Neue Fremdsprache

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Neue Fremdsprache

Ich kam schwer frustriert vonne zweiten Jagdschulung nach Hause. Meine gute Berta wartete schon gespannt auf meinen Bericht.
„Berta, ich sag dir wat, der Jagdlehrgang iss wirklich kein Pappenstiel. Mit wat se dir da die Birne zukleistern, hat mit Jagd überhaupt nix mehr zu tun. So ein Krampf! Ich bin et schon kotzeleid. Da musse zum Beispiel wissen, wie die Driete vonne verschiedenen Tiere inne Jägersprache heißen tut. Also, je nachdem, aus welchem Waidloch die rauskommt. So ein Scheiß! Dat iss doch allet nur Schikane, wenn se für die Köttels von Haarwild und Federvieh andere Ausdrücke gebrauchen!
Et haben schon wieder zwei Kandidaten dat Handtuch geworfen. Wenn dat so weitergeht, mach ich als einziger die Prüfung bei dem Verein.“

Berta war bei den kleinsten seelischen Tiefpunkten sofort zur Stelle. Sie war inne letzten Zeit erstaunlich einfühlsam. Sie tat allet, um mich für die Prüfung fit zu machen. Sie kannte kein Erbarmen. „Kann ich nich“, gab et bei ihr nich. Wie heute zum Beispiel. Ich ließ nur ma son bisken die Flügel hängen, weil ich mir die Viruskrankheiten vonne Karnickels und Hasen nich merken konnte.
„Hömma, Willi, du hass mir doch wochenlang weiß gemacht, dat du Jagdgene im Balg hass. Also paukst du jetz mit mir den Stoff durch, bis du allet beherrscht, is dat klar? Wat sollen denn die Weiber aus meinem Kegelclub sagen, wenn se hören, dat du eventuell jetz schon ne Schleife aufm Lehrgang machen willz, oder die Prüfung nich schaffen tus? Die halbe Stadt weiß dat mittlerweile, dat du Jäger werden willz. Und merk dir dat, Willi, du wirss Jäger, ohne wenn und aber! Und noch wat, meine tollen Trachtenklamotten hängen nich nur zum Bekucken im Schrank!“

Berta hatte sich seit Monaten mächtig inne Riemen gelegt, um mir den Lehrgangsstoff in den Verstandskasten einzutrichtern. Dat war nich einfach, dat geb ich zu. Ich hatte ab und zu schwere Aussetzer. Man hat ja nich mehr so viele grauen Zellen inne Hirnwindungen drin. Ich war schließlich auch kein son jungen Bock mehr.
Berta wusste mittlerweile genau so viel über dat ganze Jagdgedöns wie ich, wenn nich sogar mehr. Mit ihr hatte ich dat Schnäppchen meines Lebens gemacht – na ja, bis auf son paar fiese Eigenschaften, aber darüber will ich jetz nich reden.
Berta war die treibende Kraft. Ohne sie – undenkbar inne Prüfung zu marschieren. Für diesen stetigen geistigen Beistand wollte ich sie belohnen.
Ich grübelte tagelang über dat Wie und Wat meiner Danksagung. Et sollte schon wat Besonderet sein.
Ich las morgens zufällig im Sonntagblättchen wat von einem Verkauf aussem Nachlass der Baronin Wehreman von Strunzwyk-Strünkede. Da wurden Reit- und Jagdklamotten preiswert zum Verkauf angeboten. Dat war et! Ich hatte endlich die Lösung. Schnell schnürte ich zu meiner Berta.
„Berta, mein Täubchen, wat hasse für ne Kragenweite und Schuhgröße?“, fragte ich fröhlich und unbekümmert.
„Willi, wieso fragse dat, wat iss los? Willze deinem Weibchen wat Schönet kaufen? Dat iss aber sehr aufmerksam von dir.“ Ihre hübschen Augen strahlten mich erwartungsvoll an. Et kam auf einmal so wat wie ne Balzstimmung auf.
„Ja, Berta, ich möchte dich für deine aufopferungsvolle Arbeit majestätisch belohnen. Die Baronin Alexa Wehreman is mit 98 Jahren inne ewigen Jagdgründe eingegangen. Die hatte schwer wat anne Füße, die war stinkreich. Ich wollte dir aus ihrem blaublütigen Nachlass mit son paar edlen Textilien ne Freude machen.“
Berta fiel plötzlich die Kinnlade runter. Ihr Gesicht wirkte wie versteinert. Wat war denn jetz schon wieder los?
„Willi, jetz iss aber Schicht! Du alter Knickstiefel, schämst du dich nich? Du willz mir von ner asbachalten Verschiedenen Klamotten andrehen? Hab ich dat verdient? Wat biss du doch für ein elendiger Skunk! So heißen doch die Stinktiere in deinem Lehrbuch? Herr Püttmann trägt die neueste Jagdmode am Hintern und ich soll abgetragene Wäsche von ner verblichenen Baronin anziehen, soweit kommt dat noch! Putz bloß die Platte!“ Berta flennte zum Steiner-weichen.
Ich meinte dat doch nur gut. Dat müssen Se sich man vorstellen, da willze wat Schönet und Wertvollet aus som Adelsnachlass kaufen, paaf, da krisse, bevor du überhaupt „piep“ sagen kannz, einen vorn Kopp! Na ja, Man(n) weiß ja, wie die Weiber sind, undankbar! Wat weiß ich, wat sich bei denen im Kopp immer abspielt.
Gut, ich hab als Diplomatiker wieder Schönwetter gemacht, weil dat für die weitere eheliche Gemeinsamkeit auf Dauer die Nerven schonen tut.
„Mein Häsken, mach doch nich wegen sonne Kleinigkeit gleich Theater. Hör auf mit die Heulerei, ich hab da wohl zu gutmütig wat Falschet gedacht. Komm, sei friedlich. Ich versprech dir auch, dass du en Herzenswunsch frei hast. Lass dir damit Zeit und überleg dir dat schön in Ruhe.“
Plötzlich war Berta wie umgewandelt. Sie wischte sich die Tränen ab und strahlte.
„Willi, dat iss en Wort, darauf komme ich gerne zurück.“
Ja, so sind se, die Frauen. Ich könnte mich oft beömmeln. Hoffentlich reißt se mir nich wieder den Arm ab, wenn ich ihr in meiner grenzenlosen Güte den kleinen Finger reichen tu.

