erneut empor wölbt, sich zu Wesen faltet, die durch die Windungen geistern, bis vom Aufruhr endlich der Blick erwacht, in die Schreienden sieht, sie erlöst, in ein Buch mit weißen Seiten schreibt . . .



Johanna Pless
6.2008
 
H

Hakan Tezkan

Gast
hallo joh,

schöner text, habe mich reingelesen in deine schreibe.
die asche düngt das fühlen, womit sich letzteres also bereits aus gefühltem/verbranntem ernährt, errinnerungen vielleicht, die in der form nicht mit in die gegenwwart gezogen werden konnten, vielmehr wird das grau auf den schultern in den neuen tag getragen, das grau, das hier für eintönigkeit, ödnis etc, steht, das grau, das schatten wirft, die welt verdunkelt, zusätzlich angetriueben durch die in die sonne geworfenen steine und den wolkenfetzen. diese wolkenfetzen fallen auf die erde, und lassen keime zerplatzen, aus denen eben das positive in form von wünschen und lachen erwachsen sollte, der tag verkriecht sich zwischen den falten eines feuchten lakes, das hier für mich ein symbol der trauer ist(feucht/tränen), es versteckt sich aber vor den gefühlen(zhlt trauer nicht auch zu den gefühlen?), weswegen ich hier igrendwie einen widerspruch finde. wäre es nicht besser gewesen, die wünsche und das lachen wieder einzubringen? man wird nun fortgewschen in den untergrund, man entfernt sich immer mehr von der vergehenden sonne, die haut wird taub, aber bleibt sauber(denn nur gefühle hinterlassen spuren), man wird unter einen teppich gespült, wie dreck, den man kurz unter dne teppich kehrt, und dann: erwacht der blick, man sieht schreiende und beginnt, zu schreiben...


eine tolle momentaufnahme. ich würde folgende änderungen vornehmen:

Nachtmar und Angstschweißdunst
verbrennen im Frühfeuer,

ihre Asche düngt das Fühlen im Augenaufschlag, der sich nur vage erinnert, das Grau [strike]doch[/strike][red]"doch" passt hier gar nicht und bläht azf[/red] auf den Schultern in den Morgen trägt, es spuckt Schatten, wirft Steine in den Sonnenaufgang, der in Wolkenfetzen zerbricht; sie fallen tropfend, lassen Keime auf den Feldern zerplatzen, aus denen l[red]L[/red]achen und Wünsche wachsen; [red]wieder "grau" finde ich nicht schön, wie wäre es mit "welker" oder "matter"?[/red]grau verhüllter Tag, vor dem [red]hier würde ich wie gesagt die Wünsche und das Lachen wieder einbringen, denn sonst ist da für mich, in meiner Leseart ein Widerspruch vorhanden[/red]Gefühle sich quälend zwischen den feuchten Falten des Lakens verkrochen haben, fortgewaschen und mit den Regentropfen in unterirdische Flüsse getragen, damit die Haut taub und schön sauber bleibt, sich nicht am Salz des Alltags reibt, unter den Teppich gespült, der sich Nacht um Nacht erneut empor wölbt, sich zu Wesen faltet, die durch die Windungen geistern, bis vom Aufruhr endlich der Blick erwacht, in die Schreienden sieht, sie erlöst, in ein Buch mit weißen Seiten schreibt . . .
Aber auch so hat dein Text sehr viel tolle Momente. Und dieses Msl wurde ich nicht erschlagen...

LG,
Hakan
 

R. Herder

Mitglied
Im Voraus: Sorry.
Aber: Ich muss mal kurz anmerken, dass dieser Slogan "Atemlosprosa" total affig ist. Weil nichtssagend.
Und sehr, sehr gewollt. Beinahe überheblich (je nach Interpretation - im Bestfall sollte doch der Leser atemlos sein, nicht der Text (das nennt man dann Masturbation)).

Statt nem Punkt ein Komma oder ein Semikolon setzen, lässt Texte nicht wachsen.


Grüße,
René.
 

Joh

Mitglied
Hallo Hakan

Zuerst einmal danke für Dein Lob und den ausführlichen Kommentar, und es freut mich natürlich, daß Du Dich so auf den Text einlassen konntest.

Deine Interpretation trifft es in vielem, jedoch ist mit dem „Grau“ die Asche des verbrannten Nachtmars/Alptraum und des Angstschweißes gemeint, deshalb auch der grau verhüllte Tag.

Es verkriechen sich die Gefühle zwischen feuchten(tränennassen) Laken vor dem Tag, vielleicht klärt sich damit für Dich der Widerspruch. Die anderen Änderungen sind sinnvoll und gut, ich werde sie übernehmen.

