Nebel

Die dichten Nebel

Wo bin ich? - Nur diese eine Frage. Draußen der Nebel. Wo bin ich? - Nur diese ein Frage, der Rest Identität irgendwo im Schatten. Ein Stück Fenster, ein Zug Kochschinken, herbstkühle Luft - Wo bin ich? Cogito ergo sum. Das ist klar, das lässt sich festhalten, der Rest, das andee Stück scheinbar verloren in dunklen Sümpfen... Wo bin ich? müsste relevant sein: Cogito ergo sum. Ich sehe durch ein beschlagenes Fenster eine blaugraue Straße und rieche Kochschinken und spüre hinter der Bettwärme die klare Kühleund höre ein helles Summen - Bin ich? Würde man den letzten Satz vorlesen, müsste es schnell geschehen. Wo bin ich?

Sie wacht auf. Bewegt das linke Auge und lächelt still, als sie mich sieht. Wo sieht? das hellzarte Summen hat seinen Besitzer gefunden, die Bettwärme auch - auch von mir? - Cogito ergo sum! Meine Identität taucht aus den Sümpfen auf, Sie klärt einen Teil der Frage... Bin ich? Sie senkt ihren Teil hinauf, wortlos, obwohl Sie liegenbleibt. Wo sie ist, muss ich auch sein, cogito ergo sum, und ich sehe und höre und atme.

Wo bin ich? Irgendwo, dunkel, ungeklärt, von schwarzen Nebelschleiern bedeckt. Sie ist auch dort: erster Haltepunkt. Sie wendet sich, schiebt sich langsam über das Bett zu mir. Ihr ist die Bettwärme. Wo komm ich her, wann - wo bin ich? - was tu ich hier? Wo tu ich es? Draußen die Straße, und Sie ist ein Teil von mir geworden, unzertrennbar mit meiner Identität verknüpft...

Das muss es sein, Sie ist der Grund für diesen Ort. Welchen Ort? Wo bin ich? Cogito ergo sum. Sie weiß es. Sie muss es wissen. Kann sie denn auch ortlos sein, zwischen dunklen, schweren Nebelschwaden? Gefangen in diesem Unwissen, haltlose Bodenlosigkeit? Wie ich? Cogito ergo sum. Sie muss es wissen - Wer nicht, wenn sie? Sie muss es wissen, sie ist der Grund für meine Anwesenheit, die unbestreitbare. Warum? Cogito, ergo sum!

Was, wenn nicht?

Wenn sie es nicht weiß? Was dann? Wenn Sie den Grund nicht weiß für meine Anwesenheit, wenn sie vielmehr mich dafür verantwortlich macht - sie auch? - Was dann? Sie vielleicht auch im Nebel, haltlos und blind. Aber auch sie: draußen der Nebel, Kochschinken, meine warme Haut, an ihrer jetzt, da Sie sich an mich drückt. Meine Bettwärme: zweiter Haltepunkt.

Wo bin ich? Wo bin ich? Für sie mitgefragt, vielleicht bin ich schuld an dem Unwissen, der Bodenlosigkeit, schuld an dem Nebel, der zähen Dunkelheit, habe sie mitgerissen in dieses schwarze Loch zwischen Bett und Fenster, Wärme und Geruch, und
sie jetzt zu wecken wäre wie sie zu leugnen.

Sie drückt ihre Schläfe an meine Schulter, glattes, glänzendes Haar - heller Seufzer ins Ungewisse - und dann öffnet sie die Augen, graue Weite.

"Ich heiß Marie, und du?"
 

Eve

Mitglied
Hallo Fabian Kleimund,

beim Lesen haben sich mir doch ein paar Fragen aufgeworfen:

oben schreibst du
Sie wacht auf. Bewegt das linke Auge und lächelt still, als sie mich sieht
dann kommt
sie jetzt zu wecken wäre wie sie zu leugnen.
und zum Schluss
und dann öffnet sie die Augen
steht das nicht im Widerspruch? Für mich war sie eigentlich oben schon wach mit offenen Augen, weil sie dich sieht ...

Mich wundert auch, dass sie sich am Ende vorstellt - es wäre mir logischer erschienen, wenn ihr beide euch gekannt hättet und ihre bekannte Nähe dir Halt gäbe (die Suche nach dem WO).

Irgendwie bleibt mir bei deinem Text noch zu viel offen, was mir zu frei mit der eigenen Interpretation geklärt werden müsste.

Ist der Suchende wach und findet sich selbst in seinem Leben nicht? Ist er im Traum und verrennt sich dort? Vermischen sich beide Welten für ihn?

Viele Grüße,
Eve
 
um auf deine formfrage nach der wachheit von 'ihr' einzugehen: für mich befindet sie sich im Halbschlaf, schlummert immer wieder in der 'Bettwärme' ein.
um deine frage nach traum oder wachsein zu beantworten: ich glaube deine fragen haben die reaktion hervorgerufen, die ich mir wünschte.... ;D
es muss nicht alles geklärt sein.
gruß kai
 



 
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