Leute, ich geb euch noch en Tipp mit aufn Weg: Binden Se ihren Lebensgefährten/In so oft et geht mit in Ihre Passion ein. Sonst fühlen die sich inne Ecke gestellt oder aufn Schlips getreten. Wir haben et dann alle viel einfacher. Aber lesen Se selbst, wie man dat macht.

„Berta, zunächst belohn ich dich am Sonntag mit nem Waldlehrpfad von vier Stunden. Du darfst ausnahmsweise mitgehn. Da lernze dann Büsche, Bäume und Hecken kennen. Nächste Woche fährsse mit nach Bonn, zum Naturkundemuseum ‚König’. Hier kannze die gesamte Fauna inne Augen nehmen. Und in drei Wochen besuchen wir die große Messe in inne Dortmunder Westfalenhalle, die ‚Jagd + Hund’. Dort werde ich mich ma in aller Ruhe über die neueste Jagdausrüstung informieren. Die Fahrten werden vom Lehrgang organisiert.“
Berta war wieder friedlich und fragte, ob se dann endlich ihre Trachtenklamotten tragen dürfte.
„Jau, sagte ich, „dat passt gut dahin, aber donner dich nich zu doll auf. Dat teure Dirndl, Berta, iss dafür aber nich geeignet, du weiß ja, wegen deine dicken Mollis. Da stiert jeder Kerl direkt drauf, außerdem ist dat zu kurz, viel zu kurz! Ein absoluter Fehlkauf. Die haben dich da inne Trachtenbude schwer beschissen. Aber du musstest ja den überkandidelten Weibern unbedingt dat Geld in den Rachen schmeißen.“

Mittlerweile hatte ich en Dreimann-Arbeitskreis aufe Beine gestellt. Wir trafen uns einmal inneWoche reihum zu Hause. Wat der eine nich wusste, konnte der andere aussem Eff Eff.
Die Ehefrauen kamen immer mit. Sie verstanden sich auf Anhieb, wat bei Frauen ja nich unbedingt gleich der Fall sein muss. Normalerweise kriegen die sich ja sofort inne Wolle.
Bei jedem Besuch gab et dann auch richtig wat aufe Gabel und der Lecker wurde auch nich zu trocken.
Lautet Geschnatter und Gibbelei drang ständig aussem Nebenzimmer an unsere Lauscher. Bestimmt nahmen die Weibsbilder uns Kerle wieder aufs Korn. Dat kannte man ja.
Wenne inne Nähe kams, wechselten se schnell dat Thema. So richtig wurde man nix gewahr von den Klatschtanten. Die hatten et faustdick hinter den Ohren! Dat war uns egal, wir ließen se tratschen, wir waren mit unserem Lehrgangsstoff zugange und hatten damit schon mehr als genug am Hals.

