Nein, ich mag mein Spielzeug nicht essen

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Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Nein, ich mag mein Spielzeug nicht essen.
Auch nicht gebaccken im Flammenmeer, das ich durchschwimme.
Nein, nicht gebacken noch gebraten.
Gern würde ich die Tore durchschreiten,
mit jedem Bein eins,
aber mein Spielzeug essen
mag ich nicht,
und da kannst du mich in die Ecke stellen
und das Haus anzünden
und den Morgenstern sprengen vor Zorn.
Ich bin nicht bockig,
wälze mich nicht auf dem Fußboden,
stehe stumm in der Ecke,
aber mein Spielzeug esse ich nicht.
Nicht heute.
 
H

Heidrun D.

Gast
Hallo Bernd,

leider erschließt sich mir das Experimentelle an deinem Gedicht überhaupt nicht. Ich sehe es eher als klassiches Ungereimtes ...

Nur weil jemand sein Spielzeug nicht essen mag, startet er damit keine neue Versuchsreihe. - Im Gegenteil: Er verhält sich stinknormal.

Sicherlich wirst du mich diesbezüglich aufklären?

Heidrun

P.S.: "Gebacken" nur mit "ck" (Tippfehler). ;)
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Nein, ich mag mein Spielzeug nicht essen.
Auch nicht gebacken im Flammenmeer, das ich durchschwimme.
Nein, nicht gebacken noch gebraten.
Gern würde ich die Tore durchschreiten,
mit jedem Bein eins,
aber mein Spielzeug essen
mag ich nicht,
und da kannst du mich in die Ecke stellen
und das Haus anzünden
und den Morgenstern sprengen vor Zorn.
Ich bin nicht bockig,
wälze mich nicht auf dem Fußboden,
stehe stumm in der Ecke,
aber mein Spielzeug esse ich nicht.
Nicht heute.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Liebe Heidrun, das ist nicht so einfach. Es ist ein Experiment.

Ich bin das Spielzeug, das das lyrische Ich essen möchte - und doch nicht kann. Noch nicht. Wer also möchte wen essen? ... und scheut zurück?

Die Bilder aber sehen einfach aus, doch sind sie einfach nur absurd.

Gern würde ich die Tore durchschreiten,
mit jedem Bein eins,
wie sähe ich dann aus?

Wie ein Bild hinter dem Doppelspalt, mit verschränkten Quanten. Quanten werden auch die Latschen an den Füßen genannt.

Das Experiment liegt im extrem selbstreferentiellen, sich selbst spiegelnden und reflektierenden.

Und von weitem betrachtet, sieht es stinknormal aus.

Man muss die Augen zukneifen, um zu sehen, wer das Spielzeug ist.

Und hiermit beißt sich die Schlange in den Schwanz.

Bis sie sich verschluckt.

Wie das Zeichen der liegenden Acht.

Oder die Wellen hinter der Öffnung.
 
H

Heidrun D.

Gast
Mmh.

Noch immer erschließt sich mir das Experiment nicht. Es handelt sich doch um bekannte Bilder: beide Beine in zwei Eimer stecken, zwei Seelen, ach, in meiner Brust, der Scheideweg etc.

Da gestaltete sich mir ein Bezug zur Quantentheorie schon
amüsanter und vor allem viel experimenteller ...

;)

Weiterhin guten Appetit
Heidrun
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Mit zwei Beinen durch zwei Tore gehen?

Im Flammenmeer schwimmen und dabei gebacken werden?
 

JackoF

Mitglied
Hallo Bernd,

oh Ja – lass mich diesen, auf sich rückwirkenden Text, beschnuppern,
klar so, wie es mir in den Sinn kam :))
Für mich eine surreale(reale),
und permanente Ebenen-Schichtung, bei der sich LI und LD ihre Funktionen gegenseitig tauschen/ neue Sichtweisen dieses Geschehen bedeuten.

Wer kennt ihn nicht, den Suppenkasper mit :
„Nein, meine Suppe mag ich nicht !“

Und fast scheint es so, als sei hierzu - zum Suppenkasper-Thema, und Deine metaphorische Verschiebung nach Spielzeug - schon alles gesagt.
Aber nur fast !,
und letztlich ist hier auch alles ganz anders :)) / mögl.......

Die Suppe ist generell zum funktionalen Objekt der Erwachsenen-Sicht(u. Machthaber) geworden,
und hier : Hier ist es das Spielzeug, dem Anschein nach, in gleicher Bedeutung funktional eingesetzt – und doch.....

Bei Dir wird der Suppenkasper zunächst in die Ebene des eigenwilligen „Spielzeug-Nicht-Essers“ persifliert.

