Nie vorbei

3,00 Stern(e) 3 Bewertungen

MarenS

Mitglied
Nie vorbei

Rauch erhebt sich, dunkel, stickig, leise knistert's in den Zweigen
Helle Flammen flackern aufwärts, Scheite brennen in dem Haufen.
Lichter wird der Rauch jetzt wieder, will die Hexe noch mal zeigen,
Lauter prasselt nun das Feuer, sie steht dort, sie kann nicht fliehen.
Kinder johlen, Alte starren, Junge um den Stehplatz raufen,
Immer wieder ist's das gleiche, Wolken hoch am Himmel ziehen.

Gierig ihre Blicke fallen auf die Lumpen, die sie kleiden
Suchen nach den Blößen, suchen Unzucht zu erhaschen.
Blicke, die sie hart verlachen, Blicke, die sie angstvoll meiden
Blicke, die an Fetzen reißen, Blicke die sie lüstern nehmen,
Blicke ohne Mitleid fallen auf die Flammen, die in raschen
Folgen ihren Körper züngeln, Blicke, die sich nicht mal schämen.

Vorne in der ersten Reihe steht ein Pater, schwarz die Kutte
Hart sein Blick von Gottes Gnaden, über alles Leid erhaben,
Seine Wünsche sind befriedigt, jede Frau ist eine Nutte.
Er bekam schon, was er wollte, nun bekam das Volk ein Fest,
Nichts bleibt von der Hexe übrig, keine Teile zu begraben,
Nichts gibt's mehr zu sehn ihr Leute, so verteilt sich nun der Rest.....

31.05.2004
MarenS
 
B

bonanza

Gast
gratuliere zu dem flüssigen reimtext.
inhaltlich betet er eine fratze des menschen herunter,
die inzwischen zu bekannt, nach mehr als nach einer
plakativen zurschaustellung in der dargebotenen
lyrik nötigt. dem text fehlt es an persönlichkeit und
damit tiefe angesichts eines themas, das grausam
betroffen macht. als teenager schrieb ich`s mir
ähnlich von der seele. heute lassen mich solche gedichte
unbefriedigt. obwohl ich weiß, daß das erkennen von un-
recht und gesellschaftlicher perversion ein erster schritt
ist, um sich als moralische persönlichkeit zu positionieren.
zu groß ist noch die abgrenzung zu den tätern und dem
grausamen geschehen. erst die auseinandersetzung mit
den schattenseiten des menschen schafft eine innere
distanz zu dem passierten unrecht, welche wir zurecht
moral nennen können.
wir müssen nicht täter werden, aber wir müssen erkennen,
daß wir täter sein könnten.

bon.
 

MarenS

Mitglied
hmpf...bonanza, du meinst ich sei in meiner Position zu abgegrenzt zu den Tätern?
Mir persönlich bin ich viel zu nahe, wenn ich das Gedicht lese..erst recht wenn ich es vortrage bin ich dort, in dieser Szenerie...und...nein.

Mag sein, dass ich mich etwas spät mit diesem Thema auseinandersetze, es ging nicht früher...lächel. Aber...setzt man sich nicht immer wieder mit Dingen auseinander...manchmal im Laufe seines Lebens mehrfach mit den gleichen Dingen? Sieht man nicht das eine oder andere Jahre später aus einem anderen Blickwinkel? Wenn man an sich arbeitet, sollte man weiter sehen...als früher und schärfer...lächel.

Wichtiger Satz von dir:
"wir müssen nicht täter werden, aber wir müssen erkennen,
daß wir täter sein könnten"....sehr, sehr wichtig!

Danke für deinen Kommentar,
Grüße von Maren
 
B

bonanza

Gast
spielt es eine rolle, ob wir die ungerechtigkeiten des
mittelalters, des dritten reiches oder der neuzeit in
gedichten aufzeigen und anklagen?
die unterschiede verwischen sich im zuge der menschheits-
geschichte.
aber noch niemals war die heuchelei so groß wie heute.
wo humanität allerorts gepriesen wird, aber folter, kriege,
völkermorde tagtäglich ihren lauf nehmen.
gegen die morde und die ungerechtigkeiten will ich nicht
mehr ankämpfen. ich kämpfe gegen unsere heuchlerische,
materialistische, selbstgefällige, wortverdreherische
lebenseinstellung!
und damit kämpfe ich auch gegen eine wesensart von mir.

bon.
 

MarenS

Mitglied
bon...lächel...
für diese Antwort erhältst du meine Achtung!

Verbeugung!

Grüße von Maren

P.S.: Genau deinen ersten Satz...den empfand ich, als ich schrieb...nie vorbei...es endet nicht.
 
B

bonanza

Gast
ja, es ist ein gutes gefühl, bei einem artgenossen dieselbe
intention zu entdecken.
niemals wird es vorbei sein.
mir geht es lediglich um (eine) aufrichtigkeit.
die aufrichtigkeit vor dem schöpfer? noch viel wichtiger:
die aufrichtigkeit vor mir selbst.
menschen, die für ihre aufrichtigkeit durchs feuer gehen.
ich gehöre nicht dazu. ich schreibe mir lediglich mein
bedürfnis von der seele.

bon.
 

MarenS

Mitglied
bon..mir geht es darum abends beim Zähneschrubben den Blick in den Spiegel nicht scheuen zu müssen...diesen Blick, mit dem ich meine eigenen Augen gefangennehme, mir in die Tiefen meines Ichs schaue und mich frage: War das ok heute?
Wenn ich dann mit leichtem Erröten feststellen kann, es sei ein brauchbarer Tag gewesen...bis auf diesen oder jenen kleineren Fauxpas...dann bin ich froh.
Stelle ich fest, dass ich nen Bock geschossen habe, so habe ich die verdammte Pflicht und Schuldigkeit sobald als möglich diesen Fehler wieder wett zu machen....Zumindestens versuche ich das.

Das Schreiben ist für mich nicht mehr nur das Ablegen oder Abreagieren, ich habe bemerkt, dass ich damit etwas bewegen kann...und ich nutze es...schamlos und bewusst.
Ich bin nur ein kleines Licht...aber ich leuchte!

Grüße von Maren
 
B

bonanza

Gast
es ist immer wieder schön zu lesen, daß kommentare mitunter
besser sein können als gedichte.

leuchte.

bon.
 



 
Oben Unten