Wochen und Monate vergingen. Der Lehrgang hatte uns fest im Griff und färbte natürlich auch privat ab. Längst hatte zu Hause die Jägersprache Einzug gehalten. Damit Se davon ma son kleinen Eindruck kriegen, schilder ich ma son paar Tagesszenen. Morgens ging dat schon los.
„Waidmannsheil, Rehlein!“ Waidmannsheil, mein Böckchen!“
„Berta, wat gibt et heute Mittag zu äsen?“
„Willi, dat weiß ich jetz doch noch nich, erst mach ich ma nen Pirschgang zum Markt und kuck nach der Grünäsung, dann zum Metzger, wegen der Fleischatzung.
Willi, et iss auch nix mehr zum Schöpfen im Haus. Schnür ma wacker zur Tränke und hol Bier und Mineralwasser. Werd also endlich rege und vergräm mich nich, Willi!“
Ja, selbst an meine ehelichen Pflichten wurde ich unmissverständlich inne Waidmannssprache erinnert:
„Willi, die Brunft könnte sich bei dir auch ma wieder einstellen.“
„Berta, wir haben doch erst Blattzeit, et iss Anfang August. Die Brunft iss ein bis zwei Monate später, da musse dich noch wat gedulden.“ Dat war zuviel! Berta verhoffte blitzartig und warf wütend ihr Haupt auf. Zack! Ich hatte se auf Hundert.
„Dat iss mir völlig wurscht, ob dat Rammel-, Roll-, Ranz-, Rausch-, Paar-, Balz- oder Reihzeit heißt! Du setzt mir letzte Zeit zu viel Feist an. Du bis viel zu schwer im Wildbret und faul geworden! Deine Äsung werde ich ab Morgen auf Diät umstellen. Du leidest bestimmt schon an Pansenerweiterung. Sonne Diät is gut für dein Hirn, dann lernze besser und deine Hormone kommen auch wieder in Wallung. Komisch, Willi, früher warsse mit deinem Häschen viel öfter inne Sasse. Kannze nich mehr oder bisse abgebrunftet, hasse vielleicht aufm Lehrgang wat am laufen? Hüte dich!“
Nach dieser unerfreulichen Lautgebung, schwieg ich beleidigt. Seelisch waidwund, schnürte ich mit eingezogener Lunte erst inne Werkstatt, dann in meine Stammkneipe. Berta hatte mich vergrämt.
Ich nahm ihren Vorwurf sehr ernst und stimmte schon am nächsten Tag die ehegattliche Pflichtübung mit meinem übervollen Terminkalender ab. Ich entschied beim Mittagessen:
„Berta, am Sonntagnachmittag lagern wir zwischen 16.15 Uhr und 16.55Uhr im häuslichen Kessel, mehr is zeitlich nich drin. Vorher hab ich keine freie Minute.“
Berta zeigte mir en Vogel, zog sich en Mantel an, knallte die Wohnungstür zu und schnürte beleidigt zu ihrer Mutter. Wahrscheinlich tat se sich über mich beschweren, dat se brunftmäßig zu kurz kam.
Dat gibt et nich? Sie machen mir Spaß! Jawohl, so wat passiert, wenn Se sich ma entschließen, Jäger/In zu werden!
Auch wenn Se jetz heimlich gewiehert haben, ehrlich, Sie haben wirklich für nix mehr Zeit. Et hat sich allet genauso abgespielt, na ja, woll’n ma so sagen – fast allet!
 
I

Inky

Gast
Mein lieben Wolfgang, dat Du ein Jäger bis`... dat finnichnichgut, dat sagichDir.
Die Bambis ihre Mütter wechballern.*mitderUnterlippezitter*.
Aber schreim, dat kannße gut, Du.
Inky grüßt herzlich
 
I

Inky

Gast
Ja.
Da sachste was, serge.
Aber dann den Jägermeister noch anfeuern...
DAT finnichnichgut, Serge.
Alz Frau.
Und BambiLiebhaberin.

*MitderUnterlippezitterInky*
 
Ich mein doch das Schreiben und nicht das Schiessen.
Logik: solange er schreibt, kann er nicht abdrücken.
Im Ernst: ich finde seine Texte skurill-gut, und nicht wie viel Blut er vergoss.
war nicht dabei.
so hab ich es gemeint. :)

Ich versteh dich auch.

lg
serge
 
Hallo liebe Bambifreunde,

der Willi jagt doch nicht um zu töten! Nee, er erlegt Wild um gejagt zu haben.
(frei nach José Ortega y Gasset)

Und denkt immer schön daran: an jedem Schweinekotelett hing auch ma ne Wutz.

Herzliche Grüße
Wolfgang
 



 
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