Dann bedeuten sich jedoch die Gedanken dieses LI in einer Zweiten-Ebene als die Groteske, die letztlich genauso auch im Suppenkasper zu sehen ist.
Eben genau die eigene Sicht,
die des „Nichtessers“ im Kontrast zu seiner Umgebung, der es einzig nur um ihre Macht-Prioritäten/Ziele geht !

Die „Suppe“, oder hier das „Spielzeug“, das initiierte Objekt einer Umgebung, ist nun mal nicht das, was dieser „Nichtesser“ für sein Wohl will.
Nein, ich mag mein Spielzeug nicht essen.
Auch nicht gebacken im Flammenmeer, das ich durchschwimme.
Nein, nicht gebacken noch gebraten.
Und nun
gibst Du dem Spielzeug-Nichtesser eine eröffnende, eigene Wende.

Dieses Li verbleibt nicht im Suppenkaspergeschrei, sondern stellt sich nun „nicht bockig“ und „stumm in die Ecke“ !
...stehe stumm in der Ecke
Dieses Li stellt/legt sich ab in die Ecke, gleich einem Spielzeug, dass seine Bedeutung scheinbar verloren hat.
Doch :
An dieser Stelle beginnt nun(mMn) dieses Li zu reflektieren, was es selbst für eine Funktion zu sich selbst, wie auch im Kontrast seiner Umgebung haben kann/hat.

Dieses Li sieht nun einerseits sein agierendes „NEIN“ in seiner Begründung
(u.a. hierzu auch Weiteres unten),
wie auch die Situation in den manipulierenden Knebeln seiner Umgebung - mit :
Auch nicht gebacken im Flammenmeer, das ich durchschwimme.
Wie aber nun auch in einer personalen Verschiebung derart,
dass das Spielzeug ebenso dieses LI selbst sein kann - eben aus der Sicht seiner Umgebung !
Oder aus der Sicht, sich selbst zum eigenen Spielball/Spielzeug seiner selbst gemacht zu haben.

Und in dieser Mehrbödigkeit wird nun der unausgesprochenen Suppenkasper selbst zum offen Spielzeug - zum Objekt seiner Umgebung, oder/und seiner selbst.
Zum Spielball
derjenigen, desjenigen, seiner selbst,
der sein Spiel spielen will(meint zu müssen) – und hierfür braucht ein Spieler nun mal die Spielfiguren, dieses Zeugs, mit dem man zielgerichtet spielen kann.
Gern würde ich die Tore durchschreiten,
mit jedem Bein eins,
aber mein Spielzeug essen
mag ich nicht,
Mit diesem nun „in der Ecke stehen“, ist hier,
mMn, ein äußerst interessanter Bewusstseins-Schnitt gebaut !
Das Li erkennt nicht nur die direkte und zwischen den Zeilen seiende Funktion eines „Spielzeugs“,
sondern auch die Ambivalenz „Spielzeug“ - eben auch ein Spielzeug der anderen zu sein, wie auch gleichermaßen,
sich selbst als Spielzeug durch sich selbst zu funktionalisieren.

Und hier an dieser Stelle gewinnt nun die Groteske eine tiefere Realität - und kehrt zum Ausgangspunkt, eben dem Spielzeug, wieder zurück,
und wird in seiner anfänglich unausgesprochenen Haupt-Bedeutung tatsächlich greifbar !

Spiele ich tatsächlich mit dem sinngemäßen Spielzeug, oder habe ich es(andere) sinnentfremdet zum funktionalen Spielball gemacht,
oder,
bin ich sogar selbst zum Spielball/Spielzeug geworden,
habe ich es tatsächlich zugelassen.

Ebenso dieses Mehrdeutige „ich“ als Li.
Welche Personalisierung es hier im gesamten Text immer gerade einnimmt, ist hier variabel offen(mM) - doch immer in Beziehung zum Haupt-Li (ich, ICH, ES, usw...) stehend.

Und diese Reflektionen führen zu einem neuen Erkennen - wie, und wann auch immer umgesetzt, ist natürlich offen zu halten.
Hierzu :
aber mein Spielzeug esse ich nicht.
Nicht heute.

Bernd,
mal so meine Gedanken zu Deinem sehr verschlüsselten, und tief eingreifeneden Text.
Ein Text/Inhalt, der sich permanent mischt mit Surrealem - wie Du es sagst mit „Absurdem“,
und dem Realen – und reale Konsequenzen einfordert !

Für mich ein top Text,unterlegend genau gespracht - und klar, sehr gerne hier mitgemacht, :)
und
wieder ein Tschüss, Jacko

--
 



 
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