Nähe

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Jo Phantasie

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Nähe

Nah, nahe, näher, was für schöne Worte! Man fühlt sich wohl beim Einatmen, „naaa ...“, das Ausatmen verursacht Gänsehaut, „ ... heee“, kräuselt ihre kleinen Löckchen. So nahe, so dicht liege ich, dass ihre blonden Nackenhärchen meine Nasenspitze kitzeln. Es ist so wunderschön, so erfüllend.

Nähe. Springfluten sind besonders stark, verheerend, wenn der Mond nah ist: Perigäum, Nähe und Zerstörung über so weite Entfernung. Der Mond ist bewundernswert, doch nur ich bin wirklich nah. Das ist es, was es ausmacht: Nähe ohne Berührung, Bruchteile von Millimetern entfernt von ihrer Haut, großflächig an ihrem nackten Rücken. Ihre Wirbelsäule, leicht zurückliegend, bildet einen schmalen Kanal, Abstand dort bereits ein Millimeter. Geruchskanal, „naaahhh ...“, meine Sinne erfassen Einzelmoleküle, Aromaten aufsteigend aus ihrer feuchten Scham, angesogen mit schwachem Luftzug, entlang dem Wirbelsäulenkanal zu meinen Rezeptoren, eingeatmet, innerlich verarbeitet, vermischt, langsam ausgeatmet, „ ...heee“.

Jetzt wird sie es bald selbst bemerken, diese warmen Moleküle ihrer Lust vereint mit denen meiner Sekrete und den anderen Sachen, die ich beigemischt habe. Mikroliter, inhaliert im Schlaf, homöopathische Wirkung in ihrem Traum. Augäpfel zucken. Er sagt mir, ich muss weg, bevor sie aufwacht. Balkon, das Fenster von außen schließen, sonst wird sie frieren, so kalt wie Mutter werden. Meine Mutter, um die ich mich jetzt kümmern werde. Ja, jetzt endlich ist sie gut zu mir!

Drei Tage, dann komme ich wieder, dann, wenn meine Moleküle in ihr längst verstoffwechselt sind und nur deren Erinnerungen durch ihr Blut zirkulieren, eine Erinnerung, die stärker sein wird, als jeder Anblick, jedes Wort. Nur dieser Duft reicht und sie wird für mich bereit sein.

Parkour, das ist unser Sport und wir sind die Besten. Schwarze, ganz dünne unzerreißbare Kleidung, Sturmhauben mit schmalem Sehschlitz. Waffen? Unsere einzige Waffe ist Schnelligkeit, wir sind unbesiegbar: Container, Mauern, Wände, Balkone, Fassaden, das sind unsere Arenen. Wir helfen uns gegenseitig. Pjotr hat nicht gesehen, dass es ein Glasdach war, ich kann ihn tragen, es tut nicht weh, wenn ich mit ihm auf der Schulter die Mauer ersteige, es tut überhaupt nicht weh ...

Nicht weh? „Nicht wehtun, Mami, bitte nicht schlagen“, die Flaschen hatte ich nicht gesehen, die vielen leeren Flaschen vor ihrem Bett. „Mami, ich werde auch immer ganz leise sein, ich werde da auch nie wieder drüber stolpern, ich verspreche es. Schlag mich bitte nicht, ich will doch nur bei dir liegen, ganz nah bei dir ...!“

Von Balkon zu Balkon, es ist wie Fliegen, vier hoch, drei nach rechts, dort steht die Balkontür offen und dort muss sie liegen. Beobachten, sondieren, Zielpersonen, es müssen immer die richtigen sein und er hilft mir dabei. Ohne ihn könnte ich das nicht. Jetzt kann ich das auch mit den Flaschen, ich sehe ihre Schatten, ich höre ihr Echo aus meinen Schritten heraus. Sie hat mich nicht gehört und war so schön warm, so weich ..., so wie Mutter früher immer gewesen ist.

Niemals eine aus dem Studio! Neben mir die hübsche Blondine, die immer bewundernd auf meine schweißbedeckten Muskeln starrt, wenn ich trainiere, niemals, er hat es mir verboten. Unerlaubte Nähe, zurückverfolgbar, „die nicht“, hat er mir zugeflüstert. Sie dürfen keinerlei Verbindung zu mir haben, auch nicht die auf Facebook. Selbst soll ich recherchieren, abends, wenn mich keiner sieht und ich ganz allein und still auf dem Dach sitzen kann.

Es ist eine Herausforderung, diese Reaktionen hervorrufen zu können: Manche stöhnen leidenschaftlich, es gibt auch oft Bewegungen, seitwärts, vor und zurück, die genieße ich dann. Mein Glied wächst dabei in sie hinein, ganz langsam und behutsam, genau ihrem Feuchtegrad entsprechend. Was sie träumen, kann ich fühlen, wie weit sie sind und wann sie kommen werden, kann ich riechen und komme dann mit ihnen zusammen, ohne dass sie aufwachen. Manche murmeln dabei sogar, Namen, Kosewörter, Unverständliches, ich kann sie beruhigen: „Schlaaafen, naaahh ..., ... heee, naaahh ..., ... heee.“ Das alles hat er mir beigebracht. Und noch viel mehr!