LG Johanna


@René
ich hingegen finde es überheblich zu schreiben, daß „Atemlosprosa“ affig ist, wenn es sich lediglich um Deine Meinung handelt, witzig, daß Dir in dem Zusammenhang auch noch die Masturbation einfiel (was mag das wohl aussagen).
Das Semikolon wird übrigens nicht gesetzt, um einen Text weiter zu machen, sondern ist eine Verbindung zwischen zwei gleichwertigen Sätzen oder Wortgruppen, die stärker ist als ein Komma, jedoch schwächer als ein Punkt.
 

Joh

Mitglied
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NACHTMAR


Nachtmar und Angstschweißdunst
verbrennen im Frühfeuer,

ihre Asche düngt das Fühlen im Augenaufschlag, der sich nur vage erinnert, das Grau auf den Schultern in den Morgen trägt, es spuckt Schatten, wirft Steine in den Sonnenaufgang, der in Wolkenfetzen zerbricht; sie fallen tropfend, lassen Keime auf den Feldern zerplatzen, aus denen Lachen und Wünsche wachsen; grau verhüllter Tag, vor dem Gefühle sich quälend zwischen den feuchten Falten des Lakens verkrochen haben, fortgewaschen und mit den Regentropfen in unterirdische Flüsse getragen, damit die Haut taub und sauber bleibt, sich nicht am Salz des Alltags reibt, unter den Teppich gespült, der sich Nacht um Nacht erneut empor wölbt, sich zu Wesen faltet, die durch die Windungen geistern, bis vom Aufruhr endlich der Blick erwacht, in die Schreienden sieht, sie erlöst, in ein Buch mit weißen Seiten schreibt . . .



Johanna Pless
6.2008
 

R. Herder

Mitglied
Seinen eigenen Texten ein Label anzuheften, das einen Wert bezeugen soll, der sich schon durch den buchstäblichen Ausdruck dieses Labels - "Atemlosprosa" - verbietet, beweist doch durchaus eine Selbstgefälligkeit, die sich an eben jenem Label zu befriedigen sucht. Masturbation.

Übrigens: wenn man Cyan und Gelb mischt, erhält man der subtraktiven Farbsynthese folgend: Grün.


Grüße,
René.
 

Joh

Mitglied
An diesem Punkt erscheint es mir sinnvoll, „Atemlosprosa“ kurz zu erklären, damit sich jeder selbst ein Bild darüber machen kann, ob der gewählte Begriff sinnvoll ist oder nicht.

Diese Prosaform hat sich aus der knappsten Form der Kurzprosa, den Kürzestgeschichten entwickelt. Es handelt sich um Texte, die sich assoziativ von einem Gedanken, einem Bild, einem Wort ausgehend entwickeln und keinem Handlungsstrang im eigentlichen Sinne folgen. Der Leser wird eingeladen sich auf Gedankenketten oder auch – Sprünge einzulassen, die aufeinanderfolgend oder thematisch miteinander verschlungen nicht erklären, sondern Raum für eigene Lesewege öffnen.

Merkmale: Keine Einleitung, die Geschichte entwickelt sich mit den ersten Worten, Gedanken. Extreme Verdichtung durch kurz gezeichnete Bilder, Gedanken, Halbsätze, Themensprünge. Ineinander verschachelte, nahtlos aufeinanderfolgende Satzteile. Auf den Punkt, das Ausrufe- oder Fragezeichen wird weitgehend, oder sogar vollkommen, verzichtet. Daraus ergeben sich Schursätze, die den Leser in den Text hineinziehen, ihn „atemlos“ folgen lassen.
 

Inu

Mitglied
Hallo Herder

Ganz einfach:'Atemlosprosa' deshalb, weil ein Vorleser dieses zäsurlosen Longsatzes am Schluss kaum mehr Luft bekommt.


Liebe Johanna
Es blinken tolle Bilder und inhaltsschwangere Schönheitsfetzen aus Deinem Text hervor und irgendwie streift mich die Ahnung, von dem, was Du sagen willst, aber dann beim Nachgrübeln über die Bedeutung der erlesenen Wortgruppen und ihr Zusammenspiel, bekomme ich den Sinn doch nicht richtig gebacken, mir wird ziemlich wirr im Kopf und ich begreife nicht ganz, wozu das lyrische Ich sich so überschwänglich/gesucht ausdrückt und ich weiß nicht einmal, ob ich es überhaupt wissen möchte.

LG
Inu
 

Joh

Mitglied
Hallo Inu,

freut mich, daß Du Dich darauf eingelassen hast, und wenn schöne Bilder und eine Ahnung zurückbleiben ist mir das schon eine Menge. Die Bilder sind dann doch nicht gesucht, sondern gefunden, denn das Schreiben ist ein fließen lassen, das dann noch ein wenig überarbeite, um es zu stellenweise zu entwirren.

LG Johanna
 



 
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