Schwierigkeitsgrad 7+ bewältige ich jetzt problemlos! Freeclimbing, zwei aus unserer Parkourgruppe sind auch dabei, wir sind die Besten. Man muss hauptsächlich die Finger trainieren und die Oberarme, hochziehen an der Mauer, wieder herunterlassen. Wiederholungen, mein Gewicht, es klappte besser mit fünf Kilogramm weniger. So muss ich es machen, weil er es mir sagt. Die Schwarzhaarige im Studio, hinter der würde ich gerne liegen. „Nein!“, aber ich darf zurücklächeln. Darf ich sie denn ansprechen, einladen, zu ihr gehen? „Nein“, sagt er, „geh jetzt wieder auf das Dach!“

Mama lallt, als sie mich schlägt. Der Mann beschimpft mich auch und zieht am Ohr. Ich muss wieder in den Schrank, kalt, abgeschlossen. Leise, muss noch viel besser werden, schneller, unsichtbar, ich kann das. Das Schrankschloss von innen zu öffnen dauerte nur eine Stunde, darf die Flaschen nicht berühren. Der Mann neben Mama darf auch nichts merken! Unter die Decke, ganz nah an sie heran, nicht berühren, sonst wacht sie auf. Wärme, nicht mehr alleine, ich kann das jetzt, ohne dass sie aufwachen.

Deshalb machen sie ihre Augen auch nicht auf, geschlossen haltend, Traum bewahrend. Ich bin in ihnen und sie atmen den Duft, den sie mögen, den sie immer gewollt haben: „Naaahh ..., ... heee!“. Er warnt mich immer rechtzeitig, wenn sie aufwachen. Bevor ihr Blick dann ungetrübt wird, bin ich schon wieder unten. An meinen Schatten werden sie sich eventuell noch erinnern und vielleicht sogar vor Verlangen seufzen, mehr nicht.

Pjotrs Bein ist endlich heil, er ist mein bester Freund, ich habe ihn gerettet. Es wäre schön, wenn er mich begleiten könnte: Publikum, Beifall, Bewunderung, ich bin ja immer nur allein, so wie damals bei Mutter und wie so oft in dem Schrank. Er sagt: „Nein!“ Aber er hat mir dafür gezeigt, wie ich mich um Mutter kümmern soll. Jetzt wird sie mich nie mehr schlagen.

Ihr Türschloss hat nur drei Minuten standgehalten und sie war so schön warm, heiß sogar, wollte mich. Er hat gesagt, ich darf und dann habe ich es getan. Immer gibt es ein letztes Mal. Schade! Aber er hat gesagt, dass sie danach argwöhnisch werden, mich schlagen könnten! Sie hat so gut gerochen. Jetzt bringe ich sie zu Mutter und zu den Anderen.

Eine Neue dauert immer mehrere Tage. Vollmond, klare Nächte, er sagt „nein“. Winter, früh dunkel, Wolken, da ist es immer sehr erfolgreich. Sehr erfolgreich ...? Sehr erfolgreich bin ich in meinem Beruf als IT-Berater. Man hört auf mich, wird nie enttäuscht. Probleme? Ich komme sogar nachts, am nächsten Morgen läuft bereits wieder alles. Die Kleine aus der Softwareabteilung darf ich auch nicht, sagt er, zu nahe, Gefahr! Hinter ihr, da habe ich schon gestanden, sah, wie sich ihre Nackenhaare kräuselten, wusste, dass sie es auch wollte, aber er hat mich weggezogen.

Beobachten liegt mir, ich sehe ihnen an, ob sie richtig sind, ob sie es wollen. Warm halten, meine neue Strategie, sie mir nicht ausgehen zu lassen. Nächte ohne Spaß, alles vorbei, vier bis sechs, das ist die richtige Zahl, begierig, mich zu empfangen. Vorbereitet sind sie bereits, haben den Duft schon eingeatmet, auch geträumt, jetzt warten sie auf mich in der Nacht.

Fassaden? Nur noch, wenn nötig! Schlösser, Sicherheitsbeschläge, alles kein Problem für jemanden, der schon als Fünfjähriger eine Schranktür im Dunkeln geöffnet hat. Hut und Mantel habe ich dann an. Besucher? Flurbegegnungen? Mein Gesicht abwendend, dadurch läuft jetzt alles viel einfacher.

Werde immer besser, kann nun nach Belieben kommen und gehen: Türen, Fenster, Balkone, Flure, sie alle gehorchen mir. Weil ich so gut bin, habe ich viel mehr Zeit, kann mir Mutter länger anschauen und alle Anderen auch.

Noch einmal über die Truhen streicheln, die modernen neuen, die mit Schutzfunktion gegen Gefrierbrand. Es sind so viele! Aber es muss sein, sie sollen nicht mehr aufeinanderliegen. Eine eigene herrliche Truhe für meine liebe Mutter, daneben Pjotr, dessen Bein nicht heilen wollte und um den ich mich jetzt auch kümmere. Pjotr mein bester Freund, der sie mir aussucht und der mir immer alles sagt!

Die Truhen sind so wunderschön, aber es sind noch so viele leer ...
 



 
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